Direktvorlage einer Beschwerde ohne ausdrücklichen Verzicht auf Beschwerdevorentscheidung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache X GmbH, Adr, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Franzensbrückenstraße 5/DG, 1020 Wien,
- gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 2008 - 2011
- gegen die Bescheide vom betreffend
Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer 2008 – 2010,
Umsatzsteuerbescheide für 2008 – 2011,
Wiederaufnahmebescheide betreffend Körperschaftsteuer für 2008 – 2010, Körperschaftsteuerbescheide für 2008 – 2011 sowie
Festsetzung von Anspruchszinsen für 2008
beschlossen:
Der Antrag auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht wird gemäß § 264 Abs. 5 BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
An die Beschwerdeführerin (Bf) ergingen aufgrund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung Haftungsbescheide (Sammelbescheid) vom für Kapitalertragsteuer für die Jahre 2008 - 2011. Darüber hinaus wurden mit Datum Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2008 – 2010, Umsatzsteuerbescheide für 2008 – 2011, Wiederaufnahmebescheide betreffend Körperschaftsteuer für 2008 – 2010, Körperschaftsteuerbescheide für 2008 – 2011 sowie einen Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2008 erlassen.
Mit Beschwerde vom gegen diese Bescheide (sowie auch gegen die Bescheide betreffend Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer 2013 vom und Säumniszuschläge vom ) beantragte die Bf, „das Finanzamtmöge der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung in vollem Umfang stattgeben; sonst die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegen.“ Die Beschwerde enthält entgegen der Regelung des § 250 Abs. 1 BAO keine Bezeichnung der angefochtenen Punkte, keine beantragten Änderungen und keine Begründung.
In einem weiteren Schriftsatz vom führte die Bf ergänzend aus, dass die angefochtenen Bescheide in ihrer Gesamtheit rechtswidrig seien, da sich der Bp-Bericht nicht mit dem Vorbringen der Bf befasst habe.
Das Finanzamt legte die Beschwerde ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Der eingangs angeführte Verfahrensablauf ist den elektronisch übermittelten Akten der Abgabenbehörde zu entnehmen.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 Abs. 2 BAO zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann gemäß § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
Der Beschwerdeführer muss in der Bescheidbeschwerde einen ausdrücklichen Antrag auf das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung iSd § 262 Abs. 2 lit a BAO stellen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 262 Anm 7). Vorlageanträge mit einer Bedingung sind nicht zulässig, wie auch bedingte Anbringen im Allgemeinen grundsätzlich unzulässig sind (siehe zB ).
In Hinblick auf die Formulierung „das Finanzamtmöge der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung in vollem Umfang stattgeben; sonst die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegen“ fehlt ein ausdrücklicher Antrag auf das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung. Ein Anwendungsfall des § 262 Abs. 2 lit a BAO ist daher nicht gegeben. Die Abgabenbehörde hätte gemäß § 262 Abs. 1 BAO über die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen absprechen müssen.
Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (Ritz, BAO6, § 264 Tz 6). Der in der Beschwerde enthaltene (bedingte) Antrag auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung ist vor einer Beschwerdevorentscheidung ergangen und ist unzulässig. Der Vorlageantrag bleibt unzulässig, auch wenn nun die belangte Behörde nachträglich Beschwerdevorentscheidungen erlässt. Der Bf kommt sodann das Recht zu, allenfalls einen neuen Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO zu stellen.
Der Antrag auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht ist gemäß § 264 Abs. 5 BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Mitteilung gemäß § 281a BAO
Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es gemäß § 281a BAO die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.
Die Verpflichtung zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wird durch § 300 BAO nicht berührt. In diesem Sinn ist eine Nachholung der unterlassenen Beschwerdevorentscheidungen geboten.
Die Parteien des Verfahrens werden hiermit formlos von folgendem in Kenntnis gesetzt:
Hinsichtlich der im Spruch genannten Bescheide wurden weder von der Abgabenbehörde Beschwerdevorentscheidungen erlassen noch wurde von der Bf ein zulässiger Vorlageantrag gestellt. Das Bundesfinanzgericht kann daher derzeit nicht über die Beschwerde vom entscheiden. Das Bundesfinanzgericht ist der Auffassung, dass noch Beschwerdevorentscheidungen zu erlassen sind.
Anmerkung
a. Festzustellen ist, dass beim Finanzamt am eine Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid für Körperschaftsteuer 2013 vom eingelangt ist und am dazu eine Beschwerdevorentscheidung erging. Die gegenständliche Beschwerde vom richtet sich nicht nur gegen die im Spruch angeführten Bescheide, sondern auch gegen die Erledigung vom betreffend Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer 2013. Das Rechtsmittel vom kann daher bezüglich des Vorauszahlungbescheides nur als Vorlageantrag verstanden werden.
Da die Abgabenbehörde die Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid für Körperschaftsteuer 2013 vom dem Bundesfinanzgericht nicht vorgelegt hat, ist das Bundesfinanzgericht zur Behandlung dieser Beschwerde nicht zuständig.
b. Soweit sich die dem Bundesfinanzgericht vorgelegte Beschwerde vom auch gegen einen Bescheid vom über Säumniszuschläge richtet, wird darauf verwiesen, dass aufgrund der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichts diesbezüglich keine Zuständigkeit der Richterin bzw der Gerichtsabteilung besteht.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen diesen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die maßgebliche Rechtslage ergibt sich unmittelbar und klar aus dem Gesetz bzw. ist die zu lösende Rechtsfrage bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Zitiert/besprochen in | Schantl in BFGjournal 2020, 132 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103261.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at