Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.11.2019, RV/1100142/2016

Ausschüttungen iSd § 18 Abs 2 Z 1 UmgrStG erhöhen ab Eintritt der Fälligkeit die Anschaffungskosten oder Buchwerte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache a b, c 3e, d e, vertreten durch HD Steuerberater GmbH & Co KG, Höchster Straße 51a, 6972 Fußach, über die Beschwerden vom  gegen den Bescheid des Finanzamts Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2009 und vom gegen die Bescheide des Finanzamts Feldkirch vom  betreffend Einkommensteuer 2010 und 2013 zu Recht erkannt: 

1) Den Beschwerden wird Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Im Jahr 2015 hat für den Zeitraum 2009 bis 2013 eine Betriebsprüfung beim Beschwerdeführer hinsichtlich Einkommensteuer 2009 bis 0213 sowie Kapitalertragsteuer 2009 bis 2013 stattgefunden.

Auf Grund dieser Betriebsprüfung hat das Finanzamt Feldkirch dem Beschwerdeführer für die bare Entnahme und die unbare Entnahme KESt in Höhe von 25.208,69 € im Jahr 2009 vorgeschrieben.

Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüferin hat das Finanzamt die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2009 und 2010 wiederaufgenommen und neuerliche Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009, 2010 und 2013 erlassen.

Das Finanzamt Feldkirch hat in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden das negative Eigenkapital als negative Anschaffungskosten behandelt und dem Veräußerungsgewinn hinzugerechnet.

In den gegenständlichen Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass es sich um unentgeltliche Erwerbe gehandelt habe und dass daher § 31 EStG nicht anwendbar sei.

Die Wiederaufnahmebescheide wurden nicht angefochten und sind daher in Rechtskraft erwachsen.

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Durch den Vorlageantrag vom gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden, außer Streit stehenden, Sachverhalt festgestellt:

Die Firma „f“ b & g OEG wurde im Jahr 2003 gegründet.

Als unbeschränkt haftende Gesellschafter fungierten a b sowie Ing. h g.

Im internen Verhältnis waren a b mit 59 % und h g mit 41 % als Gesellschafter am Vermögen der „f“ b & g OEG beteiligt.

Mit dem Einbringungsvertrag vom erfolgte rückwirkend per die Einbringung der vorgenannten Gesellschafter(Mitunternehmer)anteile von a b und h g zu Buchwerten in die neugegründete i GmbH.

Im Zuge der Einbringung wurden rückwirkend per folgende Entnahmen von a b getätigt, welche in der Einbringungsbilanz als Passivpost eingestellt wurden:


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Verbindlichkeit gem. § 16 (5) Z 1 UmgrStG
4.009,15
Verbindlichkeit gem. § 16 (5) Z 2 UmgrStG
96.825,60

Im März 2009 wurden die unbaren Entnahmen ausbezahlt.

Aufgrund der Entnahmen bildete sich eine negatives Eigenkapitalkonto des Beschwerdeführers in Höhe von 99.835,96 €.

In weiterer Folge hat der Beschwerdeführer seine Geschäftsanteile mit den Notariatsakten vom , vom und vom wie folgt abgetreten:


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Abtretungsvertrag
Übertragenes Nominale
Übertragenes Eigenkapital
-3.564,00
-27.920,23
-5.580,00
-43.713,49
-3.600,00
-28.202,25

Dieser Sachverhalt wird vom Bundesfinanzgericht rechtlich folgendermaßen beurteilt:

§ 31 EStG idf vor BGBl I 111/2010 (für die Beschwerdejahre 2009 und 2010 anzuwenden) lautete:

„(1) Zu den sonstigen Einkünften gehören die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Eine solche Beteiligung liegt auch dann vor, wenn der Veräußerer mittelbar, zum Beispiel durch Treuhänder oder durch eine Körperschaft, beteiligt war. Hat der Veräußerer Anteile unentgeltlich erworben, tritt die Steuerpflicht auch dann ein, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war.

[…]

(3) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen

dem Veräußerungserlös (Abs. 1) oder

dem Abwicklungsguthaben (Abs. 2 Z 1) oder

dem gemeinen Wert der Anteile (Abs. 2 Z 2) einerseits

und den Anschaffungskosten sowie den Werbungskosten andererseits anzusetzen.

[…]“

§ 27 Abs 3 EStG idf BGBl I 112/2011 lautete:

„(3) Zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gehören Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs. 2 sind (einschließlich Nullkuponanleihen).“

§ 20 Abs 2 Z 4 UmgrStG lautet:

(2) Für die Bewertung der Anteile und der sonstigen Gegenleistung im Sinne des Abs. 1 gilt Folgendes:

4. Ausschüttungen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z 1 erhöhen ab Eintritt der Fälligkeit die Anschaffungskosten oder Buchwerte.“

§ 20 Abs 2 Z 4 UmgrStG sieht eine nachträgliche Erhöhung der Anschaffungskosten der einbringungsbedingt erhaltenen Gegenleistungsanteile vor, wenn die Ausschüttungsfiktion nach § 18 Abs 2 UmgrStG zur Anwendung gelangt. Die Erhöhung der Anschaffungskosten erfolgt im Ausmaß der fiktiven Ausschüttung.

Zur Ausschüttungsfiktion kommt es bei tatsächlichen und vorbehaltenen Entnahmen gemäß § 16 Abs 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG, soweit sich aufgrund sämtlicher Veränderungen iSd § 16 Abs 5 UmgrStG ein negativer Buchwert des einzubringenden Vermögens ergibt oder sich ein solcher erhöht. § 20 Abs 2 Z 4 UmgrStG stellt dabei auf den Fälligkeitszeitpunkt der Kapitalertragsteuer ab und nicht auf den gesetzlich festgelegten Ausschüttungszeitpunkt; die Anschaffungskosten erhöhen sich ab diesem Zeitpunkt.

Somit erhöhen sich die einbringungsgeborenen oder einbringungsbezogenen Anschaffungskosten oder Buchwerte insbesondere durch Tilgungen solcher vorbehaltenen Entnahmen.

Die Bestimmung dient zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, weil es ansonsten zu einer Kumulation von KESt-pflichtiger Ausschüttung und Veräußerungsgewinn bei Realsierung der Gegenleistungsanteile käme.

Da das Finanzamt die Veräußerungsgewinne mit den anteiligen negativen Kapitalanteilen bewertet hat, diese negativen Kapitalanteile aber auf Grund der Vorschrift des § 20 Abs 2 Z 4 UmgrStG den Anschaffungskosten hinzuzurechnen sind, verbleibt kein Veräußerungsgewinn. Es kann daher dahingestellt bleiben ob die Abtretung schenkungsweise oder entgeltlich erfolgte. Den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide war daher stattzugeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Einkommensteuer berechnen sich folgendermaßen:


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Einkommensteuer 2009
 
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
24.639,43
Gesamtbetrag der Einkünfte
24.639,43
Topfsonderausgaben
-730,00
Kirchenbeitrag
-100,00
Verlustabzug
-18.479,57
Einkommen
5.329,86
Einkommensteuer 2009
0,00
 
 
Einkommensteuer 2010
 
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
49.591,79
Gesamtbetrag der Einkünfte
49.591,79
Topfsonderausgaben
-355,49
Verlustabzug
-6.268,58
Einkommen
42.967,72
Einkommensteuer
12.874,62
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG
0,38
Einkommensteuer 2010
12.875,00
 
 
Einkommensteuer 2013
 
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
44.526,39
Einkünfte aus V+V
4.748,73
Gesamtbetrag der Einkünfte
49.275,12
Topfsonderausgaben
-364,48
Einkommen
48.910,64
Bemesssungsgrundlage für den besonderen Progressionsvorbehalt
Gesamtbetrag der Einkünfte
49.275,12
plus Werbungskostenpauschbetrag
132,00
Beträge die nicht umzurechnen sind
-4.748,73
Umrechnungsbasis
44.658,39
Umrechnungszuschlag
 
(44658,39x365/(365-92)-44658,39)
15.049,71
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz
63.960,35
Einkommensteuer
22.215,18
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00
Steuer für den Durchschnittsteuersatz
21.870,18
Durchschnittsteuersatz
34,19%
Durchschnittsteuersatz von 48910,64
16.722,55
Steuer sonstige Bezüge
349,63
Einkommensteuer
17.072,18
Anrechenbare Lohnsteuer
-15.057,31
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG
0,13
Einkommensteuer 2013
2.015,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall kommt eine andere Auslegung des Gesetzes nicht in Betracht. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFGjournal 2020, 126
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100142.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at