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Säumnisbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2019, RS/4100004/2019

Behauptete Säumnis des FA wegen Nichtzustellung von Umsatzsteuer- und NF-Bescheiden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

I.

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Ri über die Beschwerde des Bf, R12, NL-MG, vertreten durch RA, AdrX, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes S, dieses vertreten durch Hofrat Mag. T, über den Antrag vom auf Zustellung der jeweils zu St. Nr. 11 ergangenen Umsatzsteuer- und Nichtfeststellungsbescheide der Jahre 2009 bis 2012 (Antrag Pkt. I.2. der Säumnisbeschwerde) zu Recht erkannt: 

Die Säumnisbeschwerde vom wird in Bezug auf den genannten Beschwerdepunkt als unbegründet abgewiesen.
Festgestellt wird, dass eine Säumnis der belangten Behörde nicht vorliegt.

II.

Weiters wird in Bezug auf die Beschwerde wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht des genannten Finanzamtes hinsichtlich des Antrages auf bescheidmäßigen Abspruch, ob denn die Zustellung der genannten Umsatz- und Nichtfeststellungsbescheide 2009 bis 2012 rechtswirksam erfolgt sei (Antrag Pkt. I.1. der Säumnisbeschwerde), der Beschluss gefasst:

Die Säumnisbeschwerde wird in Bezug auf diesen Beschwerdepunkt als unzulässig zurückgewiesen.

III.

Eine Revision gegen dieses Erkenntnis sowie gegen diesen Beschluss an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 und 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig. 

Entscheidungsgründe

Mit der als "Devolutionsantrag" nach § 311 Abs. 2 BAO bezeichneten Eingabe vom (hg eingelangt am ) beantragte der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter den "Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde II. Instanz". Unter Pkt I der besagten Eingabe führte dieser aus, dass er mit dem beim Finanzamt S eingebrachten Schriftsatz vom beantragt habe, die Abgabenbehörde wolle
"1. mit Bescheid darüber absprechen, ob die Zustellung der Umsatzsteuerbescheide 2009-2012 und der Nichtfeststellungsbescheide 2009-2012, zu Steuernr. 11 rechtswirksam erfolgt sei;
2. Umsatzsteuerbescheide 2009-2012 und die Nichtfeststellungsbescheide 2009-2012, zu Steuernr. 11, an den von der Personenvereinigung (gemäß § 81 Abs. 2) namhaft gemachten bzw. von der Abgabenbehörde bescheidmäßig Bestellten zustellen
."

Mit Beschluss vom trug das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde auf, über die verfahrensgegenständlichen Anträge zu entscheiden und dem Gericht eine Abschrift der Erledigungen (Bescheide) vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht bzw. nicht mehr vorliege.

Mit Eingabe vom teilte die Behörde zum Antrag auf bescheidmäßigen Abspruch, ob denn die Zustellung der jeweils zur besagten Steuernummer ergangenen Umsatzsteuer- und Nichtfeststellungsbescheide für 2009-2012 rechtswirksam erfolgt sei, mit, dass ein diesbezüglicher Abspruch mittels Bescheides gesetzlich nicht vorgesehen sei. Im Falle von behaupteten Zustellmängel sei der Rechtsschutz dadurch gewährleistet, dass ein Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO verlangt werden könne oder entsprechende Einwendungen im Exekutionsverfahren geltend gemacht werden könnten.

Zum Antrag auf Zustellung der Umsatzsteuer- und Nichtfeststellungsbescheide 2009 bis 2012 führte die belangte Behörde aus, dass die besagten Bescheide am an den Bf körperlich zugestellt worden seien. Nachdem zunächst der Internationale Rückschein (Advice of receipt CN 07, Farbe orange) durch einen Fehler des niederländischen Zustellers ohne Unterschrift des Empfängers beim Finanzamt rückgelangt sei, habe man die Österreichische Post AG mit Nachforschungen beauftragt. Das Ergebnis des Nachforschungsauftrages sei gewesen, dass die Postgesellschaft des Bestimmungslandes die genannte Sendung am ordnungsgemäß dem Empfänger ausgefolgt habe. Als Nachweis sei dem Finanzamt der Ausdruck der auf einem Unterschriftenpad geleisteten Unterschrift des Bf übermittelt worden.

Das Finanzamt führte ferner aus, dass die Umsatzsteuerbescheide gegenüber dem Bf wirksam ergangen seien, zumal die Bestimmung des § 101 Abs. 3 BAO im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Hinsichtlich der Umsatzsteuer seien beide Miteigentümer gemäß § 6 Abs. 2 BAO Gesamtschuldner. Wenn nunmehr zwei Solidarschuldner mit einheitlichem und an beide Abgabenschuldner adressierten Abgabenbescheid (§ 199 BAO) herangezogen werden und dieser Bescheid keinen Hinweis auf die Bestimmung des § 101 Abs. 1 BAO enthalte, so wirke er nur gegenüber jener Person, die das Kuvert übernommen habe (Ritz, BAO Kommentar, 6. Aufl., § 101, Tz 5). In Bezug auf die Umsatzsteuerbescheide liege eine Verletzung der Entscheidungspflicht jedenfalls nicht vor, da die nämlichen Bescheide bereits am an den Bf wirksam zugestellt worden seien.

Was die Nichtfeststellungsbescheide anlange, so seien diese aufgrund des Fehlens eines Hinweises gemäß § 101 Abs. 3 BAO nicht rechtswirksam ergangen. Allerdings werde auf eine neuerliche Zustellung mangels jeglicher steuerlicher Auswirkung verzichtet. Da mangels steuerlicher Auswirkung ein rechtliches Interesse des Bf an der Zustellung dieser Bescheide nicht vorliege und den Bescheiden keine Steuererklärungen oder sonstigen entscheidungspflichtigen Anträge zugrunde lägen, liege auch diesfalls keine Verletzung der Entscheidungspflicht vor.

Als Anlage fügte das Finanzamt ein Schreiben der Österreichischen Post AG vom bei, in welchem zum Ergebnis der durchgeführten Nachforschungen festgehalten wird, dass „die Postgesellschaft des Bestimmungslandes die genannte Sendung am ordnungsgemäß ausgefolgt" habe .

Diesem Schreiben angefügt war eine Bestätigung der niederländischen Postverwaltung (sog. "Detail page of shipment"), aus welcher die Vorgangsnummer (Reference, RO1****90AT), die Empfängeradresse (R12, MG), die Adresse der Zustellung ("Delivered"; R5, M2) sowie das Zustelldatum () hervorgeht. Ferner enthält dieser Ausdruck die offenbar auf einem elektronischen Medium (Signaturpad) erfolgte händische Unterschrift sowie den in Lettern beigefügten Namen des Unterschreibenden ("p**"). 

Weiters übermittelte die belangte Behörde mit Datum eine Ablichtung des vom Postamt NN gestempelten Postaufgabescheines zur Sendung RO1****90AT. Als Empfänger dieser Sendung wurde "BF/Gattin" mit der Anschrift "R12/NL-PLZ1, M" ausgewiesen.

Die besagten Eingaben wurden dem Bf zur allfälligen Stellungnahme übermittelt.

Mit Eingabe vom führte der Bf aus, dass ihm die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide 2009-2012 nicht zugestellt worden seien. So gehe aus dem "Detail page of shipment" eindeutig hervor, dass das Dokument am an der Anschrift „R5, M2" zugestellt ("delivered") worden sei. Der Bf wohne unter der Adresse "R12, MG; das Objekt "R5, M2" sei ein Gebäude, welches in einer Entfernung von etwa 5 km vom Wohnort des Bf entfernt situiert sei. Damit stehe fest, dass eine ordnungsgemäße Zustellung der Umsatzsteuer- und Nichtfeststellungsbescheide nicht stattgefunden habe.

Der Bf führte weiters aus, dass auf dem in der Anlage zum Schreiben der Österreichischen Post AG übermittelten "Advice of receipt/of delivery/of entry" mit Eingangsstempel "", eine Unterschrift des Übernehmers in der dafür vorgesehenen Rubrik fehle. Auffallend sei zudem, dass auf dem rechts oben und - jedenfalls allem Anschein nach - auf dem auf der Kopie des zuzustellenden Poststückes aufgeklebten Aufgabenschein, Nr. RO1****90AT, als Aufgabedatum der aufscheine. Möglicherweise sei diesbezüglich der Eingangsstempel des niederländischen Postamtes mit "" unrichtig. Dennoch sei in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass die Finanzbehörde dem Rechtsvertreter aufgrund eines eingebrachten Antrages auf Akteneinsicht ein Konvolut von Unterlagen in Kopie bestehend aus Betriebsprüfungsbericht vom , Umsatzsteuerbescheide und Nichtfeststellungsbescheide 2009-2012 sowie Zustellnachweis übermittelt habe. Aus dem übermittelten Zustellnachweis (Advice of receipt/of delivery/of entry; Anm: Aufgabenummer RO1****72AT) soll hervorgehen, dass die Zustellung der Steuerbescheide betreffend das Jahr 2010 am unter der Anschrift "R12, NL-MG (NL) erfolgt sei. Diesbezüglich sei allerdings festzuhalten, dass die Unterschrift am Zustellnachweis keine wie immer geartete Ähnlichkeit mit der Unterschrift des Bf aufweise; dem Bf sei das diesbezügliche Schriftstück zu keinem Zeitpunkt persönlich zugestellt worden, noch sei es ihm auf sonstige Art und Weise zugekommen. Wenn das Finanzamt den Aufgabeschein für ein Schriftstück, welches am  in NN zur Post gegeben worden sei, gemeinsam mit dem als Zustellnachweis übermittelten Dokument (advice of receipt/of delivery/of entry) vom übermittle (Anmerkung: sowohl Aufgabeschein als auch Intern. RS CN 07 tragen die Vorgangsnummer RO1****72AT), so wolle es offenbar den Anschein erwecken, dass eine rechtswirksame Zustellung der Bescheide stattgefunden habe.

Das von Seiten des Finanzamtes im Zuge der Akteneinsicht übermittelte Konvolut habe ua. aus dem Betriebsprüfungsbericht vom , in dem rechts oben die Steuernummer des Bf sowie die Nummern "BV 23" und AB-Nr. ***/14 angeführt gewesen seien, und dem Aufgabeschein vom bestanden. Exakt jener Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom sei dem Bf nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beilage .C nochmals übermittelt worden. Dabei sei auffällig, dass die Steuernummer rechts oben samt den übrigen zitierten Zahlen überdeckt oder wegkopiert worden seien; der Aufgabeschein vom sei nicht links unten, sondern rechts angeheftet gewesen. Daraus lasse sich erschließen, dass der Aufgabeschein vom nicht auf der Kopie des Dokuments (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ) aufgeklebt worden sei, sondern auf ein Stück Papier, das offenbar beliebig auf verschiedene Dokumente an verschiedenen Stellen angebracht werden habe können. Nunmehr sei der Aufgabeschein offenbar mit einer Heftklammer rechts oben auf dem Dokument befestigt worden. Eine derartige Vorgangsweise stelle jedenfalls keinen tauglichen Nachweis für eine ordnungsgemäße Zustellung der verfahrensgegenständlichen Bescheide dar.

Hinzu komme, dass der Zustellnachweis nicht auf einem der Bescheide angeheftet worden sei, sondern vielmehr auf dem Ergebnis der Außenprüfung, welche sich im Gegenstand auf die Umsatzsteuer und einheitliche Gewinnfeststellung der Jahre 2010-2012 bezogen habe. Für das Jahr 2009, für das mit Bescheid vom eine Steuer in Höhe von 87.523,24 € vorgeschrieben worden sei, fehle allerdings jeglicher Zustellnachweis.

Der Bf legte entsprechend der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes eine Kopie seines niederländischen Reisepasses, Nr. 1******, ausgestellt in B am vor. Aus der Unterschrift am Reisepass, so der Bf, lasse sich zwanglos erschließen, dass diese mit jener, die er am in "R5, M2" geleistet haben soll, kaum Ähnlichkeiten aufweise.

Das Finanzamt hielt dem mit Eingabe vom entgegen, dass die auf dem von der Österreichischen Post AG mit dem Ergebnis des Nachforschungsauftrages übermittelten "Detail page of shipment" aufscheinende Signatur ohne den geringsten Zweifel vom Bf stamme bzw. dessen Unterschrift sei. Dies sei aufgrund der Schriftneigung und der völlig identischen Schlaufe für das Schreibschrift-"P" (für "P**") auf den ersten Blick erkennbar. Dass die Unterschrift auf einem Unterschriftenpad naturgemäß etwas dicker und grobschlächtiger ausfalle als jene auf Papier entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung. Der oberste Teil der Signatur fehle, da der Unterschreibende offenbar über den beschreibbaren Teil des elektronischen Datenträgers hinausgeschrieben habe. Im Übrigen sei das Unterschriftenfeld mit dem vom Zusteller angebrachten Vermerk „p**“ versehen; dies könne nur bedeuten, dass der Bf persönlich unterschrieben habe (und nicht etwa ein anderer Haushaltszugehöriger).

Das Finanzamt brachte für Zwecke des Unterschriftenvergleiches eine im Behördenakt einliegende Unterschriftenprobe des Bf (Musterunterschrift von Bf auf dem Kaufvertrag mit der X GmbH aus dem Jahre 2009) zur Vorlage. 

Zum Inhalt der am übernommenen Sendung führte das Finanzamt aus, dass die Versendung mit Zustellnachweis (Rückschein) ins Ausland nicht automatisiert durch das Bundesrechenzentrum möglich sei; in einem derartigen Fall müsse die Versendung händisch durch das Finanzamt bzw. den Prüfer erfolgen. Aus diesem Grunde seien die Umsatzsteuer-, die Nichtfeststellungs- und die erlassenen Wiederaufnahmsbescheide nicht (wie dies bei Zustellungen im Inland der Fall sei) einzeln (jeder Bescheid in einem eigenen Kuvert) und direkt vom Bundesrechenzentrum verschickt, sondern seien sämtliche Bescheide sowie der Bp-Bericht vom Prüfer in ein einziges Kuvert gesteckt und eingeschrieben und mit Advice of Receipt (Internationaler Rückschein orange) versandt worden.

Insgesamt habe die am  zur Post gegebene Sendung aus zwölf Bescheiden (USt 2009-2012, Nichtfeststellung 2009-2012 und Wiederaufnahme betreffend USt 2009 und 2010 und Wiederaufnahme betreffend Feststellung 2009 und 2010) sowie den Bp-Bericht bestanden. Da es für diese Sendung logischerweise nur einen Aufgabeschein gäbe, könne dieser nicht an jeden der zwölf Bescheide sowie an den Bp-Bericht gleichzeitig angeheftet werden.

Der internationale Rückschein sei zwar, wie bereits ausgeführt, durch einen Fehler der niederländischen Post ohne Unterschrift zurückgekommen und wohl aus einem Versehen heraus mit dem Stempel "" statt "" datiert, jedoch seien auf dem Rückschein die Aufgabenummer RO1****90AT und die Steuernummer 11 vermerkt. Die Behörde habe zum einen erwiesenermaßen eine Postsendung zu Steuernummer 11 an den Bf versandt und dieser habe zum anderen, wie der Nachforschungsauftrag ergeben habe, die besagte Sendung erwiesenermaßen übernommen.

Durch den Nachweis der Übernahme der Sendung zu Steuernummer 11 durch den Bf am habe die Behörde einer allfällig bestehenden Beweislast für eine wirksame Zustellung der genannten Bescheide jedenfalls Genüge getan, zumal es nicht den geringsten Grund zur Annahme gäbe, der Prüfer hätte nach Abschluss der Betriebsprüfung etwas anderes als die Ergebnisse der Betriebsprüfung versandt (z.B. ein leeres Kuvert oder Geburtstagsgrüße) oder ausgerechnet den Umsatzsteuerbescheid 2009 mitzuschicken vergessen. Es bestehe kein Grund, an diesem Routineablauf zu zweifeln. Dass auf dem Deckblatt des Bp-Berichtes der Prüfungszeitraum mit 2010 bis 2012 angegeben sei, beruhe auf einem Versehen; im Inneren des Berichtes sei sehr wohl durchwegs von einer Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Jahre 2009 und 2010 die Rede; auch der Prüfungsauftrag erstreckte sich auf die Jahre 2009-2012.

Die belangte Behörde führte weiters aus, dass der im Zuge der Akteneinsicht übermittelte Zustellnachweis mit Übernahmedatum (RO1****72AT) mit der streitgegenständlichen Zustellung der im März 2015 ergangenen Bescheide nichts zu tun habe, sondern sich auf die Übermittlung des Prüfungsauftrages unter Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen zu Beginn der Prüfung beziehe.

Im Jahr 2015 sei ausschließlich die strittige Sendung mit dem Aufgabeschein vom , RO1****90AT, an die Besitzgemeinschaft BF und Gattin ergangen; im Jahr 2014 sei an die genannte Besitzgemeinschaft ebenso lediglich eine Postsendung mit der Aufgabescheinnummer RO1****72AT (Aufgabestempel des Postamtes NN vom ) ergangen, welche, wie ausgeführt, Prüfungsauftrag sowie Aufforderung zur Urkundenvorlage enthalten habe. 

Nach Ansicht der belangten Behörde seien die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 dem Bf rechtswirksam zugestellt worden, weshalb keine neuerliche Bescheidzustellung vorzunehmen sei.

Über die vorliegende Säumnisbeschwerde hat das Gericht erwogen:

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen angenommen: 

Nach Abführung einer bei der Besitzgemeinschaft Bf und Gattin abgeführten Außenprüfung erließ das Finanzamt aufgrund der Prüfungsfeststellungen mit Datum ua. die von der Säumnisbeschwerde betroffenen Umsatzsteuerbescheide und Nichtfeststellungsbescheide der Jahre 2009 bis 2012. Diese Bescheide wurden von der Behörde aufgrund des Umstandes, dass der Bf seinen Wohnsitz in den Niederlanden hatte, mittels Internationalem Rückschein (CN 07) zugestellt.

Diese Postsendung wurde am beim Postamt NN zur Aufgabenummer RO1****90AT aufgegeben. Die Adressierung der Postsendung erfolgte laut Aufgabeschein an "BF/Gattin" in "R12, NL- PLZ1 M".

Der Rückschein wurde ohne Unterschrift des bzw. der genannten Empfänger retourniert und liegt im Akt des Finanzamtes ein.

Aufgrund des Umstandes, dass eine Unterschrift am Rückschein fehlte, beauftragte die Finanzbehörde die Österreichische Post AG, nachzuforschen, ob denn eine Zustellung des Poststückes an den bzw. die Empfänger rechtswirksam erfolgt sei.

Die Österreichische Post AG teilte mit Schreiben vom dem Finanzamt mit, dass die Postgesellschaft in den Niederlanden die Sendung mit der Aufgabenummer RO1****90 AT am ordnungsgemäß dem Empfänger Bf ausgefolgt habe. Im beiliegenden "Detail page of shipment" wird als Adresse "R12 in MG" angeführt, also jene Anschrift, welche dem Finanzamt als Wohn- und Zustelladresse bekannt war. Gleichzeitig wird als Ausgabestelle ("delivered"), also jene Adresse, an welcher das Poststück dem Empfänger ausgefolgt wurde, die Anschrift "R5 in M2" ausgewiesen.

Das erkennende Gericht hält dazu fest:

Die beiden Adressen (Wohn- und Zustelladresse) befinden sich in derselben Straße und weisen eine Distanz von ca. 400 bis 500 m auf. Das Vorbringen des Bf, wonach sich die zuletzt genannte Adresse von der erstgenannten in 5 km Entfernung befände, ist - wie das Gericht durch Abfrage von diversen Routenplanern (Google.maps, Öamtc Routenplaner) unzweifelhaft feststellen konnte - unrichtig. Der Bf verschwieg zudem, dass sich an der Anschrift "R5" ein "Postkantoor" (Postamt bzw. Postdienststelle) der niederländischen Post befindet. Die diesbezügliche Anschrift geht ua. aus der Homepage der niederländischen Post (www.postnl.nl/en/location-finder) unmissverständlich hervor.

Dass die rekommandierte Postsendung mit der Aufgabenummer RO1****90AT dem Bf nicht an seiner Wohnadresse ausgefolgt wurde, sondern vielmehr am örtlichen Postamt bzw. an der Postdienststelle, ist damit offenkundig.

Das Gericht hegt auch keinen Zweifel an der Authentizität der geleisteten Unterschrift. Sowohl das Schriftbild als auch die Schriftneigung entsprechen im Wesentlichen jener, welcher am Reisepass des Bf bzw. am Unterschriftenblatt zum Kaufvertrag mit der X GmbH aufscheinen. Dass eine am Unterschriftenpad abgegebene Unterschrift in den wenigsten Fällen völlig mit jener am Papier geleisteten übereinstimmt, ist notorisch und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Nahezu deckungsgleich sind jene Teile der Signatur, welche den Anfangsbuchstaben des Familiennamens ("P") samt den sich daran anschließenden Namensteil (rechts vom "P") enthalten. Dass die Signatur am Unterschriftenpad im oberen Bereich "abgeschnitten" ist, ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass hier außerhalb des Signaturbereiches gezeichnet wurde und steht dem Gesamtcharakter des Schriftbildes nach Ansicht des Gerichtes ebensowenig entgegen, wie der Umstand, dass der links des Buchstaben "P" stehende Bereich ausgespart blieb.

Für das erkennende Gericht ergeben sich jedenfalls keine Zweifel dahingehend, dass die am Signaturpad abgegebene Unterschrift nicht jene des Bf wäre.  

Dass in abgekürzter Form der Name "p**" als Empfänger der Sendung (plaziert unterhalb der eigenhändigen Signatur des Bf) von der niederländischen Postverwaltung vermerkt wurde, stellt ein weiteres - eindeutiges - Indiz für den Umstand dar, dass die Postsendung dem Bf und keinem anderen ausgefolgt wurde.

Wie eine vom Gericht mit Datum eingeholte fernmündliche Auskunft bei der Nachforschungsstelle der Österreichischen Post AG ergeben hat, kann davon ausgegangen werden, dass auch in den Niederlanden bei Abholung von behördlichen Schriftstücken der Abholende seine Identität durch Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises nachzuweisen hat.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Postsendung RO1****90 AT dem Bf per Datum am Postamt bzw. an der Postdienststelle in M ausgefolgt wurde.

Dass in der Postsendung nicht jene Bescheide, die Gegenstand der vorliegenden Säumnisbeschwerde sind, enthalten gewesen wären, vermag das Gericht ebenso wenig zu erkennen. Zum einen besteht unzweifelhaft ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Bescheiderlassung (sämtliche beschwerdebelasteten Bescheide ergingen am ) und der Aufgabe der Sendung am Postamt NN (). Dass in der Sendung, welche an die Besitzgemeinschaft P** adressiert war, andere Bescheide oder Urkunden als jene, welche die Behörde erlassen hatte, enthalten gewesen wären, liegt außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung und wurde vom Bf auch nicht behauptet.    

Ob nunmehr der Postaufgabeschein am Bp-Arbeitsbogen unten oder oben angeklammert war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das erkennende Gericht hat  - wie ausgeführt - keine Zweifel darüber, dass die am  beim Postamt NN unter  RO1****90AT  eingeschriebene Postsendung die Steuerbescheide enthielt, die am aufgrund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangen sind. Dies insbesondere auch in Ansehung der Tatsache, dass im Jahr 2015 nur die Zustellung eines Poststückes (nämlich das am  beim Postamt NN aufgegebene) an die Besitzgemeinschaft P** von Seiten der belangten Behörde erfolgte.

Dass der Bf im Verfahren unrichtige Angaben hinsichtlich der Entfernung zu jener Adresse ("R5"), an welcher die Sendung RO1****90AT ausgefolgt ("delivered") wurde, machte, indem er vorgab, diese befände sich in einer erheblichen Entfernung (etwa 5 km) zu seiner Wohnanschrift, unterstreicht dessen Glaubwürdigkeit ebenso wenig wie das wohl bewusste Verschweigen dieser Anschrift als Postdienststelle (Postkantoor).

Dass die Postsendung mit der Aufgabenummer RO1****72AT (Poststempel des PA NN vom ) nicht die Umsatzsteuer- und Nichtfeststellungsbescheide 2009 und nachfolgende Zeiträume enthalten konnten, ist angesichts des Umstandes, dass die genannten Bescheide erst im März 2015, sohin nach Zustellung dieser Postsendung () erlassen wurden, offenkundig und bedarf keiner weiteren Überlegungen. Eine diametrale Ansicht würde den Gesetzen der Logik widersprechen.  

Die von der belangten Behörde in ihrer Replik vom gemachten Ausführungen zur Rechtswirksamkeit der Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 im Hinblick auf eine bestehende Gesamtschuldnerschaft nach § 6 Abs. 2 BAO tragen. Tatsache ist, dass die einheitlichen Bescheide an die Besitzgemeinschaft "Bf und Gattin." adressiert sind, allerdings enthalten diese keinen Hinweis auf die Bestimmung des § 101 Abs. 1 BAO. Damit wirken diese Bescheide nur gegenüber dem Bf und nicht auch gegenüber seiner Gattin (vgl. etwa bis 0060). 

Zutreffend ist auch die Rechtsansicht, dass im Hinblick auf die zwingend anzuwendende Bestimmung des § 101 Abs. 3 BAO für im Feststellungsverfahren an Personengemeinschaften gerichtete Bescheide, mangels jeglichen Hinweises der besagten Bestimmung in den Nichtfeststellungsbescheiden 2009 bis 2012 diesbezüglich eine rechtswirksame Zustellung nicht bewirkt wurde.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom  bekannt gibt, dass mangels jeglicher steuerlicher Auswirkung auf eine neuerliche Zustellung dieser Bescheide verzichtet werde, so folgt daraus, dass ein rechtliches Interesse des Bf an der Zustellung der Nichtfeststellungsbescheide nicht gegeben sein kann. Den Nichtfeststellungsbescheiden liegen auch keine entscheidungspflichtigen Anträge oder Anbringen zugrunde, weshalb auch diesbezüglich eine Verletzung der Entscheidungspflicht im Sinne einer Säumnis nicht erkennbar ist.    

Abschließend ist festzuhalten, dass die Zustellung behördlicher Schriftstücke ins Ausland in § 11 ZustG geregelt wird. Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden vorzunehmen. Nach hA lässt die internationale Übung die Zustellung abgabenbehördlicher Schriftstücke auf dem Postwege im Ausland grundsätzlich zu (s. Stoll, BAO Kommentar, 6. Aufl, S. 1314, und die dort zit. Judikatur). Die Zustellung von Schriftstücken per Post in die Niederlande entspricht der internationalen Übung (vgl. ). Das Finanzamt durfte daher die Zustellung der Bescheide im Postwege vornehmen.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustG). Die Bestimmung über die Heilung von Zustellmängel gilt für Zustellungen im Ausland gleichermaßen wie für Zustellungen im Inland. 

Da für das Gericht keine Zweifel dahingehend bestehen, dass die säumnisbeschwerdebelasteten Umsatzsteuerbescheide dem Bf nicht zugekommen wären bzw. die Zustellung der Bescheide nicht rechtswirksam bewirkt worden wäre, liegt eine Säumnis der belangten Behörde nicht vor. Etwaige Zustellmängel (keine Unterschrift des Empfängers am RS) sind jedenfalls durch die Übernahme des Poststückes RO1****90AT durch den Bf als geheilt zu betrachten.

Die (Säumnis)Beschwerde war demnach als unbegründet abzuweisen.

In Bezug auf den gefassten Zurückweisungsbeschluss hält das Gericht fest:

Die Bestimmung des § 92 BAO ordnet an, dass Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen sind, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen
b) abgaberechtliche bedeutsame Tatsache feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen. 

Wie die belangte Behörde völlig zutreffend ausführte, stellt die Mitteilung darüber, dass die Zustellung eines behördlichen Schriftstückes (etwa eines Bescheides) rechtswirksam erfolgt sei, keine solche dar, die (eigens) in Bescheidform zu ergehen hat. Demzufolge ist eine Säumigkeit der belangten Behörde eo ipso nicht vorliegend. 

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen liegen gegenständlich allesamt nicht vor. Das Erkenntnis gründet sich auf die vom Gericht vorgenommene Würdigung der vorhandenen Beweismittel.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 11 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Schlagworte
Bescheidzustellung
Heilung
Ausland
Zustellmängel
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RS.4100004.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at