Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2019, RV/1100578/2016

Unzulässigkeit der Festsetzung der Immobilienertragsteuer mittels eines Bescheides gemäß § 201 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerde­sache  XY, vertreten durch die P Steuerberatungs GmbH & Co KG, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Festsetzung der Immobilienertragsteuer für das Kalenderjahr 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.  Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat im Zusammenhang mit einer mit Tauschvertrag vom erfolgten Grundstücksveräußerung in der elektronisch übermittelten Abgabenerklärung betreffend Immobilienertragsteuer die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 geltend gemacht. Immobilienertragsteuer wurde dementsprechend nicht abgeführt.

2.  Aufgrund eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes hat die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin unter Anschluss entsprechender Unterlagen mitgeteilt, drei Grundeigentümer (die Beschwerdeführerin, die A GmbH & Co KG und die B KG) hätten die Grundstücksflächen im Rahmen eines Tauschvertrages ("Ringtausch") getauscht, um insgesamt eine bessere Gestaltung von Bauland im Sinne der Raumplanung der Gemeinde C zu erreichen. Die Gemeinde C habe die drei Grundeigentümer durch ihre hoheitliche Raumplanung zu diesem Ringtausch angeleitet, um eine optimale Abstimmung des Baulandes mit dem öffentlichen Verkehr auf Schipisten zu erreichen. Der Ringtausch sei das Ergebnis langwieriger Verhandlungen der Gemeinde mit den Grundeigentümern gewesen. Die Gemeinde habe dazu das Instrument der hoheitlichen Raumplanung nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz gezielt eingesetzt. Der Ringtausch wäre ohne die hoheitlichen Raumplanungsmaßnahmen der Gemeinde nicht zustande gekommen.

3.  Mit (auf Grundlage des § 201 BAO) erlassenem Bescheid vom  hat das Finanzamt die Immobilienertragsteuer für das Jahr 2015 mit 17.920,00 € festgesetzt. Begründet wurde die - von der Erklärung abweichende - Festsetzung im Wesentlichen damit, dass für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 nicht bloß ein dokumentiertes öffentliches Interesse erforderlich sei, sondern auch das Fehlen von entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften. Das Vorarlberger Raumplanungsgesetz stelle aber eine entsprechende landesgesetzliche Rechtsquelle dar, die - im V. Hauptstück (§§ 41 ff) - die bessere Gestaltung von Bauland regle. Diese Regelung sei nicht zur Anwendung gekommen und sei infolgedessen die Befreiungsbestimmung im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

4.  Dagegen wandte sich die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin mit Beschwerde und nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung mit Vorlageantrag. Während das Finanzamt im Wesentlichen wiederum darauf hinwies, dass die Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes im Beschwerdefall nicht zur Anwendung gekommen seien und Tauschvorgänge zur besseren Gestaltung von Bauland außerhalb eines behördlichen Verfahrens von der Befreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 grundsätzlich nicht umfasst seien, wendet die steuerliche Vertretung dagegen ein, dass Flächenwidmungs- und Bebauungspläne nach den §§ 41 ff des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes der besseren Gestaltung von Bauland dienten und als Verordnungen Hoheitsakte der Gemeinde als Raumplanungsbehörde seien. Somit lägen behördliche Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland vor und seien die Voraussetzungen für die Anwendung der Bestimmung des  § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 daher erfüllt.
 

II. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin sowie die A GmbH & Co KG und die B KG haben mit Tauschvertrag vom  zum Zweck einer besseren Gestaltung von Bauland im Sinne der Raumplanung der Gemeinde C in ihrem Eigentum stehende Grundstücksflächen im Rahmen eines Ringgeschäftes getauscht. In der Erklärung über die (private) Grundstücksveräußerung der Beschwerdeführerin wurde die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 geltend gemacht und infolgedessen keine Immobilienertragsteuer abgeführt. Davon abweichend hat das Finanzamt mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom die Immobilienertragsteuer für das Kalenderjahr 2015 mit 17.920,00 € festgesetzt.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt die sich unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb sowie Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergebende Einkommensteuer für das Jahr 2015 festgesetzt.
 

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 sind sonstige Einkünfte ua. Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30).

Private Grundstücksveräußerungen sind nach § 30 Abs. 1 EStG 1988 Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

Von der Besteuerung ausgenommen sind ua. die Einkünfte aus Tauschvorgängen von Grundstücken im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103/1951, sowie im Rahmen behördlicher Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland, insbesondere nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften (§ 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988).

Gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 (idF vor dem StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015) unterliegen Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

Anstelle des besonderen Steuersatzes von 25% kann nach § 30a Abs. 2 EStG 1988 auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption).

Der mit "Immobilienertragsteuer" überschriebene § 30b EStG 1988 (idF vor dem StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015) lautet auszugsweise:

"(1) Für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen ist im Falle der Selbstberechnung gemäß § 30c Abs. 2 eine auf volle Euro abzurundende Steuer in Höhe von 25% der Bemessungsgrundlage zu entrichten (Immobilienertragsteuer). Die Immobilienertragsteuer ist spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat des Zuflusses zweitfolgenden Kalendermonats zu leisten.

(2) Mit der Entrichtung der selbstberechneten Immobilienertragsteuer durch Parteienvertreter gilt die Einkommensteuer für Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 als abgegolten. Dies gilt jedoch nicht, wenn die der Selbstberechnung zugrunde liegenden Angaben des Steuerpflichtigen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Die Abgeltungswirkung der Immobilienertragsteuer entfällt im Falle einer späteren Umwidmung gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 letzter Satz.

(3) Auf Antrag sind die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30, für die eine selbstberechnete Immobilienertragsteuer entrichtet wurde, mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a zu veranlagen (Veranlagungsoption). Dabei ist die Immobilienertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.

[…]"

Nach § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.

Gemäß § 42 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 hat der unbeschränkt Steuerpflichtige eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 erzielt werden, für die keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 entrichtet wurde, oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 gegeben ist (unter den gleichen Voraussetzungen besteht nach § 41 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 Veranlagungspflicht, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind). 

§ 201 Abs. 1 BAO lautet:

"Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."

Nach § 201 Abs. 2 BAO kann die Festsetzung ua. erfolgen von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages (Z 1) bzw. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden (Z 3).

Gemäß § 201 Abs. 3 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist (Z 1) oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden (Z 3).

Die Neuordnung der einkommensteuerlichen Behandlung von Immobilienveräußerungen (Ausdehnung der Steuerpflicht auf sämtliche Vorgänge, Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer durch Parteienvertreter; Steuersatz von 25%) erfolgte mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012. Ziel der Reform war die umfassende ertragsteuerliche Einbeziehung von Einkünften aus einer Grundstücksveräußerung in die Einkommensteuerpflicht. Damit sollten "Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken … - unabhängig davon, ob es sich um betriebliche oder private Grundstücke handelt und auch unabhängig von der Behaltedauer - ertragsteuerlich erfasst werden" (ErlRV 1680 BlgNR 24. GP 2). § 29 Z 2 EStG 1988 unterstellt demnach "Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30)" der Einkommensteuerpflicht.

Mit Erkenntnis vom , RV/1100579/2016, hat das Bundesfinanzgericht die von der ebenfalls am Ringtausch beteiligten A GmbH & Co KG erhobene Beschwerde gegen den ihr gegenüber erlassenen Bescheid betreffend die Festsetzung von Immobilienertragsteuer als unbegründet abgewiesen. Der dagegen erhobenen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0016, Folge gegeben und unter einem den Bescheid des Finanzamtes aufgehoben. Begründend hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0005, ausgeführt, dass die Korrektur des vom Parteienvertreter selbstberechneten Betrages an Immobilienertragsteuer dem Konzept des Gesetzgebers (im Zusammenhang mit der Einführung der Immobilienertragsteuer) entsprechend im Wege der Veranlagung zu erfolgen habe. Personengesellschaften seien im Ertragsteuerrecht zwar Einkünfteermittlungssubjekt, nicht aber Steuersubjekt. Die Festsetzung von Immobilienertragsteuer (als Einkommensteuer) gegenüber einer Personengesellschaft sei daher rechtswidrig und das angefochtene Erkenntnis damit bereits aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

In angesprochenen Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0005, hat der Verwaltungsgerichtshof gestützt ua. auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1680 BlgNR 24. GP 13 f) auszugsweise ausgeführt:

"Bei der Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) handelt es sich um eine Steuer, die grundsätzlich im Wege der Veranlagung des Jahreseinkommens erhoben wird. Zu beachten ist auch, dass Umstände, die andere Einkünfte des Jahreseinkommens betreffen (zB AfA, Instandsetzungsaufwendungen), bei der Bemessungsgrundlage der privaten Grundstücksveräußerungen zu berücksichtigen sind (vgl. § 30 Abs. 3 EStG 1988). Dem entsprechend sieht § 30b Abs. 3 EStG 1988 als Verfahren, mit welchem der steuerpflichtige Grundstücksveräußerer das bescheidmäßige Absprechen über die Höhe der Steuer für private Grundstücksveräußerungen bewirken kann, den Antrag auf Veranlagung (zum besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988) vor. Es entspricht sohin dem Konzept des Gesetzgebers, dass - anders als im Bereich der Grunderwerbsteuer, die keine Jahresveranlagung kennt - die Korrektur des vom Parteienvertreter selbstberechneten Betrages an Immobilienertragsteuer im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat. Wie den ErlRV zum 1. StabG 2012 zu entnehmen ist, soll es gerade diese spezielle Regelung des Veranlagungsantrags nach § 30b Abs. 3 EStG 1988 sein, mit welcher der Bezieher der Einkünfte aus dem privaten Grundstücksgeschäft die Festsetzung der Steuer (zum besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988) erwirken kann. Solcherart entspricht es dem Gesetz, dass ihm die Möglichkeit, eine Festsetzung der Immobilienertragsteuer nach § 201 BAO zu erwirken, verschlossen bleibt.

Nichts anderes gilt für betriebliche Grundstücksgeschäfte. Dies erschließt sich zum einen daraus, dass die ErlRV zum 1. StabG auch für solche Geschäfte kein anderes Verfahren als die Veranlagung vorsehen, mit welchem der Steuerpflichtige das bescheidmäßige Absprechen über die Abgabenhöhe erwirken kann. Das ergibt sich aber vor allem aus systematischen Überlegungen: Der Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks des Betriebsvermögens stellt als Sondergewinn einen Teil des Gewinnes aus dem betreffenden Betrieb dar. …"

Aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich somit, dass § 201 BAO in Bezug auf die Immobilienertrag­steuer nicht anwendbar ist. Sie ist nach ihrem Gesamtkonzept, insbesondere auch im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigte Verzahnung zwischen den Einkünften, Teil des jeweiligen Veranlagungsverfahrens und folglich nicht in einem gesonderten Verfahren auf Grundlage des § 201 BAO vorzuschreiben. Auch wenn dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/15/0005, eine zwecks Rückerstattung zuviel bezahlter Immobilienertragsteuer vom grundstücksveräußernden Verein beantragte Festsetzung im Wege eines Verfahrens nach § 201 BAO zugrunde lag, kann hinsichtlich einer Korrektur der Selbstberechnungsabgabe seitens des Finanzamtes nichts anderes gelten, zumal auch nicht erkennbar ist, dass vom Gesetzgeber für solche Fälle ein anderes Verfahren als das der Veranlagung beabsichtigt wäre.

In diesem Sinne weist auch Zorn (RdW 10/2019, 710 f) in seinen Anmerkungen zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/15/0016, darauf hin, dass im Falle einer aufgrund unrichtiger Sachverhaltsangaben des Steuerpflichtigen nach ​§ 30b Abs. 2 EStG 1988 nicht eintretenden Abgeltungswirkung, die Korrektur der Immobilienertragsteuer durch das Finanzamt im Wege der Veranlagung zu erfolgen habe, und es daher auch eine Möglichkeit der Steuererhebung/Steuerkorrektur durch das Finanzamt geben müsse, wenn der Parteienvertreter aufgrund eines Rechtsirrtums keine oder zu wenig Immobilienertragsteuer abgeführt habe (etwa weil er, wie auch im gegenständlichen Beschwerdefall, eine Befreiungsbestimmung wie jene des ​ § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 anders als das Finanzamt auslegt). Zwar schienen § 30b Abs. 2 Satz 1 und ​2 EStG 1988 auf den ersten Blick zu regeln, dass die Immobilienertragsteuer nur dann nicht abgegolten sei, wenn die Steuerpflichtigen dem Parteienvertreter falsche Tatsachenangaben gemacht hätten, die Bestimmung dürfe allerdings - bei einer auf den Gleichheitssatz Bedacht nehmenden Interpretation - einer materiell richtigen Steuererhebung nicht endgültig entgegenstehen und werde im Rahmen einer vom Finanzamt in Gang gesetzten, veranlagungsmäßigen Erfassung des privaten Grundstücksgeschäftes § 30b Abs. 2 EStG 1988 dahin gehend zu verstehen sein, dass die Einkommensteuer nur mit der Entrichtung der "materiellrechtlich richtigen" Immobilienertragsteuer abgegolten ist.

Die Korrektur bzw. Nacherfassung der Immobilienertragsteuer hat somit auch dann im Veranlagungswege zu erfolgen, wenn der Parteienvertreter bezüglich eines Veräußerungsvorganges (aus Sicht des Finanzamtes rechtsirrtümlich) die volle Steuerbefreiung in Anspruch genommen hat. Die Festsetzung der Immobilienertragsteuer auf Grundlage eines Bescheides gemäß § 201 BAO erweist sich sohin als nicht rechtmäßig und war der angefochtene Bescheid daher aufzuheben.
 

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Unzulässigkeit der Festsetzung der Immobilienertragsteuer mittels eines Bescheides gemäß § 201 BAO ergibt sich aus der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100578.2016

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