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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2019, RV/4100148/2019

Vergleichsgebühr bei einer Scheidungsfolgenvereinbarung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache BF, Adresse, vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Gebühren (ErNr. 123, Team x), zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die Gebühr wird festgesetzt mit Euro 1.404,00.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel eine Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b Gebührengesetz (GebG) 1957 in Höhe von Euro 8.760,85 fest (2 % vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen in Höhe von Euro 438.042,35). Begründend führte das Finanzamt aus, dass ein für den Fall einer Scheidung getroffenes Übereinkommen über die künftige Regelung der Vermögens-und Unterhaltsverhältnisse der Ehegatten einen gebührenpflichtigen Vergleich darstelle. Ein solches Übereinkommen sei sofort gebührenpflichtig und hänge nicht von der Rechtskraft des Scheidungsurteils ab. Bemessungsgrundlage der Gebühr sei der Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen positiv zu erbringenden Leistungen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer (im folgenden BF) aus, dass weder ein Leistungsaustausch hinsichtlich der ehelichen Ersparnisse noch hinsichtlich des in der Vereinbarung dargestellten ehelichen Gebrauchsvermögens stattgefunden habe. Die in der Vereinbarung ebenfalls geregelten möglichen Eigentumsübertragungen würden dem Grunderwerbsteuergesetz unterliegen. Die vereinbarte Ausgleichszahlung würde erst beim Auszug der Ehegattin aus der Ehewohnung fällig werden. Die Vereinbarung über die Aufteilung von Liegenschaftsvermögen für den Fall der Ehescheidung unterliege aufgrund des Umstandes, dass die Liegenschaftsübertragung unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen und somit noch kein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand verwirklicht worden sei, nicht der Vergleichsgebühr. Die Befreiung nach § 15 Abs. 3 GebG sei zu gewähren. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die zu Punkt IX. des Notariatsaktes getroffene Unterhaltsvereinbarung die Rechtsgeschäftsgebühr auslöse, wäre lediglich der 9-fache Jahreswert der für unbestimmte Dauer vereinbarten Unterhaltsleistung heranzuziehen. Dies wäre der nach der Pensionierung des BF monatlich anfallende Betrag in der Höhe von Euro 400,00 × 12 × 9, sowie in Euro 43.200,00. 2 % von diesem Betrag seien Euro 864,00.

Mit seiner Beschwerdevorentscheidung entsprach das Finanzamt dem Vorbringen des BF teilweise und setzte die Gebühr mit Euro 2.357,58 fest. In seiner Bescheidbegründung verwies das Finanzamt darauf, dass die Bemessungsgrundlage bei einem Vergleich der Gesamtwert der von jeder am Vergleich beteiligten Person übernommenen positiv zu erbringenden Leistung bilde. Für die Bewertung der Leistungen im Sinne des § 33 TP 20 Abs. 1 GebG würden gemäß § 26 GebG die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 mit der Maßgabe gelten, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln seien und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen sei. Nach § 16 Abs. 1 BewG ergebe sich der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung). Die Berechnung des Wertes der im Notariatsakt vereinbarten Unterhaltszahlung sei mit dem auf der Homepage des BMF zur Verfügung gestellten Rechner für die Bewertung von Renten und wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ermittelt worden. Dabei sei berücksichtigt worden, dass sich die Höhe der Rentenzahlung ab dem Zeitpunkt der Pensionierung des Unterhaltsverpflichteten verringere. Dem Beschwerdebegehren in Bezug auf die Einbeziehung der Ausgleichszahlung in Höhe von Euro 305.000,00 werde stattgegeben, da es sich hierbei um eine Gegenleistung für die Übertragung von Grundstücken handle, welche nicht in die Bemessungsgrundlage der Vergleichsgebühr einzubeziehen sei.

Der Beschwerdeführer brachte dagegen einen Vorlageantrag ein und führte zunächst aus, dass die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr im Ausmaß von Euro 864,00 unbekämpft bleibe. Die Vorschreibung eines Betrages von Euro 2.357,58 für die Unterhaltsvereinbarung erfolge jedoch zu Unrecht. Abermals führe die belangte Behörde nicht aus, wie sie zu einer Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr gelange. Der Verweis auf eine Website sei unzureichend. Aus Punkt IX. des Notariatsaktes ergebe sich, dass sich der BF verpflichtet, seiner Gattin bis zu dem seiner Pensionierung nachfolgenden Monat einen Unterhalt in der Höhe von Euro 650,00 monatlich und ab dem seiner Pensionierung nachfolgenden Monat einen Unterhalt in der Höhe von Euro 400,00 zu leisten. Allfälliges eigenes Einkommen seiner Ehefrau betreffe diese Unterhaltsverpflichtung nicht, ebenso wenig allfällige weitere Sorgepflichten des BF. Die belangte Behörde sei fälschlicherweise von einer Berechnung nach § 16 BewG ausgegangen und habe scheinbar anhand der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen die Unterhaltsverpflichtung bewertet. § 16 BewG Stelle auf die Lebensdauer der Berechtigten Personen und sohin nicht auf andere Umstände, wie etwa die Beendigung bzw. Einschränkung des Unterhalts wegen Wiederverehelichung, Verwirkung oder Eintritt der Anwendungsvoraussetzungen der clausula rebus sic stantibus, ab. Im gegenständlichen Fall sei keine allgemein gehaltene Umstandsklausel in den Notariatsakt aufgenommen und es sei nicht festgelegt worden, dass der Unterhaltsanspruch auch bei einer Änderung der Umstände, Vereitelung oder Wiederverehelichung bestehe. Mangle es an einer vertraglichen Regelung, wonach die nachträgliche Änderung der Umstände unerheblich sei, so liege nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Leistung von unbestimmter Dauer im Sinne des § 15 Abs. 2 BewG vor. Die Unterhaltsleistung sei daher lediglich mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu berechnen. BF verwies auch auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes. Aus der Sicht des BF sei für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Unterhaltsbetrag von monatlich Euro 400,00 heranzuziehen, welchen dieser mit dem seiner Pensionierung nachfolgenden Monat zu leisten habe.

In seinem Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht führte das Finanzamt aus, dass es sich bei der Vereinbarung vom , in der unter anderem die Unterhaltsleistung für den Fall einer Scheidung vereinbart worden sei, um einen gebührenpflichtigen Vergleich handle. Dem Beschwerdebegehren sei hinsichtlich der Ausgleichszahlung mit Beschwerdevorentscheidung bereits stattgegeben worden. Zur Vorschreibung der Rechtsgebühr für die Unterhaltsvereinbarung vertrat das Finanzamt die Rechtsansicht, dass in der Vereinbarung eine etwaige Beschränkung nicht ersichtlich sei, im Gegenteil, es sei sogar vereinbart, dass ein allfälliges Einkommen der Gattin oder allfällige weitere Sorgfaltspflichten des Gatten diese Unterhaltsverpflichtung nicht berühren würden. Eine Berechnung der Bemessungsgrundlage nach § 16 BewG sei daher zu Recht erfolgt. Sollte das Gericht aber zu dem Schluss kommen, dass von einer unbestimmten Dauer auszugehen ist, so wäre nach Ansicht des Finanzamtes die Gebühr nicht von einer Ratenhöhe von Euro 400,00 pro Monat, sondern von der erhöhten Rate von Euro 650,00 pro Monat, zu berechnen, da nach § 26 GebG bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln seien.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht erklärte der BF sein Einverständnis mit der vom Finanzamt geäußerten Rechtsansicht, im Falle der Berechnung nach § 15 Abs. 2 BewG eine monatliche Unterhaltszahlung von Euro 650,00 der Berechnung der Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wurde festgestellt:

Mit Notariatsakt vom schlossen der BF und seine Ehegattin eine "Vorwegvereinbarung über die Aufteilung ehelicher Ersparnisse und ehelichen Gebrauchsvermögens und Unterhaltsvereinbarung".

In der Präambel dieser Vereinbarung wurde festgehalten, dass die Ehe der Vertragspartner in hohem Maße zerrüttet sei. Zweck der Vereinbarung sei, die eheliche Gemeinschaft wieder auf eine gedeihliche Grundlage zu stellen und damit den Eheleuten im Sinne der "Versöhnung" die Möglichkeit zu geben, wieder zu sich und zueinander zu finden sowie Scheidungsfolgenregelungen für den Fall zu treffen, dass die vorstehenden Ziele wider Erwarten nicht erreicht werden könnten.

Nach der Darstellung der ehelichen Ersparnisse sowie des ehelichen Gebrauchsvermögens sowie Festlegung der vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung wurde hinsichtlich des Unterhaltes für die Ehegattin Nachfolgendes vereinbart:

"IX. Unterhaltsvereinbarung

für den Fall der Auflösung der Ehe, aus welchem Grund auch immer, mit Ausnahme des Todes, verpflichtet sich Herr BF Frau Gattin bis zu dem seiner Pensionierung nachfolgenden Monat einen Unterhalt in der Höhe von Euro 650,--/Monat und ab dem seiner Pensionierung nachfolgenden Monat einen Unterhalt in der Höhe von Euro 400,--/Monat, jeweils wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 2015, herausgegeben vom Österreichischen statistischen Zentralamt, zu leisten. Als Grundlage gilt die für den Monat November 2017 verlautbarte Indexzahl. Schwankungen der Indexzahl nach oben oder nach unten bis ausschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt. Sobald die Wertsicherung zur Anwendung gekommen ist, gilt der berichtigte Unterhaltsbetrag als Ausgangspunkt für die neuerliche Anwendung für die Wertsicherungsbestimmung.

Allfälliges eigenes Einkommen von Frau Gattin berührt diese Unterhaltsverpflichtung nicht; ebenso wenig allfällige weitere Sorgepflichten von Herrn BF."

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt, welcher sich auf die Darstellung jenes Teiles der Vereinbarung vom beschränkt, dessen gebührenrechtliche Folgen zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens noch strittig waren, beruht auf dem unzweifelhaften Inhalt der vorgelegten Urkunden. Eine detaillierte Darstellung der weiteren Vertragspunkte konnte unterbleiben, da die vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommene Herabsetzung der Gebühr, in Bezug auf die vereinbarte Ausgleichszahlung, vom Richter als rechtsrichtig geteilt wird.

Rechtliche Würdigung

§ 17 Abs. 1 GebG 1957 normiert, dass für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend ist. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Regelungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) 1955, BGBl Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist (§ 26 GebG).

Gemäß § 15 Abs. 2 BewG 1955 sind immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten.

§ 16 Abs. 1 BewG legt fest, dass der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen sowie dauernden Lasten, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, sich aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung) ergebe. Dabei sei der Zinssatz gemäß § 15 Abs. 1 anzuwenden.

§ 16 Abs. 2 BewG enthält die gesetzliche Ermächtigung für den Bundesminister für Finanzen, anhand anerkannter Methoden durch Verordnung festzusetzen, von welchen Erlebenswahrscheinlichkeiten auszugehen sei.

Die Bestimmung des § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG normiert, dass die Gebühr für (außergerichtliche) Vergleiche zwei von Hundert vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen beträgt.

Der den Gegenstand des §§ 33 TP 20 GebG bildende Vergleich ist nach § 1380 ABGB zu beurteilen, da das Gebührengesetz keine Begriffsbestimmung enthält. Nach der angeführten Bestimmung des §§ 1380 ABGB heißt ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet, Vergleich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Scheidungsfolgenvereinbarungen gemäß § 55a Abs. 2 EheG grundsätzlich als Vergleich zu werten (vgl. u.a. ). Da im Gesetz die Folgen der Scheidung im Einzelnen nicht festgelegt sind und Unterhaltsvereinbarungen grundsätzlich der Disposition der Ehegatten unterliegen, handelt es sich bei einer solchen Scheidungsfolgenvereinbarung um die Regelung zweifelhafte Rechte. Es könne nämlich nicht nur bereits bestehende strittige vertragliche Rechtsverhältnisse vergleichsweise geregelt werden, sondern auch künftige auf Gesetz beruhende Ansprüche, wenn noch zweifelhaft ist, ob und inwieweit die gesetzlich normierten Voraussetzungen gegeben sein werden (vergl. ).

Unterhaltsansprüche hängen sowohl in Bezug auf ihre Höhe als auch auf ihre grundsätzliche Berechtigung nach wie vor von mehreren Faktoren, besondere dem Verschulden (alleinigen, überwiegenden oder gleichteiligen Verschulden), aber auch der Frage der Bedürftigkeit (Unterhaltsbeitrag gemäß § 68 EheG) sowie auch der Parteirolle (§ 69 Abs. 2 und 3 EheG), ab. Diese Unwägbarkeiten entsprechend ihrer Natur nach für das Vorliegen zweifelhafte Rechte, dies sowohl im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung, als auch bei einem allfälligen tatsächlichen Eintritt der Eheauflösung. Werden auch Unterhaltsansprüche in die Vorwegregelung der Eheauflösung Folgen einbezogen, so spricht dies im besonderen Maße für das Vorliegen von zweifelhaften Rechten.

In der Beschwerdeangelegenheit besteht im Hinblick auf die ausdrückliche Erklärung des BF in seinem Vorlageantrag, wonach er die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr im Ausmaß von Euro 864,00 nicht mehr bekämpfe, kein Streit mehr über die Rechtsansicht, dass die vorliegende Scheidungsfolgenvereinbarung als außergerichtlicher Vergleich der Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b Gebührengesetz unterliegt.

Wohl aber besteht Streit darüber, in welcher Höhe die vereinbarten Unterhaltsleistungen als Bemessungsgrundlage für die Vergleichsgebühr von 2 % zu bewerten sind.

Dem Wortlaut der streitgegenständlichen Vereinbarung vom sind zwei Festlegungen zu entnehmen, welche den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung des Gatten nicht betreffen würden. Dies sind einerseits ein allfälliges eigenes Einkommen der Gattin sowie auf Seiten des Gatten allfällige weitere Sorgepflichten.

Die Vereinbarung enthält jedoch keine weiteren Festlegungen, wonach zum Beispiel eine Wiederverehelichung der Gattin oder eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches ohne Folgen für die Unterhaltsverpflichtung des Gatten bleiben würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung diesbezüglich dargetan, dass der Tod der Unterhaltsberechtigten nicht unbedingt das Ende der Unterhaltsleistung bestimme. Nach § 75 des Ehegesetzes erlösche nämlich der Unterhaltsanspruch bei Wiederverehelichung des Berechtigten; dies müsse mangels einer besonderen Vereinbarung im Zweifel auch dann gelten, wenn die Unterhaltspflicht vertraglich festgelegt worden sei. Weiters sei im selben Sinn auch auf § 74 EheG Bedacht zu nehmen, wonach der Berechtigte den Unterhaltsanspruch verwirkt, wenn es sich nach der Scheidung einer schweren Verfehlung gegen den Verpflichteten schuldig macht oder gegen dessen Willen einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel führt. Auch diese Bestimmung sei bei vergleichsweise Regelung einer dem Gesetz entsprechenden Unterhaltspflicht anwendbar.

Nach herrschender Meinung stünden Unterhaltsverträge unter der clausula rebus sic stantibus. Zwar könnten die Parteien vereinbaren, dass die nachträgliche Veränderung der Umstände bedeutungslos sein solle und/oder dass die Unterhaltsverpflichtung auch bei Wiederverehelichung oder in den Fällen des § 74 EheG weiterbestehen solle. Nur dann könne jedoch davon gesprochen werden, dass es sich um eine auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkte Nutzung im Sinne des § 16 Abs. 1 BewG handle; andernfalls läge eine Leistung von unbestimmter Dauer im Sinne des § 15 Abs. 2 BewG vor, die lediglich mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten wäre ( und do. Zitate).

Daraus erhellt unzweifelhaft, dass mit der vorliegenden Unterhaltsvereinbarung eine Leistung von unbestimmter Dauer im Sinne des § 15 Abs. 2 BewG festgelegt wurde, die mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten ist (vgl. auch ).

Der BF beantragte, der Berechnung einen Unterhaltsbetrag von Euro 400,00 pro Monat zugrundezulegen, welchen er ab dem seiner Pensionierung nachfolgenden Monat an seine Gattin zu leisten hätte. Der BF brachte keine nähere Begründung für diese Rechtsansicht vor. Das Finanzamt führte in seinem Vorlagebericht aus, dass, sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass von einer unbestimmten Dauer auszugehen sei, der Unterhaltsbetrag von Euro 650,00 pro Monat heranzuziehen wäre, da nach § 26 GebG bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln seien.

Diese Ausführungen des Finanzamtes werden auch von Gericht geteilt. Neben der vom Finanzamt ins Treffen geführten Bestimmung des § 26 GebG weist auch das Lebensalter des BF zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung (46 Jahre) in jene Richtung, welche den Ansatz des vor der Pensionierung zu leistenden Unterhaltsbetrages von Euro 650,00 als gerechtfertigt erscheinen lässt. Für den Ansatz des nach dem Übertritt in den Ruhestand zu leistenden Betrages von Euro 400,00 monatlich fehlt es sowohl an einer gesetzlichen Grundlage als auch an Argumenten, welche diesen Ansatz begründen könnten. Auf das Einverständnis des BF mit der im Vorlagebericht geäußerten Rechtsansicht des Finanzamtes ist hinzuweisen.

Dem § 15 Abs. 2 BewG folgend errechnet sich beim Ansatz eines monatlichen Unterhaltsbetrages von Euro 650,00 ein Jahreswert von Euro 7.800,00. Das Neunfache hiervon ergibt Euro 70.200,00. Die Rechtsgeschäftsgebühr von zwei Prozent war mit Euro 1.404,00 festzusetzen (bisher laut Beschwerdevorentscheidung Euro 2.357,58; laut angefochtenem Bescheid Euro 8.760,85).

Im Hinblick auf das Beschwerdebegehren laut Vorlageantrag war der Beschwerde im Ergebnis teilweise Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Keines der angeführten Tatbestandselemente erschien im Streitfall erfüllt, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 15 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 16 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 16 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 74 EheG, Ehegesetz, dRGBl. I S 807/1938
§ 75 EheG, Ehegesetz, dRGBl. I S 807/1938
Schlagworte
Vergleich
Scheidung
Vorwegvereinbarung
Ausgleichszahlung
Scheidungsfolgenvereinbarung
Verwirkung
Clausula rebus sic stantibus
Unterhalt
Unterhaltsvereinbarung
Wiederverheiratung
Verweise



Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100148.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at