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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2019, RV/7104438/2019

Familienheimfahrten / doppelte Haushaltführung als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer 2017, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

In seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 beantragte der Beschwerdeführer ua die Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten iHv 1.863 € und Kosten der doppelten Haushaltsführung iHv 3.600 € als abziehbare Werbungskosten.

Die belangte Behörde trug dem Beschwerdeführer in zwei Vorhalteverfahren auf, näher bezeichnete Unterlagen und Dokumentation zu übermitteln, um die Voraussetzungen für die Anerkennung als Werbungskosten überprüfen zu können.

Im angefochtenen Bescheid vom versagte die belangte Behörde zur Gänze die beantragte Anerkennung als Werbungskosten und begründete dies wie folgt:

"Unter Wahrung des Parteiengehörs wurden die von Ihnen geltend gemachten Aufwendungen hinterfragt. Da Sie trotzdem die benötigten Unterlagen (zum Teil) nicht beigebracht haben, konnten die Aufwendungen in freier Beweiswürdigung nur in Höhe der nachgewiesenen, bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt werden."

In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer ua aus:

"Ich möchte höflich darauf hinweisen, dass ich die Familienheimfahrten sowohl mittels meinen Tankbelegen als auch mittels Fahrtenbuch habe nachweisen können.

Dass die Quartierszahlungen nicht berücksichtigt werden konnte, verstehe ich, da ich keine Rechnungen aufweisen konnte (dies habe ich auch bei Ergänzungsansuchen schriftlich bestätigt)."

Vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer in zwei weiteren Vorhalteverfahren um Nachreichung der bislang fehlenden Beweismittel bzw Konkretisierung und Verbesserung der bereits vorgelegten Beweismittel.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:

"Gemäß § 115 Bundesabgabenordnung besteht eine erhöhte Mitwirkungs-, sowie Beweismittelbeschaffungspflicht des Steuerpflichtigen, unter anderem dann, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben. Da die Abgabenbehörde auf Ihre Mithilfe angewiesen ist, erging am ein detailliertes Ergänzungsersuchen an Sie. Da Sie diesen Vorhalt nur unzureichend entsprochen haben (Konvulut an Unterlagen in ungarischer Sprache/nicht auf deutsch übersetzt, unleserliche Tankbelege, fehlender Mietvertrag der Wohnung in [Adresse], laut eigenen Angaben kann von Ihnen auch kein Zahlungsnachweis der Mietzahlungen erbracht werden), die genaue Beantwortung jedoch für die Klärung des Sachverhaltes von großer Wichtigkeit gewesen wäre, war Ihre Beschwerde wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 115 Bundesabgabenordnung abzuweisen."

In seinem Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer ua aus:

"Die Behauptung, dass die Tankbelege nicht leserlich seien, weise ich zurück. Ich habe alle Belege eingescannt und nochmals angesehen. Auf jedem der Belege ist das Datum sowie die bezahlte Summe ersichtlich.

Ich werde sämtliche Belege nächste Woche persönlich dem Finanzamt bringen und diese zur Durchsicht dort lassen."

Nach Einbringung des Vorlageantrages fordert die belangte Behörde mit ihrem fünften Vorhalt den Beschwerdeführer nochmals auf, Namen und Adresse des Vermieters des Beschwerdeführers bekanntzugeben, um eine Bestätigung über die Höhe der geleisteten Mietzahlungen zu erhalten.

Diesem Auftrag kam der Beschwerdeführer bis dato nicht nach.

Nach Ablauf der Beantwortungsfrist nahm die belangte Behörde die Beschwerde- und Aktenvorlage vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in der beantragten Höhe von 3.600 € konnten vom Beschwerdeführer nicht belegt werden.

Die Kosten für Familienheimfahrten in der beantragten Höhe von 1.863 € konnten vom Beschwerdeführer ausreichend belegt werden.

Die einfache Wegstrecke vom Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz betrug im Beschwerdejahr 2017 im vorliegenden Fall 369 km.

2. Beweiswürdigung

Trotz eines umfangreichen Vorhalteverfahrens mit fünf Vorhalten durch die belangte Behörde legte der Beschwerdeführer keine Bestätigung seines Vermieters über die behauptetermaßen entrichteten Mietzahlungen vor und nannte der belangten Behörde auch nicht Namen und Adresse des Vermieters zwecks Vernehmung des Vermieters als Auskunftsperson bzw Zeugen. Dadurch hat der Beschwerdeführer die ihn treffende (in diesem Fall erhöhte) Mitwirkungspflicht zweifelsfrei verletzt, weshalb die obige Sachverhaltsstellung getroffen werden durfte (vgl § 115 Abs 1 letzter Satz BAO iVm ErläutRV 1660 BlgNR XXV. GP, 24).

Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten ist den Ausführungen der belangten Behörde im Vorlagebericht zu folgen, dass der tatsächliche Anfall dieser Kosten durch die vorgelegten Unterlagen ausreichend nachgewiesen werden konnte.

Die vom Beschwerdeführer im vorgelegten Fahrtenbuch angegebene Länge der einfachen Wegstrecke vom Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz wurde auch von der belangten Behörde nicht bestritten.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Bescheidabänderung)

Gemäß § 16 Abs 1 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies gesetzlich ausdrücklich zugelassen ist.

Da der nachgewiesene Abfluss entsprechender Ausgaben in der beantragten Höhe die Grundvoraussetzung für eine weitere (inhaltliche) Beurteilung der jeweiligen Ausgabe darstellt, kamen schon deshalb im vorliegenden Fall die beantragten Kosten für eine doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten in Betracht, weshalb eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung, insbesondere die Prüfung der beruflichen Veranlassung der strittigen Ausgaben aufgrund einer Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort (vgl zB , mwN), unterbleiben konnte.

Im Gegensatz zu den geltend gemachten Kosten für eine doppelte Haushaltsführung konnte - wie oben festgestellt - der tatsächliche Anfall der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten im Verfahren nachgewiesen werden, weshalb diesbezüglich eine weitere inhaltliche Prüfung vorgenommen werden kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Arbeitsstätte vom Familienwohnort so weit entfernt ist, dass die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar ist, weil die Arbeitsstätte außerhalb des Einzugsbereiches des Familienwohnsitzes liegt (vgl zB ; ; ). Dies traf im vorliegenden Fall bei einer einfachen Wegstrecke von knappen 370 km unstrittig zu (vgl zB , betreffend eine Unzumutbarkeit bei 262 km und , betreffend eine Unzumutbarkeit bei 230 km).

Der angefochtene Bescheid war somit dahingehend abzuändern, dass die geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten iHv 1.863 € als Werbungskosten abzuziehen waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 BVG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (nicht erbrachter Nachweis der Zahlungen für die doppelte Haushaltsführung) war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl ).

Zudem ist das Bundesfinanzgericht mit dem vorliegenden Erkenntnis auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abziehbarkeit von Kosten für Familienheimfahrten abgewichen, sondern folgt der in den Erkenntnissen zB vom , 96/15/0205; vom , 99/14/0340 und vom , 2012/15/0074, zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Es war daher gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104438.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at