TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.10.2019, RV/7105103/2016

Zurückweisung eines Antrages mangels Aktivlegitimation

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse1 vertreten durch NN., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. zzz, betreffend Zurückweisung eines Antrages, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Erfassungsnummer xxx2009, setzte das damalige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der N2, Adresse2, die Erbschaftssteuer fest (Erwerb von Todes wegen nach N3, gestorben am TT.MM.2008).

In der Bescheidbegründung heißt es dazu:

„Legat laut Kodizill vom ist eine monatliche Zahlung von € 1.000,00 auf Lebensdauer. Bewertung laut § 16 Abs. 2 BewG: € 1.000,00 x 12 x Faktor 9,721352 = € 116.656,23 Barwert der Rente.“

Am TT.MM.2014 verstarb Frau N2. Mit Einantwortungsbeschluss vom TT.MM.2014 wurde die Verlassenschaft nach N2 ihrem Enkelsohn, dem unbedingt erbantrittserklärten N4, Adresse4, zum gesamten Nachlass eingeantwortet.

Im Jahr 2015 nahm der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.), Herr Bf., ADRESSE1, Sohn der N2 und Vater des N4, telefonisch bzw. per E-Mail mit dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien (kurz: FAG) Kontakt auf.

Mit dem mit datierten, der Post am zur Beförderung übergebenen und beim FAG am eingelangten Schriftsatz beantragte der Bf. im eigenen Namen, die „Forderungen zu überprüfen“. Das FAG wertete diese Eingabe als Antrag gem. § 16 Abs. 3 BewG auf Berichtigung des o.a. Erbschaftssteuerbescheides vom .

Mit dem an den Bf. gerichteten Bescheid vom wies das FAG diesen Antrag als verspätet zurück. Die Rentenzahlung sei durch das Ableben der Berechtigten am weggefallen. Die Frist zur Antragstellung sei daher am abgelaufen.

Der zwischenzeitlich von NN in Adresse5 rechtsfreundlich vertretene Bf. stellte daraufhin durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Eingabe vom den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO. Als Antragsteller ist in diesem Schriftsatz vermerkt:

„1.) Bf., selbstständig, Anschrift1

2.) Verlassenschaft n. N2, geb. TT.MM.1933, verstorben am TT.MM.2014, vertreten durch BF..“

Mit dem nunmehr angefochtenen und verfahrensgegenständlichen Bescheid vom , Erfassungsnummer zzz, wies das FAG diesen Antrag zurück.

In der Begründung heißt es dazu:

„Der Erbschaftssteuerbescheid ist an Frau NN2 ergangen. Nach deren Ableben tritt die Verlassenschaft in die Rechtsposition der Verstorbenen. Durch die Einantwortung ist die Rechtsperson „Verlassenschaft nach N2“ untergegangen. Da durch die Einantwortung alle Rechte, die der Frau NN2 zugestanden sind, im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf N4 übergegangen sind, wäre nur dieser berechtigt, einen Antrag auf Bescheidberichtigung und auch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Dieser ist aber im Schriftsatz vom nicht als Einschreiter genannt.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .

Das FAG wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Der Bf. stellte daraufhin mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Abgabenbehörden sind an die gerichtliche Feststellung der Erbenqualität gebunden (vgl. VwGH 25.06.992, 91/16/0045).

Mit der Einantwortung tritt die Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser ein. Der Zustand des ruhenden Nachlasses hört auf; Besitz, Eigentum, Forderungen und sonstige Rechte gehen auf den Erben über, er erlangt die volle Herrschaft über den Nachlass, wird Schuldner der Erbschaftsgläubiger und Gläubiger der Erbschaftsschulden (Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts, Band II, 13. Aufl., S. 445 und 573).

Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) liegt insbesondere bei Erbfolge (§ 547 ABGB) vor. Wer Erbe ist, ergibt sich aus den Feststellungen in der Einantwortungsurkunde, die für die Abgabenbehörden in Bezug auf die Feststellung der Erbenqualität bindend ist. Der unbedingt erbserklärte Erbe kann nach Einantwortung grundsätzlich unbeschränkt für Abgabenschulden des Erblassers in Anspruch genommen werden (Ritz, BAO6, Rz. 10 zu § 19 BAO).

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei einer Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über ().

Dabei tritt der Gesamtrechtsnachfolger sowohl in materiell- als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht bezüglich aller Rechte und Pflichten in die gesamte Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ().

Auch verfahrensrechtliche Rechtspositionen gehen über (). Darunter fällt u.a. das Antragsrecht auf Wiederaufnahme des Verfahrens und dergleichen mehr (Ritz, BAO6, Rz. 8 zu § 19 BAO). Die Rechtsnachfolge schließt also auch die Berechtigung zur Wahrnehmung prozessualer Rechte des Erblassers, wie etwa die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, mit ein (Stoll, BAO 1012).

Außer Streit steht, dass mit Einantwortungsbeschluss vom die Verlassenschaft nach N2 ihrem Enkelsohn, dem unbedingt erbantrittserklärten N4 zum gesamten Nachlasse eingeantwortet wurde.

Die Verlassenschaft nach N2 als Steuersubjekt war durch den erwähnten in Rechtskraft erwachsenen Einantwortungsbeschluss ab diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr existent (). Nach ständiger Rechtsprechung haben den an die Erben als Gesamtrechtsnachfolger gerichteten Bescheid über Abgaben des Erblassers die Erben im eigenen Namen, und nicht etwa namens des Verstorbenen oder namens der Verlassenschaft anzufechten (Stoll, BAO 197, ). Gleiches gilt nach der oben zitierten Rechtsprechung auch für Anträge des Verfahrensrechtes.

Nichts Anderes gilt bei der Gesamtrechtsnachfolge in dem vom Bf. ins Spiel gebrachten zivilrechtlichem Sinn. Denn die Verlassenschaft (der ruhende Nachlass) ist nach dem bürgerlichen Recht nur bis zur Einantwortung parteifähig ().

Daraus folgt, dass der verfahrensgegenständliche Antrag um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO, den der Bf. am , also lange nach rechtskräftiger Einantwortung, eingebracht hat, mangels Aktivlegitimation des Einschreiters zurückzuweisen war. Denn wie das Finanzamt im angefochtenen Bescheid vom zu Recht festgestellt hat, war zu diesem Zeitpunkt nur der unbedingt erbantrittserklärte Erbe N4 berechtigt, einen derartigen Antrag zu stellen.

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag sind aber als Antragsteller ausdrücklich 1.) Herr Bf. und 2.) Verlassenschaft nach N2, vertreten durch Vorname (gemeint zweifellos: VORNAME) NN2 genannt. Herr N4 findet in diesem von einem Rechtsanwalt verfassten Schriftsatz hingegen keine Erwähnung. Es wird vielmehr unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dieser Rechtsanwalt (nur) in Auftrag und mit Vollmacht der beiden eben genannten Antragsteller als Vertreter einschreitet.

Es handelt sich dabei um eine jeden Zweifel betreffend die Identität der Einschreiter ausschließende eindeutige Parteienbezeichnung. Für eine amtswegige Änderung dieser Parteienbezeichnung besteht daher entgegen der Ansicht des Bf. kein Raum.

Es trifft zwar zu, dass nach der ZPO in bestimmten Fällen – insbesondere bei laufenden Rechtsstreitigkeiten – eine Parteienbezeichnung von Amts wegen richtig zu stellen ist. So ist etwa ein gegen die Verlassenschaft geführter Rechtsstreit nach Zustellung und Eintritt der Rechtskraft der Einantwortung unter eben dieser Richtigstellung mit den Erben fortzusetzen. Aktivprozesse kann der Erbe im eigenen Namen aber erst nach Einantwortung und vorher nur im Namen der Verlassenschaft geltend machen (Schwimann, ABGB3, Rz. 12 zu § 819). Das Finanzamt ist daher auch aus dieser Sicht im Recht, wenn es feststellt, dass auf Grund der bereits vor der Antragstellung erfolgten Einantwortung nur mehr der Erbe und nicht mehr der Bf. aktivlegitimiert war. Denn im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Verlassenschaft vor der erfolgten Einantwortung keinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat.

Der Bf. kann auch mit dem im Vorlageantrag zitierten Erkenntnis , nicht durchdringen. Das Höchstgericht hat in dieser Entscheidung festgestellt, dass eine unrichtige Bezeichnung der Partei dann unbeachtlich ist, wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen.

Der vom Verwaltungsgerichtshof damals gewürdigte Sachverhalt unterscheidet sich jedoch insofern wesentlich vom vorliegenden Fall, als dort schlichtweg keine andere Rechtsperson in Betracht kam, auf welche die gewählte Parteibenennung zugetroffen hätte. Bei der Verlassenschaft nach N2 und dem Erben N4 handelt es sich hingegen um zwei völlig unterschiedliche Rechtspersonen. Erstere ist mit Einantwortung vom untergegangen und war daher im Zeitpunkt der Antragstellung rechtlich nicht mehr existent und damit nicht mehr parteifähig. N4 wird im Wiedereinsetzungsantrag nicht genannt. Dieser Antrag wurde vielmehr vom (aus den obigen Gründen dazu nicht legitimierten) Bf. im eigenen Namen durch seinen ausgewiesenen Vertreter eingebracht.

Zum Einwand des Bf., das Finanzamt gehe zu Unrecht davon aus, dass es sich bei der Verlassenschaft nach N2 und dem Gesamtrechtsnachfolger um getrennte, voneinander völlig zu unterscheidende Rechtsträger und Steuersubjekte handle, ist neuerlich auf die bereits oben zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, wonach hinsichtlich der Aktivlegitimation sehr wohl eine scharfe Trennung zwischen dem Nachlass einerseits und dem Erben andererseits vorzunehmen ist (siehe Stoll, BAO 197 mwN). Der Bf. kann daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen im Vorlageantrag nicht überzeugen.

Die vom Bf. geltend gemachte Verletzung der Manuduktionspflicht liegt nicht vor. Denn zum Zeitpunkt der dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren zu Grunde liegenden Antragstellung () war der Bf. anwaltlich vertreten.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Darüber hinaus wird Folgendes bemerkt (obiter dictum):

Wenn der Bf. meint, die der Frau N2 vorgeschriebene Erbschaftssteuer für den Erhalt einer lebenslangen Rente dürfe nach deren Ableben wohl kaum auf den N4 übergehen, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn immer dann, wenn ein Abgabenbescheid (wie hier) vor Ableben des Erblassers ergangen und in Rechtskraft erwachsen ist, ist der Erbe an die Abgabenfestsetzung gebunden und er tritt als Selbstschuldner in die Pflichten des Erblassers ein. Abgabenrechtliche Konsequenz der Gesamtrechtsnachfolge ist in diesen Fällen also der Übergang von abgabenrechtlichen vermögenswerten Ansprüchen und Schulden des Rechtsvorgängers auf den Nachfolger, wobei nach den Grundsätzen des § 4 Abs 1 BAO auf die Tatbestandskonkretisierung und Abgabenschuldentstehung abzustellen ist (vgl. Stoll, BAO 191ff).

Die verschiedenen Eingaben des Bf. zielen letztlich darauf ab, eine Bescheidberichtigung nach § 5 Abs. 2 BewG zu erreichen. Die materiellen Voraussetzungen dafür liegen im Streitfall aber keinesfalls vor. Denn gem. § 16 Abs. 3 BewG ist eine solche Berichtigung ausschließlich für den Fall vorgesehen, wenn die Summe der tatsächlich geleisteten Rentenzahlungen weniger als die Hälfte des ursprünglichen Rentenbarwertes beträgt.

Nach der Aktenlage ist Frau N2 nach knapp mehr als sechs Jahren nach Erhalt des Legats verstorben. Sie hat demnach mindestens einen Betrag in der Höhe von insgesamt € 72.000,00 (€ 1.000,00 x 12 x 6) erhalten. Diese Summe liegt jedenfalls über der Hälfte des oben erwähnten und hier relevanten Barwertes von € 116.656,23. Die vom Bf. angestrebte Bescheidberichtigung käme daher selbst dann nicht in Betracht, wenn der Antrag fristgerecht und von dem dazu legitimierten N4 eingebracht worden wäre.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 547 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 19 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105103.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at