Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2019, RV/7500615/2019

Vollstreckungsverfügung, Einwendungen gegen den Titelbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri über die am eingebrachte Beschwerde des Bf, gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. GZ, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am Donnerstag,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die angefochtene Vollstreckungsverfügung bleibt unverändert.

II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Dem von der belangten Behörde (Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67) dem Bundesfinanzgericht als zuständigem Verwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsstrafakt ist folgender Verfahrensablauf zu entnehmen:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Kennzeichen wurde am um 20:56 Uhr (= Tatzeitpunkt) von einem Parkraumüberwachungsorgan in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1040 Wien, Schaumburgergasse 1, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung beanstandet.

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ, wurde die beschwerdeführende Partei (Bf.) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über sie nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Mit Mail vom erhob der Bf. dagegen Einspruch und brachte vor, dass er an diesem Tag das Kfz verborgt habe.

Die belangte Behörde forderte daraufhin mit Schreiben vom den Bf. als Zulassungsbesitzer gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 auf, binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wem er das besagte Kraftfahrzeug überlassen gehabt habe, sodass es zum Tatzeitpunkt am Tatort gestanden sei.

Am teilte der Bf. mit, dass er seinen Pkw am Tattag zur Tatzeit Herrn Lenker, geboren am Geburtsdatum, Anschrift Adresse2, A, B (Anmerkung BFG: eine Insel in der Irischen See, nicht Europäische Union) überlassen habe.

Mit Schreiben vom forderte der Magistrat der Stadt Wien den Bf. zur Vorlage von geeigneten Beweismitteln binnen zwei Wochen nach Zustellung auf, die glaubhaft machen, dass die vom Bf. bekannt gegebene Person das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt am Tatort abgestellt hat.

Am antwortete der Bf., er habe das Fahrzeug seit der Zulassung an Herrn Lenker überlassen. Damals habe Lenker noch in Wien 15, Adresse1 gewohnt. Der Bf. betrachte eine Lenkerauskunft als "Zeugenauskunft" und deshalb sei er, der Bf., bei Strafandrohung zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Lenkererhebung verpflichtet. Die Beweislastumkehr sei im Verwaltungsstrafrecht noch nicht verankert und so müsse er sich auch nicht freibeweisen. Er habe keine Zeugen und er könne Herrn Lenker (derzeit) auch nicht erreichen. Einfach zu behaupten, dass ohne Beweisangebote seinerseits abgeleitet werde, dass er selbst das Fahrzeug abgestellt hat, wäre ein verfassungsrechtlicher Verstoß und werde er dies sicher nicht tolerieren. Wahrscheinlich habe die belangte Behörde nicht einmal versucht, mit Herrn Lenker in Kontakt zu treten.

Eine ZMR Abfrage vom der belangten Behörde ergab, dass Herr Lenker bis in Adresse1 gemeldet war (Hauptwohnsitz), jüngere Meldedaten scheinen nicht auf.

Mit Straferkenntnis vom , GZ GZ, wurde dem Bf. das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Kennzeichen am um 20:56 Uhr in 1040 Wien, Schaumburgergasse 1, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone zur Last gelegt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da die Parkzeit überschritten gewesen sei. Mit diesem Straferkenntnis wurde eine Geldstrafe iHv € 60,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Darüber hinaus habe der Bf. gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1991 einen Betrag iHv € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu bezahlen.

Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens zur Geschäftszahl GZ wurde begründend ausgeführt:

"Die Angaben des Meldungslegers, wonach das Kraftfahrzeug an der gegenständlichen Örtlichkeit abgestellt war, wurden von Ihnen nicht bestritten, sodass diese Angaben als Grundlage für gegenständliches Verfahren dienen und weitere Befragungen des Anzeigelegers daher unterbleiben konnten.

lm Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden Sie im Rahmen der bestehenden Mitwirkungspflicht mit Schreiben vom von der Behörde aufgefordert, Ihr Vorbringen und somit die Existenz und den angeblichen Aufenthalt dieser Person zur Tatzeit in Österreich durch Vorlage geeigneter Beweismittel glaubhaft zu machen.

In Ihrer Stellungnahme teilten Sie im Wesentlichen mit, dass das Fahrzeug Herrn Lenker überlassen war, der damals noch in Adresse1 gewohnt hat. Sie betrachten die Lenkerauskunft als "Zeugenauskunft", da Sie zur wahrheitsgemäßen Beantwortung verpflichtet sind. Sie haben keine Zeugen und können Herrn Lenker derzeit nicht erreichen.

Es wird darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben von Herrn Lenker nicht bestätigt wurden. Trotz Strafandrohung bei einer falschen, verspäteten oder nicht erteilter Auskunft, ist es die Aufgabe der Behörde diese Auskunft zu verifizieren um mögliche Fehler auszuschließen. Überdies war Herr Lenker zur Tatzeit laut Zentralmelderegister nicht in Österreich gemeldet.

Eine Glaubhaftmachung, dass Sie das Fahrzeug einer im Ausland lebenden Person überlassen haben und nicht selbst am Tatort abgestellt haben, ist Ihnen somit nicht gelungen, da von Ihnen keinerlei Beweismittel angeboten oder vorgelegt wurden.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH verpflichtet die Bezeichnung einer Person, die ständig oder überwiegend im Ausland aufhältig und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung am Ermittlungsverfahren zumindest erheblich erschwert ist, den Zulassungsbesitzer, bzw. diejenige Person, die diesen ausländischen Täter namhaft gemacht hat, zu einer verstärkten Mitwirkungspflicht an dem Verwaltungsstrafverfahren.

So ist es Ihnen durchaus zumutbar, zumindest die Existenz dieser bekannt gegebenen Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen. In diesem Zusammenhang kann daher davon ausgegangen werden, dass ein Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug nur Personen überlässt, die er näher kennt und mit denen er in laufenden Kontakt steht und es ihm daher auch keine Schwierigkeiten bereiten kann, mit dem angeblichen Täter in Kontakt zu treten, um ein diesbezügliches Schreiben oder Erklärung des bekannt gegebenen angeblichen Täters der Behörde vorzulegen.

Unterlässt es der Beschuldigte, die Glaubhaftmachung im obigen Sinne zu versuchen, in dem er eben z.B. der Behörde keine Erklärung des bekannt gegebenen ausländischen Täter vorlegt, ist die Behörde berechtigt, die Angaben des Beschuldigten betreffend eines im Ausland befindlichen Lenkers als unrichtig zu qualifizieren.

Auf Grund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens vermochten Sie somit nicht glaubhaft dazutun, dass nicht Sie, sondern eine im Ausland lebende Person Ihr Fahrzeug am Tatort abgestellt hat.

Rechtlich ist zu bemerken:

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 51).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Sie haben die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen:

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren.

Das Parkometergesetz verfolgt auch das Ziel, den Parkraum zu rationieren und kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Sie zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, soweit sie der Behörde bekannt waren, sowie auf allfällige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden, ist die verhängte Geldstrafe selbst bei fehlendem eigenen Einkommen und Vermögen, sowie allfälliger Sorgepflichten durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

Das Straferkenntnis sollte dem Bf. mit RSb zugestellt werden. Am erfolgte ein Zustellversuch an seiner Adresse. Die Verständigung über die Hinterlegung wurde laut Rückschein in die Abgabeeinrichtung eingelegt und das Schriftstück bei der Post zur Abholung ab dem hinterlegt.

Gemäß aktenkundiger Übernahmebestätigung wurde das Schriftstück am ausgefolgt. Dabei wurde auf der Übernahmebestätigung folgende Notiz hinterlegt: "ausgefolgt Übernahmeverhältnis: Überbringer der Hinterlegungsanzeige, Identität geprüft. Unterschrift: Tochter."

Da die Strafe nicht bezahlt wurde, erließ der Magistrat der Stadt Wien am eine Vollstreckungsverfügung, GZ. GZ, Strafbetrag € 60,00, VKI-Strafkosten € 10,00, Mahngebühr € 5,00. Offene Forderung inklusive
Mahngebühren gemäß § 54b Abs. 1a VStG per : € 75,00.

In seiner am eingebrachten Beschwerde brachte der Bf. Folgendes vor:

"Gegen das Straferkenntnis der Magistratsabteilung 67 vom erhebe ich das Rechtsmittel der Beschwerde! Zur Rechtzeitigkeit der Einbringung meiner Beschwerde teile ich Ihnen mit, dass mich Ihr Straferkenntnis erst mit erreichte. Das Straferkenntnis wurde von meiner Tochter übernommen und wollte sie mir dieses beim nächsten Zusammentreffen übergeben. Dieses Zusammentreffen fand aber erst am statt, nachdem ich mich in der Zeit vom bis in Untersuchungshaft befand (s. beil. Bestätigung). Meine Beschwerde begründe ich damit, dass ich das Fahrzeug an Herrn Lenker, wh.: Adresse seit durchgehend verborgte und er für die Abstellung des Fahrzeugs jedenfalls verantwortlich zeichnet. Eine entsprechende Bestätigung lege ich Ihnen bei."

Die beigelegte Erklärung enthält folgenden Aufdruck "SZ Eingelangt:3_20190724  0014 015 10:10:20" und Inhalt:

"Hiermit bestätige ich, Lenker, das Fahrzeug BMW 525 mit dem Kennzeichen Kennzeichen ab durchgehend, bis heute in meiner Verfügungsgewalt hatte. Unterschrift Lenker, Wien ."

Zudem legte der Bf. seiner Beschwerde die Kopie einer Entlassungsbestätigung der Justizanstalt Leoben bei, wonach sich der Bf. zu folgenden Zeiten in Untersuchungshaft befand:


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Anhaltungszeiten
von
bis
LG Leoben GZ: 16 xxx
; 23:00 Uhr
; 10:00 Uhr
LG Leoben GZ: 16 xxx
; 10:00 Uhr

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies der Magistrat die Beschwerde vom  gegen die Vollstreckungsverfügung vom , GZ. GZ, ab und führte aus, dass das Straferkenntnis vom gemäß der Aktenlage ordnungsgemäß zugestellt worden und mangels eines dagegen erhobenen Rechtsmittels rechtskräftig sei. Mit der Zustellung des Titelbescheides sei dieser der Bf. gegenüber wirksam geworden. Die Bf. habe jedoch dem Titelbescheid nicht entsprochen und den aushaftenden Gesamtbetrag von € 75,00 (Strafbetrag inklusive Strafkosten und € 5,00 Mahngebühr) bislang noch nicht zur Einzahlung gebracht.

Dagegen wurde vom Bf. mit Schreiben vom ein Vorlageantrag mit dem Ersuchen die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorzulegen eingebracht und der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt. 

Dem Vorlageantrag war eine Ablichtung vom Reisepass (1 Seite mit Foto) von Herrn Lenker mit der Pass-Nummer P xxx und das o. a. Schreiben von Lenker vom beigelegt, indem er bestätigte, das gegenständliche Fahrzeug seit in seiner Verfügungsgewalt gehabt zu haben.

Das Bundesfinanzgericht führte am um 09:30 Uhr eine mündliche Verhandlung durch, in der ergänzend vorgebracht wurde:

"Ich wurde am um 6 Uhr in der Früh verhaftet und zu diesem Zeitpunkt war es nicht absehbar, dass meine Tochter, die das Straferkenntnis in Empfang genommen hatte, nicht mehr die Möglichkeit hatte, mir die Post zu übergeben, üblicherweise übergibt sie mir die Post innerhalb einer Woche. Die Festnahme ist ein unvorhergesehenes Ereignis, auf das ich keinen Einfluss hatte.

Für mich stellt sich die Frage, ob ein Straferkenntnis rechtskräftig werden kann, wenn der Ersatzempfänger nicht mehr die Möglichkeit hatte, das Dokument innerhalb der Frist zu übergeben, damit ich rechtzeitig meine Rechte wahrnehmen konnte.

Der Beschuldigte beantragt die Stattgabe der Beschwerde."

Über die Beschwerde wurde erwogen

§ 16 Zustellgesetz lautet:

"Ersatzzustellung

(1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.

(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.

(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

§ 17 Zustellgesetz lautet:

"Hinterlegung

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie
hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Wie auf dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis vermerkt ist, erfolgte nach einem erfolglosen Zustellversuch am die Hinterlegung des Straferkenntnisses und wurde dieses ab (Beginn der Abholfrist) zur Abholung bei der zuständigen Post Geschäftsstelle bereitgestellt.

Nach § 21 AVG 1991 (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 5/2008, gelten beim Postamt hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt.

Kann nach § 17 Abs. 1 ZustellG das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Von der Hinterlegung ist nach § 17 Abs. 2 der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Das hinterlegte Dokument ist nach § 17 Abs. 3 ZustellG mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt, außer der Empfänger oder dessen Vertreter konnte wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen. In diesem Fall wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte (§ 17 Abs. 3 ZustellG), andernfalls zu dem Zeitpunkt, zu dem das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustellG, vgl. Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahren17, § 17 ZustellG Anm 7).

Eine Abwesenheit des Bf. von der Abgabestelle hat gemäß § 17 Abs. 3 letzter Satz ZustellG zur Folge, dass die hinterlegte Strafverfügung nicht gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustellG als zugestellt gilt (vgl. ).

Das hinterlegte Dokument gilt (bei rechtmäßiger Hinterlegung) dann nicht mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger (bzw. der Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustellG) wegen Abwesenheit nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (Ritz, BAO5, § 17 ZustellG Tz 18).

Die Bestimmung des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustellG greift insbesondere dann, wenn der Bf. glaubhaft macht, dass er auch am Tage des ersten Zustellversuches, und somit bereits am ortsabwesend war und er somit keine Kenntnis von der hinterlegten Sendung erlangen konnte (vgl. ).

Ergibt sich hingegen, dass der Bf. am Tage des ersten Zustellversuches noch nicht ortsabwesend war, konnte er durch die in der Abgabeneinrichtung erfolgte Verständigung Kenntnis über die vorgenommene Hinterlegung erlangen, dass ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es dabei nicht an.

Das Schriftstück wurde gemäß aktenkundiger Übernahmebestätigung der Tochter des Bf. als Ersatzempfänger gemäß § 16 Abs. 2 Zustellgesetz am  ausgefolgt. Auf der  Übernahmebestätigung wurde folgende Notiz festgehalten: "ausgefolgt Übernahmeverhältnis: Überbringer der Hinterlegungsanzeige, Identität geprüft. Unterschrift: Tochter".

Eine Ortsabwesenheit des Bf. im Zeitpunkt der Zustellung liegt nicht vor und wurde auch nicht behauptet. Erst ab habe sich der Bf. in Untersuchungshaft befunden.

Wie aus der Rechtsmittelbelehrung unmissverständlich hervor geht, beträgt die Beschwerdefrist vier Wochen nach Zustellung des Bescheides.

Die vierwöchige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann daher am  und endete am .

Innerhalb dieser Frist ist keine Beschwerde bei der belangten Behörde eingelangt.

Da somit das Straferkenntnis vom zweifelsfrei in Rechtskraft erwachsen ist und aus dem Akt weiters hervorgeht, dass die in dem verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis festgesetzte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 und der gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz festgesetzte Betrag von € 10,00 im Zeitpunkt der Erlassung der
Vollstreckungsverfügung () noch nicht getilgt waren, sohin das Straferkenntnis mit der angefochtenen Vollstreckungsverfügung übereinstimmt, erweist sich diese als rechtmäßig.

Gemäß § 54b Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken.

§ 3 VVG (Verwaltungsvollstreckungsgesetz) lautet:

(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, dass die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlasst. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der ExekutionsordnungEO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vollstreckung ist, dass ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) vorliegt, welcher gegenüber der verpflichteten Partei wirksam geworden ist und dass die verpflichtetete Partei ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht
nachgekommen ist (vgl. z.B. ). Der zu vollstreckende Bescheid muss darüber hinaus bereits in Rechtskraft erwachsen sein und die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. § 3 Abs. 2 VVG).

All dies ist hier der Fall.

Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft der Bf. im Wesentlichen die Verhängung der Geldstrafe mit den Argumenten, dass kein rechtskräftiger Bescheid mangels ordnungsgemäßer Zustellung vorliege. Unstrittig wurde festgestellt, dass das Straferkenntnis am von der Tochter Tochter übernommen wurde und die Beschwerdefrist zu laufen begann (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz, wonach der Lauf der Frist mit dem Tag beginnt, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, gegenständlich somit der ). Unstrittig ist weiters, dass der Bf. am festgenommen und in Untersuchungshaft gebracht wurde. Dem Bf. ist zuzustimmen, dass in diesem Fall ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorlag, dass ihn hinderte seine Rechte wahrzunehmen.

Bei der Beschwerdefrist handelt es sich jedoch um eine gesetzliche Frist, bei deren Versäumung das Recht verloren geht (sogenannte Präklusivfrist). Durch die Nichteinbringung der Beschwerde ging das Beschwerderecht verloren und der in Rede stehende Bescheid wurde rechtskräftig.

Unzulässig ist eine Vollstreckung daher nur dann, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, ein solcher der verpflichteten Partei gegenüber nicht wirksam geworden ist oder der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist bzw. bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde.

Eine Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung kann sich nur auf Einwendungen gegen die Gesetzmäßigkeit des vollstreckbaren Bescheides, der Vollstreckungsverfügung, stützen. Demgemäß ist der Einwand gegen die Verhängung der auferlegten Geldstrafe nur gegen die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides gerichtet und war im Vollstreckungsverfahren nicht mehr zu behandeln. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann daher nicht mehr die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (Strafverfügung bzw. Straferkenntnis) aufgerollt werden (vgl. ).

Da der Bf. keine Beschwerde gegen das gegenständliche Straferkenntnis erhoben hat, dieses somit in Rechtskraft erwachsen ist und die vorliegende Beschwerde keine Rechtswidrigkeit der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung aufzuzeigen vermochte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig. Eine Angelegenheit, die einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem
Verwaltungsstrafverfahren - wie hier die bekämpfte Vollstreckungsverfügung - untrennbar verbunden ist, stellt eine "Verwaltungsstrafsache" i.S.d. § 25a Abs. 4 VwGG dar (vgl. zum Begriff der "Verwaltungsstrafssache" etwa ; u.v.a. oder ). Daher kommt der Revisionsausschluss des § 25 Abs. 4 VwGG zum Tragen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 16 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 21 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500615.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at