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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2019, RV/7500669/2019

Vollstreckungsverfügung zulässig, weil Titel rechtskräftig ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI über den Vorlageantrag des P1, A1, gegen die Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien vom ,
MA67/XYZ, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Vorlageantrag als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , MA67/XYZ, wurde der Beschwerdeführer (Bf.) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über ihn nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag von € 10,00 sowie für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, eine Vollstreckungsverfügung, MA67/XYZ:
Die mit Straferkenntnis vom , MA67/XYZ, verhängte rechtskräftige Strafe von € 60,00 und der Verfahrenskostenbeitrag von € 10,00 seien bislang nicht bezahlt worden.
Gemäß § 54b Abs. 1a VStG werde eine Mahngebühr von € 5,00 festgesetzt.
Im Fall der nicht fristgerechten Bezahlung zur Einbringung des Gesamtbetrages in Höhe von € 75,00 werde gemäß § 3 VVG und § 10 VVG die Zwangsvollstreckung verfügt.

In seiner Beschwerde (gegen die Vollstreckungsverfügung) vom führte der Bf. aus:

"Die belangte Behörde macht mir zum Vorwurf, dass ich die mit Straferkenntnis vom , zu GZ: MA67/XYZ verhängte Strafe nicht bezahlt hätte. Dieses Straferkenntnis sei rechtskräftig.

Richtig ist, dass ich bis zum die verhängte Strafe nicht bezahlt habe. Nach Zustellung der Vollstreckungsverfügung habe ich am die Geldstrafe samt Mahngebühren von gesamt € 75,00 bezahlt.

Nicht richtig ist jedoch, dass das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, MA 67, vom zu GZ: MA67/XYZ rechtskräftig ist. Ich habe gegen dieses Straferkenntnis vom , zugestellt am , binnen offener Frist am Beschwerde erhoben. Ich habe die Beschwerde am per Mail an rechtsmittel@ma67.wien.gv.at gesandt. Da ich keine Fehlermeldung erhalten habe, habe ich den erfolgreichen Sendevorgang mit dem Stempelvermerk „Gesendet“ dokumentiert.

Offenbar wurde die Beschwerde von der MA67 nicht in Bearbeitung genommen. Dies kann aber nicht zu meinem Nachteil ausgelegt werden.

Das Straferkenntnis vom , GZ: MA67/XYZ, ist nicht rechtskräftig geworden, da ich gegen dieses Straferkenntnis binnen offener Frist Beschwerde erhoben habe. Aus diesem Grund ist die gegenständliche Vollstreckungsverfügung rechtswidrig ergangen.

Beweis:
PV
Beschwerde vom samt Beilagen
weitere Beweismittel ausdrücklich vorbehalten
wie bisher

Ich stelle sohin an das Bundesfinanzgericht bzw an das zuständige Verwaltungsgericht den Antrag:

die angefochtene Vollstreckungsverfügung ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Die von mir am bezahlte Geldstrafe samt Mahngebühren von € 75,00 ist zu refundieren […].

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird ausdrücklich verzichtet."

Mit Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , MA67/XYZ, wurde die Beschwerde vom gegen die Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6 vom gemäß § 14 VwGVG in Verbindung mit § 3 VVG und § 10 VVG sowie § 54b VStG abgewiesen.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde folgendermaßen begründet:

"Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde frei, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen.

Gemäß § 3 Abs. 1 VVG kann die Vollstreckungsbehörde die Eintreibung von Geldleistungen unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 VVG sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom , Zl. MA67/XYZ, wurde über Sie wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von EUR 60,00 verhängt.

Dieser Bescheid wurde gemäß der Aktenlage ordnungsgemäß zugestellt und ist mangels eines dagegen erhobenen Rechtsmittels rechtskräftig.

Auch die im Spruch näher bezeichnete Vollstreckungsverfügung wurde Ihnen offenbar ordnungsgemäß zugestellt, zumal in weiterer Folge ein fristgerechtes Schreiben einlangte, welches sich auf die Vollstreckungsverfügung bezieht und als Beschwerde dagegen anzusehen ist.

Die darin dargelegten Begründungsausführungen nehmen ausschließlich auf die dem Titelbescheid zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung Bezug.

Zwecks Prüfung Ihres Einwands wurde im Servereingangsprotokoll vom Einsicht genommen und festgestellt, dass die von Ihnen angeführte E-Mail nicht eingelangt ist.

Elektronische Anbringen gelten erst dann als eingebracht, wenn sie in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangt, somit auf deren Server angekommen sind. Die Gefahr, dass ein Anbringen bei der zuständigen Behörde entweder gar nicht oder unvollständig eintrifft, trifft den Einschreiter.

Es wurde weiters kein Nachweis der Einbringung eines Einspruches am bei der Behörde erbracht und war daher von der erstmaligen Einbringung am bei der Magistratsabteilung 6 - Buchhaltungsabteilung 32 auszugehen.

Die Behörde hat auf rechtlicher Ebene folgende Erwägungen angestellt:

Die Unzulässigkeit der Vollstreckung ist dann gegeben, wenn

  • kein entsprechender Titelbescheid vorliegt,

  • ein Titelbescheid dem Verpflichteten gegenüber nicht wirksam ist, oder

  • der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde.

Umstände, über die im Titelbescheid bereits rechtskräftig entschieden wurde und die daher im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgerollt werden können, bilden keinen Grund für die Aufhebung einer Vollstreckungsverfügung. Folglich ist es ausgeschlossen, im Zuge des Vollstreckungsverfahrens Einwendungen vorzubringen, die sich gegen den Titelbescheid richten.

Mit der Zustellung ist der Titelbescheid Ihnen gegenüber wirksam geworden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Mit Schreiben vom beantragte der Bf. seine Beschwerde vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates des Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, MA67/XYZ, dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 7 Zustellgesetz normiert:

"Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."

Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 48) wurde das Straferkenntnis vom
, MA67/XYZ, bei der Post Geschäftsstelle XX hinterlegt
und ab dem zur Abholung bereit gehalten, nachdem am an der
Abgabestelle des Bf. ein Zustellversuch unternommen und die Verständigung über die
Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden war. Der Bf. hat das behördliche Dokument am behoben.

Der Bf. hat eine urlaubsbedingte Abwesenheit von der Abgabestelle vom bis zum geltend gemacht. Da er das Straferkenntnis am tatsächlich bekommen hat, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass sie an diesem Tag rechtmäßig zugestellt wurde.  

§ 3 VVG normiert:

"(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der ExekutionsordnungEO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist."

§ 35 EO normiert:

"(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Execution bewilligt wurde, können im Zuge des Executionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Thatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Executionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Executionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Thatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte."

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vollstreckung ist, dass ein entsprechender zu
vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) vorliegt, welcher gegenüber der verpflichteten
Partei wirksam geworden ist und dass die verpflichtete Partei ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht
nachgekommen ist (vgl. z.B. ).
Der zu vollstreckende Bescheid muss darüber hinaus bereits in Rechtskraft erwachsen
sein und die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid
übereinstimmen (vgl. § 3 Abs. 2 VVG).

Unzulässig ist eine Vollstreckung daher nur dann, wenn kein entsprechender Titelbescheid
vorliegt, ein solcher der verpflichteten Partei gegenüber nicht wirksam geworden ist
oder der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist bzw. bis zur Einleitung des
Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde.

Aktenkundig und auch unbestritten ist, dass die Vollstreckungsverfügung vom mit dem Straferkenntnis vom übereinstimmt und der im Straferkenntnis festgesetzte Gesamtbetrag in Höhe von € 75,00 (zuzüglich Mahngebühren) im Zeitpunkt der Erlassung der Vollstreckungsverfügung noch nicht getilgt war, da dessen Einzahlung erst am erfolgte.

Der Bf. meint aber, das Straferkenntnis vom sei ihm gegenüber nicht wirksam geworden, da er die dagegen erhobene Beschwerde am per Mail an die belangte Behörde übermittelt und den ohne Fehlermeldung absolvierten Sendevorgang mit dem Stempelvermerk "Gesendet" dokumentiert habe.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur "elektronischen" Einbringung von Anträgen festgestellt hat, ist auch bei dieser Art der Einbringung erforderlich, dass das Anbringen tatsächlich bei der Behörde einlangt. Etwaige Fehler in der Adressierung (die das Eingehen des Anbringens an der richtigen Adresse verhindern) gehen zu Lasten des Einschreiters (vgl. , mwN).

Da es beim Absenden einer E-Mail grundsätzlich zu Fehlern kommen kann, hat
die Kontrolle des eben versendeten E-Mails in dem dafür vorgesehenen Ordner der
versendeten Nachrichten unmittelbar nach erfolgter Absendung zu erfolgen, um
gegebenenfalls noch in der Frist reagieren zu können. Unterbleibt eine Kontrolle, weil sich
der Absender mit den technischen Möglichkeiten des von ihm verwendeten Programms
zur Versendung von E-Mails nicht oder bloß unzureichend vertraut gemacht hat, stellt dies jedenfalls ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden dar (vgl. ).

Zum einen scheint nach Durchsicht des aktenkundigen E-Mailverkehrs der belangten Behörde vom kein von der E-Mailadresse des Bf. gesendetes E- Mail auf.

Zum anderen hat der Bf. bis dato keine geeigneten Beweise für das korrekte Übermitteln seiner Beschwerde am vorgelegt, er hat es insbesondere unterlassen darzulegen, dass und wie er den Ordner mit den gesendeten Nachrichten nach Absenden der Beschwerdemail überprüft hat.

Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG
davon aus, dass die Beschwerde gegen das Straferkenntnis am nicht bei der belangten Behörde eingelangt ist und dieses dem Bf. gegenüber rechtskräftig wurde.

Die (dem Vorlageantrag zu Grunde liegende) Beschwerde vermochte daher keine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung aufzuzeigen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben
angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs. 1 VwGG die Unzulässigkeit der Revision für die belangte Behörde gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 35 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500669.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at