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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2019, RV/7103623/2019

Zurücknahme eines Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache Bf., [Adresse], über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin war während des Streitjahres 2018 ganzjährig Dienstnehmerin der Arbeitgeberin, bezog vom bis aber Weiterbildungsgeld gemäß § 26 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) vom Arbeitsmarktservice. In dieser Zeit verringerte sie ihre Wochenarbeitszeit auf 25 Stunden, während des restlichen Jahres war sie vollbeschäftigt.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 unterzog das Finanzamt jenen Teil der im Lohnzettel der Arbeitgeberin ausgewiesenen steuerpflichtigen Bezüge, der auf die Monate Jänner bis Juni 2018 entfiel, im Hinblick auf den Bezug des Weiterbildungsgeldes einer Hochrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988, wobei aufgrund der angestellten Kontrollrechnung bei der Berechnung des anzuwendenden Steuersatzes das erhaltene Weiterbildungsgeld in Ansatz gebracht wurde.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde ersuchte die Bf. um Überprüfung des Bescheides hinsichtlich der Anwendbarkeit der Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 und deren  richtiger Durchführung.

Nach Meinung der Beschwerdeführerin ziele die Regelung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 explizit auf Personen ab, die nicht ganzjährig beschäftigt gewesen seien. In Ihrem Fall führe die Hochrechnung zu einem völlig unrealistischen Ergebnis bzw. dazu, dass sie nunmehr eine Nachzahlung i.H.v. 211 € für ein explizit steuerfreies Einkommen leisten solle.

Darüber hinaus ergebe sich die besonders unangenehme Situation, dass die Beschwerdeführerin aufgrund dieser Berechnungsmodalitäten um sämtliche Steuervorteile umfiele, die ihr aufgrund ihrer 40-prozentigen Behinderung gesetzlich zustünden. Auch alle anderen Freibeträge und Absetzbeträge würden durch diese Berechnung neutralisiert und wegfallen, obwohl ihr Arbeitgeber das ganze Jahr über sämtliche steuerpflichtigen Einkünfte gesetzeskonform versteuert habe und die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Behinderung - wie auch in den Vorjahren - im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung einen größeren Betrag zurückbekommen müsste.

Nachdem die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im Rahmen einer umfangreichen Korrespondenz die Rechtsgrundlagen zu vermitteln versucht hatte, wies sie die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und verwies in der Begründung zur Richtigkeit der Berechnung auf die dazu ergangene Judikatur des Bundesfinanzgerichtes.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag hielt die Beschwerdeführerin fest, für den Fall, dass sich das Bundesfinanzgericht der Rechtsansicht der belangten Behörde anschließen sollte, ziehe sie ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung zurück.

Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor und beantragte unter Hinweis auf die Judikatur des Bundesfinanzgerichtes und des Verwaltungsgerichtshofes, im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung zurückgezogen habe, den angefochtenen Bescheid und die Beschwerde aufzuheben, da die Beschwerde andernfalls als unbegründet abzuweisen wäre.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Beschlusses bekannt zu geben, ob sie im Hinblick auf das in der Beilage übermittelte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/13/0024, ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 zurückziehen wolle. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Rückziehung eines Antrages unter Setzung einer Bedingung nicht zulässig sei, weshalb der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben werde, sich zu äußern, ob sie ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 tatsächlich zurückziehen wolle, ohne dies an eine Bedingung zu knüpfen.

In der Folge teilte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom dem Bundesfinanzgericht mit, dass sie ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 zurückziehe. Gleichzeitig beantrage sie die ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom .

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin reichte am ihre Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 elektronisch ein. Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin 2018 Weiterbildungsgeld gemäß § 26 AlVG vom Arbeitsmarktservice erhalten hatte, führte die mit Bescheid vom durchgeführte Arbeitnehmerveranlagung zu einer Nachforderung i.H.v. 211 €.

Nachdem die Beschwerdeführerin den Einkommensteuerbescheid 2018 zunächst mit Beschwerde und die abweisende Beschwerdevorentscheidung mittels Vorlageantrag bekämpft hatte, nahm sie ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung mit Schreiben vom zurück.

Der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin nahm den Lohnsteuerabzug im Jahr 2018 ohne Berücksichtigung etwaiger Freibeträge oder Absetzbeträge vor. Die Beschwerdeführerin bezog neben den von der Arbeitgeberin ausbezahlten Gehältern keine weiteren Einkünfte. Sie erhielt lediglich im Zeitraum Jänner bis Juni 2018 Weiterbildungsgeld gemäß § 26 AlVG.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, den im Abgabeninformationssystem des Bundes gespeicherten Daten und dem an das Bundesfinanzgericht gerichteten Schreiben der Beschwerdeführerin vom und ist auch nicht strittig. Er ist folgendermaßen rechtlich zu beurteilen:

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 EStG vorliegen. Sind im Einkommen Einkünfte aus Kapitalvermögen enthalten, so bleiben Überschüsse aus dieser Einkunftsart außer Ansatz, wenn sie 22 Euro nicht übersteigen.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 EStG 1988 zugeflossen sind,

4. ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 oder ein Freibetrag gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde,

5. der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder Freibeträge nach § 62 Z 10 und Z 11 EStG 1988 berücksichtigt wurden, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.

6. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung abgegeben hat oder seiner Meldepflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht nachgekommen ist.

7. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b 5. Teilstrich EStG 1988 abgegeben hat oder seiner Verpflichtung, Änderungen der Verhältnisse zu melden, nicht nachgekommen ist.

8. er Einkünfte im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 32 EStG 1988 bezogen hat.

9. er Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1 EStG 1988 oder entsprechende betriebliche Einkünfte erzielt, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.

10. er Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 EStG 1988 erzielt, für die keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 entrichtet wurde, oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 EStG 1988 gegeben ist.

11. der Arbeitnehmer nach § 83 Abs. 3 EStG 1988 unmittelbar in Anspruch genommen wird.

12. ein Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 berücksichtigt wurde, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen oder wenn sich ergibt, dass ein nicht zustehender Betrag berücksichtigt wurde.

§ 39 Abs. 1 EStG 1988 dritter Satz EStG 1988 ist anzuwenden.

Liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht vor, hat das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). § 39 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 ist anzuwenden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 idF. BGBl. Nr. 62/2018, sind Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder zur unmittelbaren Förderung der Kunst gewährt werden, von der Einkommensteuer befreit.

Nach § 3 Abs 1 Z 5 lit. a EStG 1988 sind auch die an die Stelle des versicherungsmäßigen Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe tretenden Ersatzleistungen (z. B. Krankengeld während der Arbeitslosigkeit, Weiterbildungsgeld bei Bildungskarenz und bei Freistellung wegen Entfall des Arbeitsentgelts) steuerfrei.

Steuerfreie Einkünfte gehören nicht zu den „anderen Einkünften“ im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 (). Sie lösen für sich allein keine Pflichtveranlagung aus. Das gilt auch für das Weiterbildungsgeld nach § 26 AlVG, das gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 steuerfrei ist und gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen progressionsverschärfend heranzuziehen ist.

Sofern eine Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht auf Grund eines anderen Tatbestands durchzuführen ist, besteht daher die Möglichkeit, einen Antrag auf Veranlagung im Rechtsmittel­verfahren zurückzuziehen (vgl. ).

Da im gegenständlichen Fall keiner der in § 41 Abs. 1 EStG 1988 taxativ aufgezählten Pflichtveranlagungstatbestände vorliegt, war die Beschwerdeführerin auch noch im Beschwerdeverfahren berechtigt, ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 zurückzuziehen. Damit hat eine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018  zu unterbleiben, weshalb der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben war. 

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren gemäß § 279 Abs. 2 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Rechtsfragen, ob ein Pflichtveranlagungstatbestand im Sinne des § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt und ob die Zurücknahme eines Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung auch noch im Beschwerdeverfahren möglich ist, im Sinne der zitierten Judikatur der Höchstgerichte entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103623.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at