Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2019, RV/4100491/2019

Firmenwertabschreibung bei Einbringung eines Hoheitsbetriebes in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100491/2019-RS1
Bei Einbringung eines Hoheitsbetriebes in eine Gesellschaft mbH richtet sich die Beurteilung dieses Einbringungsvorganges nach allgemeinem Steuerrecht und stellt gemäß § 6 Z 14 lit b EStG 1988 einen Tauschvorgang (Veräußerung des/der eingelegten Wirtschaftsgutes/-güter gegen Anschaffung von Gesellschaftsanteilen) dar. Besteht die Gegenleistung im Einbringen eines Betriebes, ist dabei auch ein möglicher Firmenwert zu berücksichtigen (vgl. ), der nach § 8 Abs. 3 EStG 1988 auf 15 Jahre verteilt absetzbar ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri
in der Beschwerdesache Bf, Adr1 vertreten durch Stb, Adr2,
über die Beschwerde vom gegen die Körperschaftsteuerbescheide der belangten Behörde Finanzamt Finanzamt vom  betreffend die Jahre 2007 bis 2009 zu Recht erkannt: 
 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

A) Folgender Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage:

1.) Per Notariatsakt vom wurde die Bf (im Folgenden kurz Bf.) errichtet, deren Unternehmensgegenstand laut Punkt Drittens a) des Notariatsaktes im Betrieb der "A-Stadtwerke bestehend unter anderem aus den Teilbereichen "Abwasserentsorgung", "Müllentsorgung" und "Wasser" (bestehend aus "Wasserversorgung" samt "Stadionbad")" liegt. Die Stadtgemeinde A ist deren 100%ige Gesellschafterin.
 

2.) Als weiteren Schritt brachte die Stadtgemeinde A mit Sacheinlagevertrag vom die "A-Stadtwerke" bestehend aus den Teilbetrieben Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung, Wasserversorgung und städtisches Freibad (einschließlich zugehöriger Immobilien) rückwirkend zum Stichtag in die von ihr errichtete Bf. ein.

Anlässlich der Einbringung erfolgte für den Betrieb "Abfallbeseitigung" der Ansatz eines Firmenwerts in Höhe von Euro 2,115.000.--, welcher  - beginnend mit einer Halbjahres-AfA 2004 -  in der Unternehmensbilanz der Bf. auf 15 Jahre verteilt abgeschrieben wird (Firmenwertabschreibung in Höhe von € 141.000,00 jährlich).

3.) In den bekämpften Körperschaftsteuerbescheiden für die Jahre 2007 bis 2009 berücksichtigte das Finanzamt die geltend gemachte Firmenwertabschreibung steuerlich nicht, wogegen sich die als Beschwerde zu behandelnde Berufung vom richtet.
Im Beschwerdeverfahren war sowohl seitens der Bf. als auch vom Vertreter des Finanzamtes die Höhe des – in Eventu anzusetzenden - Firmenwertes mit Euro 1,300.000,-- außer Streit (Schreiben vom bzw. Mail vom ) gestellt worden (Jahres-AFA: € 86.667,--). Das Bundesfinanzgericht  wies die Beschwerde vom mit Erkenntnis vom ab.

4.) Gegen das abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes erhob die Bf. die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.


B) Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die strittige Frage, ob bei Einbringung eines Hoheitsbetriebes (aus dem nicht steuerbaren Bereich) in eine (grundsätzlich körperschaftsteuersteuerpflichtige) Gesellschaft mbH ein Firmenwert aktivierungsfähig ist, war in Folge – wie bereits ausgeführt - Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Mit das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes aufhebendem Erkenntnis vom , Ro 2018/15/0002, auf dessen Begründung verwiesen wird, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die begehrte Firmenwertabschreibung zusteht:

„ … Kommt bei der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft Art. III UmgrStG nicht zur Anwendung, richtet sich die Beurteilung eines Einbringungsvorganges nach dem allgemeinen Steuerrecht.

Nach § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 stellt die Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen in eine Körperschaft einen Tauschvorgang dar. Beim Tausch von Wirtschaftsgütern liegt jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vor. Es liegt somit einerseits eine Veräußerung des eingelegten Wirtschaftsgutes und andererseits eine Anschaffung von neuen Gesellschaftsanteilen (im Fall einer Kapitalerhöhung) oder eine Erhöhung der Anschaffungskosten bestehender Gesellschaftsanteile vor.

Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes sind gem. § 6 Z 14 EStG 1988 jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes (hier des Hoheitsbetriebes) anzusetzen. ….

Wenn die Gegenleistung im Einbringen eines (Hoheits-) Betriebs besteht, so ist dabei grundsätzlich auch ein möglicher Firmenwert zu berücksichtigen, denn nach § 2 Abs. 1 BewG ist der Wert wirtschaftlicher Einheiten stets “im ganzen“ festzustellen. Damit ist aber auch der gemeine Wert eines Betriebes oder Teilbetriebes grundsätzlich als Fortführungswert unter Einschluss von Firmenwertkomponenten zu bestimmten, wobei der Zerschlagungs- oder Liquidationswert, die Wertuntergrenze darstellt. ….

Die Anschaffungskosten  dieses Firmenwertes sind auf der Seite des Erwerbers gem. § 8 Abs. 3 EStG 1988 gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Jahre abzusetzen.   “

Auf Basis der dargestellten Ausführungen im angeführten Erkenntnis ist der Beschwerde stattzugeben und der einvernehmlich ermittelte Firmenwert iHv € 1,300.000,00 (Jahres-AFA: € 86.667,00) zugrunde zu legen.

Ermittlung und Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Jahre 2007 bis 2009 in Euro:

2007:


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Die Körperschaftsteuer für 2007 wird festgesetzt  mit
-3.316,35
Bisher war vorgeschrieben
2.100,00
Das Einkommen beträgt
27.871,33
 
 
Berechnung der Körperschaftsteuer
 
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
111.485,30
Gesamtbetrag der Einkünfte
111.485,30
Verlustabzug
83.613,96
Einkommen
27.871,33
Gemäß § 22 KStG 1988 beträgt die Körperschaftsteuer 25% vom Einkommen
6.967,83
Anrechenbare Mindestköst
1.750,00
Körperschaftsteuer
5.217.83
Einbehaltene Steuerbeträge
- 8.534,18
Festgesetzte Körperschaftsteuer
-3.316,35

2008


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Die Körperschaftsteuer für 2008 wird festgesetzt  mit
-2.711,04
Bisher war vorgeschrieben
- 2.711,04
Das Einkommen beträgt
0,00
 
 
Berechnung der Körperschaftsteuer
 
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
- 440.807,36
Gesamtbetrag der Einkünfte
- 440.807,36
Einkommen
0,00
Gemäß § 22 KStG 1988 beträgt die Körperschaftsteuer 25% vom  Einkommen
0,00
Differenz zur Mindestköst
1.750,00
Körperschaftsteuer
1.750,00
Einbehaltene Steuerbeträge
- 4.461,04
Festgesetzte Körperschaftsteuer
-2.711,04

2009


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Die Körperschaftsteuer für 2009 wird festgesetzt  mit
1.654,29
Bisher war vorgeschrieben
1.654,29
Das Einkommen beträgt
0,00
 
 
Berechnung der Körperschaftsteuer
 
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
- 528.350,89
Gesamtbetrag der Einkünfte
- 528.350,89
Einkommen
0,00
Gemäß § 22 KStG 1988 beträgt die Körperschaftsteuer 25% vom  Einkommen
0,00
Differenz zur Mindestköst
1.750,00
Körperschaftsteuer
1.750,00
Einbehaltene Steuerbeträge
- 95,71
Festgesetzte Körperschaftsteuer
1.654,29

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die zu klärende Rechtsfrage Gegenstand eines Revisionsverfahrens vor dem VwGH war und demzufolge diesbezüglich eine höchstgerichtliche Entscheidung gegeben ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Hoheitsbetrieb
Einbringung
Firmenwertabschreibung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100491.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at