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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.09.2019, RV/7106162/2016

Abweisung; die Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte zu Recht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom ,Steuernummer:***** betreffend die Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid erkannte die belangte Behörde- nach Maßgabe des § 11 Abs.2 GrEStG 1987-  der Beschwerdeführerin, (Bf.), die Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer ab.

Begründend wird ausgeführt, die Bf. habe in der Zeit von 01/2011 bis 06/2016 in 55 Zeiträumen für insgesamt 148 Geschäftsfälle (GF) die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durchgeführt  und diese Steuer bei 121 GF nicht fristgerecht, d.h. nicht bis spätestens zum Fälligkeitstag, entrichtet. Für 29 dieser GF sei auch die Anmeldung der Selbstberechnung verspätet erfolgt.  Die Bf.sei mehrere Male über die rechtsrichtige Vorgangsweise bei der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer informiert worden, und es sei ihr die Aberkennung der Befugnis dazu schriftlich angedroht worden. Somit seien diese Verfehlungen der Bf.zumindest als grob fahrlässig anzusehen. Für die Entscheidung der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer sei letztlich die Vertrauenswürdigkeit für die korrekte Abwicklung der Selbstberechnung und die Verlässlichkeit für eine reibungslose Abwicklung ausschlaggebend. Das dargestellte, steuerliche Verhalten der Bf. sei weder vertrauenswürdig noch verlässlich.  In Ausübung des Ermessens sei daher die Aberkennung zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, für die Dauer von drei Jahre, auszusprechen.

Dagegen erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte die die Erteilung einer Ermahnung an Stelle der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer, in eventu die Verkürzung der Aberkennungsfrist im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz; Im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Bei 13 der beanstandeten GF sei die Entrichtung nur 1 Tag nach Fälligkeit erfolgt, bei weiteren 5 Fällen sei die Entrichtung nach 2 Tagen erfolgt, bei weiteren 7 Fällen sei die Entrichtung nach 3 Tagen erfolgt, sohin sei in 25 GF die jeweilige Entrichtung innerhalb von 3 Tagen ab Fälligkeit erfolgt. In 31 weiteren Fällen sei die Entrichtung innerhalb einer Woche ab Fälligkeit erfolgt, weitere 29 Fälle innerhalb von 2 Wochen. Daher sei in 85 der 121 beanstandeten GF die Entrichtung der selbstberechneten Abgabe innerhalb von 2 Wochen nach Fälligkeit vorgenommen worden. Lediglich in zwei Fällen sei die Entrichtung später als zwei Monate nach Fälligkeit erfolgt. Daher liege zwar  eine gewisse Häufigkeit der Verfehlungen  jedoch keine, mit schweren Verschulden behaftete, Verfehlungen vor. .

Bei den verspäteten Anmeldungen sei die Anmeldung über die selbst berechneten Erwerbsvorgänge größtenteils lediglich einen Tag "nach der Frist " erfolgt. Sie habe, als alleinerziehende Mutter eines vierjährigen Kindes, die Fristen der Anmeldung übersehen. Sie tätige einen Gutteil ihrer Arbeit zwecks Pflege und Erziehung des Kindes von zu Hause aus. Ihre physische Anwesenheit in der Kanzlei sei daher häufig nur für Besprechungen und Korrekturen vorgesehen. Da sowohl die Anmeldung als auch die Entrichtung der Selbstberechnung stets in der Kanzlei erfolge, sei es vorgekommen, dass die Anmeldung und die Entrichtung versehentlich verspätet vorgenommen worden ist. Zudem pendle sie zwischen Wohnort1 und ihrem Nebenwohnsitz Kärnten. Das sei  von der Verfügbarkeit der Betreuungsmöglichkeit für ihre Tochter durch ihre in ebendort wohnenden Eltern, und von- ebendort wahrzunehmenden- beruflichen Terminen abhängig. So könne es vorkommen, dass sie zur Monatsmitte mehrere Tage nicht in Wohnort1 ist. Aufgrund der nun bestehenden Möglichkeit ihre Tochter in einem Ganztagskindergarten betreuen zu lassen und der damit verbundene erhöhter Anwesenheitszeit in ihrer Kanzlei, könne sie  versichern, dass die Anmeldungen und Überweisungen der selbst berechneten Grunderwerbsteuer künftig pünktlich erfolgen werden.

Jene, länger als zwei Monate verspätete, zwei Entrichtungen, seien  durch die mangelnde Zahlungsmoral eines langjährigen Mandanten verursacht worden. Sie habe die offenen Beträge aus eigenen Mitteln beglichen, eine Gefahr der Einbringlichkeit habe nie bestanden.

Sie sei am zwar telefonisch auf die  Fristenüberschreitungen aufmerksam gemacht worden, eine umfassende Beratung habe jedoch nicht stattgefunden und sie  wurde auch nicht auf die Folgen der Fristüberschreitungen hingewiesen.Sie habe bis zum Erhalt des Aberkennungsbescheids die Steuer vollständig entrichtet. Auch gegenwärtig sei kein Steuerbetrag fällig bzw. offen.

Somit könne weder von einer besonderen Schwere der Verletzung der Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 ausgegangen werden noch ihr Verhalten als wiederholt grob fahrlässig gewertet werden.

Zum Beweis für die Richtigkeit ihres Beschwerdevorbringens beantragte die Bf. ihre Einvernahme.

Diese Beschwerde  wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Im zu beurteilenden Fall sei es im Zeitraum 01/2011 bis 06/2016 zu zahlreichen Verstößen nach § 13 Abs.GrEStG 1987 gekommen gekommen Gemäß  § 11 Abs 2 GrEStG 1987 könne sie die Befugnis zur Selbstberechnung mit Bescheid aberkennen, wenn der Parteienvertreter vorsätzlich oder wiederholt grob fahrlässig die Bestimmungen über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer nach § 13 GrEStG 1987 verletzt. Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn die Sorgfaltswidrigkeit so schwer ist, dass sie einem ordentlichen Menschen keinesfalls unterlaufe. Diese Sorgfaltswidrigkeit sei der Bf. anzulasten, weil sie  als Parteienvertreterin "immer wieder" die durchgeführten Selbstberechnungen nicht spätestens zur Fälligkeit anmeldet habe und die dabei angefallenen Steuerbeträge nicht zur Fälligkeit entrichtet habe, obwohl ihr die Bezug habenden Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 zur Kenntnis gebracht worden seien und sie auf die Möglichkeit der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung aufmerksam gemacht worden sei.

Die in § 13 Abs GrEStG 1987 normierte Fristen seien nicht erstreckbar und daher immer einzuhalten. In 100 Fällen nicht fristgerechter Entrichtung betrage die Verspätung mehr als 3 Tage, in 30 Fällen mehr als 32 Tage, man könne daher nicht von vernachlässigbaren Verspätungen sprechen.

Das Argument der Bf., die selbst berechnete Abgabe stets unaufgefordert zur Gänze entrichtet zu haben, widerspreche, dass sie die bereits fällige Abgabe für den Zeitraum 12/2015 sowie ein Teil der fälligen Abgabe für den Zeitraum 06/2016 jeweils erst auf Grund eines Besuchs des Vollstreckungsorgans entrichtet habe.

Aufgrund der Haftung der Bf. gemäß § 13 Abs.4 GrEStG 1987 könne das Argument, die selbst berechnete Abgabe nicht rechtzeitig vom Erwerber erhalten zu haben, nicht zu einer Entschuldigung führen. Dem  Beschwerdepunkt, sie sei nicht auf die Möglichkeit der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer hingewiesen worden, ist entgegen zu halten, dass die Bf. die darauf Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen nachweislich am und am zur Kenntnis genommen habe und § 11 Abs 2 GrEStG 1987 daher als bekannt vorausgesetzt werden dürfe.

Die Behörde habe kein Ermessen bezüglich der Frage, ob eine vorsätzliche oder eine wiederholte, zumindest grob fahrlässige Verletzung der Bestimmungen des § 13 GrEStG 1987 vorliegt. Erst bei der Entscheidung über die tatsächliche Aberkennung habe die Behörde Ermessen zu üben.Im Hinblick auf die geltend gemachten, persönlichen Verhältnisse, habe die Bf. dafür Sorge tragen müssen, dass eine, zu ihrer Vertretung befugte, Person die Einhaltung der in § 13 GrEStG gebotenen Fristen gewährleistet.

Mit fristgerechten Vorlageantrag gemäß § 264 Bundesabgabenordnung,(BAO), beantragte die Bf. die Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht, (BFG).

Über die Beschwerde  hat das BFG erwogen:

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 11 Abs. 2 GrEStG 1987 kann das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel die Befugnis zur Selbstberechnung gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG mit Bescheid aberkennen, wenn der Parteienvertreter vorsätzlich oder wiederholt grob fahrlässig die Bestimmungen der §§ 13 und 15 GrEStG verletzt.

Gemäß § 13 Abs.1 GrEStG 1987 haben Parteienvertreter für Erwerbsvorgänge, für die sie eine Selbstberechnung vornehmen, spätestens am 15.Tag (Fälligkeitstag)des auf den Kalendermonat (Anmeldungszeitraum), in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbst berechneten Erwerbsvorgänge beim Finanzamt vorzulegen.

Gemäß § 13 Abs. 3 GrEStG 1987 ist die selbst berechnete Steuer spätestens am Fälligkeitstag (15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats) zu entrichten. Gem § 13 Abs. 4 GrEStG haftet der Parteienvertreter für die Entrichtung der selbst berechneten Steuer.

Gemäß § 20 Bundesabgabenordnung,(BAO),müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Nach § 183 Abs.3 BAO ist von der Aufnahme beantragter Beweisaufnahmen u.a. abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt oder unerheblich sind.

Dieser Entscheidung wird, nach Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungs-und Prüfungsakt der belangten Behörde sowie aufgrund der Einlassungen der Bf. im Beschwerdeverfahren,  folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Die Bf. ist Rechtsanwältin. Als Parteienvertreterin war sie regelmäßig mit der Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer gemäß § 13 GrEStG 1987 betraut. Am wurde von der belangten Behörde bei der Bf. eine Überprüfung dieser Selbstberechnung für die Jahre 2011 - 2013 vorgenommen. Dabei ist der Bf.am gleichen Tag ein Schreiben  ausgehändigt worden, mit dem sie über die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes, betreffend die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, und in diesem Zusammenhalt über die Bestimmung des § 11 Abs.2 GrEStG 1987, informiert worden ist  Bei dieser Prüfung wurden stichprobenartigen Kontrollen zur Selbstberechnung durchgeführt. Die dabei festgestellten Fehler wurden ausgebessert

Aufgrund verspäteter Entrichtungen der Selbstberechnungen des Zeitraumes 02/2014 wurde der Bf. am erneut ein Schreiben  ausgehändigt , in dem sie über die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes, betreffend die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, sowie über den Inhalt des § 11 Abs.2 GrEStG 1987, informiert worden ist. Beide Schreiben wurden von der Bf. unterschriftlich zur Kenntnis genommen.

Im Zeitraum von 01/2011 bis 06/2016 wurden von der Bf. in 121 von 148 Geschäftsfälle die selbst berechnete Abgabe zur Grunderwerbssteuer nicht fristgerecht, d.h. nicht bis spätestens zum Fälligkeitstag, entrichtet, in 29 dieser 121 Geschäftsfälle wurde von der Bf. außerdem die Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer verspätet angemeldet

Am   hat die Bf. die schriftliche Androhung der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung durch die belangte Behörde persönlich übernommen.

Zur Zeit der aufgezeigten Verfehlungen war die Bf. alleinerziehende Mutter eines Kleinkindes, das altersbedingt noch keinen Kindergarten besuchte. Daher erledigte die Bf. einen Gutteil ihrer beruflichen Arbeit von ihrem Heimarbeitsplatz aus. Die Überweisungen der selbst berechneten Grunderwerbsteuer und die Anmeldung der, der Selbstberechnung unterliegenden, Erwerbsvorgänge  konnte sie ausschließlich von ihrer Kanzlei in Wohnort1 aus tätigen. Sie war zu den, für eine fristgerechte Überweisung und Anmeldung der Grunderwerbsteuer, iSd § 13 GrEStG 1987 maßgeblichen, Zeiträumen oft  nicht in Wohnort1, da sie aus beruflichen und privaten Gründen zwischen Wohnort1 und Wohnort2, (dort konnte ihr Kind von ihren Eltern betreut werden), pendelte

Beweiswürdigung:

Nach den Einlassungen der Bf., lagen weder eine Voraussetzung für das Aberkennen der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer vor, noch erfolgte die getroffene Ermessensentscheidung zu Recht.

Dazu ist festzuhalten:

Gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG 1987 sind Rechtsanwälte und Notare als Parteienvertreter nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 GrEStG 1987 befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterliegen, als Bevollmächtigte des Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung gem § 10 GrEStG 1987 erfolgt. Gem § 11 Abs.2 GrEStG 1987 kann das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel die Befugnisse gem § 11 Abs.1 GrEStG 1987 mit Bescheid aberkennen, wenn der Parteienvertreter vorsätzlich oder wiederholt grob fahrlässig die Bestimmungen über die Anmeldung der selbst berechneten Erwerbsvorgange und über die Entrichtung der selbst berechneten Grunderwerbsteuer verletzt. Die Aberkennung kann für mindestens drei Jahre oder unbefristet erfolgen.

Grobe Fahrlässigkeit ist ganz allgemein jedenfalls dann gegeben, wenn eine auffallende und ungewöhnliche Sorglosigkeit vorliegt, sodass der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar war, aber auch wenn der Verstoß gegen das übliche Verhalten auffallend und der Vorwurf in höherem Maße gerechtfertigt ist (OGH, , 1 Ob 656/76, JBl 1977, 648; , 4 Ob 538/79, EvBl 1980/178; VwGH, , 84/16/0068).

Grobe Fahrlässigkeit ist eine Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt, die sich aus der Menge der Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens als eine auffallende Sorglosigkeit hervorhebt. Der Verstoß gegen das normale Handeln muss auffallend und der Vorwurf der Sorglosigkeit in höherem Maße gerechtfertigt sein (OGH, , 4 Ob 20/76) (Fellner in Fellner (Hrsg), Grunderwerbsteuer (15. Lfg 2016), § 11 GrEStG 1987 Rz 17).

Dem Parteienvertreter, der „immer wieder“ die angefallenen Abgaben nicht zur Fälligkeit entrichtet, obgleich er auf die Möglichkeit der Aberkennung der Befugnisse nach § 11 Abs.2 GrEStG aufmerksam gemacht worden war, ist zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten (vgl UFS, , RV/1294-L/09 ).

Unter „wiederholt“ ist zumindest eine zweimalige Verfehlung zu verstehen (vgl § 9 Abs. 2 letzter Satz GebG : „ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist“) (Arnold in Arnold/Bodis (Hrsg), Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 (14. Lfg 2016), § 11 GrEStG Rz 24).

Bei der Feststellung der Aberkennungsvoraussetzungen  steht der Behörde kein Ermessen zu. Insoweit muss sie strikt rechtsgebunden vorgehen. Erst wenn sie diese Frage in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren bejaht hat, dann kommt der Ermessensspielraum zum Tragen, ob die Aberkennung auch tatsächlich mit Bescheid ausgesprochen wird ( vgl. Arnold in Arnold/Bodis (Hrsg), Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 (14. Lfg 2016), § 11 GrEStG Rz 24a; Fellner in Fellner (Hrsg), Grunderwerbsteuer (15. Lfg 2016), § 11 GrEStG 1987 Rz 20).

Ermessensentscheidungen haben nach Maßgabe des § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung alle dafür in Betracht kommenden Umstände zu erfolgen.

Dabei ist die Billigkeit als „Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei“ (vgl , Slg 5915/F, vom , 85/16/0102, 0103, und vom , 87/16/0052) und Zweckmäßigkeit als „Angemessenheit in Bezug auf das öffentliche Interesse“ zu verstehen (vgl , vom , 89/14/0228 , und vom , 90/13/0238 ).

Unter dem Begriff der Zweckmäßigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung im Allgemeinen das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, zu verstehen (Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, 1. Auflage, S. 91).

Die Bf. hat als rechtskundige Parteienvertreterin trotz mehrmaliger Kenntnisnahme der einschlägigen Bestimmungen und Androhung der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer  weiterhin die Bestimmungen zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer verletzt .Es besteht kein Zweifel daran, dass bei 121 von 148 Geschäftsfällen von wiederholten Verfehlungen gesprochen werden kann. Allein durch die Vielzahl der Übertretungen ist die Schwere der Verletzungen gegeben. Alleine dass die Bf. das o.a. vorschriftswidrige Verhalten in über 80 % ihrer Geschäftsfälle an den Tag gelegt hat, ist ihr ein grob fahrlässiges Verhalten zur Last zu legen. Sohin war die Voraussetzung für die Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gegeben. Daran vermag auch eine allfällig geringe Dauer der Verspätungen und die aufgezeigte Säumigkeit eines Erwerbers in zwei Fällen, nichts zu ändern. Für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzung gemäß § 11 Abs.2 GrEStG 1987 war es aus den aufgezeigten Gründen unerheblich, wann genau  nach den in § 13 GrEStG 1987 normierten Fälligkeitszeitpunkten, die  Anmeldungen bzw. Entrichtungen verspätet erfolgt sind. Von der beantragten Beweisaufnahme war daher gemäß § 183 Abs.3 BAO Abstand zu nehmen.

Die Bf. bringt vor, dass die Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung mit dem bekämpften Bescheid unbillig sei, weil Grund für die Nichteinhaltung der Fristen nach § 13 GrEStG 1978 war, dass sie als alleinerziehende Mutter eines Kleinkindes, das noch keinen Kindergarten besucht hat, gezwungen gewesen war, von zu Hause aus zu arbeiten und zwischen Wohnort1 und Wohnort2 ,wegen der dortigen Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind sowie aus beruflichen Gründen, zu pendeln .Daher konnte sie nicht immer rechtzeitig in ihrer Kanzlei sein, d.h.an dem Ort, an dem die ordnungsgemäßen Abwicklung der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer überhaupt möglich war.

Zunächst ist dazu festzuhalten, dass  für das BFG kein Grund vorliegt, diese aufgezeigten Umstände  in Zweifel zu ziehen  Es  sieht es diese als erwiesen an. Von einer diesbezüglichen Beweisaufnahme war daher gemäß §183 Abs.3 BAO Abstand zu nehmen. 

Es ist evident, dass die Abgabenbehörde auch bei AnwältInnen in der o.a. Lebenssituation der Bf., sowohl darauf vertrauen können muss, als auch sich darauf verlassen können muss, dass diese, ihren, sich aus ihrer beruflichen Tätigkeit ergebenden,abgabenrechtlichen Verpflichtungen-so auch der Einhaltung der in § 13 GrEStG 1987 enthalten gesetzlichen Fristen- ordnungsgemäß nachkommen 

Sohin konnte die Abgabenbehörde von der Bf., die Setzung von Maßnahmen erwarten, die zur Vermeidung von allfälligen-deren persönlichen Verhältnissen geschuldeten-Fristversäumnissen objektiv geeignet sind.( z.B. die Einsetzung eines, für die Gewährleistung der Fristeinhaltung geeigneten Vertreters)

Dass die Bf. auch nur versucht hat, ihre zahlreichen Fristversäumnisse, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, wird von ihr weder behautet noch ergeben sich dafür Anhaltspunkte aus der Aktenlage.

Die Bf. vermochte somit keine Unangemessenheit in Bezug auf  die Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer aufzuzeigen. Dem gegenüber ist die Vollziehung der Abgabengesetze dem öffentlichen Interesse geschuldet.

Im Rahmen der nach § 20 BAO gebotenen Ermessensausübung erfolgte sohin mit dem bekämpften Bescheid gegenüber der Bf. die Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung zu Recht.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die Revision mangels Vorliegens der genannten Voraussetzungen nicht zulässig.

Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 11 Abs. 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 13 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 13 Abs. 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7106162.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at