zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2019, RV/1100533/2017

Besteuerungsrecht hinsichtlich einer von einer deutschen Pensionskasse ausbezahlten Rente

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache XY gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.  In den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2007 bis 2016 hat das Finanzamt den eingereichten Erklärungen entsprechend inländische Pensionsbezüge sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

2.  Aufgrund von Kontrollmitteilungen erlangte das Finanzamt Kenntnis über den Bezug einer deutschen Pension und ersuchte den Beschwerdeführer mit Ergänzungsersuchen vom um Vorlage diesbezüglicher Unterlagen.

3.  Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführer unter Anschluss entsprechender Rentenabrechnungen und Lohnsteuerbescheinigungen mitgeteilt, er sei außerordentliches Mitglied der B Pensionskasse VVaG in Deutschland und beziehe von dieser eine jährliche, der Höhe nach im Einzelnen bezifferte Rente. Da seine Arbeitgeberin (B Österreich GmbH) keine Beiträge in die Pensionskasse geleistet habe und die Rente in Deutschland steuerfrei gewesen sei, sei er davon ausgegangen, dass die geringfügige Rente auch in Österreich steuerfrei sei.

4.  In den nach Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren der Jahre 2007 bis 2015 sowie der Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2016 gemäß § 299 BAO ergangenen neuen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2007 bis 2016 vom hat das Finanzamt die von der B Pensionskasse VVaG bezogene Rente der Abgabenbemessungsgrundlage hinzugerechnet und der Tarifbesteuerung unterzogen.

5.  Dagegen hat der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom Beschwerde erhoben. Die deutsche Rente sei für Zwecke der Besteuerung in Österreich den angeschlossenen Berechnungen entsprechend aufzuteilen. Der Rentenanteil von der B Pensionskasse VVaG unterliege der Besteuerung in Deutschland und sei in Österreich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen. Der Anteil, der von der B SE als Firmenrente bezahlt werde (Aufstockung der Pensionskassenrente), unterliege der Besteuerung in Österreich.

6.  Mit Beschwerdevorentscheidungen hat das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Aufgrund der Ansässigkeit in Österreich sei gemäß Art. 18 DBA-Deutschland sowohl die Rente der B Pensionskasse VVaG als auch die Firmenrente in Österreich steuerpflichtig.  

7.  Mit Vorlageantrag vom hat der steuerliche Vertreter die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht beantragt und die Nachreichung einer Stellungnahme des Finanzamtes Neubrandenburg betreffend die Steuerpflicht in Deutschland angekündigt.

8.  Mit Vorhalt vom wurde der steuerliche Vertreter ersucht, die angekündigte Stellungnahme des Finanzamtes Neubrandenburg vorzulegen bzw. zu erläutern, aufgrund welcher abkommensrechtlichen Bestimmung das Besteuerungsrecht an der in Rede stehenden Rente der B Pensionskasse VVaG Deutschland zukommen sollte und unter Anschluss entsprechender Nachweise im Einzelnen angeführte Fragen betreffend das Vorliegen der Voraussetzungen für eine allfällige begünstigte Besteuerung der Pensionskassenbezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 zu beantworten.

9.  Das Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet.
 

II. Sachverhalt

Der in Österreich ansässige Beschwerdeführer war nach seiner Ausbildungszeit im deutschen Stammhaus bei der B Österreich GmbH nichtselbständig tätig. In den Streitjahren hat er neben inländischen Einkünften von der (deutschen) B Pensionskasse VVaG eine jährliche Rente in Höhe von 1.892,94 € (2007) bzw. 1.872,48 € (2008-2016) zuzüglich eines von der ehemaligen Arbeitgeberin geleisteten, zwischen 109,26 € (2007) und 256,44 € (2016) liegenden Aufstockungsbetrages (Betriebsrente) bezogen.
 

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) zählen gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a zweiter Satz EStG 1988 (danach sind jene Teile der Bezüge und Vorteile, die auf die vom Arbeitnehmer, vom wesentlich Beteiligten im Sinne des § 22 Z 2 und von einer natürlichen Person als Arbeitgeber für sich selbst eingezahlten Beträge entfallen, nur mit 25% zu erfassen) für solche Bezüge insoweit anzuwenden, als die Beitragsleistungen an derartige ausländische Pensionskassen (einschließlich an Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) die in- oder ausländischen Einkünfte nicht vermindert haben. Dies gilt sinngemäß, wenn die Beitragsleistungen das Einkommen im Ausland nicht vermindert haben.

Der Beschwerdeführer ist unbestritten in Österreich ansässig und unterliegt daher mit seinen gesamten Einkünfte der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in Österreich.

Außer Streit steht weiters, dass der von der früheren Arbeitgeberin geleistete Aufstockungsbetrag (Betriebsrente) in Österreich steuerpflichtig ist und hinsichtlich der Pensionskassenzahlung dem Grunde nach zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählende Bezüge einer ausländischen Pensionskasse im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 vorliegen. Strittig ist einzig, ob diese der Tarifbesteuerung zu unterziehen sind oder ob sie in Österreich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zu befreien und lediglich im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen sind.

Artikel 18 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (im Folgenden: DBA-Deutschland) lautet auszugsweise:

"Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen

(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

[…]"

Nach Art. 18 Abs. 1 DBA-Deutschland dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen somit nur im Ansässigkeitsstaat (hier: Österreich) besteuert werden. Abweichende Regelungen enthält das Doppelbesteuerungsabkommen nur für Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats (Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland) sowie für Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden (Art. 19 Abs. 2 erster Satz DBA-Deutschland).

Art. 18 Abs. 1 DBA-Deutschland umfasst allgemein Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen und stellt nicht darauf ab, von wem die Auszahlung erfolgt. Damit fallen grundsätzlich auch von Pensionskassen ausbezahlte Renten unter Art. 18 DBA-Deutschland [betreffend Art. 18 OECD-MA vgl. Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht I/1 Z 18 Rzn 9 und 43 (Stand , rdb.at);  Schmidjell-Dommes in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, 2. Aufl., 2019, Art. 18 Rz 35, mwN; Bendlinger/Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., 2018, Die Verteilungsnormen im OECD-MA (Art. 6 bis 22 OECD-MA) Rz 690].

Weshalb Art. 18 Abs. 1 DBA-Deutschland im Beschwerdefall nicht zur Anwendung kommen sollte, wurde nicht begründet und ist ein solcher Grund auch aus der Aktenlage nicht erkennbar.

Dass die in Rede stehende Leistung aus der Altersversorgung der vorgelegten Bescheinigung zufolge in Deutschland der Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe a dEStG in Verbindung mit § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb dEStG unterliegt, vermag dies jedenfalls nicht zu begründen, ergibt sich aus den die innerstaatliche Besteuerung solcher Rentenzahlungen in Deutschland betreffenden Bestimmungen doch nicht, dass oder gar weshalb das Besteuerungsrecht nach den Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens im Beschwerdefall Deutschland zukommen sollte.

Selbst wenn man der vom Bundesfinanzhof (vgl. BFH , I R 92/09, BFH , X R 33/10, und BFH , I R 49/16) und teilweise in der Literatur [vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, Kommentar, 2. Aufl., Art. 18 MA Rz 16 und 18; Toifl in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer (Hrsg.), Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 2003, S 287] vertretenen Auffassung, dass Versorgungsleistungen, die auch auf Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhen, abkommensrechtlich nicht als "Ruhegehalt" angesehen werden können [aA hingegen Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht I/1 Z 18 Rz 24 (Stand , rdb.at) sowie Schmidjell-Dommes in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, 2. Aufl., 2019, Art. 18 Rz 36; ebenso ] und Art. 18 Abs. 1 DBA-Deutschland im Beschwerdefall sohin nicht zur Anwendung käme, wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Nachdem kein Zweifel darüber bestehen kann, dass weder ein unter Art. 18 Abs. 2 noch unter Art. 19 Abs. 2 erster Satz DBA-Deutschland fallender Bezug vorliegt, käme die Auffangbestimmung des Art. 21 DBA-Deutschland zur Anwendung, die das Besteuerungsrecht aber ebenso dem Ansässigkeitsstaat und sohin Österreich einräumt.

Damit ist der innerstaatlich bestehende Besteuerungsanspruch durch Bestimmungen des zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens nicht beschränkt. Wie das Besteuerungsrecht im Falle solcher ausländischer Einkünfte im Inland ausgeübt wird, richtet sich wiederum ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften. Dass die Voraussetzungen für eine der Höhe nach eingeschränkte Besteuerung gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 vorlägen, insbesondere, dass und in welcher Höhe Arbeitnehmerbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet worden wären, wurde im Beschwerdefall ungeachtet auch des diesbezüglichen Vorhaltes und der den Beschwerdeführer insoweit treffenden erhöhten Mitwirkungspflicht [vgl. Bendlinger/Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., 2018, Die Verteilungsnormen im OECD-MA (Art. 6 bis 22 OECD-MA) Rz 700] nicht aufgezeigt.

Infolgedessen kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Finanzamt die Pensionskassenbezüge zur Gänze der Tarifbesteuerung unterzogen hat und konnte den  Beschwerden somit gesamthaft gesehen kein Erfolg beschieden sein.
 

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ergibt sich das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates (Österreich) unmittelbar aus dem DBA-Deutschland, die innerstaatliche Besteuerung aus § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988. Im Übrigen beruht das Erkenntnis auf nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt somit nicht vor und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 18 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100533.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at