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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.09.2019, RV/6100586/2018

Beschwerde gegen die Vorschreibung von Aussetzungszinsen im Insolvenzverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde des A, vertreten durch B, als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der Fa. C, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend die Festsetzung von Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs. 9 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurden der Beschwerdeführerin (Bf) C , vertreten durch den Masseverwalter, Aussetzungszinsen in Höhe von € 548,97 (für ausgesetzte Umsatz – und Körperschaftsteuern) vorgeschrieben.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass Aussetzungszinsen für jene Abgaben vorzuschreiben waren, für die aufgrund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung bzw. aufgrund der Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintrat.

Diesem Bescheid war die bewilligte Aussetzung der Einhebung vom , für die mit Bescheid vom der Ablauf verfügt wurde, vorangegangen.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin durch den Masseverwalter mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Darin wurde zunächst darauf verwiesen, dass mit Bescheid vom ausgesprochen wurde, dass die bewilligte Aussetzung der Einhebung infolge Beschwerdeerledigung abgelaufen ist.
Weiters wurde darauf verwiesen, dass über das Vermögen der Bf mit Beschluss vom YX das Konkursverfahren eröffnet wurde.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommen Abgabenentrichtung nur nach Maßgabe der gegenüber der Bundesabgabenordnung spezielleren insolvenzrechtlichen Regelungen in Betracht, weshalb Aussetzungszinsen für Konkursforderungen für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens – als gemäß § 58 Z 1 IO ausgeschlossene Ansprüche – nicht anfallen.

Es werde daher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Diese Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Hingewiesen wurde darauf, dass die Aussetzung der Einhebung aufgrund des Antrages der Bf erfolgte.
In der Begründung wurden zunächst allgemein die anzuwendenden Bestimmungen gemäß § 212a Abs. 9 iVm Abs. 5 BAO dargestellt. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.
Hingewiesen wurde auch darauf, dass die ab dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Aussetzungszinsen von Insolvenzforderungen zu den Gemäß § 58 Z 1 IO ausgeschlossenen Ansprüchen zählen und nicht als Insolvenzforderungen angemeldet werden können.

Daraufhin stellte die Bf durch ihren Vertreter mit Anbringen vom einen Vorlageantrag.

In der Begründung wurde wiederum unter Hinweis auf § 58 Z 1 IO auf den Vorrang der spezielleren insolvenzrechtlichen Regelungen vor der BAO hingewiesen.
Im gegenständlichen Fall handle es sich auch nicht um Masseforderungen die gegenüber dem Masseverwalter festzusetzen wären. Auf eine Entscheidung des , wurde verwiesen.

Rechtslage und Erwägungen

§ 212a Abs. 1 BAO lautet:

Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforde­rung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufs anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Gemäß § 212a Abs. 9 Bundesabgabenordnung sind für Abgabenschuldigkeiten
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,

Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Unbestritten blieb, dass es sich bei den gegenständlich ausgesetzten Beträgen um Insolvenzforderungen gehandelt hat und dass die Aussetzung der Einhebung und Vorschreibung der Aussetzungszinsen im Zuge eines offenen Insolvenzverfahrens erfolgte.

Unbestritten blieb auch, dass den Insolvenzrechtlichen Bestimmungen gegenüber den Bestimmungen der BAO der Vorrang einzuräumen ist (siehe ).

Wie schon in den Entscheidungen des und vom , RV/0814-W/08 dargestellt, kommen nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabenschuldners Abgabenentrichtung nur nach Maßgabe der gegenüber der BAO spezielleren insolvenzrechtlichen Regelungen in Betracht, weshalb Aussetzungszinsen für die gegenständlichen Konkursforderungen – im hier offenen Insolvenzverfahren – nicht anfallen (vgl. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung durch die Finanzämter 98, 109).

Weiters ist zu beachten, dass eine Aussetzung der Einhebung im Insolvenzverfahren nicht möglich ist, da seitens des Finanzamtes gar keine Einhebungsmaßnahmen gesetzt werden dürfen. Daraus folgt, dass wiederum aufgrund der Insolvenzrechtlichen Bestimmungen gar kein Zahlungsaufschub eingetreten ist. Konkursforderung können nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens Befriedigung erlangen, weshalb ein von einem Gläubiger gewährter Zahlungsaufschub absolut wirkungslos bleibt.
Auf die Bestimmung des § 58 Z 1 IO wird verwiesen.

Auf das Vorbringen des Finanzamtes mit dem Hinweis auf § 206 lit. b BAO – den das Finanzamt allenfalls selbst hätte anwenden können – brauchte aufgrund der obigen Ausführungen nicht eingegangen werden.

Über die Beschwerde war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Revision ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (da durch die Kommentarmeinung, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und damit der geltenden Grundsätze der Rechtsordnung als geklärt anzusehen ist), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100586.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at