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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2019, RV/2100774/2018

Anforderungen an ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung 2016) zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Die Einkommensteuer 2016 wird wie in der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Parteienvorbringen

Der Beschwerdeführer machte mit seiner am beim Finanzamt eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Kosten für beruflich veranlasste Reisen in Höhe von EUR 3.281,18 geltend. Des Weiteren erklärte er Sonderausgaben für Versicherungsprämien in Höhe von EUR 1.354,44 und eine außergewöhnliche Belastung (Behinderungsgrad 50%) für Medikamente in Höhe von EUR 156,05.

Am legte der Beschwerdeführer unaufgefordert ein Fahrtenbuch und eine § 57a Überprüfungsbestätigung seines KFZs für das konkrete Fahrzeug im Infocenter des Finanzamtes Graz-Stadt vor, welche am einen Kilometerstand von 96.866 km aufwies. Der Km-Stand des vorgelegten Fahrtenbuches vom weist 98.454 km auf.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer Unterlagen zu den begehrten Werbungskosten vorzulegen. Das Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet.

Mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom anerkannte die belangte Behörde die beantragten beruflich veranlassten Reisekosten nicht als Werbungskosten, sondern berücksichtigte das Werbungskostenpauschale in Höhe von EUR 132. Begründend führte das Finanzamt aus, dass die beantragten Reisekosten in Höhe von EUR 3.281,18 mit den steuerfreien Ersätzen gemäß § 26 EStG 1988 laut Lohnzettel in Höhe von EUR 4.099,60 abgegolten seien.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer aus, dass die Fahrtspesen nicht berücksichtigt worden wären und legte ein Schreiben seines Arbeitgebers vor, wonach vom Arbeitgeber bestätigt worden sei, dass an den Bf. kein Kilometergeld ausbezahlt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom anerkannte die belangte Behörde neben dem Pendlereuro das Pendlerpauschale in Höhe von EUR 2.173 und ein Werbungskostenpauschale in Höhe von EUR 132. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien mit dem Verkehrsabsetzbetrag bzw. bei bestimmten Voraussetzungen mit dem Pendlerpauschale abgegolten. Es seien daher das Pendlerpauschale bzw. die Kosten für Familienheimfahrten (begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale) sowie der Pendlereuro (durchschnittliche Ermittlung) berücksichtigt worden.

In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom  brachte der Beschwerdeführer vor, er führe unterschiedliche Dienstreisen zu den einzelnen Baustellen aus und sei von seinem Arbeitgeber kein Kilometergeld ausbezahlt worden. Daher beantrage er die Berücksichtigung seiner gefahrenen Kilometer von 10.800 mit einem Kilometergeld in Höhe von EUR 4.536 (10.800 x 0,42).

Die belangte Behörde erstattete am den Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht und führte im Wesentlichen aus, dass das KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen xx laut § 57a Begutachtung am um Uhr 08:46 einen Kilometerstand von 96.866 Kilometern aufwies. Laut dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Fahrtenbuch habe das KFZ an diesem Tag jedoch einen Tagesendkilometerstand von 98.454 aufgewiesen. Die Angabe im Fahrtenbuch stimme sohin nicht mit dem tatsächlichen Kilometerstand überein, die Differenz betrage 1.588 Kilometer. Dabei handle es sich um so gravierende Aufzeichnungsmängel, die eine genaue Überprüfung der restlichen Angaben des Fahrtenbuchs unmöglich machen würden. Die belangte Behörde beantrage daher die Abweisung der Beschwerde. Ergänzend führte sie aus, dass sollte das Bundesfinanzgericht der Beschwerde dennoch zulassen, nur die Fahrten von Wohnung zur jeweiligen Arbeitsstätte für die ersten fünf Tage heranzuziehen seien.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und geht aus dem elektronisch vorgelegten Akt, den vorgelegten Unterlagen sowie dem Vorbringen des Beschwerdeführers hervor.

3. Rechtliche Beurteilung

Rechtslage

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten.

§ 16 Abs. 6 lit a 1988 lautet:

Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu.Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Aus den angeführten gesetzlichen Regelungen ergibt sich, dass das Gesetz zwischen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einerseits und sonstigen beruflich veranlassten Fahrten andererseits unterscheidet. Während bei einem Arbeitnehmer die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ausschließlich in Form eines Absetzbetrages und (zutreffendenfalls) pauschalierter Werbungskosten steuerlich berücksichtigt werden, sind Ausgaben für andere beruflich veranlasste Fahrten in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten absetzbar. Bei Benützung eines privaten KFZ wird im letztgenannten Fall eine Schätzung in Höhe des amtlichen Kilometergeldes (im Streitjahr 0,42 € pro km) im Regelfall zu einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Ergebnis führen ().

Fahrtkosten für beruflich veranlasste Fahrtaufwendungen sind an sich in ihrer tatsächlichen Höhe als Werbungskosten anzusetzen, wobei bei KfZ-Kosten eine Schätzung mit dem amtlichen Kilometergeld in aller Regel zu einem zutreffenden Ergebnis führt (lt. LStR bei Fahrten von nicht mehr als 30.000 km im Jahr).

Der Nachweis von Fahrtkosten bzw. von beruflich gefahrenen Kilometern hat grundsätzlich mittels eines Fahrtenbuches zu erfolgen. Dieses hat die beruflichen und privaten Fahrten zu enthalten (zB ; ; ; ).

Damit ein Fahrtenbuch einen tauglichen Nachweis darstellt, muss es fortlaufend, zeitnah, übersichtlich und in chronologischer Reihenfolge lückenlos geführt sein (Doralt/Mayr/Herzog, EStG13, § 16 Tz 220, Stichwort "Fahrtkosten", mwN). Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ist zudem in gebundener oder sonst in sich geschlossener Form zu führen (zB Wallner in AFS 2010, 81).

Es müssen jedenfalls folgende Daten festgehalten werden:

- Datum der Fahrt;

- Kilometerstand am Beginn und am Ende jeder Fahrt und die Fahrtstrecke in Kilometern;

- Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie die Fahrtdauer;

- Ausgangsort und Zielort jeder Fahrt;

- Reiseweg, und zwar so, dass er mit einer Straßenkarte nachvollzogen werden kann;

- Der Zweck jeder einzelnen Fahrt. Wenn im Zuge einer einheitlichen beruflichen Fahrt mehrere Kunden besucht werden, so ist der Name jedes einzelnen Kunden anzuführen. Ein bloß allgemein gehaltener Hinweis, etwa „Kundenbesuche“, ist als Zweckangabe jedenfalls zu vage (s. nochmals zB Doralt, aaO; sowie Wallner, aaO).

Jede einzelne berufliche Verwendung ist mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeuges aufzuzeichnen. Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, können diese miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten KfZ-Gesamtkilometerstandes, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner und ihre Adressen im Fahrtenbuch in zeitlicher Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht wurden. Wird der berufliche Einsatz des Kfz zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstandes zu dokumentieren ist (Renner, Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches, in: SWK 27/2008, S 728, mwN).

Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein. Weisen sie inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf, kann dies die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben in Frage stellen (Renner, aaO.).

Außer einem Fahrtenbuch kommen auch andere Beweismittel in Betracht. Die Führung eines Fahrtenbuches kann entfallen, wenn durch andere Aufzeichnungen (zB Reisekostenabrechnungen) eine ebenso verlässliche Beurteilung – im oben dargelegten Sinne - möglich ist (zB ).

Erwägungen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob das vorgelegte Fahrtenbuch als Nachweis für die beantragten Kilometergelder geeignet ist.

Zum vorliegenden Beschwerdefall ist eingangs festzuhalten, dass ein Steuerpflichtiger nach § 138 Abs. 1 BAO auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt seiner Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie deren Richtigkeit zu beweisen hat. Nur wenn diesem ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden kann, genügt die Glaubhaftmachung.

Auf Grund der Ergebnisse des durchgeführten Verwaltungsverfahrens steht fest, dass der Bf. über seine Fahrten zwar ein Fahrtenbuch geführt hat, dies jedoch aus nachfolgenden Gründen nicht ordnungsgemäß war. Die zu führenden Aufzeichnungen sollen eine buchförmige äußere Gestalt aufweisen, weshalb der allgemeine Sprachgebrauch verlangt, dass die erforderlichen Angaben in gebundener oder jedenfalls in sich geschlossener Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Eine lose Ansammlung einzelner Daten ohne äußeren Zusammenhang kann daher schon begrifflich kein Fahrtenbuch sein (vgl. BFH in den Erkenntnissen vom , VI R 64/04 und vom , VI R 27/05). Diese Aufzeichnungen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen jederzeit möglich machen und ebenso gut nachträglich erstellt worden sein können, bieten keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen.

Als Nachweis für die als Werbungskosten geltend gemachten Kilometergelder wurden vom Beschwerdeführer lediglich in loser Form elektronisch geführte tabellarische Reiseaufzeichnungen (Excel-Tabellen) vorgelegt. Darüber hinaus wurde vom Finanzamt am eine Differenz zwischen dem anlässlich der § 57a KFG KFZ Begutachtung ausgewiesenen Kilometerstand (96.866 km) und jenem in der Excel-Tabelle vom Beschwerdeführer errechneten Kilometerstand (98.454) in Höhe von 1.588 km festgestellt. Eine aussagekräftige Prüfung und Nachvollziehbarkeit hinsichtlich der tatsächlich beruflich zurückgelegten Fahrtstrecken ist daher keinesfalls gegeben, weshalb durch die aufgegriffenen Mängel das Fahrtenbuch in seiner Gesamtheit als Beweismittel in Zweifel zu ziehen ist. Weitere Beweismittel zur Sachverhaltsaufhellung und Untermauerung seines Standpunktes wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Insbesondere blieb auch der Vorhalt des Finanzamtes vom zur Gänze unbeantwortet.

Bei der Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2016 wurde daher zu Recht das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit d EStG 1988 (2.173 €), ein Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 (66 €) sowie ein Verkehrsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 (400 €) in Abzug gebracht.

Unter Abwägung der Gesamtumstände und der klaren Aufzeichnungsmängel war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich das BFG bei Beurteilung der hier strittigen Frage des steuerlichen Nachweises von beruflichen Fahrten mittels geeigneter Aufzeichnungen (insbes. eines Fahrtenbuches) nicht nur auf die zitierte BFG- bzw. UFS-Judikatur , sondern auch auf die Rechtsprechung des VwGH stützen konnte (zB VwGH 0 , 97/15/00739 war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100774.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at