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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.08.2019, RV/6100484/2018

Schätzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV in der Beschwerdesache Bf, abc, vertreten durch RA Rechtsanwälte, xyz, über die Beschwerde vom gegen die an die A GmbH erlassenen Bescheide des Finanzamtes vom  über die Umsatzsteuerfestsetzung für die Monate 04/2015 bis 08/2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Am erließ das Finanzamt an die A GmbH Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 04/2015, 05/2015, 06/2015, 07/2015 und 08/2015. Begründend wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil sich die Selbstberechnung als unrichtig erwiesen habe bzw. weil, obwohl eine Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung(en) bestanden habe, keine/unvollständige Voranmeldung(en) eingereicht worden sei(en); die Begründung sei der Niederschrift zur Umsatzsteuerprüfung vom zu entnehmen.

Am erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) als Geschäftsführer der A GmbH gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der A GmbH im Ausmaß von 62.230,-- Euro:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Umsatzsteuer
04/2015
12.446,--
Umsatzsteuer
05/2015
12.446,--
Umsatzsteuer
06/2015
12.446,--
Umsatzsteuer
07/2015
12.446,--
Umsatzsteuer
08/2015
12.446,--
Summe
 
 
62.230,--

Beiliegend wurden die Abgabenbescheide, auf welche sich der Abgabenanspruch für die haftungsrelevanten Abgaben gründe, übermittelt.

Der Bf brachte durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom gegen den Haftungsbescheid vom und die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH, jeweils vom , Beschwerde ein und führte hinsichtlich der Festsetzung der Umsatzsteuer Folgendes begründend aus:

Die angeführten Bescheide seien materiell unrichtig, da die A GmbH in den fraglichen Monaten keine umsatzsteuerpflichtigen Geschäfte abgewickelt habe und die diesbezüglichen Umsatzsteuervoranmeldungen vom damaligen steuerlichen Vertreter auch richtigerweise in diesem Sinne abgegeben worden seien. Die A GmbH sei ursprünglich gegründet worden, um über diese Firma Immobilienprojekte abzuwickeln (Wohnungen ankaufen, renovieren und wiederum verkaufen). Dies sei gescheitert, nachdem die erforderlichen Finanzierungen nicht herbeigeführt werden hätten können und es seien in der Folge einige kleinere Ladenbauprojekte abgewickelt worden. Seit März 2015 sei die Firma in diesem Geschäftsfeld aufgrund der mangelnden wirtschaftlichen Erfolge inaktiv gewesen. Ab Juni 2015 habe der Bf diese Firma zur Gänze übernommen und habe über diese fortan und ausschließlich ein Sportwettbüro in der Z mit dem Konzessionsgeber C GmbH betrieben. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe der Bf seine Geschäftsanteile der A GmbH zur Gänze verkaufen wollen und er sei bereits in konkreten Gesprächen wegen Vollabtretung dieser Geschäftsanteile mit einem Interessenten gewesen, welcher über die A GmbH eine Reinigungsfirma betreiben habe wollen, wobei diese Vertragsgespräche, die knapp vor dem Abschluss gewesen seien, letztlich im Laufe des Sommers 2015 gescheitert seien. Im August 2015 habe der Bf gemeinsam mit seinem ag Vertreter Mag. R (dieser teilweise als Treuhänder) die Fa. D GmbH, welche die Exklusivrechte für Österreich für das Sportwettsystem „E“ innehabe und gegenüber ihrem Lizenzgeber verpflichtet sei, dieses System österreichweit möglichst rasch, auch bzw. primär über diverse Partnerbetriebe, zu etablieren. Wegen dieser neu gegebenen Situation habe der Bf beschlossen, seine Geschäftsanteile an der A GmbH möglichst rasch abzutreten und den Wettbetrieb an der Adresse Z (mit einem E-Konkurrenzsystem) einzustellen. Nachdem sich Gespräche mit dem ursprünglichen Interessenten zerschlagen hätten, sei über dessen Vermittlung KL als Interessent bzw. Erwerber der Geschäftsanteile an der A GmbH aufgetreten und seien diesem letztlich die Geschäftsanteile an der A GmbH mit Notariatsakt vom lastenfrei übergeben worden. Eine Nachforderung der G Gebietskrankenkasse sei vom Bf in der Folge noch zur Gänze getragen worden. Die Zeugenaussage des KL vom sei bereits in dem gegen den Bf geführten Strafverfahren def des Landesgerichtes G (in welchem dem Bf im Wesentlichen von der C GmbH betrügerisches Vorgehen im Zuge der Abtretung der Gesellschaftsanteile an der A GmbH vorgehalten worden sei und er nach Klarstellung des zugrundeliegenden Sachverhaltes – nach Rückziehung des Strafantrages durch die Staatsanwaltschaft – freigesprochen worden sei) aktenkundig. Es sei bereits in diesem Strafverfahren darauf hingewiesen worden, dass diese Aussage, nach der KL die Geschäftsanteile der A GmbH nur kurzfristig übernehmen sollten, völlig falsch sei. Es mache bekanntlich auch wenig Sinn eine schuldenfreie Firma für einen kurzen Zeitraum von etwa einem Monat an eine Person abzutreten, um diese in der Folge wieder zurückabgetreten zu erhalten. Tatsache sei jedenfalls, dass die A GmbH im fraglichen Zeitraum von 04 bis 10/2015 keine umsatzsteuerpflichtigen Geschäfte abgewickelt habe. Die mit dem Betrieb eines Sportwettbüros verbundene Wettsteuer sei über die C GmbH bis zuletzt in voller Höhe entrichtet worden. Demzufolge habe dies steuerliche Vertretung der A GmbH richtigerweise für die betreffenden Monate umsatzsteuerliche Nullmeldungen abgegeben.

Einer dem Bf zugestellten Stellungnahme des Finanzamtes ist ua. Folgendes zu entnehmen:

Aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes H und I habe am bei der A GmbH eine Umsatzsteuersonderprüfung stattgefunden. KL sei seit 100%iger Gesellschafter und Geschäftsführer, davor sei dies ab 06/2015 der Bf gewesen. Umsatzsteuervoranmeldungen seien für den Zeitraum 01/2015 bis 03/2015 abgegeben worden. Ab 04/2015 seien keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr abgegeben worden.
KL sei mehrmals von der Prüferin aufgefordert worden, die Buchhaltung sowie sämtliche Belege und Bankkonten für den Prüfungszeitraum vorzulegen. Daraufhin sei keine Reaktion erfolgt und es seien für 04/2015 bis 03/2016 die Umsatzsteuer anhand der vorliegenden Kontrollmitteilung (Ausgangsrechnung vom – RNr 236/2015) mit einem Nettoerlös von 62.230,-- Euro zuzüglich 20% USt festgesetzt worden. Da weder Belege, Bankkonten noch die Buchhaltung vorgelegt worden sei, sei eine Überprüfung der Erlöse nicht möglich gewesen. Deswegen sei eine Schätzung der UVA für 04 und 05/2015 und 07/2015 bis 03/2016 anhand der vorliegenden Kontrollmitteilung erfolgt.
In der Beschwerde werde ausgeführt, dass die Firma im Geschäftsfeld Ladenbauprojekte aufgrund der mangelnden wirtschaftlichen Erfolge inaktiv sei. Ab Juni 2015 habe der Bf diese Firma zur Gänze übernommen und fortan und ausschließlich ein Sportwettbüro betrieben. Dass diese Aussage schlichtweg falsch sei, sei aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Kontrollmitteilung bewiesen. Die A GmbH sei sehr wohl im Juni 2016 im Geschäftsfeld Ladenbau tätig gewesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom abgewiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 04/2015 bis 08/2015  teilweise statt und führte im Wesentlichen Folgendes begründend aus:

Der Bf sei vom bis Geschäftsführer der A GmbH gewesen. Geschäftszweig der A GmbH sei laut Firmenbuch der Ankauf und die Verwertung von Immobilien, die Abwicklung von Bauträgergeschäften und der Handel mit Waren aller Art gewesen. Ab sei KL Geschäftsführer gewesen. Dem Finanzamt liege eine Ausgangsrechnung der A GmbH vom an MN, utv, über eine Ladenausstattung (Einrichtung) eines Wettbüros in der Höhe von insgesamt 62.230,-- Euro vor. Ab April 2015 seien von der A GmbH keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr abgegeben worden. Aus diesem Grund sei vom Finanzamt eine Außenprüfung durchgeführt worden. Während der gesamten Prüfung seien keine Buchhaltungsunterlagen, Bankkonten, Jahresabschlüsse oder sonstige Unterlagen vorgelegt worden. Ebenso sei der Geschäftsführer, KL, trotz mehrmaliger Aufforderung zur Stellungnahme und schriftlicher Vorladung, nicht erreichbar gewesen. Nur ein einziges Mal sei ein Telefonat zustande gekommen. Im Zuge dessen habe er dem Finanzamt ein Protokoll über eine Einvernahme bei der Kripo G übermittelt, bei der er ausgesagt habe, nie wirklich die Geschäfte der A GmbH geführt zu haben. Er habe die Geschäftsführung lediglich auf Bitte des Bf für einen Monat übernehmen wollen. Dafür habe er als Bezahlung 500,-- Euro erhalten. Aus Geldnöten habe er dieses Angebot angenommen, ohne zu wissen, welche Tätigkeit die A GmbH ausgeübt habe und ohne jemals Unterlagen gesehen zu haben. Auch der Bf sei im Prüfungsverfahren weder telefonisch noch schriftlich noch per eMail erreichbar gewesen. Im Rahmen einer Nachschau durch die Finanzpolizei sei festgestellt worden, dass sich an der Sitzadresse der A GmbH in der Z ein ebenfalls vom Bf geführtes Wettbüro befunden habe. Lagerräume für Ladenausstattungen seien keine vorhanden gewesen. Die A GmbH habe im beschwerdegegenständlichen Zeitraum insgesamt sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Eine Korrespondenz mit der Betriebsprüfung in T habe überdies ergeben, dass die Ladenausstattung in der utv, bei MN tatsächlich stattgefunden habe. Mit Beschluss des Landesgerichtes G sei das Insolvenzverfahren bei der A GmbH mangels kostendeckendem Vermögen eingestellt und das Unternehmen im Firmenbuch gelöscht worden. Im Zuge des Rechtsmittelverfahrens sei der Bf noch einmal aufgefordert worden für den Beschwerdezeitraum Unterlagen vorzulegen, was abermals nicht geschehen sei. Am sei der Bf im Finanzamt im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters niederschriftlich als Beschuldigter im Finanzstrafverfahren einvernommen worden. Bei dieser Einvernahme habe er angegeben, Geschäftsführer der A GmbH im gegenständlichen Zeitraum gewesen zu sein. Die Geschäfte seien von der Z ausgeführt worden, zumal er dort auch ein Wettbüro betrieben habe. Die A GmbH sei ursprünglich zum Zwecke des An- und Verkaufs von Immobilien gegründet worden, wozu es jedoch nie gekommen sei. Die auf der genannten Ausgangsrechnung ausgewiesene Ladenausstattung in der utv, habe stattgefunden und sei von der A GmbH durchgeführt worden. Die Rechnung sei korrekt und die A GmbH habe das Geld auch erhalten. Laut den Angaben des Bf bei der Einvernahme seien diese Ladenbauten aber lediglich vermittelt worden und die Arbeiten nicht durch Arbeiter der A GmbH erledigt worden. Am sei der Bf erneut als Beschuldigter einvernommen worden. Dabei habe er bestätigt, Arbeitnehmer bei der A GmbH angemeldet zu haben. Nicht alle der sieben sozialversicherungsrechtlich angemeldeten Personen hätte aber tatsächlich für die A GmbH gearbeitet. Er erinnere sich nur an zwei oder drei Beschäftigte. Die anderen Arbeitnehmer hätten tatsächlich in Zell am See für eine Reinigungsfirma gearbeitet. Die Ladenausstattung in der utv, sei von bosnischen oder kroatischen Unternehmen ausgeführt worden, die von ihm beauftragt worden seien. Der Bf habe abermals bestätigt, dass die vorliegende Rechnung von ihm ausgestellt worden sei und er das Geld erhalten habe. Darüber hinaus seien im Jahr 2015 noch drei bis vier weitere Lokale ausgestattet worden. Insgesamt sei ein Umsatz zwischen 200.000,-- und 230.000,-- Euro von der A GmbH erzielt worden. Genaueres wisse er aber nicht mehr. Ausgangsrechnungen habe es wahrscheinlich in der Höhe von schätzungsweise 170.000,-- Euro gegeben. Diese seien jedoch nicht mehr vorhanden. Alle Unterlagen seien damals dem späteren Geschäftsführer KL übergeben worden. Die Aussage des KL, er habe die Geschäfte nur auf dem Papier übernommen, sei falsch gewesen. Am selben Tag sei auch der spätere Geschäftsführer der A GmbH, KL, niederschriftlich als Beschuldigter im Finanzstrafverfahren einvernommen worden. Dabei habe er angegeben, nie Unterlagen oder dergleichen von der A GmbH gesehen zu haben. Es sei damals geplant gewesen, die A GmbH für einen Monat als Geschäftsführer zu übernehmen, da ihn Cornel Ladja darum gebeten habe. Dafür habe er 500,-- Euro erhalten. Er hätte jedoch in Wirklichkeit nie etwas mit der A GmbH zu tun gehabt.
Darüber hinaus seien zwei der angemeldeten Arbeitnehmerinnen, M und N, einvernommen worden. Eine dritte geladene Arbeitnehmerin, O, sei nicht zur Zeugeneinvernahme erschienen. Beide Zeuginnen hätten angegeben, nichts Genaues über die Tätigkeit der A GmbH zu wissen, da sie tatsächlich im Wettbüro gearbeitet hätten bzw. nur einfache Arbeiten wie Tische Abwischen zu erledigen hätten. Der Bf sei von beiden als Chef und Geschäftsführer der A GmbH wahrgenommen worden. Er sei auch ungefähr einmal am Tag in der Z erschienen.

Im vorliegenden Fall bestehe kein Zweifel daran, dass die Schätzungsberechtigung im Sinne des § 184 BAO zu Recht bestanden habe, da im gesamten Verfahren überhaupt keine Unterlagen vorgelegt worden seien.
Für die Schätzung sei der Mittelwert von 215.000,-- Euro (zwischen den vom Bf selbst angegebenen 200.000,-- bis 230.000,-- Euro) herangezogen worden. 10% davon seien als Sicherheitszuschlag hinzugerechnet worden, da dem Bf der genaue Betrag nicht mehr erinnerlich gewesen sei und daher weiterhin Ungewissheiten bestünden. Dies ergebe eine Summe von insgesamt 236.500,-- Euro als steuerpflichtige Umsätze.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme eine Schätzung der Vorsteuern nur dann in Betracht, wenn als erwiesen angenommen werden kann, dass dem Unternehmer entsprechende Vorsteuern im Sinne des § 11 UStG in Rechnung gestellt worden seien (zB ). Die Beweislast dafür treffe den Unternehmer. Derartige Nachweise (wie beispielsweise Rechnungsduplikate, Lieferscheine usw.) seien aber in keiner Lage des Verfahrens erbracht worden.
Es ergebe sich daher nachstehende Steuerbemessungsgrundlage:
Steuerpflichtige Umsätze 04 bis 08/2015 gesamt: 236.500,-- Euro, Vorsteuern: keine. Die Gesamtsumme von 236.500,-- Euro teile sich wie folgt auf: Der Betrag von 62.230,-- Euro, der sich aus der Rechnung an MN ergebe, sei im Monat Juni veranlagt worden. Der Rest von insgesamt 174.270,-- Euro sei auf die vier verbleibenden Monate aufgeteilt worden. Dies ergebe einen steuerpflichtigen Umsatz für die Monate 04, 05, 07 und 08/2015 in der Höhe von jeweils 43.567,50 Euro und für den Monat 06/2015 62.230,-- Euro.
Die Umsatzsteuerschuld stelle sich daher wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
04/2015
8.713,50
Umsatzsteuer
05/2015
8.713,50
Umsatzsteuer
06/2015
12.446,--
Umsatzsteuer
07/2015
8.713,50
Umsatzsteuer
08/2015
8.713,50
Gesamtsumme
 
47.300,--


Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerden gegen den Haftungsbescheid vom und gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH jeweils vom an das Bundesfinanzgericht und führte darin hinsichtlich der Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH ergänzend aus:

Der Bf habe anlässlich seiner Einvernahme angegeben, dass die beim Finanzamt vorliegende Ausgangsrechnung der A GmbH vom eine reine Durchläuferposition gewesen sei und demzufolge von einer Vorsteuergutschrift in gleicher Höhe auszugehen sei, sodass eine Umsatzsteuerzahllast aus dieser Rechnung schon grundsätzlich nicht gegeben sein könne. Nachdem der Bf aber keinen Zugang mehr zu den Buchhaltungsunterlagen bzw. sonstigen Unterlagen der A GmbH habe, könne er dies urkundlich nicht mehr nachweisen.
Der Bf stelle daher den Antrag auf Beischaffung der gesamten Buchhaltung der A GmbH samt Zahlungsverkehr aus dem Geschäftsjahr 2015.

Mit Bericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom an das Bundesfinanzgericht.

Mit Bericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht entschied im Erkenntnis vom , RV/6100323/2018, über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom und führte darin im Wesentlichen aus, dass auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 BAO die Inanspruchnahme des Bf für die nach wie vor unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der A GmbH in dem Ausmaß von 47.300,-- Euro zu Recht erfolgt sei.

Mit einem an das Finanzamt gerichteten Vorhalt vom führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen Folgendes aus:

Eine Abfrage im Abgabeninformationssystem des Bundes deute darauf hin, dass das Finanzamt einen Umsatzsteuerbescheid 2015 an die A GmbH erlassen habe, welcher mit Beschwerde angefochten worden sei, dass das Finanzamt in weiterer Folge am dazu eine Beschwerdevorentscheidung an die A GmbH erlassen habe und dass am ein Vorlageantrag beim Finanzamt eingelangt sei, welcher nach Kenntnisstand des Bundesfinanzgerichts diesem nicht vorgelegt worden sei. Das Finanzamt werde unter Hinweis auf die Tatsache, dass die A GmbH durch Beschluss des Landesgerichtes G vom aufgelöst und am gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht worden sei, und unter Hinweis auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen um Aufklärung ersucht.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte das Finanzamt mit, dass mangels Vermögen kein Kurator für die Gesellschaft bestellt worden sei. Folglich würden mangels Handlungsfähigkeit der juristischen Person sämtliche Bescheide, die nach dem ergangen seien, keine rechtliche Wirkung entfalten. Am habe die EDV mangels Einreichung einer Jahresumsatzsteuererklärung 2015 dem Finanzamt den Auftrag einer Schätzung der Bemessungsgrundlagen für den Jahresbescheid erteilt. Daraus resultiere der Jahresumsatzsteuerbescheid 2015, der wie geschildert keine Wirkung entfalten habe können. Gegen diesen Bescheid sei ohne Anbringen eine Beschwerde elektronisch angemerkt worden. Die daraufhin ergangene Beschwerdevorentscheidung teile das Schicksal des Jahresumsatzsteuerbescheides 2015. Der elektronisch angemerkte Vorlageantrag existiere nicht.

DAZU WIRD ERWOGEN:

1 Rechtsmittelbefugnis und andere verfahrensrechtliche Fragen:

1.1 gesetzliche Grundlagen:

1.1.1 BAO

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 erster Satz BAO unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde gemäß § 253 BAO auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt nach lit. a bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

1.1.2 UStG 1994

Gemäß § 21 Abs.1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat.

Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt gemäß § 21 Abs. 3 Satz eins UStG 1994 die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde (Satz zwei).

Gemäß § 21 Abs. 4 Satz eins UStG 1994 wird der Unternehmer nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt.

1.2 Sachverhalt:

Die mit Gesellschaftsvertrag vom gegründete A GmbH wurde infolge der Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit am gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht.

Geschäftsführer der A GmbH waren in der Zeit vom bis OP, vom bis  der Bf und seit KL.

Steuerlicher Vertreter war in der Zeit von bis die P Steuerberatung GmbH. Diese war ua. in der Zeit von bis Zustellbevollmächtigte der A GmbH.

Das Finanzamt erließ am die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 und sah - der Zustellvollmacht entsprechend - die Zustellung an die P Steuerberatung GmbH vor. Die elektronische Zustellung erfolgte am .

Am erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegenüber dem Bf. Sowohl die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH als auch der Haftungsbescheid wurden vom Bf mit Schriftsatz vom mit Beschwerde angefochten.

Die Beschwerdevorentscheidung vom  hinsichtlich der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 gegenüber der A GmbH beinhaltete als Bescheidadressaten den Bf.

Bereits am erließ das Finanzamt einen „Umsatzsteuerbescheid 2015“ an die A GmbH und merkte dazu elektronisch eine Beschwerde an. Am erließ das Finanzamt eine abändernde „Beschwerdevorentscheidung“ an die A GmbH. Der Erstbescheid sah KL und die Beschwerdevorentscheidung das Finanzamt als Zustelladressaten vor. Am ist diesbezüglich ein Vorlageantrag elektronisch angemerkt worden.

Der Beschwerde des Bf gegen den Haftungsbescheid wurde vom Bundesfinanzgericht durch Erkenntnis vom , RV/6100323/2018, teilweise stattgegeben und die Haftsumme eingeschränkt. Darüber hinaus wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem elektronischen Akt, einer Firmenbuchabfrage betreffend die A GmbH und einer Abfrage im Abgabeninformationssystem des Bundes und des FinanzOnlines sowie aus der Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes und ist insoweit unbedenklich.

1.3 rechtliche Würdigung:

Grundsätzlich setzt das in § 248 BAO verankerte Beschwerderecht des Haftungspflichtigen gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch voraus, dass ihm gegenüber der Haftungsbescheid wirksam ergangen ist. (Ritz, BAO6, Rz 10 zu § 248).

Dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/6100323/2018, ist zu entnehmen, dass der Bf tatsächlich  zu Recht gemäß § 9 iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger hinsichtlich der Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015 der A GmbH mittels Haftungsbescheid in Anspruch genommen wurde.

Das Normative der Anordnung des § 248 BAO liegt in der Befugnis, den dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Bescheid anfechten zu dürfen und alle Einwendungen gegen die Grundlage der Haftung vorzubringen, auch wenn dieser Grundlage eines Verfahrens eines anderen Abgabenpflichtigen bilden und über diese Grundlage in diesem anderen Verfahren bereits rechtskräftig abgesprochen wurde. (Vgl. ).

Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen. (, )

Dabei steht das Beschwerderecht gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch innerhalb der für den Haftungsbescheid geltenden Beschwerdefrist zu. (Ritz, BAO6, Rz 12 zu § 248).

Im gegenständlichen Fall erließ das Finanzamt gegenüber dem Bf am  den Haftungsbescheid, in welchem seine Haftung für die Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015 der A GmbH ausgesprochen und die entsprechenden Bescheide beigelegt wurden. Daraufhin brachte der Bf mit Schriftsatz vom , beim Finanzamt eingelangt am , Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH ein. Die in § 248 erster Satz BAO normierte Beschwerdefrist wurde somit eingehalten. Zum Beschwerderecht ist noch Folgendes ergänzend auszuführen:

Aus § 248 BAO ergibt sich, dass der zur Haftung Herangezogene jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können muss. (Ritz, BAO6, Rz 5 zu § 248, ).

Bescheide über den Abgabenanspruch sind insbesondere Abgabenbescheide (§ 198 BAO) und Haftungsbescheide (§ 224 BAO). (Ritz, BAO6, Rz 4 zu § 248)

Abgabenbescheide sind alle Bescheide, die ein Leistungsgebot in Bezug auf die Erbringung einer abgabenrechtlichen Geldleistung enthalten. Darunter fallen auch Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide. (Ritz, BAO6, Rz 5 zu § 198).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Bescheide betreffend die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für bestimmte Zeiträume in vollem Umfang anfechtbar. Solche Bescheide haben aber insofern einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als sie durch Erlassung von diese Zeiträume umfassenden Umsatzsteuerjahresbescheiden außer Kraft gesetzt werden. Durch die Erlassung eines Umsatzsteuerjahresbescheides scheiden Bescheide betreffend Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen aus dem Rechtsbestand aus. Der Jahresbescheid tritt in derartigen Fällen gemäß § 253 BAO an die Stelle des Festsetzungsbescheides. Daraus ergibt sich, dass in diesen Fällen regelmäßig und systemkonform keine (weitere) Beschwerdevorentscheidung ergehen kann. ().

Im gegenständlichen Fall erließ das Finanzamt am einen als Umsatzsteuerjahresbescheid intendierten „Umsatzsteuerbescheid 2015“ an die A GmbH, welche bereits am gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht worden war. Die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 04/2015 bis 08/2015 vom erging erst nach dieser als Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 intendierten Erledigung.

Es stellt sich daher im gegenständlichen Fall zunächst die Frage, ob der „Umsatzsteuerbescheid 2015“ vom an die Stelle der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 04/2015 bis 08/2015 vom getreten ist und daher die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015 nicht ergehen hätte dürfen. Dazu ist aufgrund der Tatsache, dass die A GmbH am im Firmenbuch gelöscht wurde, die Frage zu beantworten, ob der „Umsatzsteuerbescheid 2015“ vom   gemäß § 97 Abs. 1 BAO wirksam ergangen ist.

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu ). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. , OGH 28.60.2007, 3 Ob 113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an frühere Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ). (Vgl. ).

Der „Umsatzsteuerbescheid 2015“ vom sah KL, den letzten im Firmenbuch ausgewiesenen Geschäftsführer der am im Firmenbuch gelöschten  A GmbH, als Zustelladressaten vor. Im Hinblick auf die vorstehenden Rechtsausführungen ist somit davon auszugehen, dass der „Umsatzsteuerbescheid 2015“ vom niemals entsprechend der Bestimmung des § 97 Abs. 1 BAO rechtswirksam zugestellt wurde. Dies hat zur Folge, dass die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 04/2015 bis 08/2015 vom nicht aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sind. Die vom Bf als Haftungspflichtigen mit Schriftsatz vom eingebrachte Beschwerde gegen diese Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide gilt dementsprechend auch nicht gemäß § 253 BAO als gegen den „Umsatzsteuerbescheid 2015“ eingebracht. Die an den Bf als Haftungspflichtigen adressierte und zugestellte Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015 der A GmbH ist daher zu Recht ergangen.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Bf zur Einbringung einer Beschwerde gegen die gegenüber der A GmbH am erlassenen Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 04/2015 bis 08/2015  als Haftungspflichtiger befugt ist, die Beschwerde vom fristgerecht eingebracht wurde, das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde nicht als Beschwerde gegen den „Umsatzsteuerbescheid 2015“ vom zu werten und dementsprechend auch die Beschwerdevorentscheidung vom nicht aufzuheben hat.

2 Festsetzung von Umsatzsteuer für 04/2015 bis 08/2015

2.1 gesetzliche Grundlagen

2.1.1 BAO

Die Abgabenbehörden haben gemäß § 115 Abs. 1 BAO die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind gemäß § 119 Abs. 1 BAO vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. 

Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sind gemäß § 132 Abs. 1 BAO sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluss des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen vom Schluss des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluss des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet. 

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 3 BAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabevorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen..

2.1.2 UStG 1994

Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt.

Der Umsatz wird gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 im Falle des § 1 Abs. 1 Z. 1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahmen); dazu gehören insbesondere auch Gebühren für Rechtsgeschäfte und andere mit der Errichtung von Verträgen über Lieferungen oder sonstige Leistungen verbundene Kosten, die der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung dem Unternehmer zu ersetzen hat.

Nicht zum Entgelt gehören gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten).

Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann ein Unternehmer die von einem anderen Unternehmer in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Der Unternehmer ist gemäß § 18 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu führen.

2.2 Sachverhalt

Die A GmbH reichte für die streitgegenständlichen Monate 04/2015 bis 08/2015 elektronisch Umsatzsteuervoranmeldungen ein und gab darin jeweils einen steuerbaren Umsatz in Höhe von 0,00 Euro bekannt.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung liegt dem Finanzamt jedoch eine von der A GmbH am erstellte und an MN, utv, adressierte Ausgangsrechnung, ReNr. 236/2015, über eine Gesamtsumme von 74.676,-- Euro brutto (62.230,-- Euro netto zuzügl. 20% Umsatzsteuer) betreffend einen Ladenbau vor. Diese Rechnung enthält eine detaillierte Aufstellung der erbrachten Leistungen, welche insgesamt 19 Punkte umfasst. Die erste Teilzahlung in Höhe von 40.000,-- Euro erfolgte  laut Rechnung am , die zweite Teilzahlung in Höhe von 36.000,-- am . Dieser Rechnung liegt eine tatsächliche Leistungserbringung zugrunde, es erfolgte die Ausstattung eines Geschäftlokals.

Die Kontrollmitteilung führte zu einer Umsatzsteuersonderprüfung bei der A GmbH. Nachdem KL als damaliger Geschäftsführer der A GmbH die Buchhaltung, Belege und Bankkonten nicht vorgelegt hatte, erfolgte die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage für die Umsatzsteuerfestsetzungen mangels Buchhaltungsunterlagen, Belegen und Bankkonten für die streitgegenständlichen Monate im Schätzungswege. 

Am kam es zu einer Beschuldigtenvernehmung des Bf wegen des Verdachts, dass er als Geschäftsführer der A GmbH für die Monate 04/2015 bis 03/2016 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und dadurch Umsatzsteuer verkürzt habe. Der Bf führte dabei ua. aus, dass die A GmbH im Jahr 2015 drei kleine Lokalumbauten an ausländische Unternehmer vermittelt habe. Dafür habe die A GmbH kein Entgelt erhalten, es seien nur Probleme entstanden. Der Steuerberater der A GmbH habe die Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Der Bf habe ihm aber keine Unterlagen vorgelegt, da es wegen des Umbaus der drei Wettlokale zu Komplikationen gekommen sei. Die Unterlagen seien erst gekommen als die A GmbH schon übergeben worden sei. Ab Juli/August habe sich schon KL um die Buchhaltung gekümmert, schlussendlich habe er die A GmbH etwa im November 2015 übernommen. Ab Juni 2015 seien von ihm keine Geschäfte mehr im Rahmen der A GmbH getätigt worden, abgesehen von den Sportwetten, wobei hier die Steuer pflichtgemäß abgeführt worden sei. Nach Vorlage der Rechnung vom und einer Überweisungsbestätigung vom   bestätigte der Bf den Vorgang und hielt der Bf den Erhalt des Betrages für möglich. Der rechtsfreundliche Vertreter erklärte hierzu, "dass die Rechnung eigentlich an den Auftraggeber gestellt hätte werden sollen und nicht an die vermittelnde Gesellschaft A GmbH" 

Es kam ua. wegen dieser Rechnung vom am zu einer weiteren Beschuldigtenvernehmung des Bf als Geschäftsführer der A GmbH hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 04/2015 bis 03/2016 und er sagte ua. Folgendes aus:

"Auf Vorhalt, wer die Bauleistungen in der Astr in T durchführte, gebe ich an, dass dies bosnische oder kroatische Unternehmer waren. Diese Unternehmen wurden von mir beauftragt. Die Rechnung vom ist von mir ausgestellt worden. Das Geld habe ich auf das Konto erhalten. Das Geld haben wir sodann an die Firmen bezahlt, die ich vermittelt habe. Ich bekam diese Rechnungen aber erst im September oder Oktober.

Auf Vorhalt, ob dies die einzige Ladenbautätigkeit war, gebe ich an, dass wir noch drei bis vier andere Läden ausgestattet haben. Jedoch habe ich die Unterlagen, insbesondere Rechnungen, bei der Geschäftsübergabe an KL ebenfalls übergeben. Der Umsatz betrug zwischen 200.000,00 und 230.000,00 Euro im Jahr 2015 (inklusive des Ladenbaues von Frau U). Dies kann auch als Schätzungsbasis für die Betriebsprüfung herangezogen werden. Ausgangsrechnungen hatte ich wahrscheinlich in der Höhe von etwa 170.000,00 Euro. Diese Rechnungen besitze ich allerdings nicht mehr.

Auf Vorhalt, dass Herr L die Unterlagen nicht erhalten habe, gebe ich an, dass dies nicht der Wahrheit entspricht.

Ich war mit Herrn X befreundet. Dieser ist leider verstorben. Ich habe von Herrn Möllinger gehört, dass Herr L die Unterlagen der A GmbH an den Herrn X weitergegeben hat. Dieser war anscheinend der Drahtzieher der A GmbH, was ich aber erst im Nachhinein erfahren habe."  

Dieser Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der Ausgangsrechnung, ReNr. 236/2015, vom , der Stellungnahme des Finanzamtes vom , den Niederschriften über die Beschuldigtenvernehmungen des Bf vom und vom . Die Ausstellung der Ausgangsrechnung durch die A GmbH und den Empfang der daraus resultierenden Beträge wurde vom Bf bestätigt bzw. nicht in Abrede gestellt. Dass im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung von Seiten der A GmbH durch den damaligen Geschäftsführer KL keinerlei Unterlagen vorgelegt wurden, wird von Seiten des Bundesfinanzgerichts im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht bezweifelt, da das Nichtvorhandensein von Unterlagen eine Betriebsprüfung erschwert und nicht in deren Interesse ist.

2.3 rechtliche Würdigung

Die Abgabenbehörde (das Bundesfinanzgericht) trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des Sachverhaltes beizutragen und die für den Bestand und den Umfang der Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß im Sinn des § 119 Abs. 1 BAO offenzulegen. Umfang und Intensität der amtswegigen Ermittlungspflicht sind sogar nur unter Bedachtnahme auf die korrespondierenden Pflichten der Partei bestimmbar. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt die Verpflichtung der Behörde (des Bundesfinanzgerichts), den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, in dem Ausmaß zurück, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hierzu nicht bereit ist oder eine solche unterlässt. (, , ).

Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörden und des Bundesfinanzgerichtes besteht also nur innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeit und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes und findet dort ihre Grenzen, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann. (, ). 

Die Offenlegungspflicht ist während des gesamten Abgabenverfahrens zu beachten und beschränkt sich nicht etwa nur auf das ein solches Verfahren einleitende Anbringen, zB eine Abgabenerklärung und umfasst gegebenenfalls auch die Beweisführung oder Glaubhaftmachung zu behaupteten Umständen (§ 138 Abs. 1 BAO). Dies ist insbesondere auch anlässlich von Außenprüfungen (§ 147 ff BAO) zu beachten. (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 119, Anm 11).

Die Verletzung von Mitwirkungspflichten kann insoweit Anlass zu einer Schätzung der Grundlagen für die Abgabenberechnung sein, als diese wegen der Pflichtverletzung nicht exakt ermittelt oder berechnet werden können. (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 115, Rz 15).

Können die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt (berechnet) werden, so sind sie zu schätzen. (Vgl. Ritz, BAO6, Rz 1 zu § 184)

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. (Vgl. Ritz, BAO6, Rz 6 zur § 184, ).

Schätzungsbefugnis besteht ua., wenn keine Bücher oder Aufzeichnungen, die nach den Abgabenvorschriften zu führen sind, vorgelegt werden, an der Sachverhaltermittlung nicht mitgewirkt wird und viele Unsicherheiten bestehen (, ). 

Die A GmbH, vertreten durch KL als damals verantwortlichen Geschäftsführer der A GmbH (vgl. Pkt. 1.2), legte dem Finanzamt im Rahmen der durch eine Kontrollmitteilung über eine von der A GmbH am ausgestellte Rechnung ausgelösten Umsatzsteuersonderprüfung für den Streitzeitraum 04/2015 bis 08/2015 - trotz  einer nach § 18 Abs. 1 UStG 1994 bestehenden Aufzeichnungspflicht und der gemäß § 132 Abs. 1 BAO noch laufenden siebenjährigen Aufbewahrungsfirst -  keinerlei Buchhaltungsunterlagen bzw. Aufzeichnungen vor (vgl. Pkt. 2.2).  Die A GmbH kam somit insoweit ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach.

Das Finanzamt versuchte daher in Erfüllung der amtswegigen Ermittlungspflicht, durch Befragung des Bf, welcher im Streitzeitraum als Geschäftsführer der A GmbH fungierte (vgl. Pkt 1.2), den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und die Buchhaltungsunterlagen bzw. Aufzeichnungen von diesem zu bekommen. Der Bf verneinte allerdings, über entsprechende Buchhaltungsunterlagen bzw. Aufzeichnungen der A GmbH zu verfügen, erklärte die Geschäftsunterlagen der A GmbH an KL übergegeben zu haben, welcher nach Hörensagen diese wiederum an X weitergegeben habe, der leider verstorben sei. Das Finanzamt erhielt daher die erforderlichen Unterlagen bzw. Aufzeichnungen der A GmbH auch nicht von Seiten des Bf. Eine Befragung des X durch das Finanzamt oder das Bundesfinanzgericht war und ist selbstverständlich ebenfalls nicht möglich. Das Finanzamt und in der Folge das Bundesfinanzgericht konnte bzw. kann somit im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht die erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen nicht erlangen (und folglich auch nicht dem Bf - wie im Vorlageantrag gewünscht - zur Verfügung stellen).

Aufgrund der fehlenden Mitwirkung der A GmbH und trotz der im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren durchgeführten amtswegigen Ermittlungen standen und stehen somit dem Finanzamt und dem Bundesfinanzgericht -  mit Ausnahme der von der A GmbH ausgestellten Rechnung vom , welche Aktivitäten und die Erzielung eines in den Umsatzsteuervoranmeldungen nicht bekanntgegebenen Umsatzes auf dem Geschäftsfeld Ladenumbau beweist - Buchhaltungsunterlagen und Aufzeichnungen der A GmbH nicht zur Verfügung. Dies machte es dem Finanzamt und dem Bundesfinanzgericht letztlich unmöglich, die Grundlagen für die Erhebung der Umsatzsteuer zu ermitteln (berechnen). Aufgrund der Unmöglichkeit die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu ermitteln, ist somit im gegenständlichen Fall die Schätzungsbefugnis gegeben. (Vgl. ).

Ist die Schätzungsbefugnis gegeben, so steht der Abgabenbehörde die Wahl der Schätzungsmethode frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die  im Einzelfall zur Erreichung des Ziels, den tatsächlichen Gegebenheiten (den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint. Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehört ebenfalls zu den Elementen einer Schätzung. Diese Schätzungsmethode geht davon aus, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. (Vgl. Ritz, BAO6, § 184, Rz 12 und 18, , , )

Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wobei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist und, wer zur Schätzung Anlass gibt, die mit der Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss. (Vgl. , ).

Ausgehend von der Rechnung vom , die Aktivitäten und die Erzielung eines Umsatzes der A GmbH im Zusammenhang mit Ladenumbauten während des Streitzeitraumes beweist, nahm das Finanzamt eine Schätzung der von der A GmbH in den Monaten 04/2015 bis 08/2015 getätigten Umsätze vor. Das Finanzamt stützte seine Schätzung laut Beschwerdevorentscheidung - mangels sonstiger Anhaltspunkte (neben den fehlenden Unterlagen hatte die A GmbH für die streitgegenständlichen Monate in den Umsatzsteuervoranmeldungen Umsätze in Höhe von 0,00 Euro bekanntgegeben) - auf die Aussagen des Bf vom  und die vorliegende Rechnung vom . Laut Aussage des Bf habe die A GmbH aufgrund von Ladenbautätigkeiten einen Umsatz zwischen 200.000,-- und  230.000,-- Euro  (einschließlich des Umsatzes aus der Rechnung vom ) erzielt. Der Bf hielt in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich fest, dass diese Angaben als Schätzungsbasis herangezogen werden können. Das Finanzamt ging daher zu Recht anlässlich der Schätzung der Umsätze von einem Mittelwert von 215.000,-- Euro aus, welcher auf den gesamten Streitzeitraum unter Berücksichtigung der tatsächlich vorhanden Rechnung umgelegt wurde. 

Das Finanzamt rechnete des Weiteren einen Sicherheitszuschlag von 10% hinzu. 

Da der Bf in der Beschwerdeschrift davon sprach, seit März 2015 in jenem Geschäftsfeld, das auch die Ladenbauprojekte mit umfasste, inaktiv gewesen zu sein, in der Beschuldigtenvernehmung vom von drei kleinen Ladenumbauten sprach, für die die A GmbH kein Entgelt erhalten habe, erst nach Vorlage der Rechnung und einer Überweisungsbetätigung eine Überweisung aufgrund eines Ladenumbaus an die A GmbH für möglich hielt und in der Beschuldigtenvernehmung vom von drei bis vier Ladenumbauten neben dem durch die Rechnung vom nachgewiesenen Ladenumbau berichtete, also nur ungenaue und zögerliche Angaben über die Anzahl der Ladenumbauten machte, keine Nachweise über die Höhe der aus den Ladenumbauten resultierenden Umsätze erbrachte und auch sonst seine Angaben nicht weiter konkretisierte, ist im gegenständlichen Fall das Risiko der Unvollständigkeit der Angaben des Bf über die durch die A GmbH getätigten Umsätze gegeben. Es war daher zur Beseitigung des Risikos möglicher weiterer Unvollständigkeiten und Unsicherheiten der Angaben des Bf über die tatsächlich durch die A GmbH erzielten Umsätze ein Sicherheitszuschlag von 10% auf den Mittelwert der vom Bf als damaliger Geschäftsführer der B& M GmbH bekanntgegebenen Umsatzgrößen anzuwenden, der zu einer Bemessungsgrundlage von 236.500,-- Euro führte. Die Höhe des Sicherheitszuschlages erscheint im Hinblick auf den vom Bf erwähnten Wert von 230.000,-- Euro gerechtfertigt.  

Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf hielt dieser Schätzung der Umsätze der A GmbH  lediglich entgegen, dass die an MN ausgestellte Ausgangsrechnung eine "reine Durchläuferposition" gewesen sei und demzufolge von einer Vorsteuergutschrift in gleicher Höhe auszugehen sei. 

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Das Entgelt ist nicht um Aufwendungen des Unternehmers zu kürzen. Die Bemessungsggrundlagen bilden vielmehr das ungekürzte Entgelt, weshalb auch weiterverrechnete Aufwendungen nicht aus der Bemessunggrundlage auszuscheiden sind, mag das Entgelt auch nur aus weiterverrechneten Auslagen bestehen. (Vgl. , ).

Ein echter durchlaufender Posten ist nur gegeben, wenn die Vereinnahmung und die Verausgabung sowohl für fremde Rechnung als auch im fremden Namen erfolgen, Voraussetzung ist somit, dass der Unternehmer nicht einen eigenen Anspruch geltend macht und eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, sondern für einen anderen tätig wird. Er darf somit weder Gläubiger noch Schuldner, sondern nur Mittelsmann sein. Ein durchlaufender Posten kann nicht angenommen werden, wenn der Unternehmer selbst in einen Leistungsaustausch eingeschaltet ist, dh eine Leistung erbringt und hierfür Entgelt erhält. Durchlaufende Posten können daher nur bejaht werden, wenn der Unternehmer außerhalb der Leistungsbeziehung steht. Kostenersätze, die der Unternehmer im Zusammenhang mit einer Leistung vom Abnehmer erhält, sind Teile des Entgeltes und keine durchlaufenden Posten, wenn damt Verpflichtungen abgedeckt werden, die den Unternehmer selbst treffen.(Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, § 4 Tz 128 ff, ).

Die A GmbH stellte gegenüber MN eine Rechnung mit einer detaillierten Aufstellung der erbrachten Leistungen aus. Einen Hinweis darauf, dass diese Leistungen von anderen Unternehmern als der A GmbH erbracht worden wären, enthält diese Rechnung nicht. Der Rechnung ist nicht zu entnehmen, dass die A GmbH im fremden Namen aufgetreten wäre.  Die A GmbH ist laut dieser Rechnung selbst als Leistungserbringerin aufgetreten und macht dementsprechend einen eigenen Anspruch geltend. Der Bf leugnete in seiner Aussage vom   auch nicht, dass eine Überweisung an die A GmbH stattgefunden hat. Der in der Rechnung ausgewiesene Betrag stellt somit ein Entgelt für die von der A GmbH erbrachten Leistungen dar. Die A GmbH vereinnahmte diesen Betrag im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Der Bf erbrachte keinen Beweis dafür, dass es sich bei den für die Ladenumbauten vereinnahmten Beträgen um durchlaufende Posten bei der A GmbH handelt.

Die A GmbH führte somit Ladenumbauten gegen Entgelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch. Die Höhe des Entgelts für sämtliche Ladenumbauten  wurde in Anlehnung an die Aussage des Bf mit insgesamt 236.500,-- Euro geschätzt. Der Umsatz wird gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen. Aus diesem Grund ist der Betrag von 236.00,-- Euro der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt auch eine Schätzung der abzugsfähigen Vorsteuern in Betracht. Voraussetzung dafür ist aber, dass es als erwiesen angenommen werden kann, dass dem Unternehmer entsprechende Vorsteuern im Sinne des § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 in Verbindung mit § 11 UStG 1994 in Rechnung gestellt worden sind. (Vgl. , ).

Auch wenn die Vorlage einer ordnungsgemäßen Rechnung in verfassungskonformer Auslegung und unter Beachtung des unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal des Vorsteuerabzuges sein sollte, dient sie jedenfalls als Beweis der Tatbestandsvoraussetzungen. Der Vorsteuerabzug darf demnach im Hinblick auf den Leitgedanken der Kostenneutralität der Umsatzsteuer zwar nicht an bloßen Formalfehlern der Rechnungslegung scheitern, doch muss der Steuerpflichtige die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug beweisen. Eine Beweisführung auch durch andere Beweismittel als die Rechnung wird zulässig sein, doch gehen Zweifel jedenfalls zu Lasten des Unternehmers. Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug grundsätzlich das Vorliegen einer Rechnung voraussetzt. (Ruppe/Achatz, UStG5, § 12 Rz 53 ff, , , Evita-K, Terra Baubedarf, ).

Im gegenständlichen Fall gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass der A GmbH im Zusammenhang mit den Ladenumbauten Leistungen von Seiten anderer Unternehmer erbracht und von diesen in Rechnung gestellt wurden. Der Bf selbst spricht lediglich vage davon, dass die Ladenumbauten in der Astr 2, stv T, von bosnischen oder kroatischen Unternehmern durchgeführt worden seien. Er nannte keine Namen und  legte  - trotz entsprechender Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, welcher Vorhaltscharakter zukommt - keinerlei Rechnungen, Rechnungsduplikate, Lieferscheine oder andere Nachweise vor. Wie bereits ausgeführt war, kam die A GmbH  ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach und war es im Wege der amtswegigen Ermittlungspflicht nicht möglich, Buchhaltungsunterlagen oder Aufzeichnungen zu erlangen. Es besteht somit kein Nachweis, dass der A GmbH im Zusammenhang mit dem Geschäftsfeld Ladenumbauten Rechnungen im Sinne des § 11 UStG ausgestellt wurden.

Ein Nachweis, dass der A GmbH im Zusammenhang mit den durchgeführten Ladenumbauten Vorsteuern im Sinne des § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 in Verbindung mit § 11 UStG 1994 in Rechnung gestellt wurden, ist im gegenständlichen Fall nicht erfolgt,  sodass eine Schätzung von Vorsteuern nicht in Betracht kommt.

Die auf § 248 BAO gestützte Beschwerde des Bf als Haftungspflichtigen gegen die Bescheide über die Umsatzsteuerfestsetzung für die 04/2015 bis 08/2015 betreffend die A GmbH war somit abzuweisen.

3 Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist eine Revision nicht zulässig, da die entscheidungswesentlichen Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend geklärt sind.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100484.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at