TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.09.2019, RV/7500627/2019

Parkometerabgabe; elektronische Zustellung eines Mängelbehebungsauftrages (fehlende Aktivlegitimation) durch die MA 67; verspätete Vorlage der Vollmacht, Zurückweisung des Einspruches; in der Beschwerde wird Ortsabwesenheit (Urlaub) behauptet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., Wien, vom , gegen den Bescheid der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/67/2019, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde vom bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien lastete dem Zulassungsbesitzer des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna S. unter Zugrundelegung der Anzeige eines Kontrollorganes der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung für Parkraumüberwachung mit Strafverfügung vom an, er habe das Fahrzeug am um 16:53 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1110 Wien, Platz 1 ggü, ohne gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von der Ehegattin, Bf., mit E-Mail vom Einspruch erhoben.

Die MA 67 ersuchte in der Folge Frau Bf. (Beschwerdeführerin, kurz: Bf.) mit Schreiben vom um Vorlage einer Vertretungsvollmacht und verwies auf § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wonach der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen ab Zustellung Einspruch erheben kann.

Gemäß § 10 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG könnten sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches
Erscheinen ausdrücklich gefordert werde, durch eigenberechtigte natürliche Personen,
juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen.
Bevollmächtigte hätten sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende
Vollmacht auszuweisen.

Der Bf. wurde gemäß § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG und § 24 VStG aufgetragen, den Mangel binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung des gegenständlichen Auftrages zu beheben und eine Vollmacht ihres Ehemannes beizubringen, aus welcher hervorgehe, dass sie zur Vertretung dieser Person im gegenständlichen Verfahren sowie zur Einbringung des Rechtsmittels berechtigt sei.

Da von der Bf. binnen der zweiwöchigen Frist keine Vollmacht vorgelegt wurde, wies die MA 67 den Einspruch vom gegen die Strafverfügung der MA 67 mit Bescheid vom mangels Vollmachtsvorlage zurück.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 13 Abs. 3 AVG Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung ermächtigen würden. Die Behörde habe vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und könne dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen werde. Werde der Mangel rechtzeitig behoben, so gelte das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die Bf. habe gegen die Strafverfügung vom mit Schreiben vom Einspruch erhoben. Daraufhin sei sie aufgefordert worden, binnen zweiwöchiger Frist eine Vollmacht, in der sie vom Beschuldigten ermächtigt wurde, ihn im gegenständlichen Verfahren zu vertreten, an die MA 67 zu übermitteln, widrigenfalls der Einspruch zurückgewiesen werden müsste.

Innerhalb der gewährten Frist sei keine Vollmacht nachgereicht worden. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG hätte der Einspruch daher zurückgewiesen werden müssen.

Der Bescheid wurde der Bf. am elektronisch zugestellt und von ihr am selben Tag übernommen.

Die Bf. teilte der MA 67 mit E-Mail vom mit, sie seien auf Urlaub gewesen und übermittelte eine Vollmacht ihres Gatten.

Die MA 67 legte die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Dem Ehegatten der Bf. wurde von der MA 67 mit Strafverfügung vom die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wurde wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von Bf. (= Ehegattin) mit E-Mail vom Einspruch erhoben.

Wegen fehlender Aktivlegitimation wurde die Bf. von der belangten Behörde mit Schreiben vom um Vorlage einer Vertretungsvollmacht binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert.

Die Zustellung des Schreibens erfolgte im elektronischen Weg am (Anm.: erste elektronische Verständigung).

Die Übernahme durch die Bf. erfolgte nachweislich am um 10:09:45 Uhr.

Von der Bf. wurde binnen der zweiwöchigen Frist keine Vollmacht vorgelegt.

Die MA 67 wies den Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom mit Bescheid vom mangels Vollmachtsvorlage zurück.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Das mit datierte Schreiben (Verfahrensanordnung), mit welchem die Bf. wegen fehlender Aktivlegitimation um Vorlage einer Vertretungsvollmacht binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert wurde, wurde im elektronischen Weg am (Anm.: erste elektronische Verständigung) versendet.

Die Übernahme durch die Bf. erfolgte nachweislich am um 10:09:45 Uhr.

Das Schreiben vom gilt daher der Bf. gegenüber als erlassen und entfaltet ihr gegenüber Rechtswirksamkeit (vgl ).

Die Bf. übermittelte der belangten Behörde die Vollmacht mit E-Mail vom , und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Frist.

Die belangte Behörde wertete das Schreiben als Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen.

Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 1 Zustellgesetz lautet:

Dieses Bundesgesetz regelt die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente sowie die durch sie vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden.

Eine „elektronische Zustelladresse“ ist gemäß § 2 Z 5 ZustG eine vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren angegebene elektronische Adresse.

  • Elektronische Zustellung

Der dritte Abschnitt des Zustellgesetzes regelt die „Elektronische Zustellung“.

§ 28 Abs. 1 Zustellgesetz

Soweit die für das Verfahren geltenden Vorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine elektronische Zustellung nach den Bestimmungen dieses Abschnitts vorzunehmen.

Zustellung mit Zustellnachweis durch einen Zustelldienst:

§ 35 Zustellgesetz:

(1) Der Zustelldienst hat den Empfänger unverzüglich davon zu verständigen, dass ein Dokument für ihn zur Abholung bereitliegt. Diese elektronische Verständigung ist an die dem Zustelldienst bekanntgegebene elektronische Adresse des Empfängers zu versenden. Hat der Empfänger dem Zustelldienst mehrere solcher Adressen bekanntgegeben, so ist die elektronische Verständigung an alle Adressen zu versenden; für die Berechnung der Frist gemäß Abs. 2 erster Satz ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich. Die elektronische Verständigung hat jedenfalls folgende Angaben zu enthalten:

1. das Datum der Versendung,

2. die Internetadresse, unter der das zuzustellende Dokument zur Abholung bereitliegt,

3. das Ende der Abholfrist,

4. einen Hinweis auf das Erfordernis einer Signierung bei der Abholung von Dokumenten, die mit Zustellnachweis zugestellt werden sollen, und

5. einen Hinweis auf den Zeitpunkt, mit dem die Zustellung wirksam wird.

Soweit dies erforderlich ist, hat die Bundesregierung durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Verständigungsformulare zu erlassen.

(2) Wird das Dokument nicht innerhalb von 48 Stunden abgeholt, so hat eine zweite elektronische Verständigung zu erfolgen; Abs. 1 dritter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

(3) Der Zustelldienst hat sicherzustellen, dass zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und im Falle einer Zustellung mit Zustellnachweis oder einer nachweislichen Zusendung ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) nachgewiesen haben. Zur Abholung berechtigt sind der Empfänger und, soweit dies von der Behörde nicht ausgeschlossen worden ist, eine zur Empfangnahme bevollmächtigte Person. Identifikation und Authentifizierung können auf Grund einer besonderen Vereinbarung des Empfängers mit dem Zustelldienst auch durch eine an die Verwendung sicherer Technik gebundene automatisiert ausgelöste Signatur erfolgen. Der Zustelldienst hat alle Daten über die Verständigungen gemäß Abs. 1 und 2 und die Abholung des Dokuments zu protokollieren und dem Absender unverzüglich zu übermitteln; die Gesamtheit dieser Daten bildet den Zustellnachweis.

(4) Der Zustelldienst hat das Dokument zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Wird das Dokument innerhalb dieser Frist nicht abgeholt, ist es zu löschen; andernfalls ist es nach Ablauf der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) zwei weitere Wochen bereitzuhalten und danach, wenn zwischen Empfänger und Zustelldienst nicht anderes vereinbart wurde, zu löschen.

(5) Ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument gilt spätestens mit seiner Abholung als zugestellt.

(6) Die Zustellung gilt als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung bewirkt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten. Sie gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die elektronischen Verständigungen nicht beim Empfänger eingelangt waren, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer elektronischen Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) wirksam.

(7) Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger

1. von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte oder

2. von diesen zwar Kenntnis hatte, aber während der Abholfrist von allen Abgabestellen (§ 2 Z 4) nicht bloß vorübergehend abwesend war, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das Dokument abgeholt werden könnte

(8) Wurde dieselbe elektronische Verständigung an mehrere elektronische Adressen versendet, so ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich.

(9) …

Zustellung an einer elektronischen Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde

§ 37 Zustellgesetz

(1) Zustellungen ohne Zustellnachweis können auch an einer elektronischen Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde erfolgen. Das Dokument gilt mit dem Zeitpunkt des Einlangens bzw. nach dem erstmaligen Bereithalten des Dokuments beim bzw. für den Empfänger als zugestellt. Bestehen Zweifel darüber, ob bzw. wann das Dokument beim Empfänger eingelangt ist bzw. für ihn bereitgehalten wird, hat die Behörde Tatsache und Zeitpunkt des Einlangens bzw. der Bereithaltung von Amts wegen festzustellen.

(1a) Das elektronische Kommunikationssystem der Behörde hat den Empfänger unverzüglich davon zu verständigen, dass ein Dokument für ihn zur Abholung bereitliegt. Diese elektronische Verständigung ist an die dem Kommunikationssystem der Behörde bekanntgegebene elektronische Adresse des Empfängers zu versenden. Hat der Empfänger mehrere solcher Adressen bekanntgegeben, so ist die elektronische Verständigung an alle Adressen zu versenden.

(2) Bevor eine Zustellung über das elektronische Kommunikationssystem erfolgt, hat die Behörde einen Auftrag gemäß § 34 Abs. 1 zu erteilen. Die Zustellung über das elektronische Kommunikationssystem ist unzulässig, wenn sich ergibt, dass die Voraussetzungen für die Zustellung durch einen Zustelldienst vorliegen.

(3) Das elektronische Kommunikationssystem der Behörde hat die Weiterleitung der das Dokument beschreibenden Daten sowie die elektronische Information für die technische Möglichkeit der elektronischen identifizierten und authentifizierten Abholung des Dokuments dem Anzeigemodul (§ 37b) anzubieten.

Rechtliche Würdigung:

Das Zustellgesetz (ZustellG) regelt die Zustellung der von Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente (zum Beispiel Bescheide).

  • Elektronische Zustellung

Die elektronische Zustellung erfolgt unter Zuhilfenahme eines „Elektronischen Zustelldienstes“. Die elektronische Zustellung von behördlichen Schriftstücken ist nur möglich, wenn der Adressat einen Vertrag mit einem „Elektronischen Zustelldienst“ abgeschlossen hat.

Elektronische Zustelladressen müssen anders als Abgabestellen vom Empfänger, sei es gegenüber einem elektronischen Zustelldienst, sei es im konkreten Verfahren gegenüber der Behörde, selbst benannt worden sein. Damit kommt die Freiwilligkeit der elektronischen Zustellung zum Ausdruck (Klauser/Kodek aaO § 2 ZustG Anm 7). Zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ist etwa eine einmalige – kostenfreie – Registrierung mit der Handysignatur oder der Bürgerkarte beim elektronischen Zustelldienst erforderlich, um behördliche Schriftstücke über das Internet empfangen zu können (Schumacher/Klingler aaO [574]).

Wird einer am betreffenden Verfahren als Partei zu beteiligenden Person von der Behörde der das Verfahren abschließende Bescheid auf eine im Zustellgesetz vorgesehene Weise übermittelt, so hat dies auch die Rechtswirkungen einer Zustellung ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist dies bei einer elektronischen Zustellung jener Zeitpunkt, in dem der Empfänger durch Zugriff auf das elektronisch bereitgehaltene Dokument Kenntnis davon erlangt hat (vgl. z.B. ; , ).

  • Kontrolle der elektronischen Verständigungen

Festgehalten wird, dass jeden Empfänger die dauernde Obliegenheit trifft („Kunden“ im Sinne des § 2 Z 9 ZustellG), zu kontrollieren, ob bei seiner elektronischen Adresse elektronische Verständigungen eingelangt sind, wenn er mögliche nachteilige Rechtsfolgen vermeiden will (Larcher aaO Rz 543). Der „Kunde“ hat nach § 33 Abs 2 ZustG auch Änderungen der in Abs 1 genannten Daten dem Zustelldienst unverzüglich bekannt zu geben.

  • Erklärung über die Unerreichbarkeit

Um die Akzeptanz des neuen Zustellverfahrens zu erleichtern, wird aber demjenigen, der sich gegenüber einem elektronischen Zustelldienst zur Entgegennahme elektronischer Zustellungen bereit erklärt hat, nach § 33 Abs 2 ZustG die Möglichkeit gegeben, die elektronische Zustellung durch Erklärung über die Unerreichbarkeit zeitweise auszuschließen (Lehner, Zustellung durch Zustelldienst: „E-Zustellung“ [§§ 28 ff ZustG], ÖRPfl 2016 H 1, 21, s. auch https://www.digitales.oesterreich.gv.at/elektronische-zustellung3#Die_E-Zustellung_bedeutet_ ). Es fehlt dann dieser Adresse die Eignung für die Zustellung, es kann an diese Adresse keine wirksame Zustellung erfolgen (Sander aaO § 33 ZustG Rz 10, § 35 Rz 18).

  • Wirksamkeit der Zustellung

Nach § 35 Abs 7 ZustG idgF gilt die Zustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger

1. von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte oder

2. von diesen zwar Kenntnis hatte, aber während der Abholfrist von allen Abgabestellen (§ 2 Z 4) nicht bloß vorübergehend abwesend war, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das Dokument abgeholt werden könnte.

Vor der Novellierung des § 35 ZustG durch BGBl I 2017/40 lautete der Abs 7 wie folgt:

„Sie (gemeint: die Zustellung) gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte und wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Vorgang der Zustellung der Verständigung an der Abgabestelle nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte, doch wird sie mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs 1 Z 3) wirksam“.

Den ErläutRV (1457 BlgNR XXV. GP) lässt sich zu den Gründen für die Änderung (Zu Z 13 [§ 35 Abs 6 bis 8]) Folgendes entnehmen:

Umstände, die die Kenntnis von der Verständigung im Sinn des Abs 7 verhindern können, sind zB technische Gebrechen und Ortsabwesenheiten mit mangelnder Internetverbindung. Sofern eine nicht bloß vorübergehende Abwesenheit während der Abholfrist von allen Abgabestellen im Sinne des § 2 Z 4 ZustG vorgelegen ist, soll eine Zustellung ebenfalls als nicht bewirkt gelten, selbst wenn die Person von den elektronischen Verständigungen Kenntnis hatte; die Zustellung soll aber an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam werden, an dem das Dokument abgeholt werden könnte.

Eine (vorübergehende) Abwesenheit des Empfängers von der Abgabestelle führt im Ergebnis (nur) zur Verschiebung des Tages der Wirksamkeit der Zustellung und ist vom Empfängerhorizont her mit der Zurücklassung der Hinterlegungsanzeige bei der Papierzustellung zu vergleichen. Der fingierte Zustelltag des § 89 d Abs 2 GOG entspricht funktionell dem Tag des Beginns der Abholfrist bei der Papierzustellung mit dem Unterschied, dass bei der elektronischen Zustellung der Zustellinhalt nach dem Eingang in den elektronischen Verfügungsbereich bereits „abgeholt“ werden kann (Stumvoll aaO § 1 ZustG Rz 29/1). Stumvoll (aaO § 1 ZustG Rz 24) führt zudem aus, dass dann, wenn die Judikaturlinie der Entscheidung 2 Ob 239/13f beibehalten würde, sich bei urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheiten von Privatpersonen schwer zu rechtfertigende und wohl auch dem Empfänger bisher nicht vorstellbare negative Rechtsfolgen ergeben würden, die dazu führen müssten, derzeit von der freiwilligen Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr abzuraten.

Für die Frage der Heilung von Mängeln einer im Ausland erfolgten Zustellung, auch wenn sie auf elektronischem Weg erfolgt, ist grundsätzlich § 7 Zustellgesetz maßgeblich ().

Der Oberste Gerichtshof hatte in der Entscheidung 2 Ob 239/13f (= RIS-Justiz RS0112905 [T 2]) die Anwendung des § 17 ZustG auf elektronische Zustellungen – auf Grund des Ausschlusses des gesamten 2. Abschnitts des ZustG (§§ 13 - 27) für die gerichtliche elektronische Zustellung – verneint, ebenso ein Hinausschieben der Wirkungen des Einlangens der Gerichtssendung in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers wegen der Ortsabwesenheit des Rechtsanwalts und seines Kanzleipersonals als in den maßgeblichen §§ 89 a ff GOG nicht vorgesehen. Das Einlangen des Dokuments im elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers, so der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung 3 Ob 128/18x, entspreche keineswegs nur dem Zurücklassen einer Hinterlegungsanzeige bei postalischer Zustellung. Das zuzustellende Dokument stehe dem Empfänger vielmehr bereits am Tag seines Einlangens im elektronischen Verfügungsbereich zur Verfügung.

Ist die Sendung - wie hier die Verfahrensanordnung zur Vollmachtsvorlage - in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt (wie oben am ), geht ein Hinderungsgrund für die tatsächliche Kenntnisnahme zu Lasten des Empfängers (Frauenberger-Pfeiler in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2 § 89d GOG Rz 1).

Die belangte Behörde hat den Einspruch der Bf vom gegen die Strafverfügung vom daher zu Recht wegen verspätet erfolgter Mängelbehebung zurückgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs 1 VwGG die Unzulässigkeit der Revision für die belangte Behörde gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 13 Abs. 3 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 2 Z 5 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 28 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 35 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 2 Z 10 E-GovG, E-Government-Gesetz, BGBl. I Nr. 10/2004
§ 37 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 33 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§§ 28 ff ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 33 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 35 Abs. 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 2 Z 4 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 89d Abs. 2 GOG, Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896
§ 10 Abs. 1 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 37 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500627.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at