Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens - Vorliegen neuer Tatsachen?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache VornameBf NachnameBf, Straße1, PLZ Ort1, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 BAO betreffend Einkommensteuer 2007, 2008, 2009 und 2010 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I Darstellung des Verfahrens
1. Vorverfahren zu diesem Verfahren:
Mit Datum vom (Eingangsdatum ) brachte der damalige steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers den Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2010 ein.
Mit folgender Begründung:
Ich habe die steuerliche Vertretung meines o.a. Klienten am übernommen. Bei Durchsicht der Belege bzw. Verträge und nach Besprechung mit meinem Klienten ist folgendes festzuhalten:
Im Juni 2007 hat mein Klient sein ererbtes Gebäude in PLZ2 Ort2, Straße2 in Form eines Mietvertrages und diesem Vertrag beigefügt eines Kaufvertrages (s. Beilage) an Frau Nachname1 Vorname1, geb. Datum1 überantwortet.
Zwischen den Vertragsparteien war ein Kaufpreis von € 160.000,-- mündlich vereinbart und es wurden nun, da offenbar die sofortige Begleichung dieses Kaufpreises seitens der Käuferin nicht möglich war, ein "Mietvertrag" von € 12.000,-- p.a. auf 5 Jahre abgeschlossen. Nach Ablauf dieser Zeit erwirbt Frau Nachname1 das Objekt um € 100.000,--, worüber bereits 2007 ein Kaufvertrag errichtet wurde. Das Bestandsrecht für Frau Nachname1 wurde sogar grundbücherlich eingetragen (s. Beilage).
Es liegt hier also eindeutig keine Miete vor, sondern ein Kauf auf Raten mit Teilzahlungen von € 12.000,-- p.a. für 5 Jahre. Leider wurde die Vereinbarung als "Mietvertrag" abgeschlossen, obwohl tatsächlich keine Miete geflossen ist, sondern der Kaufpreis in der eben beschriebenen Art und Weise in Teilbeträgen finanziert wurde.
Dem damaligen Steuerberater wurden nur die jährlichen Zahlen durchgegeben. Diese wurden dann als solche aus V+V erklärt, obwohl eigentlich keine Vermietung vorlag.
Nun ist es aber in wirtschaftlicher Betrachtungsweise völlig unerheblich, in welchen Formalakt ein Steuertatbestand verpackt ist; tatsächlich liegt hier keine Miete vor und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wären seit 2007 nicht anzusetzen gewesen.
Im Sinne der Bestimmungen des § 303 BAO sowie der Bestimmung des § 299 BAO, worin die Richtigkeiten eines Bescheides vor dessen Rechtskraft geht, ersuche ich daher um folgendes:
...
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung € 0,00,-- (2007 bis 2010)
...
Abschließend möchte ich noch auf einige Textstellen des sogenannten "Mietvertrages" hinweisen, die den Willen der Parteien unterstreichen, eigentlich einen Teilzahlungs-Vertrag abgeschlossen zu haben:
— Das Bestandsverhältnis wurde grundbücherlich einverleibt
— Betriebskosten sofort und zur Gänze vom Mieter
— Wertsicherung erst ab dem 6. Jahr! Dann greift erst der Kaufvertrag
— Abschluss einer Elementarversicherung vom Mieter
— Untervermietung ist gestattet
— Kaufoption gem. Pkt. XVI dieses Vertrages; insbesondere "... sofern der Mieter 60 Mieten zu je € 1.000,-- zzgl. 10% USt bezahlt hat."
Das Kaufoptionsrecht ist auf Seiten des Mieters vererblich.
Der Vermieter darf nach 5 Jahren das Objekt nicht mehr veräußern.
— Der Kaufvertrag wurde bereits zum Zeitpunkt des "Mietvertrages" als Beilage dieses Vertrages unterzeichnet.
Im Sinne der o.a. Argumente ersuche ich daher um Neuausstellung der Einkommensteuerbescheide 2007 - 2010.
Als Beilagen wurden ein Schreiben und ein Beschluss des Bezirksgerichts Neunkirchen betreffend Einverleibung des Bestandsrechtes, sowie der Mietvertrag mit Kaufvertrag als Anlage (aus dem Jahr 2007) übermittelt.
Dem Mietvertrag ist u.a. Folgendes zu entnehmen:
"...
Der Vermieter vermietet die Liegenschalft ... samt dem darauf errichteten Gebäude, samt sämtlichen darin befindlichen Möbel und Inventargegenständen ...
Das Mietverhältnis beginnt am und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Es kann von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Kalendermonates mittels eingeschriebenen Briefes aufgekündigt werden.
Der Vermieter verzichtet jedoch auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes für die Dauer von fünf Jahren.
...
Der vereinbarte, von beiden Vertragsteilen als angemessen erachtete Mietzins für das Bestandobjekt beträgt monatlich € 1.000,-- netto, zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer von 10% € 100,-- (€ 1.100,--).
...
Der Mieter verpflichtet sich, zusätzlich zum obgenannten Mietzins sämtliche auf das Bestandobjekt entfallenden Betriebskosten zu bezahlen.
...
Der Mieter leistet dem Vermieter keine monatliche Anzahlung auf die Betriebskosten, da sämtliche Betriebskosten (Hausbesitzabgaben, Wasser, Rauchfangkehrer, Versicherung, Gas, Strom usw.) sofort vom Mieter zu bezahlen sind. Bestehende Verträge des Vermieters müssen mit Vertragsabschluss vom Mieter auf seinen Namen umgemeldet werden.
...
Als Anlage 1 war dem Mietvertrag ein Kaufvertrag angeschlossen, der eine Kaufabrede betreffend das vermietete Grundstück zu einem Kaufpreis von € 100.000,-- enthielt, wobei die Übergabe frühestens mit Ausbezahlung des gesamten Kaufpreises an den Verkäufer erfolgen konnte.
Am richtete das Finanzamt einen Mängelbehebungsauftrag an den Beschwerdeführer (in der Folge mit Bf. abgekürzt) mit folgendem Inhalt:
...
Fehlen eines Inhaltserfordernisses gemäß § 303a BAO:
In Ihrem Antrag auf Wiederaufnahme fehlen die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages als auch die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren notwendig sind.
Sie werden nun ersucht, dem Finanzamt mitzuteilen betreffend welcher Bescheide Sie einen Wiederaufnahmeantrag stellen und wann Sie nachweislich Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund erlangt und warum Sie im abgeschlossenen Verfahren den urgierten Punkt nicht geltend gemacht haben.
Zur Mängelbehebung wurde bis zum Frist gewährt.
Mit Schreiben vom beantwortete der steuerliche Vertreter des Bf. den Mängelbehebungsauftrag.
Neben Ausführungen, die die Anregung für eine amtwegige Wiederaufnahme betrafen, verwies er nochmals auf sein Schreiben vom .
Außerdem teilte er mit: "Als Ergänzung sei jedoch jetzt bemerkt, dass der Liegenschaftsverkauf unmittelbar bevorsteht, weil die im Grundbuch durch ein Pfandrecht besicherte Bank ("Bank") jetzt doch einem Verkauf zustimmt. Damit wird dann der Verkauf auf Raten dieser Liegenschaft endgültig abgeschlossen.
...
Sobald der Kaufvertrag unterzeichnet ist, soll ihm dieser vorgelegt werden, um die Sache abschließen zu können."
...
Am richtete der steuerliche Vetreter ein E-Mail an Name1 (Finanzamt) mit Betreff "Ergänzung zum Wiederaufnahmeantrag vom " und folgendem Inhalt:
Bezugnehmend auf meinen Brief vom und vor allem auf mein Schreiben vom finden Sie in der Anlage den kürzlich unterzeichneten Kaufvertrag meines Klienten.
Ich habe in meinem Schreiben vom auf die amtswegige Wiederaufnahme auf Anregung verwiesen und dies auch entsprechend begründet. Der Kaufvertrag hat zur Vollständigkeit der Aktenlage noch gefehlt; liegt aber jetzt vor.
Ich habe heute den Schriftenverfasser Name2 veranlasst, die ImmoESt für diesen Vertrag zu entrichten mit dem Hinweis, dass diese Steuer im Falle der Wiederaufnahme des Verfahrens bei der Steuererklärung 2013 meines Klienten wieder rückgefordert wird.
Im Sinne meiner beider Eingaben ersuche ich daher nochmals, das Verfahren Einkommensteuer 2007 bis 2010 wieder aufzunehmen und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in diesen Jahren auf NULL zu stellen."
Der Kaufvertrag (Datum der Unterfertigung (Verkäufer) bzw. (Käuferin) wurde als Anhang zur E-Mail übersendet.
In diesem Kaufvertrag (Datum der Unterfertigung (Verkäufer) bzw. (Käuferin) wurde die betreffende Liegenschaft zu einem Kaufpreis von € 100.000,00 - verkauft. An der Kaufabrede und der Höhe des Kaufpreises hat sich hinsichtlich des als Anlage zum Mietvertrag angeschlossenen Kaufvertrag aus dem Jahr 2007 nichts geändert.
Der Antrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen mit folgender Begründung:
Am wurde zwischen den Vertragsparteien ein Mietvertrag abgeschlossen. Dieser wurde beim Finanzamt für Gebühren als Bestandvertrag angezeigt und ordnungsgemäß vergebührt. Dieser Vertrag enthält auch die Einverleibung des Bestandrechtes im Grundbuch (Pkt. XIV) und eine Kaufoption (Pkt. XVI). In weiterer Folge wurden die erhaltenen Zahlungen für die Jahre 2007 bis 2010 als Einkünfte aus Vermietung erklärt und versteuert. Am wurde mit Kaufvertrag das Eigentum an die bisherige Mieterin übertragen.
Es lag somit im gegenständlichen Fall für den Zeitraum Juni 2007 bis Juni 2013 eindeutig ein Mietverhältnis vor.
Die dagegen mit Eingangsdatum vom erhobene Berufung hatte folgenden Inhalt:
Es wird begehrt, meinem Antrag auf Wiederaufnahme vom bzw. meinem Mängelbehebungsbrief vom , in dem eine Wiederaufnahme angeregt wurde Folge zu leisten.
Begründung: In meiner Eingabe vom (sh. Beilage) wurden ausführlich Gründe dargelegt, warum es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine Miete, sondern um eine Teil-Ratenzahlung des im Jahr 2007 "vermieteten" Gebäudes in PLZ2 Ort2, Straße2 handelt.
Bereits bei Abschluss des "Mietvertrages" wurde ein Kaufvertrag vereinbart und die Preise festgesetzt. Die Miete 2007 bis 2011 wurde in Pkt. XVI des Mietvertrages auf den mündlich vereinbarten Kaufpreis von € 160.000,-- angerechnet und letztendlich der Kaufpreis von € 100.000,-- fixiert. Die damalige Mieterin war nicht in der Lage, im Jahr 2007 den Kaufpreis von € 160.000,-- zu bezahlen und so wurde in weiterer Folge die Anrechnung der statt dem sofortigen Kauf vereinbarten "Miete" festgeschrieben.
Laut einer Telefonnotiz vom 10.00 Uhr war auch Herr Name1 der Ansicht, dass hier offensichtlich ein Ratenkauf und nicht eine Mietvereinbarung vorliegt. Umso überraschender war die knappe Begründung des angefochtenen Bescheides, in der mit keinem Wort auf den Sachverhalt eingegangen wird und lediglich die formalen Fakten aufgelistet werden, die ja ohnedies bekannt sind.
Am wurde ein Mängelbehebungsantrag geschickt, der am ausführlich beantwortet wurde und in diesem Brief wurde auch vom Antrag auf Wiederaufnahme abgegangen und statt dessen die Eingabe vom als Anregung zur amtswegigen Wiederaufnahme dargestellt und auch entsprechend begründet. Daher wäre auch die Abweisung auf einen Antrag gem. § 303 Abs. 1 BAO gar nicht möglich, weil ein solcher Antrag nicht vorliegt. Auch darauf wurde in der Bescheidbegründung nicht eingegangen.
In der Beilage werden alle Schriftstücke in dieser Angelegenheit nochmals angeführt, um ein Gesamtbild der Situation zu ermöglichen.
Als Beilagen wurden vorgelegt:
Antrag auf Wiederaufnahme mit Mietvertrag sowie Kaufvertrag aus 2007
Mängelbehebungsauftrag mit Antwort
Mail vom mit Vorlage des Kaufvertrags vom
Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Die Beschwerde (vormalige Bezeichnung Berufung) wurde mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom zurückgezogen und mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom als gegenstandslos erklärt.
Der Beschluss des BFG betreffend Gegenstandsloserklärung wurde am zugestellt (mit RSb).
2. Darstellung des nunmehrigen Verfahrens
Mit Datum wurde ein weiterer "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO Einkommensteuer 2007, 2008, 2009, 2010" gestellt.
In diesem Antrag wurde u.a. ausgeführt:
Bereits am wurde vom mir ein Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 ESt 2007 - 2010 gestellt. Dieser Antrag wurde abgelehnt; gegen die Ablehnung wurde berufen und diese Berufung heute zurückgezogen.
"Aufgrund der geänderten Rechtslage bei den Fristen des § 303 BAO wird dieser Antrag neuerlich gestellt. Der Text des Antrags entspricht jenem meines Schreibens vom wie folgt:"
... (auf den Inhalt des Schreibens vom wird verwiesen) ...
"Am wurde mit Kaufvertrag das Eigentum an die bisherige Mieterin übertragen.
Es lag somit im gegenständlichen Fall für den Zeitraum Juni 2007 bis Juni 2013 eindeutig ein Mietverhältnis vor."
Der Antrag vom auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2010 wurde vom Finanzamt mit Bescheiden vom abgewiesen.
Mit folgender Begründung:
Am wurde zwischen den Vertragsparteien ein Mietvertrag abgeschlossen. Dieser wurde beim Finanzamt für Gebühren als Bestandsvertrag angezeigt und ordnungsgemäß vergebührt.
Dieser Vertrag enthält auch die Einverleibung des Bestandsrechtes im Grundbuch (Pkt. XIV) und eine Kaufoption (Pkt. XVI).
In weiterer Folge wurden die erhaltenen Zahlungen für die Jahre 2007 bis 2010 als Einkünfte aus Vermietung erklärt und versteuert.
Am wurde mit Kaufvertrag das Eigentum an die bisherige Mieterin übertragen.
Es lag somit im gegenständlichen Fall für den Zeitraum Juni 2007 bis Juni 2013 eindeutig ein Mietverältnis vor.
Dagegen wurde Beschwerde erhoben (nach Weiterleitung durch das BFG eingelangt beim Finanzamt am ) mit dem Begehren, dem Antrag auf Wiederaufnahme vom der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2010 stattzugeben.
In der Begründung wurde auf den Antrag verwiesen.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab:
Die BVE wurde folgendermaßen begründet:
Zwischen den Vertragsparteien wurde am ein Mietvertrag abgeschlossen. Dieser wurde beim Finanzamt für Gebühren als Bestandsvertrag angezeigt und ordnungsgemäß vergebührt. Dieser Vertrag enthält auch die Einverleibung des Bestandsrechtes im Grundbuch und eine Kaufoption.
Die erhaltenen Zahlungen für die Jahre 2007 bis 2010 wurden als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt und versteuert.
Mit dem Kaufvertrag vom wurde das Eigentum an die bisherige Mieterin übertragen.
Somit lag nach den Sachverhalt für den Zeitraum Juni 2007 bis Juni 2013 eindeutig ein Mietverhältnis vor.
Für eine Wiederaufnahme des Verfahren in Sinne des § 303 (1) BAO liegen demnach keine Gründe vor und Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die beschwerdeführende Partei stellte hierauf den Antrag auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht (nach Weiterleitung durch das BFG eingelangt bei der Abgabenbehörde am ).
In der Begründung wurde auf den Wiederaufnahmeantrag vom , auf die entsprechenden Verträge und auf die Eingaben vom sowie vom verwiesen.
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor.
In der Begründung wurde ausgeführt:
Nach Meinung des FA X handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag eindeutig um einen Bestandsvertrag und keinen Ratenkauf. Deshalb wurden die Einkünfte auch zu Recht als Mieteinnahmen erklärt und versteuert. Es liegen somit keine neu hervorgekommenen Tatsachen vor die zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens führen können. Es wird daher beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Das BFG legt der Entscheidung den folgenden - nicht strittigen - Sachverhalt zu Grunde, der sich aus dem Inhalt der Verwaltungsakten und dem Vorbringen der Parteien im Verfahren ergibt:
Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seines (ererbten) Gebäudes in PLZ2 Ort2, Straße2, im Juni 2007 mit Frau Nachname1 Vorname1, geb. Datum1, einen Mietvertrag und diesem Vertrag beigefügt einen Kaufvertrag (auf den Inhalt der Verträge wird verwiesen) abgeschlossen.
Die aufgrund des Mietvertrages in den Jahren 2007 bis 2010 zugeflossenen Einnahmen wurden in den Einkommensteuererklärungen für diese Jahre - die vor Abschluss der betreffenden Verfahren betreffend Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 elektronisch eingebracht wurden - als Einnahmen (nach Abzug von Werbungskosten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) erklärt.
Der Bf. kannte zum Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen Verfahren betreffend Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 somit den Inhalt der Verträge und wusste vom Zufließen der diesbezüglichen Einnahmen.
In dem im Jahr 2013 (das heißt, nach Ergehen der Bescheide betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2010) abgeschlossenen Kaufvertrag (Datum der Unterfertigung (Verkäufer) bzw. (Käuferin) wurde die betreffende Liegenschaft zu einem Kaufpreis von € 100.000,00 - verkauft. An der Kaufabrede und der Höhe des Kaufpreises hat sich hinsichtlich des als Anlage zum Mietvertrag angeschlossenen Kaufvertrag aus dem Jahr 2007 im Übrigen nichts geändert.
III Rechtslage und Erwägungen:
§ 303 BAO (Bundesabgabenordnung) ist zu entnehmen:
(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
…
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
…
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.
...
§ 323 Abs. 37 BAO legt fest:
Die §§ ... 303, 304 ...., jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 14/2013, treten mit in Kraft und sind, soweit sie Beschwerden betreffen, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden. ...
Die zitierte Neufassung des § 303 ist mit in Kraft getreten (nach § 323 Abs. 37).
§ 303 ist eine Verfahrensbestimmung. Sie gilt daher ab Inkrafttreten auch für die Wiederaufnahme vor ihrem Inkrafttreten mit Bescheid abgeschlossener Verfahren.
Die Neufassung des § 303 durch das FVwGG 2012 hat die für Wiederaufnahmen auf Antrag maßgebliche Rechtslage derart geändert, dass die Rechtskraft von Wiederaufnahmsanträgen abweisenden oder zurückweisenden Bescheiden der neuerlichen Antragstellung (ab ); gestützt auf die neue Rechtslage, nicht entgegensteht (keine Zurückweisung wegen entschiedener Sache als Folge der Änderung der Rechtslage). Siehe Ritz, Taxlex 2014, 434 (aus Ritz, BAO6, § 303 Tz. 13).
Zur Anregung der amtswegigen Wiederaufnahme wird Folgendes festgestellt:
Soweit die beschwerdeführende Partei eine amtswegige Wiederaufnahme anregt, ist ihr zu entgegnen, dass die Bewilligung der Wiederaufnahme auf Antrag in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde fällt. Ein Anspruch der Partei auf eine amtswegige Wiederaufnahme besteht nicht.
Zur beantragten Wiederaufnahme im Einzelnen:
Bei der Wiederaufnahme des Verfahrens ist zwischen der Rechtsfrage, ob der Tatbestand eines Wiederaufnahmegrundes gegeben ist, und der Frage der Durchführung der Wiederaufnahme , die im Ermessen der Behörde liegt, zu unterscheiden (seit liegt auch die Bewilligung der beantragten Wiederaufnahme im Ermessen).
Beim so genannten Neuerungstatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. b BAO) bedeutet dies, dass Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sein müssen und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Erst dann, wenn die Rechtsfrage dahingehend geklärt ist, dass ein Wiederaufnahmegrund tatsächlich gegeben ist, hat die Abgabenbehörde in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens zu entscheiden, ob die Wiederaufnahme durchgeführt wird.
Der Wiederaufnahmswerber ist behauptungs- und beweispflichtig (vgl zB ; , 2006/13/0146; , 2010/15/0144) für das Vorliegen des Wiederaufnahmsgrundes.
Antragsbefugt ist die Partei. Der Parteibegriff des § 303 ist jener des § 78 ().
§ 78 BAO besagt:
(1) Partei im Abgabenverfahren ist der Abgabepflichtige (§ 77), im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag (§ 264) gestellt hat.
...
Zur Frage, ob bei der Wiederaufnahme auf Antrag in der Fassung des FVwGG 2012 das Neuhervorkommen der Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers oder aus der Sicht des Finanzamtes zu beurteilen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. in , festgestellt:
Mit dem FVwGG 2012 erfolgte eine Harmonisierung der Wiederaufnahme von Amts wegen mit jener auf Antrag (vgl. auch diesbezüglich die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 2007 BlgNR 24. GP 22). Nicht geändert wurde aber insbesondere, dass der Wiederaufnahmeantrag u.a. die Bezeichnung der Umstände, auf die der Antrag gestützt wird, zu enthalten hat (§ 303a lit. b BAO idF vor FVwGG 2012; § 303 Abs. 2 lit. b BAO idF FVwGG 2012).
Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl. ).
Ein Antrag auf Wiederaufnahme hat sohin - bei Geltendmachung neu hervorgekommener Tatsachen - insbesondere die Behauptung zu enthalten, dass Tatsachen oder Beweismittel "neu hervorgekommen sind". Damit setzt aber diese Bestimmung voraus, dass diese Tatsachen im Zeitpunkt der Antragstellung bereits bekannt geworden sind. Aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 2 lit. b BAO ist somit abzuleiten, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen ist. Gleiches gilt spiegelbildlich für die Wiederaufnahme von Amts wegen, bei der die - für die Behörde - neu hervorgekommenen Tatsachen im Wiederaufnahmebescheid anzuführen sind.
Dazu auch Ritz, BAO6, § 303 Tz 47
Nach Fischerlehner (Abgabenverfahren2, § 303 ... ) bilden Umstände, die der Partei (§ 78) bekannt waren, keinen tauglichen Wiederaufnahmsgrund für eine Wiederaufnahme auf Antrag der Partei.
...
Nach , ist die Rechtsfrage zur Bedeutung des Kenntnisstandes der Parteien im Erk vom , 2014/15/0058, bereits beantwortet, sodass keine grundsätzlliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG mehr vorliegt.
Dazu auch Renner in SWK 22/2019, 950, Wissensstand bei Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens:
"Der aktuellen einschlägigen Judikatur und Literatur (zB , bzw. (bestätigend ); ; Fischerlehner, Die Wiederaufnahme im Abgabenverfahren, in Holoubek/Lang, Korrektur fehlerhafter Entscheidungen (2017) 72) kann zusammengefasst entnommen werden, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers und nicht aus der Sicht der Abgabenbehörde zu beurteilen sei."
Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im abgeschlossenen Verfahren bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind ( mit Hinweis auf Ritz, BAO5, § 303 Tz 24, Tz 30).
Zum Begriff der Tatsachen ist dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes , zu entnehmen:
Tatsachen im Sinne des § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtllichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung gewonnen werden - sind keine derartigen Tatsachen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 91/13/0224, und vom , 96/15/0148).
Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies Folgendes:
Der Beschwerdeführer macht als Grund für die Wiederaufnahme geltend, dass die dem Beschwerdeführer aufgrund des von ihm am abgeschlossenen Mietvertrages in den Jahren 2007 bis 2010 zugeflossenen Beträge steuerrechtlich nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen gewesen wären, da der Mietvertrag, dem als Anlage I ein Kaufvertrag angeschlossen war, in Wahrheit nicht als Mietvertrag zu qualifizieren gewesen sei, sondern als Kaufvertrag mit Bezahlung des Kaufpreises in Raten. Der endgültige Abschluss des Kaufvertrages sei am erfolgt.
Dazu Folgendes:
Die Einkommensbescheide wurden zu folgenden Zeitpunkten erlassen:
– Einkommensteuerbescheid 2007 am
– Einkommensteuerbescheid 2008 am
– Einkommensteuerbescheid 2009 am
– Einkommensteuerbescheid 2010 am .
Aufgrund des vom Beschwerdeführer am abgeschlossenen Mietvertrages sind ihm in den Jahren 2007 bis 2010 Einnahmen zugeflossen.
Diese zugeflossenen Beträge wurden (vor Abzug von AfA und Werbungskosten) in den Jahren 2007 bis 2010 vor Abschluss der betreffenden Einkommensteuerbescheidverfahren als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erklärt.
Der Inhalt der Verträge, der Zufluss und die Höhe der Beträge waren dem Bf. somit vor Abschluss der betreffenden Verfahren betreffend Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2010 bekannt.
Der im Jahr 2013 (das heißt, nach Ergehen der Bescheide betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2010) abgeschlossene Kaufvertrag, der hinsichtlich Kaufabrede und Höhe des Kaufpreises im Vergleich zu dem als Anlage zum Mietvertrag angeschlossenen Kaufvertrag aus dem Jahr 2007 im Übrigen keine Änderung erfahren hat, kann nicht das Vorhandensein neuer Tatsachen im Sinne des § 303 BAO begründen.
Dies wurde auch vom Bf. nicht vorgebracht.
Das Vorbringen des Bf. in seinem Antrag auf Wiederaufnahme beinhaltet nicht die Darlegung von neu hervorgekommenen Tatsachen, sondern wird eine andere rechtliche Beurteilung des ihm vor Abschluss der betreffenden Einkommensteuerbescheidverfahren bekannten, unverändert gebliebenen Sachverhaltes begehrt.
Da das Vorliegen von neuen Tatsachen im Beschwerdefall somit nicht gegeben ist, konnten eine Überprüfung im Hinblick darauf, ob ein anders lautender Bescheid ergehen hätte müssen, und Ausführungen im Hinblick auf Ermessen unterbleiben.
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2010 war daher abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird ( Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des Art 133 Abs. 4 B-VG nicht gegeben sind.
Auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die einheitlich ist, und von der in diesem Erkenntnis nicht abgewichen wurde, wird verwiesen.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100570.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at