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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2019, RV/5100011/2017

Festsetzung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch V, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Zwangsstrafe mit 500,00 € festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf) zu Handen ihrer ausgewiesenen steuerlichen Vertretung ersucht, die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2013, die am zugesandt worden war, bis nachzuholen. Sie wurde darauf hingewiesen, dass die Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung zum Zeitpunkt der Ausfertigung dieses Bescheides bereits abgelaufen sei und diese Frist durch den oben genannten Termin nicht verlängert werde.

Nachdem die Bf auf diese Aufforderung nicht reagiert hatte, wurde sie mit Bescheid vom abermals an die Erklärungsabgabe erinnert und - unter Androhung einer Zwangsstrafe von 1.000,00 € - ersucht, diese bis nachzuholen.

Mit Bescheid vom wurde die Bf abermals an die Erklärungsabgabe erinnert und ihr - unter Androhung einer Zwangsstrafe von 3.000,00 € - eine neuerliche Frist bis gesetzt.

Sämtliche Bescheide wurden der damaligen steuerlichen Vertretung der Bf, der sie Zustellvollmacht erteilt hatte, zugestellt.

Einen am eingelangten Fristverlängerungsantrag der steuerlichen Vertretung bis , der damit begründet wurde, dass noch Unterlagen (diverse Behörden, Banken) zu besorgen seien, wies das Finanzamt mit Bescheid vom ab. Es verwies aber darauf, dass die Abgabenerklärung als fristgerecht eingebracht gelte, wenn diese bis eingereicht werde.

Eine (weitere) Fristverlängerung könne nicht ausgesprochen werden, um den kontinuierlichen Fortgang der Veranlagung zu gewährleisten.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2013 die angedrohte Zwangsstrafe von 1.000,00 € fest. Gleichzeitig erging die neuerliche Aufforderung, die Einkommensteuererklärung bis abzugeben.

Sowohl die Einkommensteuererklärung 2013 als auch die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe wurden am beim Finanzamt eingebracht.

In der Beschwerde brachte die Bf durch ihre steuerliche Vertretung vor, dass die Erstellung der Steuererklärungen für das Jahr 2013 bei der E KG (vormals EF KG) lange nicht möglich gewesen sei. Darüber hinaus habe es einen Steuerberaterwechsel gegeben, wobei der bisherige Steuerberater (C Steuerberatungs GmbH) dem neuen Steuerberater (D GmbH Steuerberatungsgesellschaft) lange Zeit die für die Erstellung der Steuererklärungen erforderlichen Unterlagen nicht übermittelt habe.

Der Jahresabschluss der E KG (vormals EF KG) für das Jahr 2013 sei jedoch auf Grund der Beteiligung der Bf als Kommanditistin für die Einkommensteuererklärung 2013 unerlässlich.

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe sei dann rechtswidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglich oder unzumutbar sei, was im konkreten Fall gegeben sei, zumal konkret der Grundsatz der Richtigkeit Vorrang habe.

Darüber hinaus sei die verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 zu Lasten der Bf erfolgt, da bei der Einkommensteuerberechnung ein erhebliches Steuerguthaben ermittelt worden sei.

Es werde daher beantragt, den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe von 1.000,00 € ersatzlos aufzuheben.

Für den Fall der Nichtstattgabe der Beschwerde und Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht werde die Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt (§ 272 Abs. 1 BAO). Gemäß § 274 BAO werde weiters die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Nach dem Steuerberaterwechsel sei am eine automatische Erinnerung mit Nachfrist zugesandt worden. Mit Androhung einer Zwangsstrafe von 1.000,00 € sei eine weitere Frist gesetzt worden. Auch nach einer weiteren Zwangsstrafenandrohung von 3.000,00 € sei keine Erklärung eingereicht worden.

Weiters sei eine Fristverlängerung gewährt worden. Innerhalb der beantragten Frist seien jedoch keine Unterlagen eingelangt. Erst nach Festsetzung der Zwangsstrafe am sei mit Übermittlung der Beschwerde auch die Steuererklärung am elektronisch eingereicht worden.

Der Steuerberaterwechsel sei zum Zeitpunkt der letzten Frist () bereits beinahe vier Monate zurückgelegen. Nach Überschreitung der selbst gewählten Frist seien weder Unterlagen noch ein weiteres Verlängerungsansuchen eingebracht worden. Außerdem sei bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe zwei Monate zugewartet worden.

Die Änderung der Gesellschaftsverhältnisse stelle keinen Grund zur Nichtabgabe dar, da in der Beilage zur Erklärung angegeben werden könne, dass der Betrag noch unbekannt sei. Von einer unmöglichen oder unzumutbaren Übermittlung könne daher nicht gesprochen werden.

Die Beschwerde sei aus den genannten Gründen daher abzuweisen gewesen.

Im Vorlageantrag vom wurde im Wesentlichen eingewendet, dass mit Bescheid vom eine Fristverlängerung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung bis gewährt worden sei. Es sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass weitere Fristverlängerungen nicht ausgesprochen werden würden.

Auf die möglichen Rechtsfolgen (§ 51 Abs. 1 lit. a FinStrG) bei Beantragung einer Fristverlängerung trotz Hinweises im gegenständlichen Bescheid werde verwiesen.

Zwischen den Steuerberatern, die sich als Streitteile bei Gericht gegenüber gestanden seien, sei es erst im Oktober 2015 zu Vergleichsgesprächen gekommen, die letztendlich zum Abschluss eines Vergleiches geführt hätten.

Der gewillkürte Bevollmächtigte (§ 83 BAO) sei ermächtigt, aber gegenüber der Abgabenbehörde nicht verpflichtet, die den Vertretenen treffenden Verpflichtungen zu erfüllen. Dem Vertretenen obliege die Verpflichtung, seinen Vertreter in solchen Abständen zu überwachen, die ausschließen würden, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten verborgen blieben.

Das Verschulden des Vertreters sei dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (; ).

Mangels Übermittlung von Unterlagen, die zur Abgabe einer Steuererklärung unerlässlich seien, könne den Abgabepflichtigen wie dessen Vertreter kein Verschulden treffen. Über die Weigerung der Übergabe von Unterlagen sei das Finanzamt vollinhaltlich informiert gewesen.

Eine Zwangsstrafe dürfe nicht verhängt werden, wenn die Leistung von der Partei aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden könne ().

Bei der Ermessensübung sei auch der Grad des Verschuldens der Partei zu berücksichtigen, was im konkreten Fall nicht passiert sei (-F/03; ).

Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass die Befugnis der Abgabenbehörde, die Bemessungsgrundlage zu schätzen, wenn Abgabenerklärungen nicht abgegeben würden, zur Erreichung der Verfahrensziele in den Jahren 2014 und 2015 unberührt geblieben seien.

Auf die entsprechenden Anträge in der Beschwerde werde verwiesen. Im Rechtsmittelverfahren würden weitere Beweisanträge ausdrücklich vorbehalten.

Mit Schreiben vom ersuchte die Richterin die Bf, zu nachstehenden Feststellungen Stellung zu nehmen:

"Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer dazu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen sind zu begründen. Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden.

Im vorliegenden Fall erschöpfte sich das Ausfüllen Ihrer Einkommensteuererklärung 2013 im Ansatz einer Beteiligung an der Fa. E KG und der Eintragung von Sonderausgaben.

Besteht im Zeitpunkt der geforderten Einreichung einer Abgabenerklärung noch keine endgültige Erkenntnis über einen bestimmten Sachverhalt, so sind die dafür maßgeblichen Gründe gegenüber dem Finanzamt offen zu legen, wodurch die Veranlagungstätigkeit nicht behindert und der Erklärungspflicht entsprochen wird.

Ein Zuwarten bis zur Veranlagung der E KG war nicht geboten.

§ 295 Abs. 1 BAO bietet in einem solchen Fall die gesetzliche Grundlage zur Anpassung des Abgabenbescheides an einen nachträglichen Feststellungsbescheid (im vorliegenden Fall zur Anpassung Ihres Einkommensteuerbescheides an den Feststellungsbescheid der Fa. E KG).

Welche konkreten anderen "unerlässlichen Unterlagen" mit Ausnahme der Höhe der Beteiligung an der E KG gefehlt und die Einreichung der Einkommensteuererklärung unmöglich gemacht hätten, wurde bisher weder im Detail vorgebracht noch nachgewiesen.

Nach der Aktenlage war die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 weder unmöglich noch unzumutbar und wurde diese bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe nicht eingereicht, weshalb die Verhängung der Zwangsstrafe dem Grunde nach zu Recht erfolgte.

Im Rahmen des Ermessens kann auf den Grad des Verschuldens, das bisherige Verhalten, die Höhe des Abgabenanspruchs, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei oder den Umfang des Verfahrens Bedacht genommen werden.

Die Bestellung eines bevollmächtigten Vertreters schließt nicht aus, dass bei Versäumnissen des Vertreters die Zwangsstrafe unmittelbar gegenüber der Partei (gegenüber der bzw. dem Vertretenen) angedroht und festgesetzt wird, zumal die Partei für Versäumnisse und für das Verschulden ihres Vertreters einzustehen hat.

Im Hinblick auf die Höhe der festgesetzten Zwangsstrafe war zu Ihren Lasten zu bedenken, dass die beharrliche Säumnis Ihrer steuerlichen Vertretung bei Einreichung der Abgabenerklärung zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führte. Dazu kam, dass die Einkommensteuererklärung verhältnismäßig einfach auszufüllen war und an das Verhalten der steuerlichen Vertretung als rechtskundiger Verfahrenspartei hinsichtlich des Verschuldens ein strengerer Maßstab anzulegen war als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an behördlichen oder gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen.

Erschwerend war neben dem langen Zeitraum der Säumnis von mehr als sieben Monaten auch der Umstand zu werten, dass nach Festsetzung der Zwangsstrafe ein weiterer Monat bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verstrich. Darüber hinaus wurde die im Fristverlängerungsantrag vom selbst vorgeschlagene Frist bis nicht eingehalten.

Zu Ihren Gunsten war dagegen zu berücksichtigen, dass auf Ihrem Abgabenkonto weder vor noch nach der gegenständlichen Festsetzung der Zwangsstrafe weitere Zwangsstrafenfestsetzungen erfolgten, Ihr sonstiges steuerliches Verhalten daher keinen Anlass zu Beanstandungen bot.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug laut Einkommensteuerbescheid 20.766,54 €. Wegen bereits geleisteter Vorauszahlungen ergab sich eine Abgabengutschrift von 2.674,00 €.

Zwar erscheint die Zwangsstrafe von 1.000,00 € in absoluter Höhe (nämlich 20 % der maximal zulässigen Höhe von 5.000,00 €) angemessen, in Relation zu Ihren Einkünften jedoch als zu hoch bemessen.

Insgesamt würde daher nach Meinung der Richterin - vorbehaltlich der Meinung des Senates - nach Abwägung der angeführten, das Ermessen beeinflussenden Umstände nichts gegen eine Reduzierung der Zwangsstrafe auf die Hälfte des festgesetzten Betrages sprechen.

Dem auf die ersatzlose Bescheidbehebung gerichteten Mehrbegehren wird nach Meinung der Richterin dagegen nicht entsprochen werden können, weil es der Abgabenbehörde unbenommen bleiben muss, die Vorlage angeforderter Abgabenerklärungen mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu erzwingen."

Mit Schreiben vom zog die Bf die Anträge auf Senat und mündliche Verhandlung zurück und erklärte sich mit der in Aussicht gestellten Entscheidung einverstanden.

Der telefonisch kontaktierte Finanzamtsvertreter äußerte gegen die beabsichtigte Entscheidung über die Beschwerde ebenfalls keine Bedenken.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Aktenteile und durch Abfrage der Finanzamtsdatenbanken.

Rechtslage

Nach § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Nach Abs. 3 darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000,00 € nicht übersteigen.

Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer dazu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird.

Nach § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen u.a. für die Einkommensteuer bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

Nach § 134 Abs. 2 BAO kann die Abgabenbehörde im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen.

Für Quotenvertreter (z.B. Steuerberater, Rechtsanwälte) gilt eine Frist bis spätestens 31.03. bzw. 30.04. des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgenden Kalenderjahres.

Gemäß § 42 Abs. 1. Z 1 EStG 1988 hat der unbeschränkt Steuerpflichtige eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen sind zu begründen; aus der Begründung muss zu entnehmen sein, welche für die Ermessensübung maßgeblichen Überlegungen angestellt worden sind.

Sämtliche in die Ermessensentscheidung einfließenden Überlegungen sind sowohl für die Entscheidung, ob überhaupt eine Zwangsstrafe festzusetzen ist, als auch für die Entscheidung, in welcher Höhe diese auszumessen ist, maßgeblich.

Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (Ritz, BAO6, § 93 Tz 16).

Die maßgeblichen Kriterien für die Ermessensübung ergeben sich primär aus der Ermessen einräumenden Bestimmung.

Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten.

Bei der Ermessensübung ist auf alle der Abgabenbehörde bzw. dem Gericht zur Kenntnis gelangten Umstände Bedacht zu nehmen.

Nach Stoll, BAO, 1200, ist es zulässig, im Rahmen des Ermessens den Grad des Verschuldens (erkennbare Nachlässigkeit oder Bewusstheit und Absicht des Nichterfüllens behördlicher Aufträge) und das bisherige Verhalten zu berücksichtigen (Neigung zur Verschleppung und zur Verzögerung, Wiederholung; bestehende Gründe, die die Annahme rechtfertigen, das pflichtwidrige Verhalten werde fortgesetzt; erwiesener hoher Grad beharrlicher Passivität).

Auch die Höhe des allenfalls betroffenen Abgabenanspruchs, der Fortgang des Verfahrens unter Berücksichtigung der von der Partei beabsichtigten Folgen (Späterveranlagung) oder Gründe, die einen verzögerten Verfahrensablauf aus der Sicht der Partei rechtfertigen oder sogar geboten erscheinen lassen, können bei der Ermessensübung gewürdigt werden (Madlberger in ÖStZ 1987, 249). Daneben ist auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei und den Umfang des Verfahrens Bedacht zu nehmen.

Hinsichtlich des Verschuldens ist nach der zu § 308 BAO ergangenen Judikatur an rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an behördlichen oder gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (Ritz, BAO6, § 308 Tz 15, mit Verweis auf ).

Im Rechtsmittelverfahren sind nicht nur jene Umstände zu berücksichtigen, die der Behörde bei Festsetzung der Zwangsstrafe bekannt waren, sondern im Hinblick auf § 270 BAO ist auch auf die dem Gericht im Laufe des Beschwerdeverfahrens bis zur Entscheidung zur Kenntnis gelangten Umstände (z.B. die Höhe des Abgabenanspruchs, welcher der Abgabenbehörde bei Festsetzung der Zwangsstrafe naturgemäß noch nicht bekannt sein konnte) Bedacht zu nehmen (Ritz, BAO6 § 111 Tz 11).

Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung einer Zwangsstrafe ist maßgebend, dass die Anordnung bis zum Zeitpunkt der Festsetzung nicht befolgt worden ist (Ritz, BAO6, § 279 Tz 33).

Ist die Erbringung der jeweils geforderten Leistung objektiv unmöglich oder unzumutbar, ist eine Zwangsstrafe unzulässig.

Die Erbringung der Leistung ist objektiv möglich, wenn der Erfüllung durch die Partei keine äußeren, unüberwindbaren Hindernisse im Wege stehen.

Unzumutbar wäre eine geforderte Leistung etwa dann, wenn sie nur unter unverhältnismäßig großem (finanziellem oder zeitlichem) Aufwand erbracht werden könnte und der Aufwand dafür in Relation zum möglichen Ergebnis in keinem Verhältnis zum objektiven behördlichen Interesse an der Leistung stünde (Stoll, BAO, 1201).

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Verpflichtung zur Abgabe einer Abgabenerklärung auch dann besteht, wenn dazu kein steuerlicher Vertreter für die Partei bereit ist (). Die Partei ist nämlich auch dann zur Abgabe der Erklärung verpflichtet, wenn sich niemand findet, der ihr bei Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und der Abfassung der entsprechenden Erklärung behilflich ist. Diesfalls besteht die Verpflichtung, die Erklärung nach bestem Willen und Gewissen unter Verwendung des dafür vorgesehenen amtlichen Vordrucks zeitgerecht abzugeben. Ob ihr Wissen dazu ausreicht, diese richtig abzugeben oder nicht, ist nach dem o.a. Erkenntnis unmaßgeblich.

Sind der Partei im Zeitpunkt der geforderten Einreichung der Abgabenerklärung bestimmte Wertansätze noch nicht bekannt, ist es geboten, dass die betreffende Erklärungsposition als vorläufig erklärt wird. Werden die Punkte bezeichnet, über die noch kein endgültiges Urteil gewonnen werden kann und werden die Gründe angegeben, die der abschließenden Beurteilung im Wege stehen, so hindert eine solchermaßen ausgefüllte Erklärung die behördliche Veranlagungstätigkeit nicht und ist die Abgabenerklärungspflicht erfüllt (Stoll, BAO, 1515).

Die Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO bietet in einem solchen Fall die gesetzliche Grundlage zur Anpassung eines Abgabenbescheides an einen nachträglichen Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid).

Die Bevollmächtigten der Parteien (die gewillkürten Vertreter) haben im Rahmen ihrer Vertretungsbefugnis, die nach der erteilen Vollmacht zu beurteilen ist, die Pflichten der Parteien der Abgabenbehörde gegenüber zu erfüllen.

Die Bestellung eines bevollmächtigten Vertreters schließt nicht aus, dass bei Versäumnissen des Vertreters die Zwangsstrafe unmittelbar gegenüber der Partei (gegenüber der bzw. dem Vertretenen) angedroht und festgesetzt wird, zumal die Partei für Versäumnisse und für das Verschulden ihres Vertreters einzustehen hat (Stoll, BAO, 1206).

Erwägungen

Unstrittig war, dass die Vorlage von Abgabenerklärungen durch die Partei zu den mit Zwangsstrafe erzwingbaren unvertretbaren Leistungen zählt.

Die Bf erteilte, wie aus den Anmerkungen in FinanzOnline ersichtlich war, ihrer (neuen) steuerlichen Vertretung am neben einer umfassenden Vertretungsbefugnis auch eine Zustellvollmacht. Sämtliche o.a. Aufforderungen zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2013, Androhung und Festsetzung der Zwangsstrafe sowie der Einkommensteuerbescheid wurden daher der steuerlichen Vertretung und nicht der Bf zugestellt.

Die steuerliche Vertretung der Bf ließ sämtliche vom Finanzamt gesetzten Nachfristen (bis , bis , bis , bis und selbst die von ihr selbst vorgeschlagene Frist bis ) ungenutzt verstreichen. Obwohl die angedrohte Zwangsstrafe erst am und damit rund zweieinhalb Monate nach Verstreichen der letzten Frist festgesetzt wurde, wurde die abberufene Einkommensteuererklärung 2013 erst am bei der zuständigen Abgabenbehörde eingereicht.

Der Einkommensteuerbescheid erging am .

Die verspätete Abgabe begründete die steuerliche Vertretung der Bf im Fristverlängerungsansuchen mit "noch zu besorgenden Unterlagen (diverse Behörden, Banken)".

In der Beschwerde begründete die Steuerberatungsgesellschaft die Nichtabgabe zum einen mit einem Steuerberaterwechsel, wobei der bisherige Steuerberater die für die Erstellung der Abgabenerklärung erforderlichen Unterlagen lange Zeit nicht übermittelt habe, zum anderen damit, dass die Einreichung der Abgabenerklärung 2013 für die E KG, an der die Bf als Kommanditistin beteiligt sei, lange Zeit nicht möglich gewesen sei.

Ob die Erstellung der Abgabenerklärung für die E KG möglich war oder nicht, war nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens, welches die Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2013 für die Bf zum Gegenstand hatte.

Die vorgebrachten Hinderungsgründe begründeten weder eine Unmöglichkeit noch eine Unzumutbarkeit der Einreichung der Einkommensteuererklärung.

War der Bf bzw. ihrer steuerlichen Vertretung die Höhe ihrer Beteiligung noch unbekannt, wäre es ausreichend (und auch zumutbar) gewesen, in der Einkommensteuererklärung in geeigneter Weise auf die der Höhe nach noch nicht bekannten Beteiligungseinkünfte hinzuweisen und die Abgabenerklärung fristgerecht einzureichen.

Die gesetzliche Regelung des § 295 BAO ermöglicht gerade in einem Fall wie dem der Bf eine Veranlagung unter Außerachtlassung der noch nicht festgestellten gewerblichen Einkünfte und eine nachträgliche Anpassung des Einkommensteuerbescheides bei Bekanntwerden dieser Einkünfte.

Es bestand daher keine rechtliche Handhabe, die Einreichung der Einkommensteuererklärung zum gesetzlichen Termin zu unterlassen, weil die Höhe der gesamten Einkünfte noch nicht bekannt war.

Die Bf bzw. ihre steuerliche Vertretung hätten nach den bescheidmäßigen Aufforderungen ihrer Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 nachkommen müssen. Unverständlich war, weshalb die steuerliche Vertretung der Bf auf die Erinnerungen der Abgabenbehörde und die Androhung der Zwangsstrafe nicht reagierte und ihren Standpunkt nicht bereits vor Festsetzung der Zwangsstrafe formulierte. In diesem Fall wäre eine Klärung der Rechtslage, nämlich der Verpflichtung zur Einreichung der Abgabenerklärung ungeachtet der noch nicht vorliegenden Ergebnisse aus der Beteiligung, zeitgerecht herbeizuführen gewesen. In keiner einzigen Eingabe, sondern erst in der Beschwerde wurde auf die noch nicht bekannten Beteiligungseinkünfte der Bf verwiesen.

Inwieweit die Beschaffung weiterer Unterlagen zur Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Einreichung der Einkommensteuererklärung geführt hätten, war umso weniger nachvollziehbar, als in der Erklärung - neben den besagten Einkünften aus Gewerbebetrieb und nichtselbständigen Einkünften - lediglich geringfügige Sonderausgaben zu erfassen waren.

Da die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 weder unmöglich noch unzumutbar war und diese bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe nicht eingereicht wurde, erfolgte die Verhängung der Zwangsstrafe dem Grunde nach zu Recht.

Dem Einwand im Vorlageantrag, dass das Ermessen im angefochtenen Bescheid nicht begründet worden sei, war beizupflichten. Ein derartiger Mangel führt aber nicht zur Bescheidaufhebung, weil ein Begründungsmangel der Abgabenbehörde im Rechtsmittelverfahren grundsätzlich saniert werden kann.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung war zu Gunsten der Bf insbesondere zu würdigen, dass sie die Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten einem Steuerberater übertragen hatte, sodass von einer generellen Gleichgültigkeit gegenüber abgabenrechtlichen Belangen keine Rede sein konnte.

Entgegen der im Vorlageantrag geäußerten Ansicht war aber nicht von gänzlich fehlendem Verschulden auszugehen. Die steuerliche Vertretung, die auf mehrfache Erinnerungen nicht reagierte, hätte durch ein Telefonat mit der Abgabenbehörde oder durch eine kurze schriftliche Eingabe rasch aufklären können, dass die der Höhe nach noch unbekannten Beteiligungseinkünfte der Bf keinen Grund für die Nichteinreichung der Einkommensteuererklärung, in welche im Übrigen nur Sonderausgaben einzutragen gewesen wären, darstellten.

Ein höhergradiges Verschulden an der nicht rechtzeitigen Einreichung der Steuererklärungen (wie etwa eine grundsätzliche Neigung zur Verschleppung und Verzögerung von Abgabenverfahren) war nicht feststellbar.

Das übrige bisherige Verhalten der Bf bot, soweit erkennbar, keinen Anlass zu Beanstandungen.

Die Einkommensteuererklärungen der Folgejahre wurden zeitgereicht eingereicht, weshalb eine neuerliche Säumnis nicht zu befürchten war.

Die verhältnismäßige Einfachheit der betreffenden Einkommensteuererklärung vermochte für das Hinauszögern der Erklärungsabgabe ebenso wenig eine plausible Erklärung zu liefern wie die errechnete Abgabengutschrift.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug laut Einkommensteuerbescheid 20.766,54 €. Wegen bereits geleisteter Vorauszahlungen ergab sich eine Abgabengutschrift von 2.674,00 €.

Die Höhe der Abgabennachforderung oder -gutschrift war nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien, weshalb der Umstand, dass die Veranlagung zu keiner Steuernachforderung führte, für sich alleine noch nicht den Entfall oder die Reduzierung der festgesetzten Zwangsstrafe zur Folge hatte.

Zu Lasten der Bf war festzustellen, dass die beharrliche Säumnis ihrer steuerlichen Vertretung bei Einreichung der Abgabenerklärung zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führte und die Abgabenbehörde, worauf sie in dem die beantragte Fristverlängerung ablehnenden Bescheid vom auch verwies, auf einen kontinuierlichen Fortgang der Veranlagung hinzuwirken hatte. Dem entsprach, dass die Veranlagung nur drei Tage nach Abgabe der Einkommensteuererklärung durchgeführt wurde.

Darüber hinaus war zu bedenken, dass zwischen der ersten Nachfristsetzung () und der tatsächlichen Erklärungsabgabe () ein Zeitraum von mehr als sieben Monaten lag und diese Verspätung durch den rechtskundigen Parteienvertreter, an welchen hinsichtlich des Verschuldens ein strengerer Maßstab anzulegen war, verursacht wurde.

Darüber hinaus wurde auch die im Fristverlängerungsantrag vom selbst vorgeschlagene Frist bis nicht eingehalten. Nach Festsetzung der Zwangsstrafe verstrich ein weiterer Monat bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung.

Die Abgabenbehörde verhängte die Zwangsstrafe mit 1.000,00 € und damit deutlich unter der zulässigen Höchstgrenze von 5.000,00 €.

Die Zwangsstrafe von 1.000,00 € erschien daher zwar in absoluter Höhe (nämlich 20 % der maximalen Höhe) als durchaus angemessen, in Relation zu den Einkünften der Bf jedoch als zu hoch bemessen.

Da das Finanzamt seine Ermessensübung nicht begründete, war letztlich nicht nachvollziehbar, weshalb die Festsetzung der Zwangsstrafe gerade im Betrag von 1.000,00 € geboten war.

Insbesondere im Hinblick auf die Höhe der Abgabengutschrift und die im Verhältnis zu den Einkünften hohe Zwangsstrafe war es geboten, diese auf eine angemessene Höhe von 500,00 € zu reduzieren. Damit wurde dem Zweck der Zwangsstrafe, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten, ausreichend Rechnung getragen. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts sprach nach Abwägung sämtlicher das Ermessen beeinflussenden Umstände nichts gegen eine Reduzierung der Zwangsstrafe auf die Hälfte des festgesetzten Betrages.

Dem auf die ersatzlose Bescheidbehebung gerichteten Mehrbegehren konnte nicht entsprochen werden, weil es der Abgabenbehörde unbenommen bleiben muss, die Vorlage angeforderter Abgabenerklärungen mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu erzwingen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall erfolgte die Lösung der zu klärenden Rechtsfragen im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG lag somit nicht vor, weshalb eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Zitiert/besprochen in
Fischerlehner in BFGjournal 2024, 282
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100011.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at