Formlose vorübergehende Verwendung eines im Straßenverkehr eingesetzten drittländischen Beförderungsmittels zum eigenen Gebrauch.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerde-
sache A, Adresse1, vertreten durch V, Adresse2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , Zahl: xxxx, betreffend einen Erlass gemäß Art. 117 ZK zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Der Beschwerdefüher (Bf) A, wohnhaft in der Adresse1, wurde am um 20:25 Uhr von Polizeiorganen als Lenker des auf den Zulassungsbesitzer B, Adresse4, als juristische Person zugelassen Kraftfahrzeuges der Marke Audi A6, schwarz lackiert, mit dem behördlich zugelassenen Kennzeichen aaaa im Zuge eines Verkehrskontrolle in Wien angehalten.
Aufgrund der Tatsache, dass der Bf ein Kraftfahrzeug mit serbischen Kennzeichen führte, sich jedoch mit einen österreichischen Führerschein legitimierte, haben die Polizeiorgane an den Bf noch weitere Fragen gestellt. Im Wesentlichen hat der Bf auf Nachfrage angegeben, dass er das Kraftfahrzeug vor circa vier bis fünf Monaten nach Österreich eingebracht hat, dass er seien Hauptwohnsitz seit langem in Österreich hat, dass es sich beim Fahrzeug, das er seit circa vier bis fünf Monaten hat, um ein Firmenfahrzeug handelt, dass er nicht genau weiß, wie oft er mit dem Fahrzeug ins Ausland fährt, aber nicht oft, ein bis zwei Mal pro Monat, dass er seien Lebensmittelpunkt in Österreich hat, dass seine ganze Familie in Österreich lebt und dass er in Österreich auch eine Lebensgefährtin hat.
Das Kraftfahrzeug mit Erstzulassung in 11/2010 wurde von der B verbindlich in Deutschland um eine Betrag von € 16.000 bestellt. Als Liefertermin ist der vermerkt. Das Kraftfahrzeug wurde in Serbien am zum Verkehr zugelassen. An dem Kraftfahrzeuge war eine österreichische Jahresvignette angebracht.
Am wurde A, der sich mit serbischem Reisepass ausgewiesen hat, von Organen des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde nach entsprechender Belehrung niederschriftlich als Verdächtiger befragt. Er hat sich ausführlich zu seiner Person, zu seinen persönlichen Verhältnissen und zur Sache geäußert und war damit einverstanden, dass die Niederschrift auch als Rechtfertigung im Abgabenverfahren herangezogen werden darf.
Mit Bescheid vom , Zahl: bbbb, hat das Zollamt Wien beim Bf eine Einfuhrzollschuld gemäß Art. 202 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG geltend gemacht, weil er das Kraftfahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht habe.
Die Eingangsabgabenschuld wurde auf der Basis einer Eurotax-Listen Fahrzeugbewertung des gegenständlichen Fahrzeuges mit € 3.223,47 [darin enthalten an Zoll (A00) € 1.000, an Einfuhrumsatzsteuer (B00) € 2.200 und an Abgabenerhöhung (1ZN) € 23,47] festgesetzt.
Dagegen wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . In dieser wird vom nun steuerlich vertretenen Bf im Wesentlichen vorgebracht, der Bescheid des Zollamtes Wien beruhe auf einer unrichtigen Faktenfeststellungen und einer unrichtigen Rechtsansicht. Er halte sich allenfalls einige Woche und das nicht zusammenhängend bei seiner Familie in Wien auf. Es sei nicht verboten, eine weiteren Meldesitz zu haben. Sein gewöhnlicher Wohnsitz liege außerhalb der Europäischen Union ausschließlich in Serbien.
Er habe die stärksten persönlichen und beruflichen Beziehung nur und ausschließlich in Serbien. Die Bemessungsgrundlagen seien vom Zollamt Wien völlig falsch geschätzt worden. Der Standort des Kraftfahrzeuges als Firmen-PKW liege außerhalb Österreichs.
Zu Frage des Mittelpunktes des Lebensinteresses hat der Bf einerseits die beglaubigt übersetzte Bestätigung der Republik Serbien vom vorgelegt, wonach sich sein Hauptwohnsitz seit in der Gemeinde G in Serbien befindet.
Auf der anderen Seite hat er die beglaubigt übersetze Bestätigung vom über die am erfolgte Anmeldung bei der Pflichtversicherung, vorgelegt. Danach ist er in Serbien auf der Basis eines Arbeitsvertrages bei der B als Tourismustechniker pflichtversichert.
Der Bf hat abschießend beantragt, es möge der angefochten Bescheid ersatzlos aufgehoben werden.
Aus der durch das Zollamt Wien erstellten Abfrage aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) vom ergibt sich, dass in der Adresse1, mit Hauptwohnsitz A, C, D, und E aufrecht gemeldet sind.
Das Zollamt Wien hat mit seiner Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom , Zahl: yyyy, die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Die BVE ist in Rechtskraft erwachsen.
Den am gestellten Wiederaufnahmeantrag hat der steuerliche vertretene Bf mit Eingabe vom zurückgezogen und an dessen Stelle einen Erlassantrag für die Zollabgaben gestellt.
Mit Vorhalt vom hat das Zollamt Wien dem Bf hinsichtlich des
Antrages auf Erlass gemäß Art. 22 Abs. 6 ZK die Gründe mitgeteilt, weswegen es beabsichtige über diesen Antrag abweisend zu entscheiden. Erhebungen hätten ergeben, dass er Ende November / Anfang Dezember 2014 das gegenständlichen Kraftfahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht und innerhalb dieses Zollgebietes benutz habe. Dies habe zu einer Zollschuldentstehung für ihn nach Art. 202 ZK geführt, weil sich sein gewöhnlicher Wohnsitz zum Zeitpunkt der Einbringung des Kraftfahrzeuges in Österreich befunden habe, weil das gegenständliche Kraftfahrzeug deswegen eine mit Eingangsabgaben belastete Nichtgemeinschaftsware darstelle.
Dem Bf wurde die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eigeräumt. Er wurde ersucht bekannt zu geben, aufgrund welcher Bestimmung des Unionszollkodex er seinen Erlassantrag gestellt habe.
Der Bf hat sich dazu mit Schriftsatz vom geäußert. Im Wesentlichen wird von ihm vorgebracht, der Standort des Firmenfahrzeuges sei nicht Österreich, das Vernehmungsprotokoll sei völlig irrführend, er habe nicht gewusst, was er sagt und sei sich der Konsequenzen nicht bewusst gewesen. Der Bf bestreitet, dass sein Hauptwohnsitz in Österreich liegt. Dieser sei lediglich eine Meldeadresse und kein Hauptwohnsitz. Er habe zum Arbeitsplatz in Serbien die stärksten persönlichen und beruflichen Beziehungen, dieser sei der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Die Frage, ob bei regelmäßigen Fahrten in das Ausland die Einmonatsfrist immer wieder neu zu laufen beginne, sei noch immer nicht durch den VwGH geklärt. Er habe das Fahrzeug nur im Auftrag seines Bruders genutzt. Seine Angabe in der Niederschrift vom , er habe kein Einkommen, könne nicht stimmen, weil er in Serbien bei seinem Bruder arbeitet. Es sei unmöglich, dass sich seine Lebensinteressen ausschließlich in Österreich befinden, wenn er bei der Firma seines Bruders als Kontrolleur arbeitet. Es habe sich um eine Verwendung eines ausländischen Kraftfahrzeuges durch eine Person ohne Hauptwohnsitz im Inland gehandelt. Bei der Aufnahme der Niederschrift habe es Kommunikationsproblem gegeben. Der Bf hat eine Kopie seines Passes vorgelegt, aus der sich seine rege Reisetätigkeit zwischen Österreich und Serbien ergeben soll. Tunlich wäre seine neuerliche detaillierte Einvernahme.
Das Zollamt Wien hat den Antrag des Bf auf Erlass vom mit Bescheid vom , Zahl: zzzz, abgewiesen. Nach einer gerafften Wiedergabe des Verfahrensverlaufes und des Sachverhaltes im Abgabenverfahren und im Erlassverfahren und nach dem Hinweis auf die im Abgabenverfahren zur Anwendung gekommen und im Erlassverfahren zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 116 BAO; Art. 117 ZK idF ab , Art. 561 ZK-DVO idF bis ), hat das Zollamt festgehalten, Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge würden nach Art. 117 Abs. 1 ZK erstattet oder erlassen, soweit der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag den zu entrichtenden Betrag übersteigt.
Die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung von Eingangsabgaben hingegen seien in Art. 561 ZK-DVO idF bis geregelt.
Das Zollamt Wien hat sodann die Gründe für seine Entscheidung dargelegt, die dazu geführt haben, dass er das in Rede stehende Kraftfahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht habe. Er habe seinen ständigen Wohnsitz seit langem in Österreich, das Firmenfahrzeug habe er seit vier bis fünf Monaten, seine Schulpflicht habe er in Österreich absolviert, in Österreich die Matura abgelegt, seine Familie und seine Lebensgefährtin leben in Österreich, das Fahrzeug habe er erstmalig Ende November / Anfang Dezember 2014 in die Europäische Union eingebracht, seine Lebensinteressen würden sich nach seine eigenen Angaben ausschließlich in Österreich befinden. Auch wenn man die Wohnsitzbestätigung vom , wonach er in Serbien lebe, und den Arbeitsvertrag über sein Beschäftigungsverhältnis in Serbien ab bedenke, sei der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Zeitpunkt der Einbringung des Fahrzeuges Österreich gewesen. Die Befreiungsbestimmung des Art. 561 Abs. 32 ZK-DVO greife nicht. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.
Dagegen wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom .
Im Einzelnen bringt der Bf vor, er sei aus Besuchsgründen zur Familie kurzzeitig in Österreich gewesen. Ein kurzfristiges Einbringen könne niemals eine Rechtswidrigkeit nach Art. 202 ZK sein. Ihm komme keine Inländereigenschaft zu, weil er erwiesen seinen Hauptwohnsitz in Serbien habe, wo - insbesondere belegt durch eine Arbeitsvertrag und die Reisepasskopie - auch der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liege. Dass die Eltern in Österreich leben, sei irrelevant, eine Lebensgefährtin bestehe nicht, allenfalls eine Freundin. Wenn jemand oft zwischen Österreich und Serbien hin- und herreist, sei eine Jahresvignette günstiger als ständig neue Kurzzeitvignetten.
Das Zollamt Wien hat dem Bf mit Schreiben vom mitgeteilt, dass es die Beschwerde formell angenommen hat.
Mit Vorhalt vom hat das Zollamt Wien dem Bf hinsichtlich der Beschwerde gemäß Art. 22 Abs. 6 ZK die Gründe mitgeteilt, weswegen es beabsichtige über diese Beschwerde abweisend zu entscheiden. Es benennt dafür im Wesentlichen die bereits im bekämpften Bescheid angeführten Gründe. Dem Bf wurde die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eigeräumt. Der Bf hat sich nicht geäußert.
Mit BVE vom , Zahl: vvvv, hat das Zollamt Wien die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.
Dagegen wendet sich der in offener Frist eingebrachte Antrag des Bf auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG). Vom Bf wird einleitend vorgebracht, er habe das Kraftfahrzeug nicht vorschriftswidrig benutzt, für ihn sei keine Zollschuld entstanden, ihn nicht als Reisenden mit Nicht-EU-Wohnsitz zu beurteilen sei tatsachenwidrig.
Im Einzelnen muss es bei der Vernehmung am massive Verständigungs- und Protokollierungsproblem gegeben haben. Wenn dort unter Punkt 6. als Beschäftigung "arbeitslos" angeführt sei, so könne dies nicht stimmen, denn auf Seite 2 stehe, das er bei seinem Bruder in Serbien in dessen Firma gearbeitet habe und dies auch noch jetzt tue. Es würden sämtliche Anknüpfungspunkte, wie die Beschäftigung und der Wohnsitz in Serbien negiert. Von einer Lebensgefährtin könne keine Rede sein, allenfalls von einer Freundin. Eine österreichische Autobahnvignette sei logisch, wenn man sich die oftmaligen Besuche (als Reisender entweder im Firmenauftrag oder zum Besuch der Familie) in Österreich ansieht. Die Meldung des Wohnsitzes in Wien sei eine lediglich formale gewesen, um sich von gewissen Unbilden der Visumpflicht zu befreien. Auch wenn das Fahrzeug bereits im November / Dezember 2014 eingebracht wurde, sei es nicht für ein halbes Jahr innerhalb der Europäischen Union genutzt worden, wenn die Kontrolle bereits weit vor dem Ende des halben Jahres am erfolgte.
Vor dem BFG werde er diese Sache weiter konkretisieren.
Weil vom Bf eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und weil eine solche vom Bf auch nicht mehr beantragt werden könnte, wurde der Bf vom BFG mit Vorhalt vom eingeladen, die Sache - wie im Vorlageantrag angedacht - näher zu konkretisieren. Der Vorhat ist jedoch unbeantwortet geblieben.
Beweiswürdigung:
Der vom BFG als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der dem BFG vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der Parteien des gerichtlichen Erlassverfahrens.
Rechtslage:
§ 115 BAO:
(1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.
§ 166 BAO:
Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
§ 167 BAO:
(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
§ 184 BAO:
(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) [...]
§ 279 Abs. 1 BAO:
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die nachfolgend angeführten Artikel des ZK und der ZK-DVO sind - außer es wird auf eine andere Fassung hingewiesen - solche in der Fassung vor dem .
Art. 137 ZK:
Im Verfahren der vorübergehenden Verwendung können Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind, ohne dass sie, abgesehen von der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs, Veränderungen erfahren hätten, unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben, und ohne dass sie handelspolitischen Maßnahmen unterliegen, im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet werden.
Art. 555 Abs. 1 ZK-DVO:
Für die vorübergehende Verwendung von Beförderungsmitteln gelten folgende Definitionen:
a) gewerbliche Verwendung: die Verwendung eines Beförderungsmittels zur Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur industriellen oder gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt;
b) eigener Gebrauch: eine andere als die gewerbliche Verwendung eines Beförderungsmittels;
[...]
Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO:
Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird bewilligt, wenn Beförderungsmittel, die einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehören, von einer bei dieser Person angestellten oder anderweitig von ihr zur Verwendung ermächtigten natürlichen, im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässigen Person gewerblich oder zum eigenen Gebrauch verwendet werden sollen. Eigener Gebrauch ist gestattet, sofern er im Anstellungsvertrag vorgesehen ist. Die Zollbehörden können die vorübergehende Verwendung von Beförderungsmitteln nach dieser Vorschrift bei systematischer Inanspruchnahme begrenzen.
Art. 4 Nr. 2 ZK:
Im Sinne diese Zollkodes ist oder sind in der Gemeinschaft ansässige Person im Fall einer natürlichen Person eine Person, die in der Gemeinschaft ihren normalen Wohnsitz hat, [...].
§ 4, Abs. 2 Z. 8 ZollR-DG:
Im übrigen bedeutet im Zollrecht normaler Wohnsitz oder gewöhnlicher Wohnsitz jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Personen und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. [...]
Art. 202 ZK:
(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,
a) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird oder
b) [...].
Im Sinne dieses Artikels ist vorschriftswidriges Verbringen jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Artikel 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich.
(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht wird.
3) Zollschuldner sind:
- die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht hat;
- [...]
Art. 61 Buchstabe c ZK:
Zollanmeldungen werden mündlich oder durch eine Handlung abgegeben, mit der der Wareninhaber den Willen bekundet, die Waren in ein Zollverfahren überführen zu lassen, wenn diese Möglichkeit in nach dem Ausschussverfahren erlassenen Vorschriften vorgesehen ist.
Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 ZK-DVO:
Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung für in den Artikeln 556 bis 561 genannte Beförderungsmittel können durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 nach Maßgabe des Artikels 579 abgegeben werden, sofern sie nicht schriftlich oder mündlich angemeldet werden [Abs. 1 Buchstabe b)].
Sofern die in Absatz 1 genannten Waren nicht Gegenstand einer ausdrücklichen Zollanmeldung sind, werden sie als zur Wiederausfuhr nach Beendigung der vorübergehenden Verwendung durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 angemeldet angesehen (Abs. 2).
Art. 233 Abs. 1 Buchstabe a), zweiter Anstrich ZK-DVO (sog. konkludente Willensäußerung):
Im Sinne der Art. 230 bis 232 ZK-DVO kann die als Zollanmeldung geltende Willensäußerung bei Befördern der Waren bis zu einer Zollstelle oder einem anderen nach Art. 38 Abs. 1 Buchstabe a) des ZK bezeichneten oder zugelassenen Ort konkludent durch Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben, abgegeben werden.
Art. 234 ZK-DVO:
(1) Sind die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 erfüllt, so gelten die betreffenden Waren als im Sinne des Art. 63 ZK gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und die Waren als (zum Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung) überlassen, sobald die (konkludente) Willensäußerung im Sinne des Art. 233 erfolgt ist.
(2) Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten oder ausgeführten Waren die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllen, so gelten diese Waren als vorschriftswidrig verbracht oder ausgeführt.
Art. 221 Abs. 1 ZK:
Der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.
Art. 29 ff ZK:
Kann der Zollwert der eingeführten Waren nicht nach den Artikeln 29 und 30 ZK ermittelt werden, ist er gemäß Art. 31 Abs. 1 ZK auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln.
Art. 117 ZK idF ab :
(1) Die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge werden erstattet oder erlassen, soweit der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag den zu entrichtenden Betrag übersteigt oder [...]
Art. 858 Abs. 1 ZK-DVO (sog. vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben):
Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel gemäß Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO bewilligt, die
a) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind; in Ermangelung einer amtlichen Zulassung gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn die betreffenden Fahrzeuge einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehören;
b) unbeschadet der Artikel 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden; und
c) bei gewerblicher Verwendung [...]
Erwägungen:
In Abgabenverfahren kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Die Abgabenbehörden haben unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dass dabei Zweifel - wie in einem Strafverfahren - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sind, ist nicht erforderlich (vgl. dazu zB ).
Aufgrund ungleicher Verfahrensarten - zB Abgabenverfahren und Strafverfahren - kann es durchaus zu einer unterschiedlichen Beurteilung ein und desselben Sachverhaltes kommen (vgl. dazu zB ).
Nach dem in Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt als Beweismaß die größere Wahrscheinlichkeit. Es genügt im Rahmen der freien Überzeugung von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (st Rspr, zB oder ; vgl. auch Ritz, BAO6, § 167, Rz 8 ff und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).
Gemäß § 166 BAO können - wie im gegebenen Fall - die in einem zugleich laufenden Finanzstrafverfahren durchgeführten Erhebungen auch für das Abgabenverfahren herangezogen werden.
Unter einer Erstattung ist die Rückzahlung der Gesamtheit oder eines Teiles der entrichteten Abgaben zu verstehen. Erlass hingegen ist eine Entscheidung, durch die auf die Erhebung der Gesamtheit oder eines Teiles der Abgaben verzichtet wird.
Die Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b) und 558 ZK-DVO ermöglichen die Überführung eines Beförderungsmittels in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung durch Abgabe einer konkludenten Zollanmeldung, weil hier von Anfang an klar ist, dass das Beförderungsmittel nicht auf Dauer als Gemeinschaftsware im Zollgebiet der Europäischen Union verbleiben soll, sondern lediglich zu Transportzwecken dient.
In diesem Fall ist das Beförderungsmittel gemäß Art. 232 Abs. 2 ZK-DVO als zur Wiederausfuhr nach Beendigung der vorübergehenden Verwendung durch eine Willensäußerung im Sinne des Art. 233 ZK-DVO angemeldet zu sehen (vgl. dazu auch Finanzgericht München vom , 14 K 1929/08).
Im vorliegenden Fall wurde der in Serbien zugelassene Personenkraftwagen durch Passieren der Zollstelle an der Grenze Ende November / Anfang Dezember 2014 vom Bf formlos in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht.
Es ist daher zu prüfen, ob dabei die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 [hier: Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b) ZK-DVO - Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung mit vollständiger Befreiung für in Art. 558 ZK-DVO genannte Beförderungsmittel] vorlagen.
Nach der vorliegenden Sach- und Beweislage ist dies aus den nachfolgend angeführten Gründen nicht der Fall:
Der Bf, der das Kraftfahrzeug anlässlich der Einfuhr Ende November / Anfang Dezember 2014 verwendete (lenkte), hatte seinen gewöhnlichen Wohnsitz zu diesem Zeitpunkt in Wien (Österreich) und war somit im Zollgebiet der Union ansässig.
Der Bf wurde am von Organen des Zollamtes Wein niederschriftlich befragt.
Er hat zu seinen persönlichen Verhältnissen angegeben, dass er serbischer Staatsbürger und arbeitslos ist, kein Einkommen hat und in der Adresse1, wohnt.
Zu seiner Person befragt hat der Bf angegeben, dass er in Österreich geboren wurde, in Österreich die Pflichtschule und nach der Grundschule die HTL besucht hat und diese mit Matura im Jahr 2013 abgeschlossen hat. Nach dem Maturaabschluss hat er bei seinem Bruder in Serbien in dessen Firma gearbeitet, er tue dies immer noch, aber nicht ständig.
Zur Sache gab der Bf auf Nachfrage im Wesentlichen an, dass er das Kraftfahrzeug im Auftrag seines Bruders benützt hat, dass er es selbst glaublich Ende November /Anfang Dezember (2014) erstmalig in die Europäische Union eingebracht hat, dass sein Bruder der Besitzer des Fahrzeuges ist (dazu hat der Bf den Kaufvertrag vorgelegt), dass er bei der Firma B, einem Familienbetrieb als Kontrolleur angestellt ist (dazu hat der Bf einen Arbeitsvertrag vorgelegt), dass sich sein Wohnsitz ausschließlich in Österreich befindet, dass sich der Wohnsitz des Zulassungsbesitzers in Serbien befindet und dass sich sein Mittelpunkt der Lebensinteressen ausschließlich in Österreich befindet. Auf die Nachfrage, wie oft er mit dem Kraftfahrzeuge ins Ausland fährt, hat der Bf angegeben, dass er dies nicht weiß, aber nicht oft, ein bis zwei Mal pro Monat.
Im Rechtszug hat der vertretene Bf seine Verteidigungslinie geändert, sodass sich dem BFG nun die Frage stellt, welche der beiden Möglichkeiten, namentlich der Mittelpunkt der Lebensinteressen Ende November / Anfang Dezember 2014 in Österreich oder in Serbien, zumindest den größeren Grad der Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Nach dem in Grundsatz der freien Beweiswürdigung genügt als Beweismaß die größere Wahrscheinlichkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommen erste unvorbereitete Aussagen der Wahrheit näher als im Zuge eines Verfahrens geänderte Verteidigungslinien (zB ). Es entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass jene Aussagen, die zu Beginn eines Verfahrens gemacht werden, der Wahrheit näher kommen als spätere (zB ; oder VwGH vom 30.05.1088, 87/15/0070).
Daher geht das BFG nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zum tatbestandsrelevanten Zeitpunkt (Ende November / Anfang Dezember 2014) in Österreich hatte. Nach dem Arbeitsvertrag besteht ein Arbeitsverhältnis zur Firma B erst ab dem .
Nach zollrechtlichen Vorschriften ist eine in der Gemeinschaft ansässige Person im Fall einer natürlichen Person eine Person, die in der Gemeinschaft ihren normalen Wohnsitz hat. Der normale oder gewöhnlicher Wohnsitz ist jener Wohnsitz einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Personen und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.
Dieser v on § 26 BAO abweichende Inhalt eines normalen bzw. gewöhnliche Wohnsitzes gemäß § 4 Abs. 1 Z 8 ZollR-DG (Ritz, BAO6, § 26, Tz 12), übernimmt wegen der Verweisung auf § 26 BAO jedoch auch dessen Inhalte, wie zB:
- Geht es um den gewöhnlichen Wohnsitz, ist die tatsächlich Gestaltung der Dinge maßgebend (zB ).
- Die polizeiliche Ab- und Anmeldung ist nicht entscheidend (zB ).
- Man kann gleichzeitig mehrere Wohnungen haben (zB ), aber nur einen gewöhnlichen (bzw. normalen ) Wohnsitz haben (; Ritz, BAO6, § 26, Tz 19).
- Volljährige Kinder, die keine eigene Wohnung haben, haben einen sog. abgeleiteten Wohnsitz (Ritz, BAO6, § 26, Tz 12). Es ist diesbezüglich davon auszugehen, dass der am geborene Bf am von den Eltern mit Hauptwohnsitz in der Adresse3, mit E als Unterkunftgeber angemeldet wurde und dass der Bf am - damals rund fünfzehn Jahre alt - auch von den Eltern mit Hauptwohnsitz in der Adresse1, mit D als Unterkunftgeber angemeldet wurde; der Bf ist dort noch aufrecht gemeldet.
Das Vorbringen des Bf, es soll anlässlich der Niederschrift vom zu massiven Verständigungs- oder Protokollierungsproblemen gekommen sein, kann nicht überzeugen. Einerseits hat der Bf in Österreich die Pflichtschule und danach die HTL besucht und diese mit Matura im Jahr 2013 abgeschlossen, sodass Verständigungsprobleme geradezu auszuschließen sind. Der Bf hat außerdem jede Seite der Niederschrift - damit auch das zu seinen persönliche Verhältnissen Verschriftlichte - gesondert zur Kenntnis genommen. Er hat nach dem Maturaabschluss im Jahr 2013 bei seinem Bruder in Serbien gearbeitet, dies hat er jedoch nicht ständig getan, sich selbst als arbeitslos bewertet, nachvollziehbar ausgesagt, dass sich sein gewöhnlicher Wohnsitz, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen "ausschließlich in Österreich" befindet, zumal seine Eltern und Verwandten sowie seine Lebensgefährtin (Anmerkung des BFG: oder Freundin) in Wien leben.
Weil allerdings die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben für im Straßenverkehr eingesetzte Beförderungsmittel nach Art. 558 Abs. 1 Buchstabe b) ZK-DVO voraussetzt, dass diese unbeschadet der Art. 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet werden, war diese Voraussetzung zum tatbestandsrelevanten Zeitpunkt nicht erfüllt. Im Zeitpunkt des Passierens der Zollstelle waren daher nicht alle objektiven Voraussetzungen erfüllt, um den Personenkraftwagen durch Abgabe einer konkludenten Zollanmeldung in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung überführen zu können, da eben das Kraftfahrzeug von einer im Zollgebiet der Europäischen Union ansässigen Person verwendet wurde.
Gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO gelten, wenn sich bei einer Kontrolle ergibt, dass die Willensäußerung im Sinne des Art. 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten oder ausgeführten Waren die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 erfüllen, diese Waren als vorschriftswidrig verbracht oder ausgeführt.
Die Einreise mit einem im Drittland zugelassenen Fahrzeug durch eine in der Union ansässige Person stellt ein vorschriftswidriges Verbringen dar, wenn für das Kraftfahrzeug keine ausdrückliche Zollanmeldung abgegeben wird (Witte, Zollkodex6, Art. 141 Rz 16).
Vom Bf wird vorgebracht, er sei mit dem Kraftfahrzeug im Auftrag seines Bruders gefahren. Eine diesbezügliche vorübergehende Verwendung des Kraftfahrzeugs war aber aus folgenden Gründen unzulässig:
Zunächst ist festzuhalten, dass das Beförderungsmittel nicht im Sinne der Definition des Art. 555 Abs. 1 Buchstabe a) ZK-DVO gewerblich, also zur Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur industriellen oder gewerblichen Beförderung von Waren verwendet wurde, sondern zum eigenen Gebrauch gemäß Buchstabe b) der zitierten Bestimmung.
Aus der Aktenlage ergibt sich für das BFG ohne Zweifel, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug vom Bf nicht gewerblich, sondern zum eigenen Gebrauch verwendet wurde.
In solchen Fällen sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Zollstelle die Einbringung eines Kraftfahrzeuges, das nicht Gemeinschaftsware und zur Wiederausfuhr bestimmt ist, zulassen kann ( Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO).
Zu diesen Voraussetzungen gehört zunächst allgemein, dass das Kraftfahrzeug einer außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person gehören muss und von der im Zollgebiet der Europäischen Union ansässigen natürlichen Person (gewerblich oder) zum eigenen Gebrauch verwendet werden soll.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die im Zollgebiet der Union ansässige Person, die das Kraftfahrzeug in das Zollgebiet verbringt, Angestellte(r) einer außerhalb des Zollgebietes ansässigen Person ist oder von ihr anderweitig zur Verwendung ermächtigt wurde. Der Bf war im Zeitpunkt der Verbringung nach der Aktenlage noch nicht Angestellter der B, sondern erwiesen erst ab dem .
Zudem muss die Verwendung zum eigenen Gebrauch in einem Anstellungsvertrag ausdrücklich vorgesehen sein. Nach der Aktenlage hatte der Bf Ende November / Anfang Dezember 2014 keinen Anstellungsvertrag, in dem die Verwendung zum eigenen Gebrauch ausdrücklich vorgesehen sein konnte.
In der Judikatur werden ähnlich gelagerte Fälle unter den Zollschuldtatbestand des Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a) ZK subsumiert. Der VwGH hat dazu mehrfach und näher ausgeführt, dass die vorübergehende Verwendung eines Straßenfahrzeuges zum privaten Gebrauch das kumulative Vorliegen aller gesetzlich geforderten Tatbestandselemente voraussetzt.
Eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung des Straßenfahrzeuges ist demnach, dass die private Verwendung im Anstellungsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Eine der Behörde vorgelegte Bestätigung des Arbeitgebers, wonach der Beschwerdeführer angewiesen ist, das Kraftfahrzeug für Dienstfahrten zu verwenden und dass er berechtigt ist, das Kraftfahrzeug für private Fahrten nur in Ausnahmefällen zu verwenden, kann das Erfordernis einer ausdrücklichen Verwendungsberechtigung im Anstellungsvertrag nicht ersetzen (vgl. dazu ; oder ).
Nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom , C-182/12, F, ist Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO dahin auszulegen, dass für ein Beförderungsmittel, das von einer im Zollgebiet der Europäischen Union ansässigen natürlichen Person zum eigenen Gebrauch verwendet wird, die in dieser Bestimmung vorgesehene vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben nur bewilligt werden kann, wenn dieser eigene Gebrauch in einem zwischen dieser Person und dem außerhalb dieses Gebiets ansässigen Eigentümer des Fahrzeugs geschlossenen Anstellungsvertrag vorgesehen ist.
Da dies im Gegenstand nicht der Fall war, war die vorübergehende Verwendung des Kraftfahrzeugs zum eigenen Gebrauch durch den Bf als eine in der Europäischen Union ansässige Person nach der Bestimmung des Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO im Zeitpunkt des Verbringens des PKW in das Zollgebiet der Europäischen Union nicht zulässig.
Da sich bei der Kontrolle am ergab, dass die Willensäußerung im Zuge der Verbringung im Sinne des Art. 233 ZK-DVO erfolgte, ohne dass das verbrachte Kraftfahrzeug die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 erfüllte, galt dieses Kraftfahrzeug gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht mit der Folge, dass die Zollschuld für das Kraftfahrzeug für den Bf nach Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a) ZK entstand.
Kann der Zollwert der eingeführten Waren nicht nach den Art. 29 und 30 ZK ermittelt werden, ist er gemäß Art. 31 Abs. 1 ZK auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln.
Das Zollamt Wien hat - ausgehend vom Neupreis des Fahrzeuges in der Höhe von € 42.100 - die aktuelle Fahrzeugnotierung (€ 14.542 im Einkauf, € 18.563 im Verkauf) des im Monat 11/2010 erstmals zugelassenen Fahrzeuges nach der Eurotax-Listen Fahrzeugbewertung ermittelt. Dabei hat es den so ermittelten Grundwert unter Beachtung der serienmäßigen Ausstattung um eine Monatskorrektur und um die Laufleistungskorrektur abgeändert.
Der Bf hat im zugrunde liegenden Abgabenverfahren auch den vom Zollamt Wien ermittelten Zollwert bestritten. Er hat in seiner Beschwerde dazu aber nur vorgebracht, die Bemessungsgrundlagen seien völlig falsch geschätzt worden, ohne dies näher zu konkretisieren.
Dem ist entgegen zu halte, dass die Ermittlung des Zollwertes nach der Eurotax-Listen Fahrzeugbewertung im Wesentlichen eine Wertschätzung darstellt. Gegentand der Schätzung sind die Besteuerungsgrundlagen.
Die Schätzung ist ihrem Wesen nach ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird. In einem Schätzungsverfahren besteht die Mitwirkungspflicht der Partei (). Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen. E sind immer diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Jeder Schätzung ist aber eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungenauigkeit hinnehmen. Die Schätzungsbefugnis setzt kein Verschulden einer Partei zB am Fehlen von Aufzeichnungen voraus (siehe Ritz, BAO6, § 184, Rz 1ff und die dort zitierte Judikatur des VwGH).
Das BFG geht daher davon aus, dass die vom Zollamt Wien im Wege der Schätzung ermittelte Bemessungsgrundlage der materiellen Wahrheit am nächsten kommt.
Bei der Eurotax-Listen Fahrzeugbewertung handelt es sich um in der Gemeinschaft verfügbare Daten. Das Zollamt Wien ist von dem so ermittelten Einkaufspreis im Betrag von € 14.542 ausgegangen und hat den Zollwert des Kraftfahrzeuges für den Zeitpunkt der Verbringung retrograd rechnend zu Gunsten des Bf mit € 10.000 errechnet.
Darauf lasten 10% an Zoll im Betrag von € 1.000. Auf dem Betrag von € 11.000 (Zölle sind Teil der Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer) lasten € 2.200 an Einfuhrumsatzsteuer. Die Abgabenerhöhung beträgt rechtens € 23,47.
Damit steht dem Bf auch nicht ein Erlass nach Art. 117 ZK idF ab zu. Danach werden Einfuhrabgabenbeträge nur erlassen, soweit der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag den zu entrichtenden Betrag übersteigt. Im Gegenstand ist die nicht der Fall.
Das Vorbringen, das Finanzstrafverfahren sei eingestellt worden, konnte auf die gegenständliche Entscheidung keinen Einfluss haben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des BFG ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei den erheblichen Rechtsfragen, wie zum Beweisverfahren, zum Beweismaß, zur Würdigung von Beweisen in Abgabensachen, zum Überzeugungsgrad, den das BFG bei der Beweiswürdigung anzuwenden hat, zu den Voraussetzungen einer vorübergehenden Verwendung eines Beförderungsmittels, das einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehört, durch eine im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässige Person, zu den Voraussetzungen des gewöhnlichen Wohnsitzes, zu den Voraussetzungen eines teilweisen oder gänzlichen Erlasses von Einfuhrbeträgen und zu den Voraussetzungen für die Bewertung eines Kraftfahrzeuges ist das BFG bei seiner Entscheidung von der im Erkenntnis zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 137 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 555 Abs. 1 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1 Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1 Art. 4 Nr. 2 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 4 Abs. 2 Nr. 8 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 202 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 61 Buchstabe c ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 232 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 233 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 234 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 117 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 Art. 858 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 |
Schlagworte | Beweisverfahren Beweismaß freie Beweiswürdigung vorübergehende Verwendung Beförderungsmittel gewöhnlicher Wohnsitz normaler Wohnsitz eigener Gebrauch Erlass Fahrzeugbewertung |
Verweise | VwGH 10.05.1088, 87/15/0070 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200129.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at