Antrag auf Festsetzung gemäß § 201 BAO: Die gesetzlichen Voraussetzungen sind insgesamt nicht erfüllt; insbesondere liegen die bei sinngemäßer Anwendung des § 303 erforderlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel) nicht vor
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache der A und der B, beide Adr, vertreten durch Rechtsanwalt , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Abweisung des Antrages vom gemäß § 201 BAO auf Festsetzung der Rechtsgebühr (§ 33 TP 5 GebG) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf und Sachverhalt:
Am haben A und B als Vermieterinnen (= Beschwerdeführerinnen, Bf) einen Mietvertrag mit der Fa. X abgeschlossen. Mietgegenstand war die Liegenschaft EZ1 samt baulichen Anlagen, Fläche 13.830 m², für geschäftliche Zwecke der Mieterin. Das Mietverhältnis beginnt mit und endet am , wobei es von der Mieterin unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Frist zu jedem 31.12. aufgekündigt werden kann (Pkt. 6.1.); gleichzeitig gibt sie bis einen Kündigungsverzicht ab (6.2.). Es ist ein "angemessener Mietzins" zu entrichten (7.). Die durch den Vertrag ausgelösten Gebühren sind von den Vermietern zu einem Drittel und von der Mieterin zu zwei Dritteln zu tragen (12.).
Laut der im Verfahren nachgereichten, am selben Tag von den Parteien abgeschlossenen Zusatzvereinbarung wurde der "angemessene Mietzins" inklusive Betriebskosten in Höhe von monatlich brutto € 13.220 vereinbart (Pkt. 2.).
Vom Vertragserrichter, RA C, wurde die Selbstberechnung der Hundertsatzgebühr gem. § 33 TP 5 GebG in Höhe von € 28.290,80 vorgenommen und die Gebühr (laut im Akt erliegender Kontoabfrage) am entrichtet.
Der Mietvertrag trägt den "Vermerk gem. § 3 Abs. 4a GebG". Im Akt erliegt die diesbezüglich vom Parteienvertreter zu StrNr1 beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel im Februar 2015 eingereichte Aufschreibung über die Gebühren-Selbstberechnung (Formular Geb 2) zum Anmeldungszeitraum 12/2014. Im betreffenden Zeitraum ist im Gebührenjournal unter LNr. 2 zu obigem Mietvertrag vom festgehalten:
Bruttomiete € 13.220, Dauer 214 Monate, Bemessungsgrundlage 2.829.080, Hundertsatzgebühr 1 % = € 28.290,80.
Am ist beim Finanzamt ein "Antrag auf Neufestsetzung" der Gebühr nach § 33 TP 5 GebG vom der Antragsteller A und B eingelangt. Bezugnehmend auf die von RA C durchgeführte Selbstberechnung und Entrichtung der Gebühr wird ausgeführt, es handle sich um eine unrichtige Selbstberechnung. Da in Vertragspunkt 6. lediglich ein einfacher Kündigungsverzicht der Mieterin vereinbart worden sei, wäre Gebührenbemessungsgrundlage tatsächlich nur der dreifache Jahresbetrag der Miete. Daraus ergebe sich die Mietvertragsgebühr in Höhe von € 4.950. Es werde daher die Neubemessung und Festsetzung in dieser Höhe gemäß § 201 Abs. 2 Z 1 BAO von Amts wegen beantragt. Bei der iSd § 20 BAO vorzunehmenden Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen.
Mit Bescheid vom , ErfNr, wurde der Antrag vom abgewiesen und begründend ua. ausgeführt:
Erfolge der Antrag nach § 201 BAO außerhalb der Jahresfrist, so müssten die Voraussetzungen iSd § 303 Abs. 4 BAO für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen. Da nach Überprüfung keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, die einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, könne keine Festsetzung gem. § 201 BAO erfolgen. Nach § 20 BAO sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit/Geichmäßigkeit der Besteuerung der Vorrang einzuräumen.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird eingewendet, das Finanzamt beziehe sich auf den Vorrrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit, tue jedoch genau das Gegenteil und lehne eine Wiederaufnahme des Verfahrens ab, obwohl die rechtsrichtige Besteuerung einen anders lautenden Bescheid ergeben hätte. Zudem existiere kein § 303 Abs. 4 BAO. Bei richtiger Ausübung des Ermessens hätte sohin eine Wiederaufnahme und Neubemessung der Gebühr durchgeführt werden müssen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde - nach Darstellung der bezughabenden Bestimmung und des Sachverhaltes - im Wesentlichen mit der Begründung als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf Neufestsetzung mehr als zwei Jahre nach der Selbstberechnung gestellt worden sei und keine Wiederaufnahmegründe vorlägen.
Im Vorlageantrag vom wird bezugnehmend auf Vertragspunkt 6. vorgebracht, gebührenrechtlich liege bei einseitiger Kündbarkeit ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor und berechne sich die 1%ige Mietvertragsgebühr nur vom dreifachen Jahresentgelt. Die Festsetzung gem. § 201 Abs. 1 BAO könne von Amts wegen erfolgen, wenn sich wie hier die Selbstberechnung als unrichtig erweise und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Vorausetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. bei sinngemäßer Anwendung des § 293b BAO die Vorausetzungen für eine Abänderung vorlägen. Die Kenntnis der unrichtigen Berechnungsmethode hätte zu einem anders lautenden Spruch geführt, weshalb die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO vorlägen. Da die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung die Unrichtigkeit der Selbstberechnung sowie die unrichtige Rechtsauffassung hätte erkennen müssen, lägen ebenso die Voraussetzungen für eine Abänderung iSd § 293b BAO vor. Im Rahmen der Interessensabwägung nach § 20 BAO wiege das Prinzip der Rechtsrichtigkeit höher; die steuerlichen Auswirkungen könnten nicht als geringfügig bezeichnet werden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß
§ 33 TP 5 Abs. 1 Gebührengesetz 1957
(GebG), BGBl 1957/267 idgF., unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Rechtsgeschäftsgebühr von 1 v. H. vom Wert.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten.
§ 3 Abs. 4a GebG 1957 idgF. betreffend die Selbstberechnung lautet:
"Sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, sind Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder (Parteienvertreter) befugt, innerhalb der Anzeigefrist des § 31 Abs. 1 die Hundertsatzgebühr für Rechtsgeschäfte als Bevollmächtigte eines Gebührenschuldners oder eines für die Gebühr Haftenden selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat, in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Monats an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. … Sie haben über die gebührenpflichtigen Rechtsgeschäfte Aufschreibungen zu führen. Diese haben die für die Gebührenberechnung erforderlichen Angaben zu enthalten. Insbesondere sind Angaben zur Art des Rechtsgeschäftes, zu den Gebührenschuldnern, … zur Bemessungsgrundlage und zur Höhe der selbst berechneten Gebühr aufzunehmen. Eine Abschrift dieser Aufschreibungen für die in einem Kalendermonat selbst berechneten Rechtsgeschäfte ist dem Finanzamt bis zum Fälligkeitstag zu übermitteln; dies gilt als Gebührenanzeige gemäß § 31. Auf den Urkunden ist ein Vermerk über die erfolgte Selbstberechnung anzubringen, der die Steuernummer des Parteienvertreters, die Nummer der Aufschreibungen und die Höhe des berechneten Gebührenbetrages enthält. Der Parteienvertreter hat die Aufschreibungen und je eine Abschrift … der über die Rechtsgeschäfte ausgefertigten Urkunden sieben Jahre aufzubewahren. ... Die selbst berechnete Gebühr ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. … Die Abgabenbehörden sind befugt, Prüfungen hinsichtlich sämtlicher in die Aufschreibungen aufzunehmenden Angaben durchzuführen."
§ 201 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 1961/194 idgF., lautet:
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
4. (aufgehoben)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
2. (aufgehoben)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
Nach
§ 303 Abs. 1 BAO
kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltunsgsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.
Nach § 295a Abs. 1 BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.
Sachverhalt:
An Sachverhalt ist im Beschwerdefall davon auszugehen, dass vom dazu berechtigten Parteienvertreter zum Mietvertrag vom die Selbstberechnung der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 5 GebG in Höhe von € 28.290,80 vorgenommen, zum Anmeldungszeitraum 12/2014 im Feber 2015 die diesbezügliche Aufschreibung dem Finanzamt übermittelt und die Gebühr am entrichtet wurde.
Am haben die beiden Bf an das Finanzamt einen Antrag iSd § 201 BAO auf Neufestsetzung der Gebühr nach § 33 TP 5 GebG gestellt.
Rechtliche Würdigung:
Nach dem vorliegenden Sachverhalt steht fest, dass mit Einreichung der Aufschreibung der selbstberechneten Gebühr im Feber 2015, der Entrichtung der Gebühr am sowie Vermerk über die Selbstberechnung auf der Urkunde (Mietvertrag) vom Parteienvertreter sämtlichen Vorgaben nach § 3 Abs. 4a GebG entsprochen und mit diesem Zeitpunkt (= spätestens ) die "Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages" vollzogen worden war.
Der Antrag der Bf auf Neufestsetzung der Mietvertragsgebühr ist insofern, als bislang lediglich die Selbstberechnung vorgelegen war, als Antrag auf – erstmalige - Festsetzung der Abgabe mittels Bescheid gemäß § 201 BAO zu werten. Nach dieser Bestimmung kann nach Maßgabe des Abs. 2 bzw. muss nach Maßgabe des Abs. 3 die bescheidmäßige Festsetzung erfolgen, wenn sich ua. die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Im Hinblick darauf, dass der gegenständliche Antrag mit datiert, ist dieser zweifelsfrei mehr als ein Jahr nach Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages erfolgt, weshalb zunächst die Voraussetzungen nach § 201 Abs. 2 Z 1 (Festsetzung von Amts wegen innerhalb eines Jahres) und Z 2 (Festsetzung auf Antrag spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe) BAO wie auch nach § 201 Abs. 3 Z 1 (zwingende Festsetzung bei Antrag binnen eines Monats ab Bekanntgabe) nicht erfüllt sind.
Diese gesetzlichen Antrags- bzw. Fallfristen sind nicht verlängerbar (vgl. in Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., Rz 27 zu § 201).
Von den Bf wurde im Wesentlichen eingewendet, die Neufestsetzung hätte deshalb zu erfolgen, da die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 303 Abs. 1 lit b BAO vorliegen würden, weil ua. "die Kenntnis der unrichtigen Berechnungsmethode zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätte". Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Eine Festsetzung im Ermessen der Behörde gem. § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kommt gegenständlich nicht in Betracht, da die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht gegeben sind. Die in § 303 BAO taxativ genannten Wiederaufnahmsgründe, nämlich "Erschleichungstatbestand" und "Vorfragentatbestand", sind hier von vorneherein auszuschließen.
Hinsichtlich des "Neuerungstatbestandes" gem. § 303 Abs. 1 lit b BAO gilt festzuhalten, dass dieser nur greift, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind. Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen bescheidmäßigen Ergebnis geführt hätten (vgl. ; u.a.).
Keine Wiederaufnahmsgründe (keine Tatsachen) sind hingegen ua.
- neue Erkenntnisse im Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage gewonnen wurden (vgl. )
- Hervorkommen von Rechtsirrtümern ()
(siehe dazu in Ritz, aaO., Rz 23 zu § 303 BAO).
Im Gegenstandsfall ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt betreffend insbesondere Mietdauer, Mietzins und Kündigungsmöglichkeit der Vertragsparteien im Mietvertrag samt Zusatzvereinbarung vom festgelegt und unverändert geblieben. Der Antrag gem. § 201 BAO stützt sich allein auf die nunmehrige Rechtsansicht der Bf, dass eine unrichtige Selbstberechnung deshalb vorliege, weil – entgegen der vormaligen Rechtsansicht des die Selbstberechnung vornehmenden Parteienvertreters – anstelle einer bestimmten Mietdauer aufgrund der vereinbarten einseitigen Kündigungsmöglichkeit vielmehr eine unbestimmte Vertragsdauer vorgelegen wäre. Eine allenfalls unrichtige rechtliche Beurteilung bzw. ein Rechtsirrtum erfüllt aber nicht die Voraussetzung des Hervorkommens "neuer Tatsachen oder Beweismittel" im Verfahren und stellt nach Obigem keinen tauglichen Wiederaufnahmsgrund dar. Es ist in diesem Zusammenhalt auch nicht zu übersehen, dass seitens der Bf selbst im Vorlageantrag (unter 4.) von einer vormals "unzutreffenden Rechtsauffassung" gesprochen wird.
Mangels vorhandenem Wiederaufnahmsgrund erübrigt sich auch die von den Bf mehrfach monierte "richtige Ausübung des Ermessens" im Sinne der nach § 20 BAO vorzunehmenden Interessensabwägung.
Wenn die Bf weiters zur sinngemäßen Anwendbarkeit des §293b BAO vorbringen, es liege eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, da das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Prüfung die Unrichtigkeit der Selbstberechnung sowie die unzutreffende Rechtsauffassung hätte erkennen müssen, so ist dem zu erwidern, dass eine Berichtigung nach § 293b die "Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus einer Abgabenerklärung in einen Bescheid" voraussetzt. Im Gegensatz zu gewissen Selbstberechnungsabgaben (zB nach § 13 Abs. 1 GrEStG, § 6 Abs. 4 KfzStG, § 11 Abs. 2 NoVAG u.a.; vgl. in Ritz, aaO, Rz 39a zu § 201 BAO) sind gemäß § 3 Abs. 4a GebG 1957 im Rahmen der Selbstberechnung von Rechtsgeschäftsgebühren durch Parteienvertreter keine Abgabenerklärungen vorgesehen, sondern hat nach dieser Bestimmung der Selbstberechner (lediglich) eine Abschrift der "Aufschreibung" (mit allen wesentlichen Angaben zu dem Rechtsgeschäft) dem Finanzamt bis zum Fälligkeitstag zu übermitteln und gilt dies als Gebührenanzeige. Zugleich ist der Vermerk über die Selbstberechnung auf der Urkunde (Vertrag) anzubringen und ist diese samt Aufschreibung sieben Jahre lang aufzubewahren.
Das bedeutet, dass diesfalls keine Übernahme von Angaben – ob offensichtlich unrichtig oder nicht - aus einer (nicht vorhandenen) Abgabenerklärung stattfindet. Entgegen dem Dafürhalten der Bf hat die Abgabenbehörde auch keine "ordnungsgemäße Überprüfung der Selbstberechnung" vorzunehmen, was aufgrund des Umstandes, dass im Zeitpunkt der Gebührenanzeige (Übermittlung der Aufschreibung) die zugrunde liegende Urkunde dem Finanzamt gar nicht vorliegt, überhaupt nicht möglich wäre. Das Finanzamt ist vielmehr nach § 3 Abs. 4a GebG lediglich "befugt" (nicht verpflichtet), die in den "Aufschreibungen" gemachten Angaben allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen.
Ein "rückwirkendes Ereignis" iSd § 295a BAO käme nach Ritz, BAO-Kommentar, Rz 20 f. zu § 295a, dann in Betracht, wenn die Höhe der Bemessungsgrundlage zB für Rechtsgeschäftsgebühren von künftigen Ereignissen abhängt, etwa wenn (zukünftige) Betriebskosten oder der Umsatz des Bestandnehmers für die Bestandsvertragsgebühr bedeutsam wären. Ein solcher Tatbestand und damit ein Bescheid, der aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses iSd § 295a BAO einer Abänderung bedürfte, liegt gegenständlich nicht vor.
Im Übrigen steht nach der Rechtsprechung des BFG (siehe ) die Bestimmung nach § 17 Abs. 5 GebG der Anwendbarkeit des § 295a BAO in Zusammenhalt mit Rechtsgeschäftsgebühren von vorneherein entgegen.
Nach Vorgesagtem liegen damit auch die Voraussetzungen für eine Festsetzung im Ermessen der Behörde nach § 201 Abs. 2 Z 5 BAO insgesamt nicht vor.
Dasselbe gilt auch für die Voraussetzungen nach § 295 BAO, da in keinster Weise ein nachträglicher Grundlagenbescheid oder grundlagenähnlicher Bescheid gegenständlich ist, an den die Anpassung eines abgeleiteten Bescheides zu erfolgen hätte. Aus diesem Grund kann letzlich auch keine zwingende Festsetzung gemäß § 201 Abs. 3 Z 3 BAO hier Platz greifen.
Ergebnis:
In Anbetracht obiger Ausführungen war daher der Antrag der beiden Bf vom Finanzamt zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.
Der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom kommt demnach keine Berechtigung zu und war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen für die erstmalige Festsetzung einer Abgabe/Gebühr mittels Bescheid ergeben sich bereits aus dem Gesetz und sind in § 201 BAO abschließend geregelt. Diesbezüglich und insbesondere auch zu den strittigen Wiederaufnahmsgründen nach § 303 BAO liegt eine Vielzahl an VwGH-Erkenntnissen vor. Die Frage nach der "Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen" kann ebenfalls anhand des Gesetzes, nämlich in Zusammenhalt mit § 3 Abs. 4a GebG zur Gebühren-Selbstberechnung, gelöst werden.
Im Übrigen handelt es sich im Beschwerdefall um in Würdigung des Sachverhaltes zu lösende Tatfragen. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 4a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100890.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at