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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.07.2019, RV/7102287/2015

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Steuerberater, Adr2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes XY vom betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf. bezog im Jahr 2012 Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2012 von der belangten Behörde erlassen. Begründend wurde dabei ausgeführt, dass keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorlägen und deshalb die vom Bf. beantragten Werbungskosten nicht absetzbar seien.

Mit Beschwerde vom beantragte der Bf., Werbungskosten iHv. € 11.534,11 erklärungsgemäß bei der Veranlagung zu berücksichtigen. Der Bf. führte aus, dass er bis 2010 als Finanzvorstand bei der A-AG tätig gewesen sei und aus diesem Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt habe. Nach dem Ausscheiden des Bf. aus der A-AG im Jahr 2010 habe diese Gesellschaft Insolvenz angemeldet. Im Zuge dessen sei gegen den Bf. ein strafgerichtliches Verfahren eingeleitet worden, wobei bis dato noch keine Anklage erhoben worden sei. In diesem Zusammenhang sei es unbedingt notwendig gewesen, zu seiner berufsbedingten Vertretung und Verteidigung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die vom Bf. für diese anwaltliche Hilfe im Jahr 2012 getätigten Ausgaben iHv. € 11.534,11 stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner ehemaligen Tätigkeit als Finanzvorstand und seinen daraus bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jahr 2012 selbst habe er keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, allerdings könnten die Werbungskosten auch nach Beendigung der nichtselbständigen Arbeit anfallen, wenn ein erkennbarer Zusammenhang mit den erzielten Einkünften bestehe. Es handle sich im vorliegenden Fall somit um nachträgliche Werbungskosten, weil der geforderte erkennbare Zusammenhang zweifelsfrei gegeben sei.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde den Bf. um Aufklärung darüber, welches Verfahren gegen den Bf. anhängig sei und ob es von der Staatsanwaltschaft bereits eingestellt worden sei. Außerdem seien die Honorarnoten des Rechtsanwaltes genauer aufzugliedern.

Nach mehrmaliger Genehmigung von durch den Bf. eingebrachten Anträgen auf Fristverlängerung bezüglich des Ersuchens auf Ergänzung wurde der belangten Behörde durch eine Vorhaltsbeantwortung vom mittels Schriftstück der vom Bf. herangezogenen Rechtsanwaltskanzlei vom bestätigt, dass Honorarnoten iHv. insgesamt € 5.773,26,- für erbrachte anwaltliche Leistungen der Kanzlei ausgestellt worden seien, welche in Zusammenhang mit der früheren beruflichen Tätigkeit des Bf. bei der A-AG und dem zu dieser Zeit noch laufenden Ermittlungsverfahren gegen den Bf. gestanden hätten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Bescheidbeschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 als unbegründet abgewiesen. Dabei wurde von der Behörde begründend ausgeführt, dass die an die Rechtsanwaltskanzlei gezahlten Honorare iHv. € 11.534,11 strittig seien, da aus den übermittelten Honorarnoten der Rechtsanwaltskanzlei hervorginge, dass lediglich ein Betrag von € 5.773,26 im Zusammenhang mit der früheren beruflichen Tätigkeit des Bf. bei der A-AG stünde. Soweit könne dieser Betrag als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn es nicht zu einem rechtskräftigen Schuldspruch komme oder wenn nur ein geringes Verschulden vorliege. Allerdings gehe aus der Mitteilung der Rechtsanwaltskanzlei vom hervor, dass das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft zu dieser Zeit noch anhängig sei und es daher noch offen sei, ob es zu einer Verurteilung komme und welcher Verschuldensgrad gegebenenfalls vorliege.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Dabei wurde aber das Begehren in jene Richtung abgeändert, dass nur noch eine Berücksichtigung der Werbungskosten iHv. € 5.773,26 im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2012 stattfinden solle.

Mit Schriftstück vom wurde das Bundesfinanzgericht von der belangten Behörde darüber informiert, dass mit Beschluss des Landesgerichts B vom dem Antrag des Bf. auf Einstellung des Verfahrens gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 StPO Folge gegeben und das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren eingestellt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des dargestellten Verwaltungsgeschehens steht die Berücksichtigung der Werbungskosten bezüglich der Verteidigungskosten im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Bf. und einem daraus resultierenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen diesen iHv. € 5.773,26 bei der Einkommensteuerveranlagung 2012 in Streit.

Rechtsgrundlagen

Die §§ 16 und 20 EStG 1988 – soweit für das Erkenntnis relevant – lauten:

§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. […]

§ 20. (1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

1. ---

2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

 b) Betrieblich oder beruflich veranlaßte Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, und zwar insoweit, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind. […]

Rechtliche Würdigung

Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben eines Arbeitnehmers, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dienen oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen, objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen.

Nach Lehre und stetiger Rechtsprechung (vgl. ; und Zorn in Doralt/Kirchmayr/Zorn (Hrsg.), EStG19, § 4 Tz 265) stellen Kosten der Strafverteidigung im Zusammenhang mit einem strafgerichtlichen Verfahren grundsätzlich Ausgaben betreffend die private Lebensführung gem. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dar und sind damit nicht abzugsfähig. Die Abzugsfähigkeit ist nur dann gegeben, wenn die zur Last gelegten Handlungen ausschließlich durch die berufliche bzw. betriebliche Tätigkeit veranlasst worden sind und das strafrechtliche Verfahren mit einem Freispruch endet.

Im gegenständlichen Fall beantragte der Bf. in der Einkommensteuererklärung 2012 die Anerkennung von Strafverteidigungskosten iHv € 11.534,11 in Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als nachträgliche Werbungskosten im Zusammenhang mit seinen früheren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wobei er im Vorlageantrag das Beschwerdebegehren auf € 5.773,26 einschränkte.

Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Bf. wurde mit oa. Beschluss  des Landesgerichts B vom bezüglich der in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen ihn erhobenen strafrechtlich relevanten Vorwürfe zur Gänze eingestellt.

Da dieses Ermittlungsverfahren in engem Zusammenhang mit seiner (früheren) beruflichen Tätigkeit als Finanzvorstand der A-AG stand, waren die diesbezüglich entstandenen anwaltlichen Kosten aufgrund der erfolgten Verfahrenseinstellung als nachträgliche Werbungskosten im Zusammenhang mit seinen aus dieser Funktion vormals bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen.

Somit waren Werbungskosten im Betrag von € 5.773,26 bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2012 zu berücksichtigen. Der angefochtene Bescheid war wie im beiliegenden Berechnungsblatt dargestellt, abzuändern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Die Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt, sie nicht von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH abweicht und es auch an keiner Rechtsprechung dazu fehlt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102287.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at