Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.07.2019, RV/7100131/2010

1. Realteilung einer Rechtsanwaltspartnerschaft - missglückte Umgründung - Tauschgrundsatz 2. Wert des Klientenstocks (Firmenwert) 3. Ermittlung des Veräußerungsgewinns 4. Ermittlung des Übergangsgewinns

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde des Dr. A**** R**** und des Dr. B**** K**** als Gesellschafter der ehem. Dr. A**** R**** u. Dr. B**** K**** GesnbR, [Adresse], vertreten durch Dr. R**** A****, [Adresse], gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend die Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 188 für das Jahr 2000, zu Recht:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Feststellungen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Rechtsanwälte Dr. R**** A**** und Dr. K**** B**** waren gemeinsam die Gesellschafter einer im Jahr 1982 gegründeten Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht (idF auch nur kurz: GesbR).
Diese GesbR wurde zum beendet.

Das Finanzamt erließ im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung einen mit datierten Bescheid, mit welchem die Einkünfte der GesbR gemäß § 188 BAO festgestellt wurden.

Dieser Bescheid wurde vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom gemäß § 289 Abs 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen erließ das Finanzamt mit Datum vom einen neuen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO (angefochtener Bescheid).

In diesem Bescheid führte das Finanzamt im Wesentlichen Folgendes aus:

„ [...]
Der Gesellschaftsvertrag zwischen Dr. K**** B**** und Dr. R**** A**** über die Errichtung einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht wurde am gekündigt und jeder der beiden ehemaligen Gesellschafter übt die anwaltliche Tätigkeit als Einzelunternehmer an unterschiedlichen Standorten bis heute aus.

Zum Auflösungsstichtag () wurden weder von den ehemaligen Gesellschaftern noch von/für die aufgelöste Gesellschaft selbst Bilanzen (weder Schlussbilanzen noch Teilungsbilanzen) erstellt. Es wurde zum Auflösungsstichtag auch kein Realteilungsvertrag abgeschlossen. Eine Realteilung wurde dem Finanzamt auch nicht gemeldet.
Die Teilung einer Personengesellschaft dergestalt, dass jeder Mitunternehmer an Stelle seiner Beteiligung einen bisher in der Mitunternehmerschaft geführten Teilbetrieb ins alleinige Eigentum übertragen erhält und weiterführt, stellt grundsätzlich eine Realteilung dar. Eine der Anwendungsvoraussetzung des Art V UmgrStG ist (neben einem positiven Verkehrswert, der im Zweifel durch ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten nachzuweisen ist) der Abschluss eines Teilungsvertrages in welchem die Leistungen (Übertragung der Teilungsmasse) und Gegenleistungen (Verzicht auf Gesellschaftsrechte) festgehalten werden. Beim Teilungsvertrag handelt es sich um eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Willenseinigung zwischen den Teilungspartnern über eine Vermögensübertragung. Der Teilungsvertrag muss auch den Teilungsstichtag enthalten. Die Realteilung ist gem § 28 UmgrStG bei Aufteilung einer nicht protokollierten Personengesellschaft beim Finanzamt samt Teilungsvertrag, steuerlicher Teilungsbilanz und des zu Grunde gelegten Jahres- bzw. Zwischenabschlusses zu melden. Es erfolgte weder der Abschluss eines Teilungsvertrages noch eine Meldung beim Finanzamt (siehe UFS Berufungsentscheidung vom , GZ. RV/2080-W/07). Das Umgründungssteuergesetz ist damit nicht anwendbar.
Die Nichtanwendbarkeit des UmgrStG bewirkt, dass die Auflösung der GesbR und Weiterführung der Einzelkanzleien eine entgeltliche Betriebsveräußerung (Tausch) auf Seiten der GesbR und entgeltlichen Betriebserwerb der Rechtsnachfolger darstellt. Entsprechend den Bestimmungen des § 24 Abs 2 EStG iVm § 4 Abs 10 EStG ist ein Übergangsgewinn und daran anschließend ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln.

1. Übergangsgewinn:

Der Übergangsgewinn ist dergestalt zu ermitteln, dass den offenen Forderungen die zum Übergangsstichtag bestehenden Verbindlichkeiten (mit Ausnahme der reinen Geldschulden) gegenüberzustellen sind. Die zahlenmäßige Ermittlung des Übergangsgewinnes erfolgte anhand der während der Außenprüfung eingesehenen Aufzeichnungen, die auch Gegenstand der Schlußbesprechung waren.
Die Ermittlung der offenen Forderungen erfolgt durch Summierung der in den kommenden Jahren tatsächlich eingegangenen Honorare für Leistungen bis .
Als Verbindlichkeiten können nur jene Beträge abgezogen werden, die zum Übergangsstichtag bereits als Verbindlichkeiten der Gesellschaft feststanden.

Bei der Ermittlung der Verbindlichkeiten werden - analog zur Ermittlung der Einnahmen - auch jene Ausgaben berücksichtigt, die in den Folgejahren angefallen sind, aber in Bezug mit Leistungen vor dem stehen. Nicht berücksichtigt werden jedoch jene Verbindlichkeiten, die mit den Forderungseingängen in keinem Zusammenhang stehen. Dies betrifft die Zinsaufwendungen und die Spesen des Geldverkehrs (die den Betriebsausgaben der Einzelunternehmen in den Folgejahren zuzuordnen sind).

Der Gewinn aus der GesbR ist je zur Hälfte zwischen den Gesellschaftern aufzuteilen. Dies gilt auch für den Übergangsgewinn.


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Ermittlung Übergangsgewinn in ATS
 
 
Forderungen Honorare Dr. B****
 
3.123.416,15
Forderungen Honorare Dr. A****
 
1.096.632,58
Summe Forderungen
 
4.220.048,72
Verbindlichkeiten Ausgaben Dr. B****
978.527,76
 
Verbindlichkeiten Ausgaben Dr. A****
294.771,54
 
zuzügl. Verb. offene Ansprüche Dienstnehmer
530.141,84
1.803.441,14
 
 
 
Übergangsgewinn
ATS
 2.416.607,58

Im Rahmen des Übergangsgewinns war auch das Ergebnis des Schiedsgerichtsverfahrens zu berücksichtigen. Laut Teil-Schiedsspruch vom bestand zum Zeitpunkt der Auflösung der GesbR eine Forderung des Dr. A**** an Dr. B**** in Höhe von € 160.000,-- (das sind ATS 2.201.648‚--), die beim Gesellschafter Dr. A**** den anteiligen Übergangsgewinn erhöhen und im selben Ausmaß beim Gesellschafter Dr. B**** den anteiligen Übergangsgewinn reduzieren.


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Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
ATS
ATS
ATS
Aufteilung Übergangsgewinn 50 : 50
1.208.303,79
1.208.303,79
2.416.607,58
Zahlungsverpfl. lt. Teil-Sch.spr. v.
2.201.648,00
-2.201.648,00
0,00
Übergangsgewinn
3.409.951,79
-993.344,21
2.416.607,58

2. Veräußerungsgewinn:

Im Anschluß an den Übergangsgewinn ist ein Veräußerungsgewinn gem. § 24 Abs. 2 EStG zu ermitteln, der ebenfalls je zur Hälfte zwischen den Gesellschaftern aufgeteilt wird. Die Betriebsveräußerung besteht im Tausch der Teilbetriebe, die als Einzelunternehmen weitergeführt werden, gegen Aufgabe der Gesellschaftsrechte an der GesbR.
Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles ist nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches zu ermitteln, in den die aliquoten Anteile eingehen, die im steuerlichen Kapitalkonto des Gesellschafters dargestellt sind. Auszugehen ist von der Bilanz zum Auflösungsstichtag. Diese Werte stimmen mit Ausnahme der Positionen Forderungen und Verbindlichkeiten mit den Werten aus dem Schreiben des Dr. A**** vom , eingelangt am , überein. Die (geringfügigen) Differenzen ergeben sich, weil vom Ergebnis der Übergangsgewinnermittlung (siehe oben) auszugehen ist.


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Bilanz per
in ATS
 
 
AKTIVA
PASSIVA
Anlagevermögen
172.789,00
Verb. lt. Ü-Gew.Ber.
1.803.441,14
Forderungen
4.220.048,72
Bankschulden
11.914.873.00
Kassa
1.500,00
 
 
Bank
565.972,00
 
 
Kapital
8.758.004,42
 
 
 
13.718.314,14
 
13.718.314,14

Wie aus der obigen Bilanz ersichtlich ist, besteht ein negatives Eigenkapital in Höhe von ATS 8.758.004,42. Da die Voraussetzungen des Art. V UmgrStG nicht gegeben sind, kommt es für alle Gesellschafter zur Aufdeckung der stillen Reserven. Gem. § 24 Abs 2 letzter Salz EStG ist der Betrag des negativen Kapitalkontos, soweit er nicht aufgefüllt werden muss, jedenfalls als Veräußerungsgewinn anzusetzen. Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert (siehe untenstehende Berechnung) den Betrag des negativen Kapitalkontos nicht, besteht insoweit eine Auffüllungsverpflichtung. Ein Veräußerungsgewinn entsteht in diesem Fall in der Höhe der stillen Reserven zuzüglich des Firmenwertes.
Wird auf die Auffüllung aus betrieblichen Gründen verzichtet, entsteht ein Veräußerungs­gewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos. Das negative Kapitalkonto ist im steuerlichen Sinn zu verstehen. Auszugehen ist vom gesamten steuerlichen Eigenkapital (Kapitalkonto lt. Bilanz).

Ermittlung Firmenwert in ATS


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Umsätze lt. Veranlagung
ergibt Durchschnitt:
Multiplikator
Firmenwert
1997
6.933.645,00
 
 
 
1998
6.783.381,00
 
 
 
1999
9.000.000,00
 
 
 
 
22.717.026‚00
7.572.342,00
x 28 %
2.120.255,76
 
 
Firmenwert gerundet = ATS
2.120.256,00

Festgehalten wird, dass der Firmenwert lediglich ATS 2.120.256,-- beträgt, stille Reserven nicht vorhanden sind und der Betrag des negativen Kapitalkontos ATS 8.758.004,42 beträgt.
Das bedeutet, dass die stillen Reserven und der Firmenwert zusammen den Betrag des negativen Kapitalkontos nicht übersteigen.
Bereits aus dem Sozietätsvertrag vom ergibt sich, dass ein event. vorhandener Negativsaldo des „Auseinandersetzungsstatus“ vom ausscheidenden Gesellschafter zu bezahlen ist. Abgesehen davon hat der persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter einer GesbR grundsätzlich sein negatives Kapitalkonto bei Ausscheiden aus der Gesellschaft auszugleichen.
Festgestellt wird, dass bis zum heutigen Tag keine Zahlungen zur Abdeckung des negativen Kapitals erfolgt sind, woraus aus Sicht des Finanzamtes ein betrieblicher Grund für den Verzicht der Auffüllungsverpflichtung zu erkennen ist. Aus dem Teil-Schiedsspruch ist weiters zu erkennen, dass die Auflösung der Gesellschaft (auch) erfolgte, weil die beiden Gesellschafter aus persönlichen Gründen nicht mehr zusammen arbeiten konnten bzw. wollten. Daraus ist abzuleiten, dass jeder der beiden Gesellschafter sich von seinem Partner so schnell wie trennen wollte und auch die Risiken eines Neubeginnes in Kauf genommen hat.

Um die Trennung so schnell wie möglich umzusetzen, wurde auf die Gesellschaftsrechte, die einen Vermögenswert darstellen und die darin enthaltene Forderung der Gesellschaft, das Kapital aufzufüllen, quasi verzichtet.

Ermittlung Veräußerungsgewinn


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Eigenkapital
8.758.004,42
- Firmenwert
-2.120.256,00
Auffüllungsverpflichtung
6.637.748,42
 
 
Veräußerungsgewinn
 
1) Firmenwert
2.120.256,00
2) Auffüllungsverpfl.
6.637.748,42
Veräußerungsgewinn
8.758.004,42


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Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
ATS
ATS
ATS
Aufteilung Veräußerungsgewinn 50 : 50
4.379.002,21
4.379.002,21
8.753.004,42

Im Rahmen des innerbetrieblichen Verlustausgleichs sind allfällige Teilgrößen der Gesamtgröße "Gewinn" zunächst zu saldieren. So ist z.B. ein Veräußerungsgewinn als Teil des Betriebserfolges zunächst mit einem allfälligen Verlust (z.B. Übergangsverlust) zu saldieren. Da der Veräußerungsgewinn nur eine Teilgröße des (aufzuteilenden) Gesamtgewinns ist, kann die Begünstigung für den Veräußerungsgewinn höchstens im Ausmaß des tatsächlich zu versteuernden Gewinns zur Anwendung kommen.

3. Zur Wertberichtigung der Forderung des Dr. A**** an Dr. B****

Zum Vorbringen des Dr. A**** hinsichtlich der Wertberichtigung der Forderung an Dr. B**** ist festzustellen:
Aus dem Schreiben vom Dr. A**** vom , eingelangt am , ist ersichtlich, dass Dr. A**** seine Ansprüche gegen Dr. B**** mit Abtretungsvertrag vom an Zahlungs statt abgetreten hat. Dies kommt einem Zufluß und einer Mittelverwendung gleich.“

Gegen diesen Bescheid wendet sich die von Dr. A**** eingebrachte Berufung (nunmehr Beschwerde):

Betreffend die Ermittlung des Übergangsgewinnes wird eingewendet, der Übergangsgewinn sei von der Betriebsprüfung mit 2.562.306,17 ATS ermittelt worden (Anm: tatsächlich laut Niederschrift über die Schlussbesprechung und Bericht: 2.551.926,90 ATS). Dr. A**** habe diese Berechnung damals außer Streit gestellt, vor allem, weil die Zahlen betreffend die Forderungen und Verbindlichkeiten von Dr. B**** aufgrund des persönlichen Zerwürfnisses und dem damit verbundenen fehlenden Zugriff auf dessen Bücher und Aufzeichnungen der Jahre 2001 ff nicht nachvollzogen habe werden können.
Die nunmehr erfolgte Änderung des Übergangsgewinnes (Anm: 2.416.607,58 ATS) sei mangels Erläuterung nicht nachvollzieh- und überprüfbar, weshalb er diese Berechnung zur Gänze bestreite.
Der Übergangsgewinn sei ebenso wie der laufende Gewinn im Verhältnis 50 : 50 aufzuteilen, wie auch im   angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt werde.
Sollten die tatsächlichen Entnahmen nicht dieser Gewinnverteilung entsprochen haben, habe dieser Umstand keine Auswirkungen auf die Verteilung des Übergangsgewinnes (vgl die aufhebende und zurückverweisende   Be­rufungs­ent­schei­dung des Unabhängigen Finanzsenates Seite 14)
Die einseitige Berücksichtigung des Ergebnisses des Schiedsverfahrens (Anm: 2.201.648,00 ATS) bei Dr. A**** sei daher völlig unverständlich. Insbesondere, da der Übergangsgewinn im Übrigen nicht entsprechend den späteren Zu- und Abflüssen bei den beiden ehemaligen Gesellschaftern, sondern im Verhältnis 50 : 50 aufgeteilt worden sei.
Weiters führe die Berechnung des   Finanzamtes im angefochtenen Bescheid mathematisch zu dem denkunmöglichen Ergebnis, dass die im Schiedsspruch vom zugesprochenen Ansprüche – sofern man unterstelle, dass diese 1 : 1 im Übergangsgewinn enthalten seien – nunmehr zu 150% bei Dr. A**** und zu 50% bei Dr. B**** berücksichtigt würden.
Die Verteilung des Übergangsgewinnes habe im Verhältnis 50 : 50 zu erfolgen.

Betreffend die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes wird in der Beschwerde eingewendet, es werde vom  Finanzamt offenbar unterstellt, die Gesellschafter müssten ihre negativen Kapitalkonten, welche im Wesentlichen aufgrund der Bankverbindlichkeiten bestanden hätten, nicht auffüllen.
Tatsächlich seien die Gesellschafter jedoch - alleine schon aufgrund der gesetzlich für GesbRs vorgesehenen solidarischen Haftung für Verbindlichkeiten - gezwungen gewesen, in den Jahren seit der Auflösung nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten die Bankkredite zu bedienen. Dr. A**** habe erst nach jahrelangen Verhandlungen und durch Begleichung von 50% der noch bestehenden Bankverbindlichkeiten mit Vereinbarung mit dem betroffenen Kreditinstitut vom erreichen könne, aus der Solidarhaftung für die verbleibenden 50% entlassen zu werden.
Die sonstigen Verbindlichkeiten seien aufgrund der Abflüsse der Folgejahre in den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen der beiden ehemaligen Gesellschafter festgestellt worden, was die Auffüllung dieser Verbindlichkeiten außer Frage stelle.
Die negativen Kapitalkonten könnten daher keinesfalls als Veräußerungsgewinn angesetzt werden.

Betreffend den Veräußerungserlös wird in der Beschwerde zusammengefasst vorgebracht, bei Beendigung der GesbR sei kein barer Veräußerungserlös erzielt worden sondern seien von den ehemaligen Gesellschaftern Teile des Betriebsvermögens entnommen und in den jeweiligen Einzelunternehmen weiter verwendet worden.
Laut der   Be­rufungs­ent­schei­dung des Unabhängigen Finanzsenates handle es sich dabei um eine entgeltlichen Betriebsveräußerung iSd § 24EStG, auf welche die Bestimmungen des § 6 Abs 14 EStG (Tausch) anzuwenden seien.
Gemäß § 6 Z 14 lit a EStG sei bei einem Tausch der gemeine Wert des hingegebene Wirtschaftsgutes (hier: Wert des Anteiles an der GesbR) als Veräußerungspreis anzusetzen. Die Bewertung des erworbenen Wirtschaftsgutes (hier: Einzelkanzlei) erfolge zu Anschaffungskosten, die dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes entsprächen (EStR 2000 Rz 2590).
Dr. A**** sei es mangels Zugriff auf die Bücher und Aufzeichnungen des Dr. B**** für die Jahre 2001 ff nicht möglich gewesen, eine Berechnung des gemeinen Wertes der GesbR anzustellen. Er habe sich daher darauf beschränken müssen, den gemeinen Wert des von ihm übernommenen Teilbetriebes zu ermitteln, da dieser Wert in konsequenter Anwendung des § 6 Z 14 lit a EStG dem Veräußerungserlös von 50% der GesbR entsprechen müsse. Diese Vorgehensweise sei gemäß EStR 2000 Rz 2593 zulässig.
Er habe den Firmenwert (= Klientenstock) aufgrund eines für Rechtsanwaltskanzleien anwendbaren Multiplikators ermittelt. Berechnungsmethode und Multiplikator seien vom Finanzamt übernommen worden. Jedoch habe das Finanzamt unrichtigerweise nicht die Umsätze der Jahre 2001 bis 2003 seiner Einzelkanzlei sondern die Umsätze der Jahre 1997 bis 1999 der GesbR zugrunde gelegt.
Bei einer Unternehmensbewertung müssten anerkannte betriebswirtschaftliche Methoden (etwa das Fachgutachten KFS Bw 1 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder) beachtet werden (zB UmgrStR Rz 682 ff). Demnach könne ein Unternehmenswert nur aus künftigen finanziellen Überschüssen ermittelt werden. Das Abstellen auf künftige Umsätze sei für die Ermittlung des Firmenwertes unerlässlich.
Bei Kanzleiübergaben von Freiberuflern wie Rechtsanwälten sei ein am Wert des Klientenstocks bzw Firmenwerts orientierter Verkehrswert erzielbar. Es entspreche den Regeln der Logik, dass nur der tatsächlich vom jeweiligen ehemaligen Gesellschafter übernommene Klientenstock Basis für die beim jeweiligen Gesellschafter individuell zu ermittelnden Veräußerungserlös bilden könne.
Dr. A**** habe nur Zugriff auf seine eigenen Aufzeichnungen ab dem Jahr 2001 und könne daher nur den Veräußerungsgewinn ermitteln, der auf den von ihm übernommenen Klientenstock entfalle.


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Ermittlung Firmenwert
EUR
Umsätze 2001
154.900,00
Umsätze 2002
224.120,00
Umsätze 2003
285.030,00
Summe
664.050,00
./. 3 = durchschn. Jahresumsatz
221.350,00
davon 28% (= Multiplikator)
61.978,00
gerundet
62.000,00

Neben dem Firmenwert seien zur Ermittlung des Veräußerungserlöses (= Wert der Einzelkanzlei) noch alle übrigen übernommen Wirtschaftsgüter bzw Schulden zu berücksichtigen, da ein potenzieller Käufer bei der Festlegung des Kaufpreises sämtliche offenen Ansprüche und Verpflichtungen finanzieller Art ansetzen würde.


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Ermittlung Veräußerungserlös
EUR
Firmenwert (siehe oben)
62.000,00
„Forderungen Honorare“ (Bescheid vom )
79.679,40
„Verbindlichkeiten Ausgaben“
-21.421,88
„Verbindlichkeiten Dienstnehmer“ (Bescheid vom )
-60.529,81
50% der Bankverbindlichkeiten
-432.943,79
Veräußerungserlös
-373.200,08
gerundet
-373.200,00

(Mit schriftlicher Bekanntgabe vom seien dem Finanzamt die Ansprüche der Dienstnehmer per im Einzelnen bekanntgegeben und die Richtigstellung der in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom angenommenen Summe der Dienstnehmerforderungen von ATS 530.141,84 (= EUR 38.526,91) auf zusammen EUR 60.529,81 beantragt worden. Da im angefochtenen Bescheid wieder die unrichtige Summe aufscheine, werde neuerlich deren Richtigstellung beantragt.)

Von diesem Veräußerungserlös sei zur Ermittlung des Veräußerungsgewinnes der steuerliche Buchwert seines Kapitalkontos in der ehemaligen GesbR abzuziehen. Dazu sei der steuerliche Buchwert des Eigenkapitals zu ermitteln.
Aufgrund der vereinbarten Gewinnverteilungsregelung und der Annahme, dass nur dementsprechende Entnahmen durch die Gesellschafter erfolgten, würden die Kapitalkonten von Dr. B**** und Dr. A**** je der Hälfte des steuerlichen Eigenkapitals entsprechen. Dabei sei jedoch aufgrund der Tatsache, dass Dr. B**** im Lauf des Bestehens der GesbR Entnahmen getätigt habe, die über seinen rechtmäßigen Anspruch hinausgegangen seien (vgl Schiedsspruch vom ) sein eine Anpassung erforderlich.


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Ermittlung Buchwert des Kapitalkontos Dr. A****
ATS
Eigenkapital (Bescheid vom )
-8.758.004,42
zuzüglich ungerechtfertigte Entnahmen Dr. B****
1.723.284,70
Zwischensumme
-7.034.719,72
davon 50%
-3.517.359,86
umgerechnet in EUR
-255.616,51
gerundet
-255.600,00

Aus diesen Berechnungen ergebe sich folgender Veräußerungsverlust:


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Ermittlung Veräußerungserlös
EUR
Veräußerungserlös
-373.200,00
Abzüglich Kapitalkonto Dr. A**** (Bescheid vom )
-(-255.600,00)
Veräußerungsverlust
-117.600,00

Dr. A**** stelle daher den Antrag, seinen Anteil an den im Jahr 2009 im Rahmen GesbR erzielten Einkünfte wie folgt festzustellen:


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Beträge in EUR
Dr. R**** A****
laufender Gewinn 50%
24.989,50
Übergangsgewinn 50%
81.810,86
Veräußerungsverlust
-117.600,00
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
-4.799,64

Aufgrund des nunmehr entgeltlichen Erwerbs einer Einzelkanzlei sei der festgestellte Firmenwert von EUR 62.000 ebenfalls entgeltlich erworben und stelle daher ein abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut dar. Die Abschreibungen seien daher in den Folgejahren zu berücksichtigen.
Bei Ansatz von Dienstnehmerverbindlichkeiten von EUR 38.526,91 ergäben sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit von EUR 17.200,36.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Realteilung:

Im Beschwerdefall wurde die zwischen Dr. A**** und Dr. B**** bestehende GesbR zum gekündigt, wobei jeder der beiden Gesellschafter einen Teilbetrieb (im Wesentlichen den von ihm betreuten Klientenstock) weiterführte. Weder wurde ein Teilungsvertrag geschlossen, noch erfolgte eine Meldung beim Finanzamt. Die GesbR hatte keinen positiven Verkehrswert (vgl das negative Kapitalkonto). Das UmgrStG, welches ua eine Buchwertfortführung vorsieht, ist damit mangels Erfüllung der dafür notwendigen Voraussetzungen nicht anwendbar.

Diese Nichtanwendbarkeit des UmgrStG bewirkt, dass der Tauschgrundsatz zur Anwendung kommt (§ 24 Abs 7 EStG). Dabei tauschen die Gesellschafter jeweils ihren Mitunternehmeranteil (hingegebenes Wirtschaftsgut) gegen den erhaltenen Teilbetrieb. Es liegt damit eine Betriebsveräußerung (bzw Mitunternehmeranteilsveräußerung) vor. Dabei kommt die Bewertungsbestimmung des § 6 Z 14 EStG zur Anwendung. Dies hat zur Folge, dass die in den Mitunternehmeranteilen (in den Gesellschaftsrechten) enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden.

Laufender Gewinn:

Die Höhe des laufenden Gewinnes ist unstrittig.

Übergangsgewinn:

Gemäß § 24 Abs 2 EStG ist der Veräußerungsgewinn iSd § 24 Abs 1 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs 1 oder § 5 EStG zu ermitteln. Es ist daher im Fall der Veräußerung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteiles, sofern der Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt wird, gemäß § 4 Abs 10 EStG ein Übergangsgewinn zu ermitteln.

Das Finanzamt hat im angefochtenen Bescheid dargelegt, wie es den Übergangsgewinn ermittelt hat.

In der Beschwerde wird eingewendet, es sei nicht nachvollziehbar, wodurch sich die Änderungen gegenüber dem von der Betriebsprüfung ermittelten Übergangsgewinn ergäben. Dieser sei daher nicht nachvollziehbar und werde daher zur Gänze bestritten.

Die Beschwerde zeigt allerdings nicht auf, welche anderen Werte bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes anzusetzen wären und erweist sich damit insoweit als unbegründet.

Schiedsspruch - 160.000 Euro:

In der Beschwerde wird eingewendet, die Berücksichtigung des Spruches des Schiedsverfahrens erfolge zu Unrecht, da der Übergangsgewinn auch sonst im Verhältnis 50:50 und nicht entsprechend den späteren Zu- und Abflüssen bei den ehemaligen Gesellschaftern ermittelt worden sei. Die Berechnung des Finanzamtes führe zudem zu dem denkunmöglichen Ergebnis, dass die im Schiedsspruch zugesprochenen Ansprüche – sofern man unterstelle, dass dieses 1:1 im Übergangsgewinn enthalten seien – nunmehr zu 150% bei Dr. A**** und zu -50% bei Dr. B**** berücksichtigt worden seien. Die Verteilung zwischen den Gesellschaftern habe im Verhältnis 50:50 zu erfolgen.

Mit Schiedsspruch vom wurde Dr. B**** im Punkt 2.schuldig gesprochen Dr. A**** binnen 14 Tagen über die bis erbrachten Leistungen nach L und K (Advokat-System) in den Akten, die in der zu Punkt 1.dieses Schiedsspruches genannten Liste verzeichnet sind, Rechnung zu legen. In der Begründung des Schiedsspruches wird dazu ua ausgeführt, im Verfahren habe sich ergeben, dass eine Abrechnung mit Honorarvereinbarung mit dem Klienten beidseits nicht immer gemäß Punkt VIII des Sozietätsvertrages durchgeführt worden sei. Bei Rechtsschutzvereinbarungen sei es üblich gewesen, höhere Nachlässe zu gewähren. Wenn sich bei Überprüfung der durch Dr. B**** abzurechnenden Leistungen und der durch Dr. B**** gelegten Rechnungen an die Klienten herausstellen sollte, dass zwischen den tatsächlich erbrachten Leistungen und der Abrechnung dem Klienten gegenüber wesentliche, bisher nicht übliche Nachlässe gewährt worden seien, habe Dr. A**** allenfalls die Möglichkeit, die Differenzbeträge als Schadenersatzforderung geltend zu machen.

Mit Teil-Schiedsspruch vom wurde Dr. B**** ua schuldig gesprochen, dem Dr. A**** den Betrag von € 160.000 samt Zinsen binnen 14 Tagen zu bezahlen. In der Begründung dieses Schiedsspruches wird dazu unter anderem ausgeführt, das Schiedsgericht sei nach eingehenden Beratungen zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Betrag von € 160.000 als zu Recht bestehende Forderung von Dr. A**** festgestellt werde, weil in diesem Ausmaß Dr. B**** durch nicht vertragsgemäße Honorarabrechnungen seinem Partner Dr. A**** einen Schaden durch anteilsmäßig entgangene Honorare zugefügt habe. Der Beginn des Zinsenlaufes sei mit erstem ersten 2002 jedenfalls eingetreten, da der erste Schiedsspruch mit der im Punkt 2. enthaltenen Rechnungslegungsverpflichtung dem Rechtsvertreter des Dr. B**** am zugestellt worden sei und die 14-tägige Leistungsfrist, auch wenn dies im Hinblick auf den Umfang der Rechnungslegungspflicht zugunsten Dr. B**** aufgerundet werde, jedenfalls die Zugrundelegung der Fälligkeit spätestens mit Jahresende 2001 gerechtfertigt erscheinen lasse.

Bei der Forderung des Dr. A**** von € 160.000 gegen Dr. B**** handelt es sich somit um eine Schadenersatzforderung, welche mit Teilschiedsspruch vom rechtskräftig festgestellt wurde.

Ein Anspruch kann in bilanzrechtlichen Sinn nur bzw erst dann als Forderung angesehen werden, wenn es sich dabei um ein Wirtschaftsgut handelt. Dafür sind in erster Linie die Regelung der Betriebswirtschaftslehre maßgeblich, nicht so sehr die Vorschriften des Zivilrechts. Hat ein Anspruch (noch) nicht die Eigenschaft eines Wirtschaftsgutes, darf er nicht bilanziert werden. Von vornherein in vollem Umfang bestrittene Forderungen ohne erbrachte Gegenleistung wie Forderungen wegen Vertragsverletzung, einer unerlaubten Handlung, Schadenersatz oder ungerechtfertigter Bereicherung uä dürfen nicht bilanziert werden. Sie können erst am Schluss des Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist oder eine Einigung (Vergleich) mit dem Schuldner zustandegekommen ist. Eine frühere Bilanzierung ist auch aus der Sicht der Werterhellung nicht möglich, weil die Wirtschaftsgut-Eigenschaft nicht rückprojiziert werden kann (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 6 Tz 121f mwN).

Die Forderung des Dr. A**** von € 160.000 gegen Dr. B**** ist eine Schadenersatzforderung, die erst im Jahr 2007 rechtskräftig festgestellt wurde. Zum war diese Forderung somit noch nicht zu bilanzieren und daher bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes zum auch nicht zu berücksichtigen.

Im Lichte dieser rechtlichen Umstände erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt im Ergebnis als berechtigt.

Ansprüche Arbeitnehmer:

In der Beschwerde wird eingewendet, die Ansprüche der Dienstnehmer betrügen per nicht, wie bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes angesetzt, S 530.141,84 (= € 38.526,91), sondern tatsächlich €  60.529,81.

Tatsächlich sind, worauf auch das Finanzamt im Vorlagebericht unbestritten verweist, in den Verbindlichkeiten Dr. B****, im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten Dr. A****, bereits Dienstnehmerverbindlichkeiten in der entsprechenden Höhe ausgewiesen, weshalb nur noch der vom Finanzamt angesetzte Betrag in die Ermittlung des Übergangsgewinnes aufzunehmen war. Die Beschwerde erweist sich damit insoweit als unbegründet.

Firmenwert:

Das Finanzamt hat den Firmenwert ermittelt, indem es den durchschnittlichen Umsatz der vorangegangenen drei Jahre (1997 – 1999) mit dem von Dr. A**** bekanntgebebenen Multiplikator von 28% multipliziert hat. Daraus ergab sich ein Firmenwert = Wert des Klientenstockes für die gesamte GesbR bzw Mitunternehmerschaft von S 2.120.255.

In der Beschwerde wird eingewendet, dass eine Unternehmenswertermittlung in zukunftsbezogen zu erfolgen habe und daher die Umsätze der Folgejahre heranzuziehen seien. In der Beschwerde findet sich sodann eine auf den von Dr. A**** geführten Betrieb bezogene Berechnung des Unternehmenswertes. Der Betrieb von Dr. B**** ist in diese Berechnung nicht einbezogen.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Es trifft zwar zu, dass es sich bei der Ermittlung des Unternehmenswertes um eine zukunftsbezogene Betrachtung handelt. Allerdings übersieht die Beschwerde, dass es bei der Ermittlung des Unternehmenswertes (=Firmenwertes bzw Kundenstocks) nicht um den Wert der Einzelunternehmen der ehemaligen Gesellschafter nach der Trennung, sondern um den Wert der GesbR vor der Trennung geht. Dieser Wert kann jedoch nur durch eine Projektion der Ergebnisse der Vergangenheit in die Zukunft (wie vom Finanzamt vorgenommen) geschätzt werden, weil selbst bei gesamthafter Betrachtung der Ergebnisse der beiden Einzelunternehmen nicht gesagt ist, dass bei Unterbleiben der Trennung und Weiterbestehen der GesbR nicht ein anderes Ergebnis vorgelegen wäre.

Die vom Finanzamt vorgenommene Heranziehung der Jahresumsätze der Jahre 1997 bis 1999 zur Ermittlung des Firmenwertes erweist sich damit als zulässig, die Beschwerde ist daher insoweit unbegründet.

Veräußerungsgewinn:

Das Finanzamt vertritt die Ansicht, der Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs 2 EStG betrage - entsprechend der Höhe des negativen Kapitalkontos - S 8,758.004,42, da die stillen Reserven von S 0,00 und der (vom Finanzamt ermittelte) Firmenwert von S 2,120.256,00 zusammen den Betrag des negativen Kapitalkontos nicht überstiegen. Die Gesellschafter hätten ihr negatives Kapitalkonto nicht aufzufüllen, in Höhe der Summe aus dieser entfallenden Auffüllungsverpflichtung von S 6,637.748,42 und dem Firmenwert ergebe sich daher ein Veräußerungsgewinn von S 8,758.004,42 (= negatives Kapitalkonto).

§ 24 Abs 2 EStG lautet:

Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, ist als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muß.

In der Beschwerde wird eingewendet, dass nicht davon die Rede sein könne, dass das die Gesellschafter das negative Kapitalkonto nicht auffüllen müssten, da diese doch die von der Gesellschaft aufgenommenen Kredite (Bankschulden rd S 11,9 Mio) bedienen müssten.

Dieses Vorbringen ist berechtigt.

Das negative Kapitalkonto bedeutet während des Bestehens der Gesellschafterbeteiligung keine Schuld des Gesellschafters an die Gesellschaft; er ist nicht verpflichtet, einen entsprechenden Betrag an die Gesellschaft zu zahlen. Das negative Kapitalkonto ist nicht Ausdruck einer gegenwärtigen Verpflichtung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern oder der Gesellschaft, sondern bloß ein Rechnungsposten, der die handelsrechtliche (gesellschaftsvertragliche) Gewinnermittlung und den Gewinnauszahlungsanspruch des Gesellschafters beeinflusst.
Praktische Bedeutung erlangt der negative Stand des Kapitalanteiles insbesondere dann, wenn die Gesellschaft liquidiert wird oder der Gesellschafter mit negativem Kapital aus der Gesellschaft ausscheidet.
Der persönlich haftende Gesellschafter hat grundsätzlich sein negatives Kapital auszugleichen (aufzufüllen)
.) in Form von Ausgleichszahlungen an seine Mitgesellschafter,
.) durch Verrechnung mit den auf seinen Anteil entfallenden aufgelösten stillen Reserven einschließlich Firmenwert,
.) durch Beteiligung an der Erfüllung von Gesellschaftsschulden (Margreiter/Wakounig/Glega, Steuerliche Sonderbilanzen in der Praxis [2001], 110).

Dieser letztangeführte Fall liegt im Streitfall vor. Die Gesellschafter waren verpflichtet, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (= die Gesellschaftsschulden) zu bedienen. Die Gesellschafter hatten somit ihr negatives Kapitalkonto aufzufüllen bzw auszugleichen. § 24 Abs 2 letzter Satz EStG kommt daher im Streitfall nicht zur Anwendung.

Ermittlung des Veräußerungsgewinnes:

Bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinnes kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven, diese und der Firmenwert werden besteuert. Im Streitfall liegen unstrittig keine stillen Reserven, sondern lediglich ein Firmenwert vor, dessen Höhe strittig ist.

Nach den Grundsätzen des allgemeinen Steuerrechtes stellt die zur Erlangung von Vermögen erfolgende Aufgabe von Gesellschaftsrechten einen Veräußerungsvorgang dar (Thomas Walter, Umgründungssteuerrecht7, Rz 687).

Fällt die gesellschaftsvertragliche Übertragung von (Teil)Betrieben oder Mitunternehmeranteilen nicht unter Art V UmgrStG, sind die stillen Reserven einschließlich eines Firmenwertes aufzudecken und zu versteuern ( ÖStZ 1997, 32).

Die Gesellschafter tauschen bei einer Realteilung ihre Gesellschaftsrechte gegen die Teilbetriebe.

Beim Tausch von Wirtschaftsgütern liegt gemäß § 6 Z 14 lit a EStG jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vor. Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes sind jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen.

Beim hingegebenen Wirtschaftsgut handelt es sich um die Gesellschaftsrechte, deren Wert entspricht dem gemeinen Wert des Betriebes.
Der gemeine Wert ergibt sich aus dem Buchwert samt stillen Reserven und Firmenwert; im Streitfall mangels stiller Reserven aus dem Buchwert des Betriebes laut Bilanz (= das negative Eigenkapital von S -8.758.004,42) plus Firmenwert (S 2.120.256,00), dies ergibt einen gemeinen Wert des Betriebes bzw der Gesellschaftsrechte von S -6.637.748,42.

Die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes mit der Bruttomethode stellt sich wie folgt dar:

Bruttomethode (vgl zB Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Tz 68):


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-6.637.748,42
Kaufpreis = gemeiner Wert der Gesellschaftsanteile
+13.718.314,14
plus übernommene Schulden
-4.960.309,72
minus Aktiva
2.120.256,00
= Veräußerungsgewinn = Firmenwert

Der Veräußerungsgewinn beträgt daher 2.120.256,00, dies entspricht dem Firmenwert = Wert des Klientenstockes.

Die Beschwerde erweist sich damit insoweit als berechtigt.

Berechnung:


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laufender Gewinn
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
343.863,00
343.863,00
687.726,00
 
 
 
 
Übergangsgewinn laut FA
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
Aufteilung Übergangsgewinn 50:50
1.208.303,79
1.208.303,79
2.416.607,58
Zahlungsverpflichtung laut Teil-Schiedsspruch
2.201.648,00
-2.201.648,00
0,00
 
3.409.951,79
-993.344,21
2.416.607,58
 
 
 
 
Veräußerungsgewinn laut FA
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
4.379.002,21
4.379.002,21
8.758.004,42
 
 
 
 
Summe laut FA
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
8.132.817,00
3.729.521,00
11.862.338,00
 
 
 
 
Übergangsgewinn laut BFG
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
Aufteilung Übergangsgewinn 50:50
1.208.303,79
1.208.303,79
2.416.607,58
Zahlungsverpflichtung laut Teilschiedsspruch
entfällt
entfällt
entfällt
 
1.208.303,79
1.208.303,79
2.416.607,58
 
 
 
 
Veräußerungsgewinn laut BFG
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
1.060.128,00
1.060.128,00
2.120.256,00
 
 
 
 
Summe laut BFG
 
 
 
 
Dr. A****
Dr. B****
Summe
 
2.612.294,79
2.612.294,79
5.224.589,58

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Streitfall war lediglich die unstrittige Rechtslage auf den unstrittigen Sachverhalt anzuwenden. Bei dieser schlichten Rechtsanwendung war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Die Beschwerde erweist sich damit zum Teil als berechtigt, der angefochtene Bescheid ist daher entsprechend abzuändern.

Beilage: 1 Berechnungsblatt (Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2000)

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100131.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at