Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2018, RV/7300006/2018

Beschwerde der Amtsbeauftragten, Anhebung der Ersatzfreiheitsstrafe wegen hohen Verschuldensgrades

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 3 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen J, (Bf.) wegen derFinanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1, 3 lit. a i.V. 13 FinStrG und § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über 1) die Beschwerde des Beschuldigten vom  und 2) die Beschwerde der Amtsbeauftragten vom 6 .2.2018 gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer SN, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit des Beschuldigten, jedoch in Anwesenheit der Amtsbeauftragten E sowie der Schriftführerin R zu Recht erkannt:

Den Beschwerden des Bf. und der Amtsbeauftragten als Vertreterin der Amtspartei wird insoweit stattgegeben, dass der Schuldspruch zu Punkt a) und b) des Erkenntnisses des Spruchsenates dahingehend ergänzt wird, dass das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1, 3 lit. a i.V. 13 FinStrG begangen wurde, dafür und für den unveränderten Schuldspruch zu Punkt c) des Erkenntnisses des Spruchsenates wird mit Strafneubemessung vorgegangen.

Die Geldstrafe wird nach § 33 Abs. 5 FinStrG mit € 12.500,00 bestimmt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird nach § 20 FinStrG mit 50 Tagen bemessen.

Im Übrigen werden die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Nach § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG betragen die Kosten des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens € 500,00.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde der Bf. schuldig erkannt, er habe in Wien vorsätzlich
a) durch Nichtabgabe einer Abgabenerklärung zur Einkommensteuer für 2013, sohin unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht,
bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich Einkommensteuer für 2013 in Höhe von € 3.267.- verkürzt;
b) durch Nichtabgabe einer Abgabenerklärung zur Umsatzsteuer für 2013, sohin unter
Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-‚ Offenlegungs- und Wahrheitspflicht,
bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von €
5.000.- verkürzt;
c) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar für die Monate 01-12/2014 iHv € 12.847,99, 01-12/2015 iHv € 12.616,05, 07/2016 iHv € 677,46
Er habe hiedurch
zu a) und b): das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG
zu c): das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG
begangen und werde hiefür nach § 33 Abs. 5 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 13.600.- bestraft.
Gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine
Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 185 FinStrG hat der Bestrafte die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von €
500.- und des allfälligen Vollzuges zu ersetzen.

Zu den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt:
"Vorweg ist festgehalten, dass der Beschuldigte zur heutigen mündlichen Verhandlung vor
dem Spruchsenat trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erschienen ist, sodass gemäß § 126 FinStrG in seiner Abwesenheit verhandelt und das Erkenntnis gefällt werden konnte.
Über die Vermögens- und Ertragslage des finanzstrafrechtlich bisher noch nicht in
Erscheinung getretenen Beschuldigten ist nichts Näheres bekannt.
Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die
Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes steht nachstehender Sachverhalt fest:
Am erstattete der Beschuldigte eine Selbstanzeige für 2014, welcher mangels
fristgerechter Entrichtung der geschuldeten Abgaben keine strafbefreiende Wirkung zukam.
Im Zuge des nachfolgenden Verfahrens wurde festgestellt, dass für 2013 keine
Jahreserklärungen zu Einkommen- und Umsatzsteuer und für 01-12/2014 sowie 07/2016 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch keine Zahlungen geleistet wurden.
Die strafbestimmenden Wertbeträge gründen sich auf das vorgelegte Rechnungswerk und
die daraus resultierenden Berechnungen der Finanzstrafbehörde, welche vom Beschuldigten auch der Höhe nach uneingeschränkt anerkannt wurden.
Als jahrelang im Geschäftsleben selbständig Tätiger wusste der Beschuldigte über seine
Verpflichtung zur Abgabe inhaltlich richtiger Abgabenerklärungen und
Umsatzsteuervoranmeldungen zu den jeweiligen Fälligkeitsdaten Bescheid.
Bei Nichtabgabe der unrichtigen Erklärungen zur Einkommens-‚ sowie Umsatzsteuer für die im Spruch unter a) und b) bezeichneten Zeiträume hielt der Beschuldigte sowohl eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, als auch eine
Verkürzung der entsprechenden Abgaben ernstlich für möglich und fand sich damit ab.
Bei der Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen unter gleichzeitiger Nichtentrichtung der jeweiligen Umsatzsteuervorauszahlungen für die im Spruch unter c) bezeichneten Monate hielt der Beschuldigte eine Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen ernstlich für möglich und fand sich damit ab. Die dadurch bedingten Verkürzungen an Umsatzsteuervorauszahlungen für die entsprechenden Monate hielt er für gewiss.
Der Beschuldigte bekannte sich von Beginn an schuldig und führte die gegenständlichen
Malversationen auf private Probleme zurück.
Dazu hat der Spruchsenat erwogen:
Nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer unter
Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994
entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Für 2015 verwirklicht der Beschuldigte daher das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, zumal die Veranlagung vor Ablauf der Erklärungsfrist erfolgte.
Nach § 33 (3) a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung bewirkt mit Bekanntgabe des
Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden, oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist,
Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Nach § 8 (1) FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt das vom Gesetz vorgegebene Tatbild in objektiver
und subjektiver Hinsicht.
Es war daher mit einem Schuldspruch vorzugehen.
Nach der Bestimmung des § 33 Abs. 5 FinStrG wird das Finanzvergehen der
Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet.
Nach § 23 FinStrG bemisst sich die Strafe nach der Schuld des Täters und sind die
Erschwerungs- und Milderungsgründe, sowie die persönlichen Verhältnisse des Täters zu
berücksichtigen.
Bei der Strafbemessung war mildernd: der ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung; erschwerend: das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen.

Bei Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und die Täterpersönlichkeit ist die
ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe schuld- und tatangemessen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht zwingend auf der angezogenen Gesetzesstelle.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten vom mit folgender Textierung:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich, M, erhebe EINSPRUCH gegen das Erkenntnis des Finanzamtes in dem gegen mich durchgeführtem Finanzverfahren.

Da ich die Vorladung zu der mündlich durchgeführten Verhandlung erst nach der Verhandlung erhalten habe, konnte ich an dieser nicht teilnehmen, und demzufolge konnte ich mich zu den gegen mich erbrachten Anschuldigungen nicht äußern.

Zu dem was mir vorgeworfen wird kann ich folgendes sagen, ich habe den Staat ganz sicher nicht vorsätzlich um meine Steuerpflicht bringen wollen und mich unrechtmäßig bereichern.

Es ist gewiss einiges falsch gelaufen, aber nicht weil ich betrügen wollte, sondern die Folge meiner damaligen privaten und beruflichen Gegebenheiten.

Ich ersuche Sie um eine neuerliche Verhandlung, um das was mir vorgeworfen wird entkräften zu können."

**********

Weiteres richtet sich gegen das Erkenntnis die Beschwerde der Amtsbeauftragten vom mit folgendem Inhalt:

"Die in der mündlichen Verhandlung vom angemeldete Beschwerde wird wie folgt ausgeführt:

Mit Erkenntnis des Spruchsenates wurde über den Beschuldigten M.J. wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 (1) und § 33 (2) a FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 13.600,- (NEF 34 Tage) verhängt, wobei mildernd der ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung; erschwerend das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen gewertet wurde.

Die Strafe wurde mit 39,53 % des strafbestimmenden Wertbetrages von € 34.408,50 bemessen. Aus spezialpräventiven Gründen erscheint die verhängte Freiheitsstrafe in Relation zum aktuellen Einkommen als zu gering bemessen, da von einem Strafsatz von € 400,- pro Tag Ersatzfreiheitsstrafe ausgegangen wurde. Der Beschuldigte ist AMS Bezieher und seit in Konkurs (HG Wien, GZ 38 S 102/17b).

Dienstgeberadresse AMS Wien Dresdnerstraße, Dresdner Straße 110, 1200 Wien

Versicherungszeiten -laufend, arbeitssuchend

Beitragsgrundlagen: Keine Beitragsgrundlagen vorhanden.

Da davon auszugehen ist, dass die Geldstrafe nicht einbringlich sein wird und von der Erbringung gemeinnütziger Leistungen auszugehen ist, wird eine Erhöhung der Ersatzfreiheitsstrafe auf 68 Tage (entspricht € 200,- pro Tag) beantragt, um eine entsprechende angemessene pönalisierende Wirkung zu gewährleisten."

Zur mündlichen Verhandlung ist der Bf. unentschuldigt nicht erschienen, die Amtsbeauftragte hat darauf verwiesen, dass er sich stets geständig verhalten hat, jedoch davon auszugehen ist, dass die Geldstrafe nicht einbringlich sein wird.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Abs. 2: Der Abgabenhinterziehung macht sich weiters schuldig, wer vorsätzlich

          a) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur ernstlich für möglich sondern für gewiss hält.        

Abs. 3: Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 ist bewirkt,

          a) mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 13 Abs. 1 FinStrG gelten die Strafdrohungen für vorsätzliche Finanzvergehen nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch.

Abs. 2: Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluss, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 11), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Am erstattete der steuerliche Vertreter des Bf. für ihn eine Selbstanzeige und teilte mit, dass hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen 1-12/2014 und der Umsatzsteuerjahreserklärung 2014 bekannt gegeben werde, dass bisher weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Vorauszahlungen entrichtet worden seien. Es sei eine Zahllast von € 12.847,99 angefallen, die nunmehr mittels Jahreserklärung offengelegt und in Form eines einzubringenden Ratenansuchens entrichtet werde. Die Steuererklärung werde in den nächsten Tagen über FinanzOnline eingereicht werden. 

Die Umsatzsteuererklärung wurde erst am  elektronisch eingereicht.

Am wurde durch den steuerlichen Vertreter des Bf. für ihn eine nahezu wortidente Selbstanzeige für das Jahr 2015 eingereicht und für den Zeitraum 1-12/2015 eine bisher weder gemeldete noch entrichtete Zahllast von € 12.616,05 offengelegt.

Die Umsatzsteuererklärung 2015 wurde am eingereicht.

Nach § 29 FinStrG ist für eine strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige neben der Offenlegung der für eine richtige Abgabenfestsetzung erforderlichen Daten auch eine Entrichtung im Sinne des § 29 Abs. 2 FinStrG erforderlich.

Die bekannt gegebenen Zahllasten wurden nicht entsprechend der gesetzlichen Vorgaben entrichtet, daher kommt den Selbstanzeigen keine strafaufhebende Wirkung zu.

Zur Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrages, somit des objektiven Tatbestandes ist auszuführen:

Bereits für das Jahr 2013 wurden weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Vorauszahlungen entrichtet. Die Jahreserklärungen 2013 wurden am abberufen.

Für dieses Jahr wurden in der Folge auch keine Jahreserklärungen eingebracht, weswegen die Besteuerungsgrundlagen nach § 184 BAO im Schätzungsweg zu ermitteln waren.

Die Einkommensteuer wurde mit € 3.267,00 festgesetzt, die Umsatzsteuer mit € 5.000,00.

Für die Zeiträume 1-12/2014 und 1-12/2015 ergibt sich der strafbestimmende Wertbetrag aus den vom steuerlichen Vertreter des Bf. nachgemeldeten Zahllasten.

Für die Zeiträume 1-6/2016 und 7-12/2016 wurden wegen Nichtabgabe von Voranmeldungen wiederum Schätzungen mit jeweils € 9.900,00 vorgenommen.

Dazu wurde im Zuge der Einvernahmen im Untersuchungsverfahren bei der Finanzstrafbehörde bekannt gegeben, dass lediglich für 7/2016 eine Zahllast von € 677,46 angefallen ist und am die Berechnung dieser Zahllast auch durch die Vorlage der Eingangsrechnungen belegt.

In der Folge wurde das am auch für den Zeitraum 1-7/2016 eingeleitete Finanzstrafverfahren mit Bescheid vom hinsichtlich der Zeiträume 1-6/2016 eingestellt.

Zur subjektiven Tatseite ist festzustellen, dass der Bf. als Unternehmer die gesetzlichen Termine zur Meldung und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen kannte und er es dennoch über Jahre hinweg gänzlich unterlassen hat, seinen diesbezüglichen Melde- und Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Er hat somit die Verkürzungen für gewiss und es auch ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass eine entsprechende Meldung zu den Terminen unterblieb. Die Verkürzung liegt schon allein darin, dass der geschuldete Betrag nicht zu den gesetzlichen Terminen entrichtet wird, es ist nicht gefordert, dass sich der Vorsatz auf einen endgültigen Abgabenausfall richtet.

Für 2010 wurden die Besteuerungsgrundlagen ebenfalls geschätzt, für 2011 und 2012 wurden jeweils Erklärungen eingereicht.

Der Bf. kannte somit bei Nichtabgabe der Jahreserklärungen für das Jahr 2013 seine diesbezügliche Erklärungsverpflichtung aus den Vorjahren und hat daher bedingten Vorsatz, er hat es ernstlich für möglich gehalten, dadurch eine Abgabenverkürzung zu bewirken und hat sich damit abgefunden, hinsichtlich des Versuches der Verkürzung der Jahresumsatzsteuer 2013 und der Einkommensteuer 2013 zu verantworten.

Zu den weiteren Jahren wurden die Zahllasten letztlich eigenständig einbekannt, daher wird dem Parteienvorbringen gefolgt, dass der Bf. es nicht darauf angelegt hat, eine andauernde Schädigung des Abgabengläubigers zu bewirken (Bekanntgabe der geschuldeten Beträge = Rücktritt vom Versuch der Verkürzung der Jahresumsatzsteuer).

Der Bf. hat sich durchwegs zum Sachverhalt geständig gezeigt und war im Verfahren kooperativ. Die saldowirksamen Zahlungen sind im Rahmen der Schadensgutmachung bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.

Der strafbestimmende Wertbetrag betrug laut Erkenntnis des Spruchsenates € 34.408,50 die Strafdrohung € 68.817,00, die ausgesprochene Geldstrafe somit 19,76 % der Strafdrohung.

Entsprechend der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen sind und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten zu berücksichtigen sind.

Bei der Strafbemessung war laut Erkenntnis des Spruchsenates für den Bf. mildernd: der ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung; erschwerend: das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen.

Weiters ist mildernd, dass hinsichtlich der Verkürzungen für 2013 lediglich versuchte Abgabenverkürzungen vorliegen und sind die zwei mangels Entrichtung nicht strafaufhebenden Selbstanzeigen zu berücksichtigen.

Schadensgutmachung wurde bisher im Ausmaß von ca. € 21.000,00 geleistet.

Zum Erschwerungsgrund ist zu detaillieren, dass Tatentschlüsse zu 27 Finanzvergehen zu bestrafen sind.

Am wurde über das Vermögen des Bf. das Konkursverfahren eröffnet.

Die Geldstrafe war daher unter Berücksichtigung der schlechten wirtschaftlichen Lage des Bf. und der zwei weiteren Milderungsgründe spruchgemäß herabzusetzen.

Gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG gilt: Wird auf eine Geldstrafe oder auf Wertersatz erkannt, so ist zugleich die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Abs. 2:  Die gemäß Abs. 1 anstelle einer Geldstrafe und eines Wertersatzes festzusetzenden Ersatzfreiheitsstrafen dürfen bei Finanzvergehen, deren Ahndung dem Gericht vorbehalten ist, das Höchstmaß von je einem Jahr, wenn jedoch die Geldstrafdrohung das Zweifache des Betrages, nach dem sich sonst die Strafdrohung richtet, übersteigt, das Höchstmaß von je eineinhalb Jahren und wenn dieser Betrag 500.000 Euro übersteigt, das Höchstmaß von je zwei Jahren nicht übersteigen; bei Finanzvergehen, deren Ahndung in den Fällen des § 58 Abs. 2 lit. a dem Spruchsenat vorbehalten ist, dürfen die Ersatzfreiheitsstrafen das Höchstmaß von je drei Monaten und bei den übrigen Finanzvergehen das Höchstmaß von je sechs Wochen nicht übersteigen.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Rahmens ist eine Ermessensentscheidung. Bei der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist ebenso wie bei der Bemessung jeder anderen Strafe auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen. Die Ersatzfreiheitsstrafe kann nicht an einer konkreten oder gar abstrakt denkbaren maximalen Geldstrafe orientiert werden, weil für die Ersatzfreiheitsstrafe eine absolute Höchstgrenze normiert worden ist, was die gedachte Proportionalität ausschließt ().

Wird die Geldstrafe in einer Rechtsmittelentscheidung neu festgesetzt, ist stets auch über die Ersatzfreiheitsstrafe zu entscheiden ().

Auf Grund fehlender Proportionalität und uU unterschiedlicher Auswirkung von Strafzumessungsgründen auf Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe muss eine Abänderung beider Strafen nicht stets in gleichem Ausmaß erfolgen (, , 91/13/0130).

Die Beibehaltung der Höhe bloß einer der beiden Strafen ist in einem solchen Fall entsprechend zu begründen (); sie ist nach der auf § 161 Abs. 3 FinStrG gestützten Rechtsprechung des VwGH nur zulässig, wenn auch der Amtsbeauftragte die verwaltungsbehördliche Entscheidung zum Nachteil des Beschuldigten angefochten hat ().

§ 20 FinStrG gibt keinen Anhaltspunkt, nach welchen Grundsätzen die Geldstrafe auf eine Ersatzfreiheitsstrafe umzurechnen ist.

Es gelten die Vorschriften des § 23 FinStrG über die Strafbemessung, denen in Bezug auf die Geldstrafe einerseits und die Ersatzfreiheitsstrafe andererseits unterschiedliches Gewicht zukommen kann; dies gilt insbesondere für die gesetzlich angeordnete Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Eine geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bf., die zu einer im Strafrahmen im unteren Bereich angesiedelten Geldstrafe führt, muss sich nicht auf die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe mit dem gleichen Gewicht auswirken ().

Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe den Bestraften nicht schwerer, aber auch nicht leichter treffen soll, als die primäre Strafe. Bei dieser Abwägung ist zu bedenken, dass Freiheitsentzug grundsätzlich ein größeres Übel darstellt als eine Vermögensstrafe.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bf. ist bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht von Bedeutung. In diesem Zusammenhang fällt das Ausmaß der Schuld des Bf., der jahrelang Abgaben hinterzogen hat, entscheidend ins Gewicht (/01777).

Die Ersatzfreiheitsstrafe darf erst vollzogen werden, wenn die Geldstrafe nicht vollzogen werden kann, jedoch steht es dem Bf. auch offen, gemeinnützige Leistungen als Ersatzfreiheitsstrafenäquivalent zu erbringen.

Gemäß § 3a StVG (i.V.m. § 175 Abs. 1 FinStrG) kann der Verurteilte den Vollzug durch Erbringung gemeinnütziger Leistungen vermeiden.

Gemäß § 179 Abs. 1 FinStrG gelten die Bestimmungen für den Vollzug von Freiheitsstrafen auch für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen.

Abs. 2: Die Ersatzfreiheitsstrafe darf nur in dem Umfang vollzogen werden, der dem nicht bezahlten oder nicht eingebrachten Teil der Geldstrafe oder des Wertersatzes entspricht. Das gleiche gilt auch dann, wenn die Bezahlung oder Einbringung der Geldstrafe oder des Wertersatzes erst nach Strafantritt erfolgt.

Abs. 3: Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, wenn der Bestrafte gemeinnützige Leistungen (§ 3a StVG) erbringt. Darüber ist er in der Aufforderung zum Strafantritt zu informieren, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen mitzuteilen ist. Eine Gleichschrift dieser Mitteilung darf auch einer in der Sozialarbeit erfahrenen Person (§ 29b des Bewährungshilfegesetzes, BGBl. Nr. 146/1969) übermittelt werden. § 3a Abs. 1 bis 4 StVG und § 29b Bewährungshilfegesetz sind mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an Stelle des Gerichtes die Finanzstrafbehörde tritt. Die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen hat nur über Ersuchen des Bestraften zu erfolgen.

Gemäß § 3a Abs. 1 StVG sind gemeinnützige Leistungen in der Freizeit bei einer geeigneten Einrichtung (§ 202 StPO) zu erbringen, mit der das Einvernehmen herzustellen ist. Vier Stunden gemeinnütziger Leistungenentsprechen einem Tag der Freiheitsstrafe. Nach vollständiger Erbringung gilt die Strafe als vollzogen. Der Vermittler erarbeitet gemeinsam mit dem Verurteilten den für die Erbringung der gemeinnützigen Leistung benötigten Zeitraum, wobei auf eine gleichzeitige Aus- und Fortbildung, eine Berufstätigkeit oder eine Verpflichtung aus einer Arbeitsvermittlung Bedacht zu nehmen ist, und unterstützt ihn bei den erforderlichen Eingaben bei Gericht. Der Zeitraum für die Erbringung der gemeinnützigen Leistungen darf nicht länger bemessen werden, als der Verurteilte bei wöchentlich zehn Arbeitsstunden benötigen würde. § 202 Abs. 1 letzter Satz sowie Abs. 3 bis 5 StPO gilt sinngemäß. Die Erbringung gemeinnütziger Leistungen bei Freiheitsstrafen, die neun Monate oder länger dauern, ist nicht zulässig.

Nach dem Wissensstand im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat des BFG ist davon auszugehen, dass die Geldstrafe uneinbringlich sein und die Ersatzfreiheitsstrafe schlagend wird. 50 Tage Ersatzfreiheitstrafe à 4 Stunden/ Tag ergäbe 200 Stunden gemeinnützige Arbeit in Relation zu einer Geldstrafe von € 12.500,00.

Betrachtungsgegenstand ist in diesem Beschwerdeverfahren nach dem Finanzstrafgesetz jedoch nicht der Umstand, dass eine Vollstreckung der Strafentscheidung voraussichtlich die Erbringung gemeinnütziger Leistungen bedeutet, weil dies keine Frage des Bemessungsverfahrens hinsichtlich einer Konsequenz schuldhaften Verhaltens ist.

Es war daher infolge der Beschwerde der Amtsbeauftragten das Verhältnis zwischen dem Verschulden des Bf. und der Konsequenz der die Primärstrafe ersetzenden Sanktion zu prüfen.

Die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe entspricht nach Ansicht des Senates dem festgestellten Verschulden des Bf. hinsichtlich der angelasteten Vergehen zu immerhin 27 Taten, die in einem mehr als 3 Jahre andauernden Zeitraum begangen wurden. Hat es der Bf. zwar nicht auf eine endgültige Abgabenvermeidung angelegt, so ist er seinen steuerlichen Verpflichtungen dennoch in einem sehr langen Zeitraum im keinster Weise nachgekommen und hat somit einen sehr hohen, bisher in dieser Form nicht ausreichend geahndeten, Verschuldensgrad zu verantworten.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG binnen eines Monates nach Rechtskraft dieser Ent­scheidung fällig und sind auf das BAWAG-P.S.K.-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigen­falls Zwangs­voll­streckung durch­ge­führt und bei Unein­bring­lich­keit der Geld­strafe die Ersatzfrei­heits­strafe voll­zogen werden müsste. Ansuchen um allfällige Zahlungserleichterung wären beim Finanzamt einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7300006.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at