Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.06.2019, RV/5101466/2018

Familienbeihilfe (Differenzzahlung) bei Nichtausübung des Gewerbes in den ersten 48 Monaten nach der Geburt eines Kindes

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/5101466/2018-RS1
wie RV/5100806/2018-RS1
Die Nichtausübung eines angemeldeten Gewerbes in den ersten 48 Monaten nach der Geburt eines Kindes zum Zwecke der Kindererziehung stellt grundsätzlich eine der selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellte Situation iSd Art 11 Abs 3 lit a sowie des Art 68 iVm Art 1 lit b Verordnung (EG) Nr 883/2004 dar. Voraussetzung dafür ist, dass keine Abmeldung des Gewerbes erfolgt und dass während dieses Zeitraumes nach der Maßgabe der österreichischen Rechtsvorschriften zumindest eine Teilversicherung (zB in der Pensionsversicherung; vgl § 3 Abs 3 Z 4 GSVG) vorliegt. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, ob das Gewerbe bis zum Beginn des Wochengeldbezuges (durchgehend) tatsächlich ausgeübt wurde. Eine vorübergehende Unterbrechung der Erwerbstätigkeit (zB wegen Krankheit) unmittelbar vor dem Beginn des Wochengeldbezuges ist somit für den Anspruch auf Familienbeihilfe bzw Differenzzahlung gem Art 68 Abs 2 Verordnung (EG) Nr 883/2004 unschädlich, sofern durchgängig eine Pflichtversicherung nach dem GSVG vorlag.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch Einzelrichter in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom , betreffend Familienbeihilfe (Zeitraum 01 - 02/2017; ab 08/2017) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Am reichte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung einer „Ausgleichszahlung “ (rückwirkend ab tt.05.2017) für ihre am tt.mm.2017 geborene jüngere Tochter sowie einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre am tt.mm.2003 geborene ältere Tochter (rückwirkend ab ) bei der belangten Behörde ein.

Am verschickte die belangte Behörde Bescheinigungsersuchen betreffend den Familienstand (Formular „E 401“) und den Anspruch auf Familienleistungen (Kindergeld) in die Slowakei.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, eine Bestätigung über die Dauer ihrer Beschäftigung in Österreich sowie einen Nachweis über den Wochengeldbezug für ihre jüngst geborene Tochter vorzulegen. Am übermittelte die Beschwerdeführerin eine von der SVA ausgestellte Bezugsbestätigung betreffend das Wochengeld, Bestätigungen über die Standortverlegungen ihres Gewerbes, die aufgrund der Verehelichung vorgenommene Namensänderung im Gewerberegister sowie eine Wiederbetriebsmeldung der Wirtschaftskammer OÖ vom über das mit wiederaufgenommene Gewerbe vor.

Am stellte die Beschwerdeführerin erneut Anträge auf Familienbeihilfe für ihre beiden Töchter sowie zusätzlich für ihren am tt.mm.1998 geborenen Sohn (für die ältere Tochter und den Sohn rückwirkend ab Jänner 2017; für die jüngere Tochter ab Mai 2017).

Am langten bei der belangten Behörde die von der slowakischen Behörde retournierten Formulare „E 401“ (Familienstandsbescheinigung) und „E 411“ (Anspruch auf Familienleistungen) ein. Darin wurde bescheinigt, dass alle drei Kinder im gemeinsamen Haushalt mit der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten in der Slowakei leben, der Ehegatte für seine am tt.mm.2017 geborene leibliche Tochter Kindergeld in der Slowakei bezieht und der leibliche Vater des Sohnes und der älteren Tochter der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Familienleistungen in der Slowakei hat.

Mit Vorhalt vom wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde ersucht, eine Bestätigung über ihre zwischen dem Ende des Krankengeldbezuges und dem Beginn des Wochengeldbezuges, somit im Zeitraum vom bis zum allenfalls ausgeübte Beschäftigung vorzulegen bzw im Falle der Nichtbeschäftigung die Gründe hierfür zu nennen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom gab die Beschwerdeführerin an, dass sie bis im Krankenstand und bis Ende Dezember weiterhin krank gewesen sei, weshalb sie alle zwei Wochen entsprechende Krankmeldungen bei der SVA eingereicht habe. Da sie im Dezember keine Möglichkeit mehr gehabt habe, ihre Pflegetätigkeit aufzunehmen und sie lt ihrem Arzt keine Medikamente in der Schwangerschaft einnehmen durfte, habe sie ihre Arbeit auch im Jänner und Februar 2017 noch nicht fortsetzen können.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe für ihre ältere Tocher und ihren Sohn (Zeitraum Jänner bis Februar 2017 sowie ab August 2017) sowie auf „Ausgleichszahlung“ für ihre jüngere Tochter (Zeitraum ab August 2017) ab und führt dazu begründend wie folgt aus:

Auf Grund des grenzüberschreitenden Sachverhalts zwischen der Slowakei und Österreichkommen nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des Familienlastenausgle ichsgesetz1967 (FLAG) zur Anwendung. Vielmehr ist der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 deseuropäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme übersoziale Sicherheit Vorrang zu geben.
Im
Sinne dieser VO besteht Anspruch auf Familienleistungen grundsätzlich nur für die Dauereiner Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Inland oder bei Bezug einerGeldleistung infolge dieser Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit bestehe.Tätigkeiten, die sich als völlig unwesentlich darstellen, bleiben dabei außer Betracht.
Anspruch auf Familienleistungen bei selbständig Erwerbstätigen bei „Karenz“ (= Gleichstellung bis max. zweiter Geburtstag des Kindes) besteht nur dann, sofern vor der Geburt des Kindestatsächlich eine selbständige Erwerbstätigkeit in Österreich ausgeübt worden ist undWochengeldbezug vor der Geburt vorliegt.
Laut vorliegenden Unterlagen haben Sie ihre letzte Tätigkeit in Österreich mit Juli 2016beendet. Von bis haben Sie Krankengeld v on der GewerblichenSozialversicherungsanstalt bezogen, wobei Ihnen ab 17.11.2016 wieder die Arbeitsfähigkeitbescheinigt wurde. Mit haben Sie sich an der österreichischen Meldeadresse (…) abgemeldet und sind seit diesem Zeitpunkt ausschließlich in der Slowakeiwohnhaft.

In der gegen den Abweisungsbescheid von der Beschwerdeführerin rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom beantragte  die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Abweisungsbescheides sowie die Zuerkennung der Familienbeihilfe (bzw „Ausgleichszahlung“) für ihre beiden Töchter. Der Anspruch für ihren Sohn sei dagegen aufgrund eines Studienabbruchs weggefallen. Begründend brachte die Beschwerdeführerin dazu im Wesentlichen vor, dass sie von bis zum Beginn ihrer Mutterschaft durchgehend in Österreich pflichtversichert gewesen sei und ihre Erwerbstätigkeit bis Juli 2016 ordentlich ausgeübt habe. Da sie ernste gesundheitliche Schwierigkeiten während ihrer Schwangerschaft gehabt habe, sei sie für längere Zeit im Krankenstand gewesen und habe von 21.07. bis die Unterstützungsleistung der SVA bezogen. Erst Ende Dezember sei sie von der SVA über die mit erfolgte Beendigung dieser Leistung schriftlich informiert worden. Nachdem ihr vom Arzt jegliche Art der Beschäftigung bis zur Geburt strikt untersagt worden sei, habe sie ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen können. Da sie ununterbrochen aufgrund eines aufrechten Gewerbes in vollem Umfang in Österreich pflichtversichert gewesen sei und das Wochengeld bezog, sehe sie sich weiterhin zum Bezug der Familienleistungen bzw. der Ausgleichzahlungen berechtigt, mindestens bis zum zweiten Lebensjahr ihres jüngsten Kindes, für welches sie den unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung beanspruche.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin eine schlüssige fachärztliche Bestätigung samt deutscher Übersetzung über das von der Beschwerdeführerin behauptete Beschäftigungsverbot von bis , die bei der SVA eingereichten Krankmeldungen sowie die an die SVA übermittelte Arbeitsfähigkeitsmeldung an.

In der Vorhaltsbeantwortung vom übermittelte die Beschwerdeführerin eine slowakische Bestätigung ihres Arztes vom inkl. deutscher Übersetzung, wonach sie von bis aufgrund ihres Gesundheitszustandes und ihrer Schwangerschaft nicht arbeiten konnte.

Am reichte die Beschwerdeführerin vom selben Arzt wie die Bestätigung vom ausgestellte slowakische Krankmeldungen vom , , , und vom bei der belangten Behörde ein (Nachreichung zu Vorhalt vom ).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (zugestellt am ) wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte dazu begründend wie folgt aus:

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , ZI 2012/16/0066, eine Unterbrechung der selbständigen Erwerbstätigkeit von 2 1/2 Monaten bei durchgehender Pflichtversicherung als nicht schädlich für die Familienbeihilfe beurteilt.

Die letzte Tätigkeit als selbständig Erwerbstätige übten Sie im Juli 2016 aus. Bis bezogen Sie Krankengeld. Im Zeitraum bis acht Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin (Beginn des Bezugs der Wochenhilfe am ), also für nahezu vier Monate, haben Sie keinerlei Tätigkeit ausgeübt und es waren in diesem Zeitraum kein Arbeitsentgelt oder andere Leistungen als Renten in Zusammenhang mit dem Versicherungsfall der Mutterschaft zu zahlen. Es kann daher nicht mehr von einer nur vorübergehenden Unterbrechung gesprochen werden.

Die Gleichstellung bis maximal zum zweiten Geburtstag des Kindes analog zum Mutterschutzgesetz besteht nur dann, wenn vor der Geburt die selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt wurde und Wochengeldbezug vor der Geburt vorliegt. Ihre letzte Tätigkeit in Österreich wurde im Juli 2016 ausgeübt. Danach bezogen Sie bis einschließlich Krankengeld und waren laut den nachgereichten Krankmeldungen bis arbeitsunfähig. Im Anschluss daran waren Sie die nächsten Monate nicht beschäftigt. Die ärztliche Bestätigung, welche mit nachgereicht wurde, steht im Widerspruch zu den am nachgereichten Krankmeldungen (zur Vorlage an die SVA der gewerblichen Wirtschaft), wonach Sie bereits ab wieder arbeitsfähig waren. In freier Beweiswürdigung wird in Verbindung mit Ihrem im Schreiben (eingelangt am ) gemachten Angaben, dass Sie bis Ende Dezember im Krankenstand waren, davon ausgegangen, dass die Arbeitsfähigkeitsmeldung mit dem damals gegebenen Sachverhalt entspricht. Vorzeitiges Wochengeld wurde nicht bezogen. Somit wurde Ihnen von der SVA der gewerblichen Wirtschaft das Wochengeld erst ab (acht Wochen vor Geburtstermin) ausbezahlt. Da Sie Ihre letzte Tätigkeit bereits im Juli 2016 ausgeübt haben und Krankengeld nur bis bezahlt wurde, ist von Ihnen das Kriterium, dass die selbständige Erwerbstätigkeit vor der Geburt tatsächlich ausgeübt wurde, nicht erfüllt.

Mit am bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben mit dem Betreff „Einspruch gegen die Beschwerdevorentscheidung vom “, das in verständiger Würdigung des Anbringens als Vorlageantrag zu werten war, bat die Beschwerdeführerin um erneute Überprüfung und brachte darin vor, dass ihr Arzt ihre „Krankmeldung bis zum ausgestellt hat - da die Frist von 26 Wochen, (wie es in Österreich festgelegt ist), erfüllt war.“ Darüber hinaus sei von ihrem Arzt die von der belangten Behörde angeforderte Bescheinigung zur weiteren Arbeitsunfähigkeit eingereicht worden.

Am ersuchte die belangte Behörde die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft schriftlich um Auskunft, welche mit Schreiben vom erteilt wurde. Demnach liege der SVA zufolge für den Zeitraum von bis kein ärztliches Beschäftigungsverbot vor. Der Zeitraum des Bezuges der Unterstützungsleistung aufgrund lang andauernder Krankheit sei von bis gewesen. Da der SVA keine Unterlagen wegen eines vorzeitigen Mutterschutzes vorgelegt wurden, habe es auch keinen vorzeitigen Wochengeldbezug gegeben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf der Grundlage des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte, ihre beiden minderjährigen Töchter und ihr Sohn sind slowakische Staatsbürger und haben ihren gemeinsamen Hauptwohnsitz und ständigen Aufenthalt in der Slowakei.

Die Beschwerdeführerin war in Österreich als Personenbetreuerin tätig. Die Berechtigung der Beschwerdeführerin zur Ausübung des freien Gewerbes der Personenbetreuung ist am entstanden. Die Gewerbeberechtigung war abgesehen von den Monaten Jänner und Februar 2013, in denen das Gewerbe ruhend gemeldet wurde, bis zum Beginn des Wochengeldbezugs () in vollem Umfang aufrecht. Bis dato erfolgte keine Abmeldung des Gewerbes. Die Beschwerdeführerin unterlag insoweit als gewerblich selbständig Erwerbstätige der Pflichtversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) und hatte somit Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) zu leisten. Laut Versicherungsdatenauszug vom war die Beschwerdeführerin von bis bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle OÖ) pflichtversichert.

Ab wurde die Personenbetreuung von der Beschwerdeführerin nicht mehr aktiv ausgeübt. Von bis befand sie sich im Krankenstand, wobei sie von bis die Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit von der SVA bezog. Ab wurde der Beschwerdeführerin von der SVA Arbeitsfähigkeit bescheinigt, sodass der Krankengeldbezug eingestellt wurde.

Im Zeitraum bis übte die Beschwerdeführerin keine Erwerbstätigkeit aus.

Von bis bezog die Beschwerdeführerin Wochengeld für ihre am tt.mm.2017 geborene jüngere Tochter. Seither befindet sie sich in „Karenz“.

Von bis war die Beschwerdeführerin mit mehreren Nebenwohnsitzen im Inland gemeldet. Seit hat sie keinen Wohnsitz mehr in Österreich, sondern lebt ausschließlich in der Slowakei.

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin ist seit in der Slowakei beschäftigt und bezieht als leiblicher Vater der jüngeren Tochter der Beschwerdeführerin in der Slowakei für diese Kindergeld in Höhe von EUR 23,52 pro Monat. Der leibliche Vater der älteren Tochter und des Sohnes der Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Familienleistungen in der Slowakei.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widerlegten Ausführungen der Beschwerdeführerin.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Anzuwendendes Recht

Gemäß § 2 Abs 1 lit a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in § 2 Abs 1 FLAG 1967 genanntes Kind hat nach § 2 Abs 2 leg cit die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.

Gemäß § 2 Abs 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben gemäß § 3 Abs 1 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl I Nr 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten. Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 3 Abs 2 leg cit für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 5 Abs 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Liegt ein Sachverhalt vor, der zwei oder mehr Mitgliedstaaten der Europäischen Union berührt, ist die Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rats vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl EU Nr L 166 vom in der durch ABl EU Nr L 200 vom berichtigten Fassung (im Folgenden: VO 883/2004) anzuwenden.

Art 2 VO 883/2004 („Persönlicher Geltungsbereich“) lautet:

(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
(2) (…)

Gem Art 3 Abs 1 lit j VO 883/2004 umfasst der sachliche Geltungsbereich der VO ua alle Rechtsvorschriften, die den Zweig der sozialen Sicherheit „Familienleistungen“ betreffen. Der Begriff Familienleistungen wird in Art 1 lit z VO 883/2004 definiert als „alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I.

Zu den im österreichischen Recht vorgesehenen Familienleistungen in diesem Sinn gehören unter anderem die im FLAG 1967 geregelte Familienbeihilfe, der im EStG 1988 geregelte Kinderabsetzbetrag sowie das Kinderbetreuungsgeld iSd KBGG (Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 53 Rz 71).

Da die Beschwerdeführerin slowakische Staatsbürgerin und damit Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ist, im Streitzeitraum einen Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hatte, und die Familienbeihilfe als Familienleistung iSd Art 3 Abs 1 lit j VO 883/2004 qualifiziert, gilt die VO 883/2004 für sie sowie für ihre Familienangehörigen.

Art 7 leg cit („Aufhebung der Wohnortklauseln“) lautet:

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.“

Demzufolge finden die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs 1 FLAG 1967, welche für den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs 8 FLAG 1967, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs 3 FLAG 1967, das einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, gem Art 7 VO 883/2004 insoweit keine Anwendung.

Art 4 VO 883/2004 („Gleichbehandlung“) lautet:

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Demnach finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs 1 und 2 FLAG 1967 mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, auf die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen keine Anwendung.

Von den unter Kapitel 8 („Familienleistungen“) der VO 883/2004 angeführten Bestimmungen (Art 67 ff leg cit) sind im beschwerdegegenständlichen Fall die Art 67 und 68 leg cit maßgebend.

Art 67 VO 883/2004 („Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen“) lautet:

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. (…)

Art 68 VO 883/2004 („Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen“) lautet:

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge:
an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;
ii) (...);
iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.
(3) (...)

Einer Anwendung der Art 67 und 68 VO 883/2004 vorgeschaltet ist zunächst die Prüfung, welcher Rechtsordnung die betreffende Person nach der Maßgabe der Art 11 ff VO 883/2004 unterliegt.

Art 11 VO 883/2004 lautet:

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
b) (…)
c) (…)
d) (…)
e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.
(4) (…)

Demnach ist im beschwerdegegenständlichen Fall zunächst zu prüfen, ob bzw für welche Zeiträume gem Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2004 eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, die zur Anwendbarkeit des österreichischen Rechts führt. Liegt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit nicht vor, sind gem Art 11 Abs 3 lit e VO 883/2004 – unter der Prämisse, dass die Spezialbestimmungen der lit b bis d nicht zur Anwendung gelangen – die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates (hier: Slowakei) anwendbar.

Gem Art 1 VO 883/2004 „bezeichnet der Ausdruck:

a) ‚Beschäftigung‘ jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

b) ‚selbstständige Erwerbstätigkeit‘ jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

3.2. Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in den ersten 48 Monaten nach der Geburt

Strittig ist im beschwerdegegenständlichen Fall, ob die Nichtausübung des Gewerbes in den ersten 48 Monaten nach der Geburt eines Kindes zum Zwecke der Kindererziehung (unter den gegebenen Umständen) als selbstständige Erwerbstätigkeit iSd Art 11 Abs 3 lit a iVm Art 1 lit b VO 883/2004 qualifiziert.

Die VO 883/2004 definiert den Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit als „jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt“ (Art 1 lit b leg cit).

Daneben fingiert Art 11 Abs 2 VO 883/2004 unter den dort genannten Umständen das Vorliegen einer Beschäftigung bzw selbstständigen Erwerbstätigkeit, wenn infolge der Beschäftigung bzw selbständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung bezogen wird. Diese Fiktion bewirkt, dass auch während des kurzfristigen Bezuges von Geldleistungen der sozialen Sicherheit bei vorübergehender Einstellung der Tätigkeit (zB Krankengeld) weiterhin von einer Ausübung der Tätigkeit auszugehen ist.

Während die Bestimmung des Art 11 Abs 2 VO 883/2004 nach der Rsp des OGH einen Kernbereich des unionsrechtlichen Begriffs „Beschäftigung“ bzw „selbstständige Erwerbstätigkeit“ darstellt und somit der Bezug von Leistungen, die unter diese Bestimmung zu subsumieren sind, unabhängig vom nationalen Recht des jeweiligen Mitgliedstaates als Ausübung einer Beschäftigung bzw selbstständigen Erwerbstätigkeit zu werten ist, ist im Übrigen zur Präzisierung der Begriffsdefinition auf die nationalen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit zurückzugreifen (vgl 10 Ob S 117/14z; 10 Ob S 51/17y).

Einheitliche europarechtliche Begriffsbestimmungen existieren somit – außerhalb des Anwendungsbereichs des Art 11 Abs 2 VO 883/2004 – in Bezug auf die in Rede stehende, der Ausübung einer Tätigkeit gleichgestellte Situation nicht. Die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: die Verwaltungskommission) hat allerdings mit Beschluss eine weitere Konkretisierung des in Art 68 VO 883/2004 verwendeten Begriffs „Beschäftigung“ bzw „selbständige Erwerbstätigkeit“ vorgenommen (Beschluss Nr F1 vom zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen [ 2010/C 106/04 ] , ABl EU Nr C 106 vom ; im Folgenden: Beschluss Nr F1). Dies vor dem Hintergrund, dass nach den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten die Zeiten des Ruhens oder der Unterbrechung der tatsächlichen Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit (zB wegen Urlaubs, Arbeitslosigkeit etc) zum Teil unterschiedlich behandelt werden (vgl Erwägungsgrund 2 zum Beschluss Nr F1).

Nach Z 1 des Beschlusses Nr F1 gelten für die Zwecke des Art 68 VO 883/2004 „ Ansprüche auf Familienleistungen insbesondere dann als ‚durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst‘, wenn sie erworben wurden
a) aufgrund einer tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder auch
b) während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer solchen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit
i) wegen Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Arbeitslosigkeit, solange Arbeitsentgelt oder andere Leistungen als Renten in Zusammenhang mit diesen Versicherungsfällen zu zahlen sind, oder
ii) durch bezahlten Urlaub, Streik oder Aussperrung oder
iii) durch unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist.

Zwar bezieht sich der Beschluss Nr F1 auf die Prioritätsregeln des Art 68 VO 883/2004; da die Prioritätsregeln aber  an den anzuwendenden Rechtsvorschriften anknüpfen, ist nach der im Schrifttum vertretenen Ansicht davon auszugehen, dass der Begriff „Beschäftigung“ bzw „selbstständige Erwerbstätigkeit“ des Art 11 VO 883/2004 jenem des Art 68 VO 883/2004 entsprechend zu interpretieren ist (vgl Felten in Spiegel [Hrsg], Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht [59. Lfg] Art 68 VO 883/2004 Rn 6 mwH). Vor diesem Hintergrund ist der Beschluss Nr F1 maßgebend für die Begriffsdefinitionen in Art 1 lit a und lit b VO 883/2004 im Allgemeinen – unabhängig davon, ob die Begriffsdefinition im konkreten Fall für die Auslegung des Art 11 VO 883/2004 oder des Art 68 VO 883/2004 von Bedeutung ist.

Für den beschwerdegegenständliche Fall ist wesentlich, dass der Beschluss Nr F1 „unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist“, während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit der tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichsetzt. Offen bleibt damit jedoch, inwieweit ein solcher unbezahlter Urlaub nach den einschlägigen (nationalen) Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbständigen gleichgestellt sein muss.

Diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH besteht bisher nur zur Vorgängerverordnung zur VO 883/2004. Für den Anwendungsbereich der Vorgängerverordnung (EWG) 1408/71 war die Frage, ob der betroffene Mitgliedstaat für die Gewährung von Familienleistungen weiterhin zuständig bleibt und diese Leistungen als durch eine Beschäftigung ausgelöst gelten, in dem Beschluss der Verwaltungskommission Nr 207 vom , ABl 2006, L 175/83, näher geregelt. Danach galt unter anderem ein unbezahlter Urlaub zum Zweck der Kindererziehung als „Ausübung der Erwerbstätigkeit“, solange dieser Erziehungsurlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt war.

Der EuGH verwies in seiner Entscheidung vom in der Rechtssache C-516/09, Borger, auf seine frühere Rechtsprechung (, Dodl und Oberhollenzer), wonach eine Person – trotz des Ruhens des Arbeitnehmerstatus wegen eines unbezahlten Urlaubes im Anschluss an die Geburt eines Kindes und für die Erziehung dieses Kindes – dann Arbeitnehmereigenschaft iSd VO (EWG) 1408/71 besitze, wenn sie auch nur gegen ein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art 1 lit a dieser VO genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert ist, und zwar unabhängig vom aufrechten Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.

In seiner Folgeentscheidung zum Urteil des EuGH in der Rs Borger vertrat der OGH (10 ObS 35/11m) die Ansicht, dass die Arbeitnehmereigenschaft iSd Art 1 lit a VO (EWG) 1408/71 iSd Rsp des EuGH auch während des Zeitraums einer sechsmonatigen Verlängerung der Karenz gegeben sei, weil während dieser Zeit nach § 8 Abs 1 Z 2 lit g ASVG eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung bestand. Die Voraussetzung der Erziehung eines Kindes in den ersten 48 Lebensmonaten im Inland liege vor, weil das Erfordernis einer Erziehung im Inland zur Vermeidung einer Diskriminierung so zu verstehen sei, dass auch eine Erziehung des Kindes in der Schweiz unschädlich ist. Gleiches gilt für die Erziehung eines Kindes in einem anderen EU-Mitgliedstaat (vgl 10 Ob S 117/14z).

Nach der von Rief (Zuständigkeit für Familienleistungen – aktuelle EuGH-Judikatur und die neue Rechtslage, DRdA 2011, 480 [484]) vertretenen Ansicht sei die zur VO (EWG) 1408/71 ergangene EuGH-Rechtsprechung auch auf die VO 883/2004 zu übertragen, da sich die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen in Art 13 Abs 2 lit a und f der VO (EWG) 1408/71 inhaltlich kaum von jenen in Art 11 Abs 3 lit a und e der VO 883/2004 unterscheiden würden.

Auch die Verwaltungskommission nimmt in Erwägungsgrund 5 zum Beschluss Nr F1 Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs C-543/03, Dodl und Oberhollenzer und konstatiert: „ Ein solcher unbezahlter Urlaub [ gemeint: unbezahlter Urlaub im Anschluss an die Geburt eines Kindes für die Erziehung dieses Kindes] muss daher auch als Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit gemäß Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine Teilversicherung (insbesondere in der Pensionsversicherung) während Zeiten einer Karenz nach dem MSchG oder VKG grundsätzlich genügt, damit iSd Art Art 1 lit b VO 883/2004 eine einer Beschäftigung gleichgestellte Situation vorliegt, die iVm Art 11 leg cit zu einer Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften führt (vgl auch 10 Ob S 117/14z).

Nichts anderes kann in einem Fall gelten, in dem ein Gewerbe anlässlich der Geburt eines Kindes nicht mehr aktiv ausgeübt wird, sofern keine Abmeldung des Gewerbes erfolgt (vgl in diesem Zusammenhang auch ErläutRV 340 BlgNR XXIV. GP 16 zum Kinderbetreuungsgeld, wonach Zeiten der einer Karenz nach MSchG und VKG vergleichbaren Situation der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt sind, „etwa die einer Selbständigen oder Gewerbetreibenden, die ihr Gewerbe anlässlich der Geburt eines Kindes zum Zwecke der Kindererziehung ruhend meldet (nicht jedoch abmeldet)“). Ebenso wie § 8 Abs 1 Z 2 lit g ASVG sieht § 3 Abs 3 Z 4 GSVG für diesen Fall eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung vor; konkret fallen gem dieser Bestimmung „Personen, die ihr Kind (§ 116a Abs. 2) in den ersten 48 Kalendermonaten nach der Geburt oder im Fall einer Mehrlingsgeburt ihre Kinder in den ersten 60 Kalendermonaten nach der Geburt tatsächlich und überwiegend im Sinne des § 116a Abs. 4 bis 7 im Inland erziehen, wenn sie zuletzt nach dem GSVG oder FSVG, nicht jedoch nach dem ASVG, pensionsversichert waren“.

Voraussetzung für eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung ist demgemäß die bisherige Pensionsversicherung nach dem GSVG (oder FSVG). Dies war im beschwerdegegenständlichen Fall gegeben, da die Beschwerdeführerin bis zum Bezug des Wochengeldes der Pflichtversicherung gem GSVG unterlag. Betreffend das in § 3 Abs 3 Z 4 GSVG genannte Erfordernis einer Erziehung des Kindes im Inland ist auf die oa Rsp des OGH zu verweisen, derzufolge zur Vermeidung einer Diskriminierung auch eine Erziehung des Kindes in einem anderen EU-Mitgliedstaat unschädlich ist (vgl 10 Ob S 117/14z). Gem § 3 Abs 3 Z 4 GSVG ist somit auch für die ersten 48 Monate nach der Geburt des Kindes von einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung auszugehen. Gem § 3 Abs 1 Z 2 APG gelten ua die Zeiten der Kindererziehung iSd § 3 Abs 3 Z 4 GSVG als Versicherungszeiten für Zwecke des Pensionskontos.

Die belangte Behörde geht offenkundig davon aus, dass Voraussetzung für die Gleichstellung der Kindererziehungszeiten in den ersten 48 Monaten nach der Geburt mit einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit sei, dass dem Wochengeldbezug unmittelbar vorangehend für einen durchgehenden (mehrere Monate umfassenden) Zeitraum eine tatsächliche ausgeübte Erwerbstätigkeit vorliegt. Dem ist zu entgegnen, dass eine derartige Voraussetzung weder dem Unionsrecht noch den Bestimmungen des GSVG oder des FLAG 1967 zu entnehmen ist. Eine derartige Voraussetzung wird ausschließlich im sachlichen Anwendungsbereich des KBGG normiert. So wurde mit der KBGG-Novelle BGBl I 2011/139 § 24 Abs 2 KBGG dahingehend ergänzt, dass (nur) Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung einer zuvor mindestens sechs Monate andauernden sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit unter anderem während eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG oder während der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellte Zeiten gelten. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1522 BlgNR 24. GP 4) sollte durch diese Ergänzung, dass die Gleichstellungsbestimmung nur durch die mindestens sechsmonatige durchgehend andauernde tatsächliche Ausübung der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes ausgelöst werden kann, eine Missbrauchsbekämpfung durch Verhinderung von (kurzfristiger) Scheinerwerbstätigkeit in Österreich erfolgen.

Auch in den Gesetzesmaterialen zur mit dem BGBl I 2016/53 erfolgten Novellierung des § 24 KBGG wird darauf hingewiesen, dass die in § 24 Abs 2 KBGG festgelegten einschlägigen nationalen Gleichstellungserfordernisse im Hinblick auf die Anwendung des Art 68 VO 883/2004 für das Kinderbetreuungsgeld gelte (ErläutRV 1110 BlgNR XXV. GP 11). Dafür, dass der Gesetzgeber mit § 24 Abs 2 KBGG einen über den sachlichen Anwendungsbereich des KBGG hinausgehenden Begriff der Beschäftigung bzw selbständigen Erwerbstätigkeit – insbesondere auch für Zwecke der Familienbeihilfe – definieren wollte, fehlen jegliche Anhaltspunkte.

Nach der Maßgabe obiger Ausführungen (insbesondere nach der hg Rsp des EuGH) ist im beschwerdegegenständlichen Fall somit aufgrund der Teilversicherung in der Pensionsversicherung in den ersten 48 Kalendermonaten nach der Geburt insoweit auch vom Vorliegen einer der selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellten Situation iSd Art 1 lit b VO 883/2004 auszugehen; dies sowohl in Zusammenhang mit Art 11 als auch in Zusammenhang mit Art 68 VO 883/2004.

Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch nicht im Widerspruch zum Erkenntnis des . Diesem E lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine slowakische Staatsangehörige war in Österreich gewerblich als Personenbetreuerin erwerbstätig. Ende Juli 2010 hatte sie ihren Kunden verloren und in der Folge mit wieder eine zu betreuende Person gefunden. Das Gewerbe der Personenbetreuung war während dieses Zeitraumes durchgängig gemeldet, sodass nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG eine Pflichtversicherung bestand.

Der VwGH führte dazu zunächst aus, dass bereits nach dem von der Mitbeteiligten im Vorlageantrag behaupteten Sachverhalt, wonach sie sich im Zeitraum zwischen Ende Juli und dem um eine neue zu betreuende Person („Pflegestelle“) bemüht habe, keine Unterbrechung der Ausübung der Erwerbstätigkeit vorliege. Begründend führte der VwGH dazu im Wesentlichen aus, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht nur dann ausgeübt werde, „wenn nach der Verkehrsauffassung und nach außen hin ersichtliche Handlungen gesetzt werden (im Beschwerdefall: eine zu betreuende Person gepflegt wird), sondern auch dann, wenn eine allenfalls sogar nach außen hin nicht unmittelbar erkennbare Tätigkeit im engen Zusammenhang mit diesen Handlungen entfaltet wird (so übt etwa ein Künstler oder ein Vortragender nicht nur während der Auftritte oder der Vorträge eine selbständige Tätigkeit aus, sondern auch im Zeitraum zwischen solchen Auftritten oder Vorträgen etwa im Zusammenhang mit der Vorbereitung dazu).

Darüber hinaus liege den Ausführungen des VwGH zufolge einer der Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellte Situation iSd Art 1 lit b VO 889/2004 vor. Dazu führte der VwGH wie folgt aus (RS 2): „Der Verwaltungsgerichtshof sieht die in der Personenbetreuung Tätige im Zeitraum zwischen der Beendigung (dem ‚Verlust‘) einer Pflegestelle und dem Beginn einer neuerlichen pflegerischen Tätigkeit rund zweieinhalb Monate danach, ohne dass von der genannten Betreuerin in Österreich oder in einem anderen Staat eine andere Erwerbstätigkeit entfaltet wird und ohne dass das angemeldete Gewerbe als ruhend gemeldet wird, die Betreuerin sohin durchgängig nach dem GSVG pflichtversichert blieb, in einer der Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellten Situation im Sinne des Art. 1 Buchstabe b) der Verordnung Nr. 883/2004. Deshalb unterlag die Betreuerin im Streitzeitraum nach Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 883/2004 den österreichischen Rechtsvorschriften.

Dazu ist anzumerken, dass der VwGH in diesem Fall das Vorliegen einer der selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellten Situation iSd Art 1 lit b VO 889/2004 außerhalb der im Beschluss Nr F1 genannten Fälle bejahte (Anmerkung: aus dem im einleitenden Satz des Beschlusses Nr F1 verwendeten Wortes „insbesondere“ ergibt sich im Übrigen der nichtabschließende Charakter der im Beschluss Nr F1 genannten Fälle). Vor allem die Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit von zweieinhalb Monaten kann daher nur bedingt als Anhaltspunkt für andere Fälle herangezogen werden. Insbesondere für die im beschwerdegegenständlichen Fall relevante vorübergehende Unterbrechung einer selbständigen Erwerbstätigkeit „durch unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist “ (Beschluss Nr F1 Z 1 lit b sublit iii), lässt sich daraus nichts gewinnen, da darunter jedenfalls eine Karenz iSd MSchG fällt (vgl Erwägungsgrund 5 zum Beschluss Nr F1 und die dort zitierte Rsp des EuGH sowie die hg Rsp des OGH), bei der die Dauer der Unterbrechung weitaus länger ist.

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin für die ersten 48 Monate nach der Geburt ihrer jüngeren Tochter (Juni 2017 bis Juli 2019) aufgrund der insoweit gegebenen Teilversicherung in der Pensionsversicherung gem Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2004 den Rechtsvorschriften Österreichs unterlag.

3.3. Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit während des Bezugs von Wochengeld

Betreffend den Bezug von Wochengeld im Zeitraum bis fingiert Art 11 Abs 2 VO 883/2004 im beschwerdegegenständlichen Fall insoweit das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (vgl dazu die unter Punkt 3.2. erfolgten Ausführungen; vgl auch Beschluss Nr F1 Z 1 lit b sublit i), sodass die Beschwerdeführerin auch insoweit gem Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2004 den Rechtsvorschriften Österreichs unterlag.

3.4. Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Zeitraum zwischen dem Krankengeldbezug und dem Bezug von Wochengeld

Ebenso wie beim Wochengeldbezug (siehe oben Punkt 3.3.) fingiert Art 11 Abs 2 VO 883/2004 auch betreffend den Bezug von Krankengeld das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (vgl 10 Ob S 117/14z; vgl auch Beschluss Nr F1 Z 1 lit b sublit i und dazu ).

Somit lag sowohl in dem bis andauernden Zeitraum des Bezuges der Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit von der SVA als auch während des Bezuges von Wochengeld (ab ) sowie der daran anschließenden „Karenz“ eine selbständige Erwerbstätigkeit iSd VO 883/2004 vor.

Im dazwischenliegenden Zeitraum bis übte die Beschwerdeführerin ihre Erwerbstätigkeit nicht aus. Da sowohl der vorangehende Bezug von Krankengeld als auch der nachfolgende Wochengeldbezug eine selbständige Erwerbstätigkeit iSd VO 883/2004 ist, muss für diesen Zeitraum dasselbe gelten wie zwischen der Beendigung (dem ‚Verlust‘) einer Pflegestelle und dem Beginn einer neuerlichen pflegerischen Tätigkeit. Dazu hat der VwGH in seinem E vom , 2012/16/0066, die Ansicht vertreten, dass in diesem Zeitraum „ohne dass von der genannten Betreuerin in Österreich oder in einem anderen Staat eine andere Erwerbstätigkeit entfaltet wird und ohne dass das angemeldete Gewerbe als ruhend gemeldet wird, die Betreuerin sohin durchgängig nach dem GSVG pflichtversichert blieb, in einer der Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellten Situation im Sinne des Art. 1 Buchstabe b) der Verordnung Nr. 883/2004“ sei (vgl dazu auch die Ausführungen sub 3.2.).

Da im Zeitraum bis das Gewerbe nicht ruhend gemeldet wurde und somit eine durchgängige Pflichtversicherung nach dem GSVG bestand, unterlag die Beschwerdeführerin somit auch in diesem Zeitraum den österreichischen Rechtsvorschriften gem Art 11 Abs 3 lit a VO 889/2004.

3.5. Aus demVorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit abzuleitende Ansprüche der Beschwerdeführerin

3.5.1. Ansprüche betreffend den Sohn der Beschwerdeführerin

Auch wenn die belangten Behörde in einem als „Abweisungsbescheid“ bezeichneten Bescheid als Sammelbescheid über die Anträge bezüglich aller drei Kinder der Beschwerdeführerin abgesprochen hat, liegen inhaltlich drei Bescheide vor, da das Familienbeihilfeverfahren für jedes Kind gesondert zu führen ist (vgl ).

Die Zusammenfassung mehrerer Bescheide in einer Ausfertigung (Sammelbescheid bzw kombinierter Bescheid) ist nach der hA grundsätzlich zulässig (vgl Ritz , BAO6 § 93 Rz 31 mwN) . Hierbei handelt es sich um eine Mehrheit von isoliert der Rechtskraft fähigen, gesondert anfechtbaren Bescheiden in einer Ausfertigung (vgl zB ; Ritz , BAO6 § 93 Rz 31 ).

Verfahrensgegenständlich ist vor diesem nur der Abweisungsbescheid in Bezug auf die beiden Töchter der Beschwerdeführerin; der Abweisungsbescheid in Bezug auf den Sohn der Beschwerdeführerin ist hingegen in Rechtskraft erwachsen.

3.5.2. Ansprüche betreffend die jüngere Tochter der Beschwerdeführerin

Da die Beschwerdeführerin ua auch im Zeitraum ab 08/2017 gem Art Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2204 den Rechtsvorschriften Österreichs unterlag und zugleich der Ehegatte der Beschwerdeführerin in der Slowakei Familienbeihilfe für die Tochter bezog, steht der Beschwerdeführerin gemäß Art 68 Abs 2 iVm Art 68 Abs 1 lit b sublit i VO 889/2004 im nachrangig zuständigen Staat Österreich Anspruch auf die Differenzzahlung zwischen der niedrigeren slowakischen und der höheren österreichischen Familienbeihilfe zu.

Da die Familienbeihilfe (Differenzzahlung) gem § 12 FLAG 1967 nicht mit Bescheid zuzuerkennen ist, sondern vom Wohnsitzfinanzamt lediglich eine Mitteilung auszustellen ist, war der angefochtene Abweisungsbescheid somit in Bezug auf die jüngere Tochter der Beschwerdeführerin aufzuheben.

3.5.3. Ansprüche betreffend die ältere Tochter der Beschwerdeführerin

Da die Beschwerdeführerin ua auch im Zeitraum 01 – 02/2017 sowie ab 08/2017 gem Art Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2204 den Rechtsvorschriften Österreichs unterlag und die Ansprüche der Beschwerdeführerin an Österreich betreffend ihre ältere Tochter nach den Prioritätsregeln des Art 68 VO 883/2004 vorrangig sind, steht der Beschwerdeführerin insoweit der Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe zu.

Da die Familienbeihilfe gem § 12 FLAG 1967 nicht mit Bescheid zuzuerkennen ist, sondern vom Wohnsitzfinanzamt lediglich eine Mitteilung auszustellen ist, war der angefochtene Abweisungsbescheid somit in Bezug auf die ältere Tochter der Beschwerdeführerin aufzuheben.

4. Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der Frage, ob die Nichtausübung des Gewerbes in den ersten 48 Monaten nach der Geburt eines Kindes zum Zwecke der Kindererziehung als selbstständige Erwerbstätigkeit iSd Art 11 Abs 3 lit a iVm Art 1 lit b VO 883/2004 qualifiziert, obwohl keine durchgehende tatsächliche Ausübung der Erwerbstätigkeit bis zum Bezug des Wochengeldes vorliegt, liegt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 7 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 4 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101466.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at