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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2019, RV/7102245/2019

1. Forschungsprämie für Projekte laut Gutachten der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) 2. Ersatzlose Behebung des Bescheides, wenn die Forschungsprämie im beantragten Ausmaß zusteht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache E GmbH, AdresseBf, vertreten durch taxservices Steuerberatungs- und Unternehmensberatungsgesellschaft mbH, Dornbacher Straße 66, 1170 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Forschungsprämie 2015 gemäß § 108c EStG 1988 zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

[...]

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) gegen den Bescheid betreffend Festsetzung einer Forschungsprämie für das Jahr 2015 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob die geltend gemachte Prämie im geltend gemachten Ausmaß zusteht, weil es sich bei allen betroffenen Projekten (insbesondere Projekt 4) um Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne der Forschungsprämienverordnung handelt.

Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:

Die Bf stellte mit dem dafür vorgesehen Formular E 108c-EDV-2015 einen Antrag zur Geltendmachung einer Forschungsprämie für das Jahr 2015 in der Höhe von 2.762,52 Euro für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung.

Aus dem Jahresgutachten der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) vom ging hervor, dass es sich bei dem geltend gemachten Betrag um Forschungsaufwendungen für insgesamt 4 Projekte handelte. Für die Projekte 1 bis 3 wurde das Vorliegen eines F&E - Projektes gemäß § 108c Abs 2 Z 1 EStG 1988 bejaht. Für das Projekt 4  wurde im Gutachten ausgeführt, dass Projekte mit Routinecharakter, bei denen etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Lösung eines Einzelproblems herangezogen werden, laut Forschungsprämienverordnung nicht der F&E zuzuordnen seien. Auf das Projekt 4 entfielen 40 Prozent der Bemessungsgrundlage laut Gutachten.

Das Finanzamt entschied mit Bescheid vom über den Antrag und erkannte 60 Prozent der geltend gemachten Prämie zu. Begründend wurde ausgeführt, dass auf Grund des Gutachtens der FFG die dargelegten F&E-Aktivitäten nur zum Teil die inhaltlichen Voraussetzungen des § 108c Abs 2 Z 1 EStG 1988 erfüllten. Insbesondere sei das Projekt 4 laut Forschungsprämienverordnung nicht der F&E zuzuordnen.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beurteilung des Projektes 4 durch die FFG nicht nachvollziehbar sei. Die Begründung im Gutachten treffe in keiner Weise auf das Projekt 4 zu. Es habe sich dabei um eine erstmalige Forschungsaufgabe gehandelt, die es bislang noch nicht gegeben habe. Die Methodik der Datenerhebung habe als erster Schritt neu erarbeitet werden müssen. Bislang habe es das nur für größere Gebiete gegeben. Die Methodik, aus den erhobenen Daten eine repräsentative Hochrechnung für so ein kleines Gebiet zu erstellen, sei in einem zweiten Schritt der Arbeit entwickelt worden. Als dritter Schritt sei auch die Darstellung der Ergebnisse neu zu entwickeln gewesen. Datenschutzmaßnahmen und das Datenschutzgesetz seien dabei im Mittelpunkt gestanden. Sämtliche Arbeitsschritte hätten vollständig im Jahr 2015 stattgefunden, somit seien alle Neuentwicklungen diesem Jahr zuzurechnen. Mit dieser wissenschaftlich fundierten Grundlage sei durch die beschriebene Vorgangsweise Neuland beschritten worden. Routinearbeiten habe es bei diesem Projekt keine gegeben. Es werde daher ersucht, auch dieses Forschungsprojekt anzuerkennen.

Das Finanzamt entschied mit abweisender Beschwerdevorentscheidung. Begründend wurde ausgeführt, dass keine neuen Vorbringen betreffend die Forschungstätigkeit für Projekt 4 erstattet worden seien. Das Finanzamt gehe daher davon aus, dass die FFG keine oberflächliche Beurteilung vorgenommen habe. Die Beurteilung der FFG sei nach Ansicht des Finanzamtes nachvollziehbar.

Die Bf beantragte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Mit der Beschwerde sei gegen den Entscheid der FFG auf zwei Ebenen Einspruch erhoben worden: Erstens auf Basis der eindeutig vorhandenen Wissenschaftlichkeit der vorliegenden Projekte und zweitens auf Basis der generellen Ablehnungsgründe, die eine pauschale, unspezifizierte Bearbeitung der Anträge vermuten ließen. Es sei deshalb nicht ersichtlich, auf welcher Basis dem vorgelegten Projekt die Wissenschaftlichkeit und Innovativität abgesprochen werde. Das Projekt sei mit einer pauschalen Begründung abgelehnt worden. Es sei aber nicht dargelegt worden, weshalb das Projekt nicht wissenschaftlich und innovativ sein sollte. Deshalb sei für die Bf auch nicht ersichtlich, warum die Beurteilung der FFG für das Finanzamt nachvollziehbar sei.

Die Ziele und Fragestellungen des Projektes 4 seien zweischichtig gewesen. Einerseits sollte eine vorhandene, jedoch sehr grobskalige und damit ungenaue und qualitativ minderwertige Methode zur Erhebung von Luftschadstoffemissionen modifiziert und verbessert werden. Andererseits sollte mit der neu entwickelten und verbesserten Modellierungsmethode der wissenschaftlichen Lösung von zwei angewandten Forschungsfragen im Auftrag  der Niederösterreichischen Landesregierung nachgegangen werden. Insbesondere sei es darum gegangen, wissenschaftlich begründet zu belegen, ob - wie in einer Hypothese angenommen - die Verkehrsemissionen die Hauptursache für die Grenzwertüberschreitungen seien und welche der sonstigen Emissionsquellen einen bedeutenden Einfluss haben. Durch die Verbesserung der Methode habe nachgewiesen werden können, dass LKW spezifischer Euroklassen ein besonderes Gewicht bei der Luftschadstoffproblematik zukomme. Damit habe dieses Projekt modellhaften Charakter nicht nur für Niederösterreich, sondern für alle nationalen und internationalen Studien auf diesem Gebiet. Es werde daher ersucht, das Projekt neu zu evaluieren. Es werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Das Finanzamt leitete die im Vorlageantrag ausgeführte Beschreibung des Projektes 4 zur weiteren Beurteilung an die FFG weiter.

Auf Grund dieser Anfrage des Finanzamtes kam es zu einer Rückfrage seitens der FFG, da die übermittelten Unterlagen zur Beurteilung des Projektes 4 zu allgemein gehalten seien. Das Finanzamt werde daher ersucht, konkretere Beschreibungen des Projektes  4 nachzufordern. In dieser Rückfrage listete die FFG die zu beantwortenden Fragen auf. Das Finanzamt forderte die Bf auf, die gestellten Fragen zu beantworten.

Mit Schreiben vom kam die Bf dieser Aufforderung nach und beantwortete ausführlich die aufgelisteten Fragen.

In der Folge gab die FFG eine abschließende Stellungnahme ab. In dieser beurteilte sie das Projekt 4 als Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne der Forschungsprämienverordnung iVm § 108c Abs 2 Z 1 EStG 1988.

Das Finanzamt legte die Beschwerde zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf betrieb im Jahr 2015 eigenbetriebliche Forschung im Rahmen von vier Projekten.

Laut Gutachten und abschließender Stellungnahme der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft handelte es sich bei diesen vier Projekten allesamt um Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne der ForschungsprämienVO.

Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:

Gemäß § 108c EStG 1988 können Steuerpflichtige, soweit sie nicht Mitunternehmer sind, und Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, Prämien geltend machen.

Gemäß § 108c Abs 2 Z 1 EStG 1988 sind eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt werden, prämienbegünstigt. Zielsetzung muss sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen des Wissens zu erarbeiten. Die Forschung muss in einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Kriterien zur Festlegung der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben) mittels Verordnung festzulegen.

Das Finanzamt kann sich bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs 2 Z 1 vorliegen, der Forschungsförderungsgesellschaft mbH als Gutachter bedienen.......(§ 108c Abs 7 EStG 1988).

Im vorliegenden Fall hat die Bf die Forschungsprämie für das Jahr 2015 beantragt. Die Forschungstätigkeiten beinhalteten insgesamt 4 Projekte, bei denen die FFG die prämienbegünstigte Forschung in ihrem Gutachten für drei Projekte bejaht hat. Für das vierte Projekt erfolgte die Bejahung nachträglich während des Beschwerdeverfahrens in einer neuerlichen Stellungnahme vom . Darüber hinausgehende Voraussetzungen für die Forschungsprämie waren nie strittig. Die Forschungsprämie kann daher auch für das 4. Projekt zuerkannt werden. Der Bf steht somit die Prämie im geltend gemachten Ausmaß zu.

Ein Bescheid betreffend die Forschungsprämie stellt eine Festsetzung nach § 201 BAO dar und hat nur zu ergehen, wenn die Behörde von der eingereichten Erklärung abweicht. Da die Forschungsprämie im beantragten Ausmaß zusteht, hat kein Bescheid zu ergehen, weil § 201 Abs 1 BAO eine Abgabenfestsetzung mit dem vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Betrag nicht vorsieht. Der angefochtene Bescheid war daher nicht abzuändern, sondern ersatzlos aufzuheben (vgl ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich im gegenständlichen Fall die Lösung der Rechtsfrage bereits aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt, lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Revision wurde daher nicht zugelassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012
§ 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 108c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 108c Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102245.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at