Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2019, RV/4100333/2012

Keine Aussetzungszinsen, wenn Begehren nicht im Beschwerdejahr, sondern in einem späteren Veranlagungszeitraum anerkannt wurde

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Jud.Ex hinsichtlich der Beschwerde der Bf., vertreten durch Steuerberater, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Klagenfurt betreffend

1) Festsetzung von Aussetzungszinsen in Höhe von € 2.556,52 vom

2) Festsetzung von Aussetzungszinsen in Höhe von € 141,37 vom

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführerin (in der Folge auch nur: Bf.), einer GmbH, waren im Anschluss an die Erledigung einer Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2000 durch Beschluss des Unabhängigen Finanzsenates mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom Finanzamt Aussetzungszinsen festgesetzt worden.

Ihre dagegen form- und fristgerecht erhobene und damals noch als Berufung bezeichnete Beschwerde begründete die Beschwerdeführerin damit, dass ihrem Standpunkt hinsichtlich Umsatzsteuer 2000 im Ergebnis Rechnung getragen worden sei, weshalb die Vorschreibungen ersatzlos aufzuheben wären.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ihr bisheriges Vorbringen wiederholend wendete die Bf. ergänzend ein, die von ihr unverschuldete, späte Zuerkennung der ihr zustehenden Umsatzsteuer ziehe eine sachliche Unbilligkeit nach sich. Es würde dabei zu einem atypischen und vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Vermögenseingriff kommen. Auch sei die sachliche Unbilligkeit gegeben, da die Finanzbehörde den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe und die Bf., in Kenntnis der nunmehr drohenden abgabenrechtlichen Nachteile, ihre Dispositionen anders getroffen hätte.

Entgegen der Diktion im Vorlageantrag stellte die Bf. dort noch erstmals den (Eventual-) Antrag auf Abschreibung und Löschung (Anm.: gemeint ganz offenkundig: der streitgegenständlichen Aussetzungszinsen). Zudem sähe das Abgabenverfahrensrecht bei nachträglicher Herabsetzung der Abgabenschuld eine rückwirkende Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages, im vorliegenden Fall also die Aufhebung, vor.

Im Hinblick auf den im § 212a Abs. 1 BAO normierten Grundsatz der “Abgabenbezogenheit der Aussetzung“ brachte die Bf. vor, ihrer Ansicht nach handle es sich ausschließlich um Umsatz/Vorsteuer 2000. Deren spätere Herabsetzung im Wege einer Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens für das Jahr 2006 habe sich letztlich als rechtmäßig herausgestellt habe bzw. sich die Nichtanerkennung der Umsatzsteuer 2000 anlässlich der Betriebsprüfung im Jahre 2004 eben als rechtswidrig erwiesen. Wenn also damit diese Rechtswidrigkeit gegeben wäre, könne es dahingestellt bleiben, aus welchem Verfahrenstitel (Wiederaufnahme des Verfahrens, Änderung nach § 295 BAO oder sonstige Maßnahmen) heraus die Rechtmäßigkeit herbeizuführen sei.

Weiters führte die Bf. noch aus, die Gegenstandsloserklärung der Berufung Umsatzsteuer 2000 infolge Zurückziehung durch die Beschwerdeführerin würde in Wahrheit und entgegen der Ansicht des Finanzamtes ein – zusätzliches – für den Standpunkt der Bf. sprechendes Argument darstellen, da eine Wiederaufnahme von Amts wegen ein bescheidmäßig abgeschlossenes Verfahren voraussetze; eine formelle Rechtskraft sei nicht erforderlich (Hinweis auf § 307 BAO).

Abschließend gab die Bf. noch die Bestimmung des § 274 BAO wieder, wonach eine Berufung zwingend als gegenstandslos zu erklären sei, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides trete und der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trage. Unter Hinweis auf Ritz, BAO4, Tz 2 zu § 274, vertrat die Bf. die Auffassung, der neue Umsatzsteuerbescheid (Anm.: für 2006) verbunden mit der Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen sei ein derartiger Bescheid.

Im Verfahren vor dem nunmehr zuständigen Bundesfinanzgericht (im Folgenden auch: Finanzgericht oder bloß: Gericht) wies die Bf. zum Eventualantrag auf Abschreibung und Löschung darauf hin, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise und nach dem Prinzip von Treu und Glauben unzweifelhaft hervorgehe, dass die Vorschreibung der Aussetzungszinsen und Nebengebühren ursächlich die Vorsteuerbeträge des Jahres 2000 beträfe, womit der vom Finanzamt vertretene rein formale Standpunkt dem Telos des Abgabenrechtes nicht entspräche.

Zu ihrer Argumentation betreffend die nachträgliche Herstellung der Rechtsrichtigkeit von Bescheiden verwies die Bf. auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , 2012/15/0062, welches im Analogieschluss ihre Ansicht untermauern würde. Daraus ergäbe sich nämlich, dass Zinsenbescheide an die Stammabgabenbescheide gebunden wären. Sollten letztere sich nachträglich als rechtswidrig erweisen und durch welche behördlichen Maßnahmen auch immer geändert werden, so seien neue, an die geänderten Stammbescheide gebundene, Bescheide zu erlassen.

Ausgehend vom unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes in Verbindung mit ergänzenden Abfragen im der behördeninternen Datenbank AIS-DB-2 und Einsichtnahme in den zweitinstanzlichen Berufungsakt Umsatzsteuer 2000 wird seitens des Finanzgerichtes nachstehender Verfahrensablauf als entscheidungsrelevanter

Sachverhalt festgestellt :

Im Zuge einer die Jahre 2000 bis 2002 umfassenden und im Frühjahr 2004 durchgeführten Betriebsprüfung gelangte das Prüfungsorgan zur Ansicht, dass der Bf. in den Jahren 1995 bis 1999 in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge im Gesamtausmaß von (umgerechnet) € 23.851,59 bei der Veranlagung der Umsatzsteuer 2000 nicht als Vorsteuern zum Abzug gebracht hätten werden dürfen. Dies deshalb, da die Vorsteuern aus Vorleistungen für Wohnprojekte stammten, hinsichtlich dieser zur Vermietung bestimmten Wohnanlagen aber selbst im Jahr 2004 noch nicht einmal der Baubeginn erfolgt gewesen war, und daher ein die Abzugsfähigkeit der Vorsteuern erlaubender Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen im Prüfungsjahr 2000 nicht festgestellt werden konnte.

Der Auffassung des Prüfers folgend erließ das Finanzamt, bezüglich der Jahre 2001 und 2002 aus anderen vom Prüfer aufgezeigten Gründen, geänderte Umsatzsteuerbescheide für den gesamten Prüfungszeitraum.

In der gegen alle drei Bescheide fristgerecht erhobenen Berufung vom beantragte die Bf. auch noch, den sich aufgrund der im Jahr 2000 verwehrt gebliebenen Vorsteuer ergebenden Nachforderungsbetrag in Höhe von € 23.851,59 gemäß § 212a Abs. 1 BAO von der Einhebung auszusetzen, welchem Begehren das Finanzamt auch so nachgekommen ist.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt dem Begehren der Bf. nur hinsichtlich der Jahre 2001 und 2002 statt. Insoweit sich die Berufung gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer für 2000 richtete, wies das Finanzamt diese unter Verweis auf die geltende Rechtslage als unbegründet ab.

Gleichzeitig damit verfügte das Finanzamt gemäß § 212a Abs. 5 lit. a BAO den Ablauf der Aussetzung der Einhebung, schrieb den ausgesetzten Betrag an Umsatzsteuer in Höhe von € 23.851,59 wieder, und für den Zeitraum der aufrechten Aussetzung vom bis zum Aussetzungszinsen nach § 212a Abs. 9 lit. b BAO im Ausmaß von € 841,01 erstmalig, vor. Zudem wurde für die nicht fristgerechte Entrichtung der Umsatzsteuer 2000 ein Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO von 2% von € 23.851,59, also ein Betrag von € 477,03, vorgeschrieben.

Nachdem die Beschwerdeführerin betreffend das Jahr 2000 einen Vorlageantrag im Oktober 2005 eingebracht hatte, wurden über ihr Ansuchen mit Datum die Beträge an Umsatzsteuer 2000 (€ 23.851,59) neuerlich, an Aussetzungszinsen für Juli 2004 bis September 2005 (€ 841,01) sowie Säumniszuschlag Umsatzsteuer 2000 (€ 477,03) erstmalig, nach § 212a Abs. 1 BAO ausgesetzt.

Im Rahmen des vom Unabhängigen Finanzsenat durchgeführten Beschwerdeverfahrens Umsatzsteuer 2000 zog die Bf. ihre Berufung vom im Mai 2012 zurück. Dies erkennbar nicht nur wegen der rechtlichen Aussichtslosigkeit ihres Begehrens, sondern vor allem im Hinblick auf die vom Finanzamt zugesagte Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Umsatzsteuerverfahrens für 2006 von Amts wegen, da in diesem Zeitraum die rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung und Abzugsfähigkeit der aus den Jahren 1995 bis 1999 resultierenden Vorsteuern erstmalig gegeben waren. Durch die dann so durchgeführte Maßnahme erhöhte sich die Umsatzsteuergutschrift im gemäß § 307 Abs. 1 BAO neu erlassenen Umsatzsteuerbescheid für 2006 um den vorher strittigen Betrag von € 23.851,59.

Als Konsequenz aus der Zurücknahme hat der Unabhängige Finanzsenat die Berufung sohin mit Bescheid vom als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren Umsatzsteuer 2000 eingestellt.

Das Finanzamt verfügte mit Bescheiden vom 19. und vom neuerlich den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der ausgesetzten Beträge an Umsatzsteuer 2000 (€ 23.851,59) sowie von Aussetzungszinsen 2005 (€ 841,01) und Säumniszuschlag 2001 (€ 477,03).

Gleichzeitig setzte das Finanzamt der Bf. gegenüber mit dem nunmehr erstangefochtenen Bescheid Aussetzungszinsen, diesmal nach § 212a Abs. 5 lit. c BAO, für die ausgesetzte Umsatzsteuer 2000 (€ 23.851,59) und für den Zeitraum vom bis zum in Höhe von € 2.556,52 fest. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin, ebenfalls für den genannten Zeitraum, Aussetzungszinsen im Ausmaß von € 141,37 für die ausgesetzten Beträge an Aussetzungszinsen 2005 (vom Juli 2004 bis zum September 2005, € 841,01) sowie Säumniszuschlag 1 2001 (€ 477,03) vor.

Die aus der abschließenden Beschwerdeerledigung Umsatzsteuer 2000 vom sich für die Bf. ergebende Gesamtbelastung beläuft sich demnach auf € 4.015,93 (Wiedervorschreibung Aussetzungszinsen Umsatzsteuer erster Zeitraum € 841,01; Säumniszuschlag € 477,03; Neufestsetzung Aussetzungszinsen Umsatzsteuer zweiter Zeitraum € 2.556,52; Aussetzungszinsen zweiter Zeitraum für Aussetzungszinsen erster Zeitraum und Säumniszuschlag € 141,37).

Dieser sohin als entscheidungsrelevant und erwiesen festgestellte Sachverhalt ist im Hinblick auf die strittige Frage, ob der Beschwerdeführerin trotz der letztendlich, und zwar erst im wiederaufgenommenen Umsatzsteuerverfahren 2006, zuerkannten Vorsteuern aus den Jahren 1995 bis 1999 zu Recht Aussetzungszinsen und ein Säumniszuschlag vorgeschrieben worden sind,

rechtlich wie folgt zu würdigen:

Vorweg wird festgehalten, dass die rein rechnerische Ermittlung und damit die Höhe der strittigen Abgaben und Nebengebühren – nach Ansicht des Gerichtes auch vollkommen zu Recht – nicht beanstandet worden sind.

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO in der auf den gegenständlichen Fall anwendbaren Fassung vor dem FVwGG 2012, BGBl. I 2013/14, ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Nach § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf. Der Ablauf der Aussetzung ist gemäß lit. a leg.cit. anlässlich einer über die Berufung ergehenden Berufungsvorentscheidung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines “Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2)“ nicht aus.

Letzterenfalls ist dann der Ablauf nach § 212a Abs. 5 BAO u.a. zu verfügen, wenn eine andere das Berufungsverfahren abschließende Erledigung ergeht (lit. c leg.cit.).

Im Lichte dieser maßgeblichen Gesetzesstellen wurden zuerst antragsgemäß die Umsatzsteuer 2000 ausgesetzt und, nach Ergehen der diesbezüglich abweisenden Berufungsvorentscheidung, der Ablauf der Aussetzung verfügt.

Nach Einbringung des Vorlageantrages wurden sowohl die Umsatzsteuer 2000 – neuerlich – als auch die für die vorhergehende Aussetzung anerlaufenen und vorgeschriebenen Aussetzungszinsen und der festgesetzte Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer 2000 – erstmalig – entsprechend dem Antrag der Bf. ausgesetzt.

Im Gefolge der Gegenstandsloserklärung der Berufung und der Einstellung des Berufungsverfahrens wegen Zurücknahme der Berufung waren dann wiederum alle ausgesetzten Beträge nach Verfügung des Ablaufes gemäß § 212a Abs. 5 lit. c BAO der Beschwerdeführerin gegenüber mit den nunmehr bekämpften Bescheiden vorgeschrieben worden.

Gemäß § 212a Abs. 9 lit. b BAO sind für Abgabenschuldigkeiten, soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Im Falle einer nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Genau diese letzte Textpassage des § 212a Abs. 9 BAO hat die Bf. vor Augen, wenn sie die Herabsetzung (Anm.: auf Null) bzw. die Nichtfestsetzung der nach dem Verfahrensgang und den Beträgen nach grundsätzlich ordnungsgemäß festgesetzten Aussetzungszinsen mit dem Argument begehrt, im Ergebnis und bei Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei die verwehrte “Vorsteuer 2000“ schließlich im Jahr 2006 anerkannt und steuermindernd (bzw. die Gutschrift erhöhend) berücksichtigt worden.

Mit dieser Ansicht befindet sich die Bf. jedoch im Widerspruch zur höchstgerichtlichen Judikatur. So hat der VwGH in seinem – in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten (kleinen) Senat beschlossenen – Erkenntnis vom , 2002/13/0078, welches einen von der Thematik vergleichbaren Sachverhalt betraf, ausgesprochen, dass es sich b ei der Bestimmung des § 212a Abs. 9 Satz 3 BAO um eine auf einzelne Abgabenschulden abstellende Regelung handle, die es nicht erlaube, die infolge Herabsetzung einer Abgabenschuld entstehende Gutschrift rückwirkend bei der Berechnung der Aussetzungszinsen für eine andere Abgabenschuld zu berücksichtigen (unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom , 94/15/0167, mit weiterem Nachweis). Die Ansicht der damals belangten Behörde, dass die Aussetzung der Einhebung abgabenbezogen sei, weshalb der Erfolg einer Berufung für andere Besteuerungsperioden die Bemessungsgrundlage der Berechnung der Aussetzungszinsen für jene Besteuerungsperiode, für die sich durch die Berufung keine Änderungen ergeben hätten, nicht beeinflussen könne, hat der VwGH dort ausdrücklich als richtig und zutreffend erachtet.

Im vorliegenden Fall waren der Bf. aufgrund von ihr gegenüber in den Jahren 1995 bis 1999 erbrachten Leistungen von den ausführenden Unternehmern Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden (Vorsteuern). Abgesehen davon, dass es sich dabei also gar nicht um Vorsteuern des Jahres 2000 gehandelt hatte, waren diese Vorsteuern aus den Jahren 1995 bis 1999 wegen rechtlicher Unmöglichkeit bei der Ermittlung der Umsatzjahressteuer für 2000 im 2004 wiederaufgenommen Verfahren nicht mehr zum Abzug zugelassen worden, wodurch sich die ursprüngliche Umsatzsteuergutschrift entsprechend verringert hatte.

Erst im Zuge der im Jahr 2012 – nach endgültiger Entscheidung über die das Jahr 2000 betreffende Berufung durch Gegenstandsloserklärung selbiger und Einstellung des Verfahrens nach Zurückziehung dieser Berufung – erfolgten amtswegigen Wiederaufnahme und Neufestsetzung der Umsatzsteuer des Jahres 2006 waren die Vorsteuerbeträge aus den Jahren 1995 bis 1999 erstmalig in Abzug gebracht worden und hatten die aus dem Erstverfahren resultierende Gutschrift entsprechend erhöht.

Eine betragsmäßige Änderung hatte die Umsatzsteuer 2000 durch das durchgeführte Berufungsverfahren jedenfalls ebenso wenig erfahren wie durch die Neufestsetzung der Umsatzsteuer 2006 im wiederaufgenommenen Verfahren.

Im Lichte des Grundsatzes der Abgabenbezogenheit der Aussetzung lässt sich daher die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2006 keinesfalls als nachträgliche Herabsetzung der Umsatzsteuerschuld des Jahres 2000, für deren Aussetzung die hier bekämpften Aussetzungszinsen vorgeschrieben worden sind, verstehen (idS das zitierte VwGH-Erkenntnis vom , 2002/13/0078).

Die Vorschreibung von Aussetzungszinsen für die ausgesetzte Umsatzsteuerschuld des Jahres 2000 samt Nebengebühren war deshalb nicht rechtswidrig.

Daran kann auch der Beschwerdehinweis auf die Bestimmung des § 21 Abs. 1 BAO nichts ändern, weil sich an der für die Beurteilung des Vorliegens einer nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld im Sinne des § 212a Abs. 9 Satz 3 BAO allein maßgeblichen Umsatzsteuerschuld der Beschwerdeführerin für das Jahr 2000 auch "in wirtschaftlicher Betrachtungsweise" nichts geändert hat. Dies deshalb, weil die Umsatzsteuer für 2000 trotz Anerkennung der relevanten Vorsteuern im Jahr 2006 im Ergebnis eben gleich geblieben ist (hiezu nochmals das bereits mehrfach erwähnte VwGH-Erkenntnis 2002/13/0078).

Auch der Einwand, die Erhebung der Aussetzungszinsen würde sich  beim gegebenen Verfahrensablauf als unbillig erweisen, vermag nach Meinung des Gerichtes der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Dazu hat der VwGH in seiner Entscheidung vom , Ra 2015/15/0005, erkannt, dass eine beantragte Aussetzung der Einhebung grundsätzlich zu Aussetzungszinsen führt und die Einhebung von Aussetzungszinsen im Hinblick darauf, dass diese Zinsen durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht sachlich unbillig ist, zumal den Aussetzungszinsen der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenübersteht ().

Aussetzungszinsen sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil das Beschwerdeverfahren unangemessen lang gedauert hat (Ritz, BAO6, Tz 32 zu § 212a, unter Hinweis auf ). Eine von der Bf. unverschuldete längere Verfahrensdauer führt übrigens auch nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO (Ritz, a.a.O.; ).

Will nämlich der Abgabepflichtige Aussetzungszinsen vermeiden oder gering halten, kann er entweder von einer Antragstellung gemäß § 212a Abs. 1 BAO Abstand nehmen oder – wenn ihm über seinen Antrag die Aussetzung bereits bewilligt wurde – den dadurch bewirkten Zahlungsaufschub jederzeit durch die in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beenden ().

Die von der Beschwerdeführerin erblickte Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben durch das Finanzamt ist für das Gericht indes nicht erkennbar. Aus dem zweitinstanzlichen Verfahrensakt betreffend Umsatzsteuer 2000 ist ersichtlich, dass das Finanzamt im Hinblick auf die Rechtslage der Bf. zugesagt hatte, eine Wiederaufnahme für das Jahr 2006 vorzunehmen und dann bei der Neufestsetzung die aus den Jahren 1995 bis 1999 resultierenden Vorsteuerbeträge (Anm.: die bisherige Gutschrift erhöhend) zu berücksichtigen, was dann so auch geschehen ist.

Eine In-Aussicht-Stellung oder gar Zusage, dass damit verbunden auch von einer Festsetzung von Aussetzungszinsen Abstand genommen werde, kann dem seinerzeitigen Aktenmaterial nicht entnommen werden.

Dem (Eventual-) Antrag auf Abschreibung und Löschung der streitgegenständlichen Aussetzungszinsen gemäß § 236 BAO vermag das Gericht nicht nachzukommen, da eine derartige Maßnahme in den Zuständigkeitsbericht der Finanzbehörde fällt. Abgesehen davon liegt, wie gerade aufgezeigt, die dazu erforderliche sachliche Unbilligkeit ohnehin nicht vor.

Der Hinweis der Bf. auf § 274 BAO kann deshalb zu keiner anderen Beurteilung führen, da der im wiederaufgenommenen Verfahren erlassene Umsatzsteuerbescheid 2006 keineswegs an die Stelle des Bescheides für das Jahr 2000 getreten ist. Letzterer ist rechtswirksam und unverändert im Rechtsbestand und an seinem Platz geblieben. Die von der Bf. vertretene Auffassung, der neue Umsatzsteuerbescheid 2006, verbunden mit der Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen, sei ein derartiger, an die Stelle des Umsatzsteuerbescheides für 2000 tretender und diesen ersetzender Bescheid, erweist sich demnach als unzutreffend.

Abschließend hat die Bf. noch auf das Erkenntnis des , verwiesen, woraus sich im Analogieschluss ergäbe, dass Zinsenbescheide an die Stammabgabenbescheide gebunden wären. Sollten sich daher letztere nachträglich als rechtswidrig erweisen und durch welche behördlichen Maßnahmen auch immer geändert werden, so seien neue, an die geänderten Stammbescheide gebundene, Bescheide zu erlassen. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, dass sich der Umsatzsteuerbescheid für 2000, mit dem hier die Aussetzungszinsen untrennbar verknüpft sind, weder als rechtswidrig erwiesen hat noch durch irgendwelche behördlichen Maßnahmen geändert worden ist. Auch diese Argumentation musste sohin ins Leere gehen.

Insgesamt gesehen war deshalb der gegenständlichen Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof hatte zu erfolgen, da die Entscheidung über die Beschwerde nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Dies deshalb, weil die hier streitentscheidende Frage, ob die Vorschreibung von Aussetzungszinsen für den Fall, dass einem Berufungsbegehren nicht im beeinspruchten Veranlagungszeitraum (hier im Jahr 2000), sondern erst durch eine andere verfahrensrechtliche Maßnahme in einem späteren Besteuerungszeitraum (hier im Jahr 2006) gefolgt werden konnte, durch die oben zitierte, umfangreiche und ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere durch das Erkenntnis vom , 2002/13/0078, ausreichend geklärt ist.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aussetzung
Aussetzungszinsen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100333.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at