Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.07.2019, RV/2100615/2019

Vertragserrichtungskosten als sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Käuferin, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erf.Nr. Zl, Team 19, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In dem am zwischen der **** GmbH (Verkäuferin) und Käuferin (Beschwerdeführerin, Bf) unter Beitritt von NN als Miteigentümer der vertragsgegenständlichen Liegenschaft abgeschlossenen Kauf- und Anwartschaftsvertrag wurde auszugsweise Folgendes vereinbart:

"§ 1 Präambel

1. Die Verkäuferin als Eigentümerin von 1.010/1.130-Anteilen und NN zu120/1.130 Anteilen Miteigentümer an der unbebauten Liegenschaft EZ ****, zu deren Gutsbestand das Grundstück xx gehört, errichtet als Bauträgereine Wohnhausanlage mit zirka 22 selbstständigen Wohnungseigentumsobjekten,18 Kfz-Abstellplätzen in der Tiefgarage sowie einen überdachten Pkw-Abstellplatz imFreien, allfällige Gärten und Grünflächen als Zubehörwohnungseigentum zu den imErdgeschoß gelegenen Wohnungen sowie Außenanlagen mit der OrientierungsnummerStraße. Der Vertrag wird zum Zweck der Begründung desWohnungseigentums abgeschlossen.
§ 1.2. Präambel: Auf dieses Vertragsverhältnis finden die Bestimmungen des BTVG 2010, des WEG 2002, des ABGB sowie die in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen Anwendung.
In § 1.3. wird festgehalten, dass die Wohnungseigentumsbewerberin bereits eine Woche vor Abgabe ihrer Vertragserklärung, vom Bauträger einen Vordruck dieses Vertragstextes ohne personen-, vertragsgegenstands- und preisbezogene Angaben erhalten hat.
Gemäß § 1.4. nimmt die Wohnungseigentumsbewerberin zur Kenntnis, dass die Verkäuferin der Gesamtliegenschaft EZ a eine Dienstbarkeit der Duldung und Belassung einer Werbetafel eingeräumt hat und diese auch aufgrund einer schriftlichen Aufforderung intabuliert werden kann. Weiters nimmt die Wohnungseigentumsbewerberin gemäß § 1.5. zur Kenntnis, dass sie die Verpflichtung übernimmt, die die Verkäuferin und NN gegenüber dem öffentlichen Gut (Gewässer) erklärt haben, wonach sie unwiderruflich und unentgeltlich zirka 30,00 m² des Grundstückes xy an das öffentliche Gut (Gewässer) abtreten, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung für das Bauvorhaben vorliegt.

§ 2 Vertragsgegenstand:

Laut § 2.1. ist Gegenstand des Vertrages das Anwartschaftsrecht an der in derWohnhausanlage Ort im ersten Obergeschoß gelegenenselbstständigen Wohnung Top 11 (Rohbaufläche zirka 57,94 m²) und dem selbstständigenKfz-Abstellplatz Nummer 5.

§ 3 Kaufpreis:

Der Kaufpreis beträgt für die erworbene Wohnung einschließlich Kücheneinrichtung undKfz-Abstellplatz insgesamt 310.104 Euro. Zusätzlich entstehen für die VertragserrichtungKosten in Höhe von 1,5% des Bruttokaufpreises (§ 17.2.).

§ 4 Treuhänderbestellung und Sicherstellung gemäß BTVG 2010

1. Der Bauträger hat bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages mit einer gesondertenUrkunde Dr. RA, Rechtsanwalt zum Treuhänder für dieses Projekt gemäß § 12 BTVG 2010 bestellt und vereinbaren die Vertragsparteien zur Sicherstellung der von derWEB geleisteter Zahlungen die grundbücherliche Sicherstellung gemäß § 9 BTVG 2010durch Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 und Zahlung nach Ratenplan B gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 BTVG 2010.

§ 4.2.:Die WEB nimmt zur Kenntnis, dass aufgrund der Treuhänderbestellung gemäߧ 12 BTVG 2010 die Treuhandfunktion von Dr. RA, Rechtsanwalt und somitseine Tätigkeit als Treuhänder erst mit Ende der Sicherungspflicht gemäß § 7 Abs. 5BTVG 2010, somit mit tatsächlicher Übergabe des fertig gestellten Vertragsobjektes undrechtskräftiger Einverleibung des ideellen Mindestanteiles gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindungmit § 2 Abs. 9 WEG 2002 samt Wohnungseigentum zugunsten der WEB, endet. Aufgrundder Bestimmungen des BTVG 2010 hat der Treuhänder insbesondere die Verpflichtung,
a) die WEB über die Natur des Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren, insbesondere über die, nach dem Vertrag zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Sicherung gemäß § 7 BTVG 2010 einschließlich der jeweiligen Rechtsfolgen für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauträgers sowie über den Haftrücklass gemäß § 4 Abs. 4 BTVG 2010 und seine Rechtsfolgen,[…]
[…]

§ 7 Wohnungseigentumsvertrag

Der, aufgrund der Bestimmungen des WEG 2002 in der jeweils geltenden Fassung, vom Treuhänder und Vertragserrichter, Dr. RA längstens binnen 6 Monaten nach Vorliegen sämtlicher zur Wohnungseigentumsbegründung erforderlichen Unterlagen und Urkunden, im Namen der Vertragsparteien zu errichtende, abzuschließende und zu unterfertigende Wohnungseigentumsvertrag hat die gesetzlichen Mindesterfordernisse bzw. nachstehende wesentliche Vertragsbestandteile wie folgt zu enthalten:

[…]

Gemäß § 15 erteilen die Vertragsparteien Dr. RA, Vollmacht ua zur Errichtung und zur grundbücherlichen Abwicklung und Durchführung dieses Vertrages.

§ 17 Kosten, Abgaben, Steuern und Gebühren

1. Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung und Treuhandabwicklung gemäß § 12 BTVG 2010, die mit diesen Verträgen verbundenen Barauslagen, die Treuhandkontoführungsgebühren und -Spesen, die Grunderwerbsteuer und die grundbücherliche Eintragungsgebühr für das Eigentumsrecht, mit Ausnahme der vom Bauträger zu tragenden Kosten der Baufortschrittsüberprüfung durch den Sachverständigen gemäß § 13 Abs. 2 BTVG 2010, der vertraglich ausbedungenen Geldlastenfreistellung der vertragsgegenständlichen Miteigentumsanteile und der Erstellung des Nutzwertgutachtens gemäß § 9 Abs. 1 WEG 2002, gehen zu Lasten der WEB, die auch ausschließlich den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat. Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung werden mit 1,5% des Bruttokaufpreises zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer zuzüglich der notariellen Beglaubigungsspesen und zuzüglich jeweiliger Barauslagen (Pauschalgebühr, Grundbuch, Archivierungsgebühren, Grundbuchsauszüge, Kopierspesen und Porto) zuzüglich Treuhandkontoführungsgebühren -Spesen vereinbart und verpflichtet sich die WEB, diese Kosten binnen vierzehn Tagen nach Anmerkung der Zusage der Einräumung Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 zu bezahlen. […]".

Dem Akt ist ein Berechnungsentwurf der Vertragserrichtungskosten des Finanzamtes zu entnehmen. Diese wurden mit insgesamt 5.581,87 Euro berechnet.

Das Finanzamt hat in der Folge der Bf für diesen Rechtsvorgang vom mit Bescheid vom die 3,5%ige Grunderwerbsteuer in Höhe von 11.049,01 Euro vorgeschrieben. Das Finanzamt ging von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 315.685,87 Euro aus (Kaufpreis 310.104 Euro plus den Vertragserrichtungskosten iHv 5.581,87 Euro). Begründend führte das Finanzamt aus, dass die Vertragserrichtungskosten Teil der Bemessungsgrundlage seien, da bei Bauträgerprojekten der Käufer keine Wahl des Vertragserrichters habe und an das Projekt gebunden sei.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde die Grunderwerbsteuerbemessung vom vereinbarten Kaufpreis ohne Vertragserrichtungskosten beantragt. Die Ansicht, dass die Vertragserrichtungskosten Teil der Gegenleistung seien, sei unrichtig und widerspreche der ständigen Judikatur. Es sei die Vorfrage hinsichtlich der Zuordnung der Vertragserrichtungskosten zu klären, wer den Rechtsanwalt/Notar beauftragt habe und zivilrechtlich aufgrund des Bevollmächtigungsvertrages gemäß § 1014 ABGB verpflichtet sei, das Honorar zu übernehmen. Habe der Käufer allein den Auftrag erteilt, wären die Vertragserrichtungskosten eigene Kosten des Käufers und daher kein Teil der Bemessungsgrundlage (vergleiche ). Die Beschwerdeführerin habe den Auftrag zur Vertragserrichtung bereits mit Legung des entsprechenden Kaufanbotes vom kundgetan, zumal festgehalten worden sei, dass sämtliche Vertragsnebenkosten von der Käuferin im Falle der Annahme des Kaufanbotes zu tragen seien.

Mit Legung dieses rechtsverbindlichen Kaufanbotes habe die Beschwerdeführerin auch die separate Übernahme der Unterlagen laut Bauträgervertragsgesetz bestätigt, womit sie auch den Erhalt des Vertragstextes bestätigt habe und daher auch in Kenntnis war, dass sie den Auftrag zur Vertragserrichtung an den Vertragserrichter und Treuhänder Dr. RA erteile und damit die Kosten für die Errichtung trage. Der Beschwerdeführerin sei daher bereits vor Legung des Kaufanbotes, nicht nur die Person des Vertragserrichters, der von ihr alleine im Fall der Annahme des Kaufanbotes zu beauftragen sei, die damit verbundenen, von ihr zu tragenden Vertragserrichtungskosten, sondern auch der Vertragsinhalt, ebenso wie das Projekt und die Abwicklungsmodalitäten bekannt gewesen. Es seien daher die Vertragserrichtungskosten in Höhe von 5.581,87 Euro nicht als Gegenleistung gem § 5 GrEStG 1987 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde vom Finanzamt unter Hinweis auf
§ 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ausgeführt, dass mit der Verkäuferin kein Vertrag zustande gekommen wäre, wenn die Käuferin den Vertrag nicht beim gegenständlichen Vertragsverfasser unterschrieben hätte. Das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch die Käuferin treffen können. Dieser Umstand spreche für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung. Die Verkäuferin habe den Vertragsverfasser als Treuhänder im Sinne des Bauträgergesetzes bestellt und ihn mit der gesamten rechtlichen Durchführung des Projektes beauftragt. Dabei seien zur Gewährleistung einheitlicher Beziehungen innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaft mit den weiteren Käufern und Miteigentümern des Objektes gleichartige Verträge abgeschlossen worden. Ein Erwerb der Liegenschaftsanteile über einen anderen Vertragserrichter wäre somit gar nicht möglich gewesen. Die vertraglich übernommene Bezahlung der 1,5%igen Vertragserrichtungsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer sei somit eine sonstige Leistung nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG und die Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage erweise sich daher als nicht rechtswidrig.

Am wurde der Vorlageantrag ohne nähere Ausführungen eingebracht.

Beweisverfahren

Diese unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr. Zl.

Rechtliche Beurteilung

Rechtslage

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG, BGBl. 1987/309 idgF unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert zu berechnen.

Bei einem Kauf (§ 1053 f ABGB, § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG) ist nach der Legaldefinition des
§ 5 Abs. 1 Z 1 leg.cit. die Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Was Gegenleistung ist, wird in § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt. Überall dort, wo die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, weil eine solche vorliegt und ermittelt werden kann, bildet jede nur denkbare – geldwerte entgeltliche – Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, einen Teil der Bemessungsgrundlage.

Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt und ist sohin die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält (Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer, Rz 1- 6 zu § 5 mit einer Vielzahl von Judikaturverweisen).

Zum Begriff "sonstige Leistung" zählen alle Leistungen, die der Käufer dem Verkäufer oder für diesen an Dritte leistet, um das Kaufgrundstück erwerben zu können und deren Erbringung in einem unmittelbaren, wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes steht (z.B. ).

Grundsätzlich gehören Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund einer Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, zur Gegenleistung (). Übernommene Leistungen iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG sind somit auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer – sei es auf Grund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung – obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (siehe Fellner aaO, Rz 64 ff. zu
§ 5 und die dort angeführten Erkenntnisse).

Festzuhalten ist, dass der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist, für deren Beurteilung es sohin nicht auf die äußere Form von Verträgen, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt ankommt bzw. die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden können. Wenn die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer zwar an Vorgänge des rechtlichen Verkehrs anknüpft, kann auch bei einer solchen Abgabe die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ganz außer Betracht bleiben. So dürfen etwa bei Beantwortung der Frage, in welcher Höhe die Grunderwerbsteuer zu erheben ist, die wahren wirtschaftliche Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden (vgl. 1485, 1486/68). Die wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt auch im Bereich des Verkehrsteuerrechts immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und dem Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde ( 531, 532/74).

Der VwGH hat sich wiederholt (vgl die Erkenntnisse vom , 84/16/0228; , 84/16/0205; , 91/16/0031) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zur Gegenleistung gehören und dargetan, dass in jenen Fällen, in denen z.B. beide Vertragsteile einen Rechtsanwalt oder Notar mit der Abfassung einer Vertragsurkunde betrauen und somit gemäß §§ 896, 1004, 1014 ABGB zu deren anteilsmäßiger Entlohnung verpflichtet sind, die (anteilsmäßig) auf den Verkäufer entfallende Hälfte der Kosten dann eine sonstige von ihm übernommene Leistung darstellt, wenn der Käufer sich verpflichtet, die gesamten Kosten der Vertragserrichtung zu tragen. In einem solchen Fall bestehen laut VwGH keine Bedenken, derartige Leistungen unter die im § 5 Abs.1 Z 1 GrEStG angeführten "sonstigen Leistungen" zu subsumieren, da diesfalls eine Vertragspartei eine Leistung übernimmt, die nach dem Gesetz die andere Partei zu erbringen hätte.

Wenn aber der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen, dann zählen die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zur Gänze zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage. Hat der Verkäufer den Auftrag zur Abfassung der Urkunde gegeben und übernimmt der Käufer die Bezahlung des Honorars, so erbringt er eine sonstige Leistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG (siehe AnwBl. 1985, S. 585; Fellner aaO, Rzn. 79 – 79b zu § 5; vgl. Arnold/Bodis, Kommentar zum GrEStG 1987, Bd. I, Rz. 127 zu § 5).

Gleichlautend zu Obigem hat der VwGH im Erkenntnis vom , 2001/16/0353 ausgeführt:

"Beauftragt nämlich der Veräußerer allein die Verfassung der Vertragsurkunde, dann entstehen nur ihm als Auftraggeber dafür Kosten. Verpflichtet sich der Käufer diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zur Gänze durch Zahlung an den Vertragsverfasser zu übernehmen, dann erbringt er in diesem Umfang eine sonstige Leistung, die er aufwenden musste, um das Grundstück zu erhalten. Unterzeichnete die Käuferin mit der Unterfertigung des Vertrages den Kaufvertrag und die darin enthaltenen Bevollmächtigungen gleichzeitig, so entstand erst mit der Unterzeichnung des Vertrages auch eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und der Käuferin. Hätte die Käuferin nicht unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit der Verkäuferin, aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragsverfassers zustande gekommen und das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch die Käuferin treffen können. Diese Umstände sprechen für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung, weshalb die vertraglich übernommene Bezahlung der 2%igen Vertragsverfassungsgebühr als sonstige Leistung nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen war."

Erwägungen

Im vorliegenden Beschwerdefall besteht allein Streit darüber, ob das Finanzamt die Vertragserrichtungskosten zu Recht in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einbezogen hat.

Die Beurteilung der Frage, ob gegenständliche Vertragserrichtungskosten einen Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung bilden, ist nach oben dargelegter Rechtsprechung danach zu beurteilen, wer von den beiden Vertragsparteien den vertragserrichtenden Rechtsanwalt mit der durch diese Kosten abgegoltenen Agenda beauftragt hat und wer zivilrechtlich zur Tragung der diesbezüglichen Kosten verpflichtet war.

Die Bf bestätigt im § 1.3. des Kauf – und Anwartschaftsvertrages, dass sie über das Bauvorhaben informiert worden ist und vom Bauträger den Vertragstext erhalten habe. Weiters bestätigt sie den Erhalt von Informationen und Projektunterlagen (vgl. § 1.3. lit b: „Fixpreis, mit dem Erwerb verbundene Abgaben und Steuern, die Kosten der Vertragserrichtung und –abwicklung sowie die Fälligkeit dieser Zahlungen").

Im § 4 des Vertrages nimmt die Bf zur Kenntnis, dass die Treuhandfunktion von RA Dr. RA erst mit tatsächlicher Übergabe des fertig gestellten Vertragsobjektes und rechtskräftiger Einverleibung des ideellen Miteigentumsanteiles zu Gunsten der WEB endet. Der Treuhänder hat auf Grund der Bestimmungen des BTVG insbesondere die Verpflichtung, die WEB über die Natur des Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren.

Im § 13 des Vertrages verpflichtet sich die Bf als WEB wiederum, im Falle der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung ihrer Miteigentumsanteile bzw. ihres Anwartschaftsrechtes bis zum Zeitpunkt der Wohnungseigentumsbegründung ausschließlich den beauftragten Vertragserrichter und Treuhänder zu beauftragen.

Schließlich erteilen die Vertragsteile im § 15 des Vertrages RA Dr. RA die Vollmacht zur Errichtung und zur grundbücherlichen Abwicklung dieses Vertrages. Mit der Unterfertigung des Vertrages unterzeichnete die Bf den Kaufvertrag und gleichzeitig die darin enthaltene Bevollmächtigung.

Erst mit der Unterzeichnung des Vertrages entstand auch eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und der Beschwerdeführerin. Hätte die Bf nicht unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit der Verkäuferin aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragserrichters zustande gekommen und das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch die Beschwerdeführerin treffen können. Diese Umstände sprechen für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung.

Laut Vertragspunkt § 17 wurden diese Kosten der Errichtung des Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages auf die Bf übertragen, die auch ausschließlich den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat. Im Rahmen einer ausschließlich formal-rechtlichen Betrachtung dieses Vertragsinhaltes – konkret des § 17 – käme dem Beschwerdevorbringen im Ergebnis Berechtigung zu. Nach dem Obgesagten ist allerdings der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen und kommt es sohin für die Beurteilung nicht auf die äußere Form des Vertrages, sondern auf die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges an.

Bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen der Errichtung von Wohnhausanlagen mit mehreren Wohnungen stellt sich der tatsächliche Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung bzw. den Erfahrungen im Wirtschaftsleben (nahezu) ausschließlich so dar, dass im Zuge der Projektentwicklung die Veräußererseite an einen Notar bzw. Rechtsanwalt mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantritt, welcher dann lediglich hinsichtlich des jeweiligen Wohnungsverkaufes, des Miteigentumsanteiles, des Käufers und des Kaufpreises adaptiert wird und dem einzelnen Kaufinteressenten zur Unterfertigung vorgelegt wird, worin sich sohin bezüglich der Vertragserstellung die von den Käufern zu entfaltende Aktivität erschöpft.

Insbesondere in Zusammenhang mit der Errichtung von solchen Projekten mit mehreren Wohnungen bzw. Appartements kann ausgeschlossen werden, dass jeder einzelne Käufer für sich individuell einen Vertragsverfasser auswählt und diesen mit der Vertragserrichtung für sich beauftragt, was wohl einen unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenmehraufwand für annähernd gleiche Verträge darstellen würde, der auch seitens der Verkäufer wenig erwünscht ist.

Daneben ist durch die Einsichtnahme des BFG in das Grundbuch samt Urkundensammlung zu den weiteren Abverkäufen in dem Projekt erwiesen, dass bei sämtlichen Verkäufen RA Dr. RA als Vertragserrichter fungierte und mit allen Käufern – jeweils nur adaptiert hinsichtlich der Wohnungseinheit und des Kaufpreises – ein mit der gegenständlichen Vertragsurkunde inhaltlich nahezu vollständig ident abgefasster Kauf-, Anwartschafts- und Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen wurde.

Zudem ergibt sich aus dem Vertrag, dass der Treuhänder bereits vor Unterfertigung des Vertrages vom Bauträger bestellt worden ist (§ 4 Treuhänderbestellung).

Wie aus oben dargelegtem VwGH-Erkenntnis vom , 2001/16/0353 ersichtlich, ist gerade dann, wenn – wie hier – die Käuferin mit der Unterfertigung des Vertrages den Kaufvertrag und die darin enthaltene Bevollmächtigung gleichzeitig unterzeichnet, erst mit der Unterzeichnung des Vertrages auch eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und der Käuferin entstanden. Es ist davon auszugehen, dass mangels Vertragsunterfertigung kein Vertrag mit der Verkäuferin, aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragsverfassers zustande gekommen wäre und damit das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes, der ja im Hinblick auf die gleichlautenden Verträge mit allen übrigen Erwerbern als Mustervertrag offenkundig vorabgefertigt vorgelegen war, nur die Verkäuferin und nicht auch die Bf getroffen hätte. Diese Umstände sprechen laut VwGH für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung.

Auch die Einbindung einer Regelung über die Höhe und Bezahlung der Vertragserrichtungskosten in den Vertrag ergibt nur dann rechtlich Sinn, wenn es sich dabei um eine von der Bf gegenüber der Verkäuferin übernommene Verpflichtung zur Tragung von Kosten handelt. Wären dies nämlich solche Kosten gewesen, die die Bf jedenfalls infolge ihrer Auftragserteilung an den Vertragsverfasser zivilrechtlich getroffen hätten, dann hätte es einer solchen vertraglichen Vereinbarung im Rahmen des Kaufvertrages zwischen den Vertragsparteien des Wohnungskaufes gar nicht bedurft. Vielmehr hätte wohl der Vertragsverfasser der Bf als seiner Auftraggeberin von sich aus eine entsprechende Honorarnote gelegt.

Die Kosten der Vertragserrichtung waren daher - entsprechend der Ansicht der Abgabenbehörde – als sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vertragserrichtungskosten einen Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung bilden, liegt eine langjährige und umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Aus diesem Grund handelt es sich nicht um die Lösung einer Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung", weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

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