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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.06.2019, RV/7400281/2018

1. Gültigkeit der Vollmacht eines Rechtsanwaltes in einem weiteren Verfahren 2. Bescheidqualität bei Zustellmangel 3. Heilung eines Zustellmangels

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , MA 6/ARL-135022/2017 betreffend Festsetzung von Vergnügungssteuer für die Monate November 2016 und Dezember 2016 sowie Verspätungszuschlag beschlossen:

I. Die  Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Bundesfinanzgericht ist in seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Mit einem an die Beschwerdeführerin (Bf) zu Handen Rechtsanwalt H adressierten Bescheid vom setzte der Magistrat der Stadt Wien Vergnügungssteuer 11-12/2016 und einen Verspätungszuschlag fest.

Laut den vorliegenden Verwaltungsakten lag für das Verfahren Vergnügungssteuer 11-12/2016 samt Nebengebühren keine Vollmacht seitens des Rechtsanwaltes H vor.

Mit Eingabe vom retournierte der genannte Rechtsanwalt diesen Bescheid im Original an den Magistrat der Stadt Wien und teilte mit, dass seine Kanzlei keine Abgabestelle der Bf sei. Der Bescheid sei daher direkt an die Bescheidadressatin zuzustellen. An seine Kanzlei sei nur dann zuzustellen, wenn ausdrücklich im dem konkreten Fall eine Vollmacht bekannt gegeben worden sei. In allen übrigen Fällen sei an die Bf zuzustellen.

Der Rechtsanwalt übermittelte per Mai eine eingescannte Kopie des gegenständlichen Bescheides an den Geschäftsführer der Bf.

Anlässlich einer Vorsprache des Geschäftssführers beim Magistrat der Stadt Wien am wurde diesem ein inhaltlich gleich lautender unterschriebener Bescheid, datiert mit , adressiert an die Bf, ausgehändigt.

Am langte beim Magistrat Wien eine mit datierte Beschwerde gegen den Bescheid von , "zugestellt über die Kanzlei H am " ein.

Mit Schreiben vom erhob die Bf Beschwerde gegen den Bescheid vom , eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerde vom als unbegründet ab. Dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Gegenstand dieser Entscheidung ist ausschließlich die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Vergnügungssteuer 11-12/2016 und Verspätungszuschlag. Nur diese Beschwerde ist Gegenstand der Vorlage durch den Magistrat der Stadt Wien.

Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung  oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Unzulässig ist eine Beschwerde vor allem bei mangelnder Bescheidqualität.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen.

Zurückzuweisen ist insbesondere eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid ().

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde aufgrund der Vorlage einer allgemeinen Vollmacht in einem bestimmten Verfahren nicht berechtigt, die Partei auch im Verfahren über eine andere bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtssache ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber als vertreten zu behandeln, es sei denn, die Partei hat ihren Willen, sich auch in diesem weiteren Verfahren eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben ().

Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt nach § 7 ZustellG die Zustellung in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem von der Behörde angegebenen Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Kommt das Schriftstück der Partei tatsächlich zu und hat sie nicht bloß Kenntnis vom seinem Inhalt erlangt, dann wird ein allfälliger Zustellmangel saniert (vgl ).

Ein tatsächliches Zukommen setzt voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme durch Übermittlung einer Ablichtung.

Durch den Umstand, dass der Empfänger der Ablichtung ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück einbringt, wird die fehlende Zustellung nicht saniert (keine Heilung durch Einlassung).

Im vorliegenden Fall wurde der Bescheid an die Bf zu Handen des Rechtsanwaltes adressiert und an den Rechtsanwalt übermittelt, obwohl dieser für dieses Verfahren nicht bevollmächtigt war. Durch die Zustellung an den Rechtsanwalt war die Zustellung mit einem Mangel behaftet.

Da der Bescheid an die Bf adressiert war, ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid für die Bf bestimmt war.

Der Bescheid ist der Bf nur in Ablichtung zugekommen, da der Rechtsanwalt den Bescheid im Original an den Magistrat der Stadt Wien retourniert hat. Im Zuge der Vorsprache beim Magistrat der Stadt Wien am wurde dem Geschäftsführer der Bf ein neuer Bescheid, der in Adressierung und Datum vom Bescheid vom abwich, übergeben. Der Bescheid vom im Original ist der Bf somit nie zugekommen. Eine Heilung des Zustellmangels ist somit nie eingetreten.

Damit richtet sich die vorliegende Beschwerde gegen einen nicht wirksam gewordenen, rechtlich nicht existenten Bescheid.

Die Beschwerde ist daher unzulässig und als solche zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der gegenständliche Beschluss der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich Gültigkeit einer Vollmacht in einem bestimmten Verfahren sowie hinsichtlich Bescheidqualität und hinsichtlich Heilung eines Zustellmangels folgte, lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400281.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at