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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2019, RV/5101388/2017

Die Einräumung einer Dienstbarkeit auf einer im Eigentum mehrerer Personen stehenden Liegenschaft kann nur durch die Miteigentümergemeinschaft (GesbR) erfolgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache J und S GesbR, Adr1, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Gmunden Vöcklabruck vom zu StNr betreffend Festsetzung der Umsatzsteuern für die Jahre 2011 und 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Ehegatten J und S sind aufgrund des Übergabevertrages vom je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaften KG, EZ 1 und 2. Beide EZ umfassen mehrere Grundstücke, die EZ 2 unter anderem das landwirtschaftlich genutzte Grundstück 01.

In einem zwischen J als Verpächter und S als Pächterin abgeschlossenen Pachtvertrag wurde auszugsweise folgendes vereinbart:

I.

Beide Vertragsteile sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes A, vorgetragen in der EZ. 1 u.a., KG. Dieser Betrieb hat ein Gesamtausmaß von 12 ha 17 a 37 m².

II.

Pachtgegenstand ist die dem Verpächter eigentümliche ideelle Liegenschaftshälfte am unter Pkt I. genannten Betrieb, am Zubehör sowie an den landwirtschaftlichen Baulichkeiten. Die Vertragsparteien erklären, daß zwischen ihnen keine Gütergemeinschaft besteht. Den Vertragsparteien sind Ausmaß, Lage und Beschaffenheit des Pachtgegenstandes bekannt. Der Verpächter übernimmt diesbezüglich keine Haftung.

III.

Das Pachtverhältnis wird auf unbestimmte Dauer, beginnend mit abgeschlossen. Die Vertragsparteien vereinbaren eine halbjährige Kündigungsfrist, jeweils auf das Ende des Pachtjahres.

IV.

Die Vertragsparteien vereinbaren einen Jahrespachtschilling in der Höhe von S 6.000,- in Worten: sechstausend Schilling. Dieser Betrag ist jeweils bis Ende November des laufenden Pachtjahres an den Verpächter zu bezahlen. Die Vertragsparteien verzichten einvernehmlich auf eine Wertsicherung des Pachtzinses.

V.

Die Pächterin ist verpflichtet, das Pachtobjekt ordnungsgemäß zu bewirtschaften.

Im Grundbuch der KG, BG, wurde im C-Blatt der Liegenschaft EZ 2 im Jahr 2011 die „DIENSTBARKEIT der Erdgasleitung EG gem Pkt II III Dienstbarkeitsvertrag hins. Gst 01 für OÖ Ferngas Netz GmbH, FN“ eingetragen.

Mit einer von „J und S“ an die OÖ Ferngas Netz GmbH gelegten Rechnung vom wurde eine Servitutsentschädigung sowie eine Bodenwertminderung in Höhe von 6.698,82 € zuzüglich 12 % Umsatzsteuer in Höhe von 803,86 €, insgesamt somit 7.502,68 € abgerechnet. Die Rechnung trägt den Vermerk „Durchschnittssteuersatz gem. § 22 Abs. 1 UStG: 12%“.

In einer von der OÖ Ferngas Netz GmbH an „J und S“ am ausgestellten Gutschrift wurden „Flurschaden, Mühewaltung, WE Umwege, Steinklauben“ abgegolten. Beziffert werden diese Leistungen mit 2.967,31 € zuzüglich 12 % Umsatzsteuer in Höhe von 356,08 €, insgesamt somit 3.323,39 €.

Schließlich wurde in einer Gutschrift vom der OÖ Ferngas Netz GmbH (handschriftlich korrigiert auf OÖ Ferngas Service GmbH) an „J u. S“ eine „Entschädigung für Datenleitung“ in Höhe von 347,95 € zuzüglich 12 % Umsatzsteuer (41,75 €), brutto somit 389,70 € abgerechnet.

Mit Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2011 und 2014 vom wurden der Beschwerdeführerin die in diesen drei Rechnungen bzw. Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 1.201,69 € als Steuerschuld gemäß „§ 11 Abs. 12 und 14, § 16 Abs. 2 sowie gemäß Art. 7 Abs. 4“ vorgeschrieben. Für das Jahr 2011 ergab sich eine Nachforderung von 803,86 €, für das Jahr 2014 eine Nachforderung von 397,83 €. In den gleichlautenden Bescheidbegründungen wurde ausgeführt: „Da laut der hieramts aufliegenden Unterlagen Umsatzsteuer für die Entschädigungszahlungen der Oö Ferngas Netz GmbH in Rechnung gestellt wurde und Ihr Landwirtschaftlicher Betrieb verpachtet wird, ist die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wieder an das Finanzamt abzuführen.“

Gegen diese Bescheide richtet sich die Beschwerde vom , die von der steuerlichen Vertreterin wie folgt begründet wurde:

„Es wurde die für eine Leitungsentschädigung als nicht buchführungspflichtiger, durchschnittsbesteuerter Unternehmer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von EUR 803,88 (2011) und EUR 397,83 (2014) vorgeschrieben. In der Bescheidbegründung wird behauptet, dass der landwirtschaftliche Betrieb J und S GesbR „verpachtet wird" und deshalb die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer „wieder an das Finanzamt abzuführen" sei. Gegen die Anwendung von § 11 Abs. 12 und 14 UStG mit der völlig unzutreffenden Bescheidbegründung richtet sich diese Beschwerde.

Beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen unserer Klienten handelt es sich um ideelles Miteigentum. Die Unternehmereigenschaft der GesbR ist gegeben. Maßgeblich ist das Auftreten nach außen (siehe Rechnung betreffend Entschädigung vom lautend auf J und S). Dem aufgrund zivilrechtlicher Vorgaben bestehenden Unternehmen J und S kann die Unternehmereigenschaft nicht abgesprochen werden (siehe Ruppe/Achatz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 4. Auflage, RZ 22 zu § 2).

Offensichtlich wird seitens der Behörde die irrige Ansicht vertreten, dass die Leitungsentschädigung nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vereinnahmt wurde. Die Durchschnittsbesteuerung für Land- und Forstwirte (§ 22 UStG) geht von der Annahme aus, dass eine Umsatzsteuer aus Vorleistungen in derselben Höhe vorliegt, wie die für Lieferungen und Leistungen geschuldete Umsatzsteuer. Beabsichtigt ist mit der Besteuerung nach Durchschnittssätzen eine Erleichterung der umsatzsteuerlichen Verpflichtungen.

Es wird in diesem Fall der gesamte landwirtschaftliche Betrieb bewirtschaftet und das umsatzsteuerliche Ergebnis aus dieser Bewirtschaftung entspricht daher den Anforderungen des § 22 UStG. Die tatsächliche Bewirtschaftung des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist durch den Pachtvertrag zwischen den Ehegatten nicht beeinträchtigt. Es liegen daher weiterhin für die gesamte Fläche Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vor, sodass § 22 UStG anzuwenden ist. Die anlässlich eines Telefonates seitens der Behörde angeführte Rz 2881, erster Absatz UStR gilt ausdrücklich nur bei Verpachtung des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes und trifft daher hier nicht zu.

In Rz 2883 UStR ist weiters festgehalten, dass für Abgeltungen bzw. Servitutsentgelte im Zusammenhang mit der Errichtung von Versorgungsleitungen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen die Durchschnittsbesteuerung anzuwenden ist.

Die Bestimmungen des § 11 Abs. 12 und 14 UStG treffen hier aus folgenden Gründen nicht zu:

• Der in der Rechnung vom bzw. in der Gutschrift vom ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag wird unter Beachtung der Besonderheit von § 22 UStG geschuldet.

• Der ausgewiesene Steuerbetrag betrifft eindeutig eine ausgeführte sonstige Leistung.

• Die J und S GesbR ist Unternehmer (siehe Ruppe/Achatz, erwähnt auf Seite 1).

Somit wird die ersatzlose Aufhebung der beiden Bescheide beantragt.“

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab, und führte zur Begründung aus:

„Aufgrund einer Verpachtung werden durch den Verpächter keine Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mehr erzielt und ist § 22 UStG nicht anwendbar. Mangels Anwendbarkeit des Pauschalbesteuerungsverfahrens ist auch die begünstigende Auslegung in Rz 2883 Umsatzsteuerrichtlinien nicht anzuwenden (Salzburger Steuerdialog 2012 - Zweifelsfragen zur Umsatzsteuer, , BMF-010219/0163-VI/4/2012).

Gegenständlich erzielt die Rechte einräumende Miteigentümerschaft keine Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes - solche erzielt die Pächterin - und ist auch kein pauschalierter Land- und Forstwirt. Daher ist bei der Miteigentümerschaft § 22 UStG nicht anwendbar. Es mag sein, dass für die gesamte Fläche Umsätze iSd § 22 UStG erzielt werden. Gemäß § 22 UStG müssen sich die land- und forstwirtschaftlichen Umsätze jedoch auf einen bestimmten Unternehmer beziehen und nicht auf eine bestimmte Fläche.

Stellt der Kleinunternehmer Rechnungen mit Steuerausweis aus, schuldet er die Steuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG.“

Nachdem mit Eingabe vom um Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages ersucht worden war, wurde im Vorlageantrag vom im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ehegatten J und S zu je 50 % Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes seien. Seit habe J seinen Hälfteanteil an seine Gattin verpachtet. Die Gewinnermittlung für den von dieser bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erfolge unter Anwendung der Vollpauschalierung gem. § 17 EStG. i.V. mit der LuF-PauschVO 2015. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 22 UStG 1994 seien gegeben. Von der OÖ. Ferngas Netz GmbH Linz sei anlässlich einer Leitungsverlegung über landwirtschaftlich genutzte Flächen der Ehegatten eine Entschädigungsleistung bezahlt worden. Diese habe 2011 netto € 6.698,83 und 2014 netto € 2.967,31 betragen. Abgerechnet worden sei mit Rechnung bzw. Gutschrift zuzüglich 12 % Umsatzsteuer (2011 € 803,86; 2014 € 356,08; der für 2014 festgesetzte Betrag entspreche nicht dem Umsatzsteuerbetrag laut Gutschrift vom ). Grundsätzlich könne die Abfuhr dieser ausgewiesenen Umsatzsteuer nach § 22 (1) letzter Satz UStG entfallen. Unter Zugrundelegung der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse seien auf den Belegen der OÖ. Ferngas Netz GmbH als Empfänger der Entschädigung die Ehegatten angeführt worden. In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung werde u.a. angeführt, dass die Miteigentümerschaft keine Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erziele und somit § 22 UStG nicht anwendbar sei. Dies führe in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass aus rein formalen Gründen auch der Bewirtschafterin der gesamten Land- und Forstwirtschaft die Anwendung der Umsatzsteuerpauschalierung für die Entschädigungszahlung versagt werde. Mangels Neuerungsverbot (§ 270 BAO) und gemäß der Judikatur des EuGH wären das Nachbringen von Rechnungserfordernissen, die Rechnungsberichtigung mit ex-tunc Wirkung, neue Anträge etc. auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu beachten, selbst wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert wird (Hinweis auf ). Zum Zweck der zumindest teilweisen Sanierung der - aus formalen Gründen bisher vollständig - versagten Anwendung der umsatzsteuerlichen Pauschalierungsbestimmungen sei im Einvernehmen mit der OÖ. Ferngas Netz GmbH die Berichtigung der auf J und S ausgestellten Rechnung bzw. Gutschrift erfolgt. Es seien Berichtigungsnoten, getrennt für J bzw. S erstellt worden, in welchen jeweils 50 % der Entschädigung (zuzüglich 12 % Umsatzsteuer) ausgewiesen sind. Auf diesen erfolge der Hinweis auf die ursprüngliche Gutschrifts-(Rechnungs-)nummer. Eine Umsatzsteuerschuld gem. § 11 UStG könne wegen der Änderung bzw. Aufteilung der Gutschriftsempfänger bzw. Rechnungsaussteller somit lediglich noch im Fall des Herrn J gegeben sein. Für Frau S sei § 22 UStG zweifelsfrei anwendbar. Es werde daher beantragt, die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2014 wegen „Außerkraftsetzung“ der diesen Bescheiden zugrunde liegenden - ursprünglich auf J und S lautenden - Gutschrift (Rechnung) aufzuheben.

Angeschlossen waren dem Vorlageantrag folgende Ablichtungen:

1) Die oben erwähnte Rechnung vom (Rechnungsaussteller J und S)

Diesbezügliche „Ersatzrechnungen“ (Gutschriften) jeweils lautend auf J und S, datiert mit , mit denen der Entschädigungsbetrag von brutto 7.502,68 € nunmehr je zur Hälfte (3.751,34 €) unter Ausweis eines Umsatzsteuerbetrages (12 %) von je 401,93 € auf die beiden Miteigentümer aufgeteilt wird

2) Die oben erwähnte Gutschrift vom (Empfänger J und S)

Diesbezügliche „Ersatzrechnungen“ (Gutschriften), datiert mit , in denen der Entschädigungsbetrag von brutto 3.323,39 € nunmehr je zur Hälfte (1.661,69 € und 1.661,70 €) auf J und S aufgeteilt wird; in beiden Gutschriften wird eine Umsatzsteuer (12 %) von 178,04 € ausgewiesen.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass Entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag Rechnungsberichtigungen nicht mit ex-tunc Wirkung, sondern ex nunc erfolgen würden. Für eine Berichtigung gemäß § 11 Abs. 12 UStG ergäbe sich dies aus der in dieser Bestimmung angeordneten sinngemäßen Anwendung des § 16 Abs. 1 UStG, demzufolge die Berichtigungen für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen sind, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist (in diesem Sinne auch UStR Rz 1735; Berger u.a., UStG-ON, § 11 Tz 237 und 238; Ruppe/Achatz, UStG, § 11 Tz 137). Gleiches gelte für eine Berichtigung im Sinne des § 11 Abs. 14 UStG (vgl. ). Die im Zuge des Vorlageantrages vorgelegten „Rechnungsberichtigungen“ aus dem Jahr 2017 könnten daher nicht in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2011 und 2014 berücksichtigt werden.

In der Stellungnahme vom führte die steuerliche Vertreterin dazu aus: „Beim gegenständlichen Vorgang handelt es sich nicht um Rechnungsberichtigungen, auf welche die Bestimmungen des § 16 UStG anzuwenden sind. Es liegt weder eine Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 16 Abs. 1) vor, noch ein sinngemäßer Fall nach § 16 Abs. 3. Vielmehr geht es um eine unrichtige rechtliche Beurteilung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld, die durch Ausfertigung neuerlicher Gutschriften mit Abänderung der Gutschriftsempfänger - somit der(s) Unternehmer(s) - korrigiert wurde. Über einen solchen Sachverhalt wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom (GZ 2005/13/0115) entschieden mit der Aussage, dass eine unrichtige rechtliche Beurteilung ex tunc richtig zu stellen sei (Kurzfassung beigeschlossen). Auch § 11 Abs. 12 und 14 UStG treffen nicht zu, da insbesondere das Vorliegen eines Missbrauchs auszuschließen ist. Die ursprünglichen Rechnungen (Gutschriften) wurden - wie in unserem Vorlageantrag ausgeführt - nicht berichtigt, sondern außer Kraft gesetzt."

Das Finanzamt hielt diesem Vorbringen in einer Stellungnahme vom entgegen:

„Dem steuerlichen Vertreter ist in seiner Ausführung zu den „Rechnungsberichtigungen“ insofern zuzustimmen, als im gegenständlichen Fall weder eine Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 Abs. 1 UStG noch ein sinngemäßer Fall nach § 16 Abs. 3 UStG vorliegt.

Beide Ehegatten haben zivilrechtlich einen ideellen Hälfteanteil an der gesamten Liegenschaft (Miteigentümerschaft), wobei J seinen (ideellen) Hälfteanteil zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung an seine Ehegattin S verpachtet. Eine (spätere) Aufteilung der Rechnungen (Gutschriften) im Sinne einer Rechnungsberichtigung nach § 11 Abs. 12 oder Abs. 14 UStG auf den Iand- und forstwirtschaftlichen Betrieb (S) einerseits und die Miteigentümerschaft (J und S GesbR) andererseits ist daher nicht möglich.

Die von der OÖ Ferngas Netz GmbH ursprünglich ausgestellten Rechnungen (Gutschriften) wurden nämlich zu Recht an die Rechte einräumende Miteigentümerschaft „J und S“ GesbR ausgestellt. Der von S (allein) geführte Iand- und forstwirtschaftliche Betrieb hat der OÖ Ferngas Netz GmbH keine Rechte eingeräumt. Hiezu wird ergänzend auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Da die ursprünglichen Rechnungen (Gutschriften) der Miteigentümerschaft mit Steuerausweis ausgestellt wurden und es sich bei der betreffenden (Rechte einräumenden) Miteigentümerschaft um eine Kleinunternehmerin iSd § 6 Abs. 1 Z 27 UStG handelt, schuldet diese die Steuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG (mit der dort angeführten Berichtigungsmöglichkeit ex nunc).

Wenn hingegen zu einem späteren Zeitpunkt eine neue Aufteilung der Rechnungen (Gutschriften) an J als Verpächter und S als Pächterin und Betreiberin des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erfolgten, so entspricht dies nicht der gegebenen Sachlage, da weder J (nicht existenter Einzelunternehmer) noch der land- und forstwirtschaftliche Betrieb (S) der OÖ Ferngas Netz GmbH Rechte am Grundstück einräumen konnten und daher auch keine Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführten. Der in diesen Rechnungen (Gutschriften) trotzdem ausgewiesene Steuerbetrag wird daher nach § 11 Abs. 14 UStG geschuldet (nicht berichtigbar).

Im gegenständlichen Fall handelt es sich daher nicht um eine „unrichtige rechtliche Beurteilung“ iSd VwGH Erkenntnisses vom , GZ 2005/13/0115, sondern um eine Verkennung des Sachverhalts in der Ausführung einer Lieferung oder sonstigen Leistung.“

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin. Die Frage, wer die Leitungsrechte eingeräumt hat (die beschwerdeführende GesbR oder die beiden Gesellschafter), ist keine Sachverhalts-, sondern eine Rechtsfrage und wird daher unten in den rechtlichen Erwägungen erörtert.

Rechtslage

Der Umsatzsteuer unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Zif. 1 UStG).

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 UStG).

Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen (§ 3a Abs. 1 UStG).

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG sind die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30.000 Euro nicht übersteigen.

Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß (§ 11 Abs. 12 UStG).

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag (§ 11 Abs. 14 UStG).

§ 16 Abs. 1 UStG normiert:

1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und

2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.

§ 16 Abs. 3 UStG lautet:

Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn

1. das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;

2. für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;

3. eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rückgängig gemacht worden ist.

§ 22 Abs. 1 und 3 normierten in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum maßgebenden Fassung des BGBl I 134/2003:

(1) Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, wird die Steuer für diese Umsätze mit 12% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden jeweils in gleicher Höhe festgesetzt.

Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 8 bis 26, des § 11 und des § 12 Abs. 10 und 11 sind anzuwenden. Weiters sind Berichtigungen nach § 16 vorzunehmen, die Zeiträume betreffen, in denen die allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes Anwendung gefunden haben.

(3) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist ein Betrieb anzusehen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist. Als Landwirtschaft gelten insbesondere der Acker-, Garten-, Gemüse-, Obst- und Weinbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich der Wanderschäferei, die Fischzucht einschließlich der Teichwirtschaft und die Binnenfischerei, die Imkerei sowie Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe im Sinne des § 30 des Bewertungsgesetzes 1955.

Erwägungen

Gemäß § 472 ABGB wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer verbunden, zum Vorteile eines Andern in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen.

Eigentümer im Sinne des § 472 ABGB ist wegen § 12 GBG und § 828 ABGB nur die Gesamtheit aller Miteigentümer; eine Belastung ideeller Anteile ist unzulässig (Hofmann in Rummel, ABGB, § 472 ABGB Rz 2 mit Hinweis auf § 485 ABGB und JBl 1960, 441; SZ 41/30; EvBl 1995/186 = SZ 68/70).

Nur der Eigentümer der dienenden Sache kann eine Dienstbarkeit einräumen. Bei Miteigentum steht dieses Recht nur der Gesamtheit aller Miteigentümer zu (§ 828; § 12 GBG). Eine Dienstbarkeit kann nicht an Bruchteilen, sondern nur an der ganzen Sache begründet werden, da sie mit einem tatsächlichen Einwirken auf die Sache verbunden ist und daher in die Rechte der übrigen Miteigentümer eingreifen würde (Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON, § 472 Tz 6).

Die gegenständliche Dienstbarkeit auf der Liegenschaft EZ ***, GSt 01, konnte daher nur die beschwerdeführende Miteigentümergemeinschaft J und S einräumen und hat diese auch tatsächlich – wie aus dem Grundbuch ersichtlich – der OÖ Ferngas Netz GmbH eingeräumt. Die Dienstbarkeit lastet auf beiden im B-Blatt eingetragenen Hälfteanteilen des J und der S. Auch aus dem in der Urkundensammlung des Grundbuches abgelegten Dienstbarkeitsvertrag vom (unterfertigt von der OÖ Ferngas Netz GmbH am ) ergibt sich nichts Gegenteiliges.

Die Unternehmereigenschaft der Miteigentümergemeinschaft ist unstrittig und wurde in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde ausdrücklich betont.

Da die ursprünglichen Rechnungen (Gutschriften) der Miteigentümerschaft mit Steuerausweis ausgestellt wurden und es sich bei der Miteigentümerschaft (ebenfalls unstrittig) um eine Kleinunternehmerin iSd § 6 Abs. 1 Z 27 UStG handelt, schuldet diese die Steuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG.

Eine zulässige Berichtigung der von der Mitunternehmerschaft zutreffend ausgestellten Rechnungen bzw. Gutschriften erfolgte bislang nicht. Die steuerliche Vertreterin selbst hat in der Stellungnahme vom betont, dass es sich beim gegenständlichen Vorgang (Ausstellung neuer, auf die einzelnen Miteigentümer lautender Rechnungen und Gutschriften) nicht um Rechnungsberichtigungen handelt. Solche würden im Übrigen voraussetzen, dass auch die berichtigten Rechnungen bzw. Gutschriften auf die Mitunternehmerschaft lauten, jedoch der unzutreffende Steuerausweis korrigiert wird. Abgesehen davon wurde bereits im Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom betont, dass eine solche Berichtigung stets nur ex nunc erfolgen kann; auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Grundlegend verfehlt ist die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass durch Ausstellung der neuen Rechnungen bzw. Gutschriften eine unrichtige rechtliche Beurteilung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld korrigiert worden sei. Zum einen war – wie oben aufgezeigt – die rechtliche Beurteilung seinerzeit ohnehin zutreffend, da nur die Miteigentümergemeinschaft die Dienstbarkeit einräumen konnte. Zum anderen ergäbe sich aus dem ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () auch dann keine solche (ex tunc wirkende) Korrekturmöglichkeit, wenn die seinerzeitige rechtliche Beurteilung tatsächlich unrichtig gewesen wäre. In diesem Beschwerdefall war ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen zur Gänze versagt worden war, weil in den Rechnungen (Honorarnoten) nicht nur tatsächlich erbrachte Leistungen, sondern auch nicht erbrachte Leistungen angeführt worden waren. Diese unrichtige rechtliche Beurteilung (vollständige Versagung des Vorsteuerabzuges) war nach Ansicht des VwGH mit Wirkung ex tunc richtigzustellen und der Vorsteuerabzug im Umfang der auf die tatsächlich erbrachten Leistungen entfallenden Umsatzsteuer in den Streitjahren zuzuerkennen. Eine nachfolgend durchgeführte Rechnungsberichtigung berechtige nicht zum neuerlichen Vorsteuerabzug derselben Umsatzsteuern. Die in diesem Fall vom Verwaltungsgerichtshof festgestellte „unrichtige rechtliche Beurteilung“ kann aber nicht mit der – tatsächlich ohnehin nicht bewirkten – „Außerkraftsetzung“ der verfahrensgegenständlichen Rechnungen (wie dies im Vorlageantrag vorgebracht wurde) gleichgesetzt werden. Ausgestellte Rechnungen können nicht dadurch beseitigt oder „außer Kraft“ gesetzt werden, dass über dieselben Leistungen weitere Rechnungen (nunmehr von anderen Rechnungsaussteller) ausgestellt werden.

Das Finanzamt hat dazu in seiner Stellungnahme vom festgestellt, dass der in den neuen Rechnungen bzw. Gutschriften ausgestellte Steuerbetrag von den neuen Rechnungsausstellern (den beiden Miteigentümern) gemäß § 11 Abs. 14 UStG geschuldet wird.

Dass für die Miteigentümergemeinschaft die Bestimmung des § 22 UStG nicht zur Anwendung gelangt, weil nicht die Miteigentümerschaft selbst die Landwirtschaft betreibt, sondern allein S, hat bereits das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausreichend dargelegt. Die Beschwerdeführerin trat dieser zutreffenden Rechtsansicht im Vorlageantrag nicht mehr dezidiert entgegen, sondern legte die neuen Rechnungen und Gutschriften vor, um – nach ihrer Ansicht – zumindest für S die Anwendung der Bestimmung des § 22 UStG zu erwirken.

Da sich somit insgesamt gesehen die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2011 und 2014 als rechtmäßig erweisen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die im vorliegenden Fall bereits durch die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (, veröffentlicht in JBl 1960, 441; in SZ 41/30; in SZ 68/70) geklärt ist, dass nur die Gesamtheit aller Miteigentümer eine Dienstbarkeit einräumen kann und eine Belastung ideeller Anteile unzulässig ist, liegt keine (offene) Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (mehr) vor. Eine analoge Anwendung des von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Erkenntnisses des , scheiterte schon daran, dass im gegenständlichen Fall keine unrichtige rechtliche Beurteilung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld vorlag.

Linz, am

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