Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2019, RV/5101266/2018

Doppelte Haushaltsführung - keine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XYZ vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung, StNr. 123) 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt/Verfahren

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2013.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 beantragte der Beschwerdeführer Werbungskosten in Höhe von 5.872 € ( Familienheimfahrten 3.672 €, Doppelte Haushaltsführung 2.200 €), die das Finanzamt jedoch nicht anerkannte (Bescheid vom ); auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Beschwerde und beantragte, die geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen. Begründend führte er im Wesentlichen aus, es wäre für die Familie eine außergewöhnliche Belastung nach Österreich zu ziehen, da seine Frau in Ungarn berufstätig sei und daneben 2013 und 2014 die Großmutter gepflegt habe. Hinsichtlich der näheren Ausführungen wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und verwies diesbezüglich auf die Begründung im Einkommensteuerbescheid 2014.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die nochmalige Überprüfung der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung und legte zum Beweis der Pflegebedürftigkeit der Großmutter den Entlassungsbrief des behandelnden Krankenhauses vor. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.

In weiterer Folge legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Festgestellter Sachverhalt

Im beschwerdegegenständlichen Jahr 2013 stellte sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer ist seit16.8.2011 bei der R GmbH, Österreich, beschäftigt. Sein Dienstort ist R1 und er lebt in einer Wohnung in R2. Die monatliche Miete beträgt 200 €.

Der Familienwohnsitz, eine Eigentumswohnung, befindet sich in O, Ungarn, wohin der Beschwerdeführer jedes Wochenende mit seinem eigenen Pkw fährt. Die einfache Wegstrecke von der Mietwohnung in R2  zum Familienwohnsitz in O beträgt 250 km.

Die Frau des Beschwerdeführers ist in Ungarn berufstätig, ihre Einkünfte beliefen sich 2013 auf 886.728 Forint (2.879,45 €).

Beweiswürdigung

Um die Höhe der Mietkosten nachzuweisen, hat der Beschwerdeführer Kontoauszüge von 2011 bis 2015 vorgelegt. Durch Überweisungsbelege nachgewiesen sind 2013 Mietzahlungen für Jänner, August, Oktober und November jeweils in Höhe von 200 €.

Die Einkünfte der Frau des Beschwerdeführers im Jahr 2013 sind dem Formular E 9 entnommen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass seine Frau 2013 die Großmutter habe pflegen müssen, versucht er durch die Vorlage eines Entlassungsbriefes des S Krankenhauses in T zu belegen. Daraus geht hervor, dass die Großmutter (geb. 1936) am XX.XX.2014 stationär aufgenommen wurde und dort am XX.XX.2014 verstorben ist. Die für die Jahre 2012 bis 2014 relevante Diagnose wird nachstehend auszugsweise wiedergegeben.

„Epikrise:

………….. Im März 2012 wurde sie wegen mit Sprung des Blutdrucks verbundenen Brustkorbschmerzen erneut auf unsere Kardiologie aufgenommen. ACS wurde nicht bestätigt, im September-Oktober 2013 wurde sie erneut behandelt, auf EKG wurde Vorkammer-Fibrillation mit hoher Kammerfrequenz registriert, es wurde eine NSTEMI angenommen. Wegen der gefundenen Anämie wurde mit einer Tumoraufdeckung begonnen, mit negativem Ergebnis. Wegen der Anämie wurden die Behandlungen mit Syncumar, ASA abgestellt. Am XX.XX.2013 kam sie wegen Schmerzen in der rechten Bauchhälfte, Verdacht eines Hämatoms an der Bauchwand auf die Abteilung für Chirurgie, die mit den ausgeführten Bildgabe-Verfahren bestätigt wurden.

An unserer Kardiologie wurde sie zuletzt im Februar dieses Jahres (2014)wegen kard. dekompr. Symtomen behandelt.

Am XX.XX (2014) kam sie wegen kard. dekompr. Symptomen, Progression aufweisende Niereninsuffizienz auf unsere Station. Am XX.XX. 2014wurde über einer vorläufigen v. subclavia Kanüle eine Hämodyalise Behandlung gestartet. Seitdem lag sie mit mehreren kleineren Pausen auf unserer Station. Ihre verzogene Behandlung im Krankenhaus wurde vom Vortreten der Gastroenteritis Symptomen, verschlechterndem psychischen und somatischen Zustand begründet. Da die Verbesserung ihres Zustands von der aktiven internistischen Behandlung nicht zu erwarten war, schlugen wir eine chr. hospit. Versorgung vor, die nicht angenommen wurde, und sie kam nach Abstimmung mit den Familienmitgliedern nach Hause. Zuhause fiel sie während eines Ohnmacht artigen Übelseins hin. Wegen der Beschwerden kam sie auf die Ambulanz für Unfallchirurgie und wurde nach der Behandlung der oberflächlichen Hautverletzungen auf unsere Station verlegt. Im internen Status war nichts Neues zu sehen. Während der Observation wurde die früher geplante Gastroskopie-Untersuchung durchgeführt, sie zeigte neben einer Gastroduodenitis die bedeutende mykotische Entzündung der Ösophagus, die vorgeschlagene antimykotische  Therapie wurde begonnen. Sie wurde in entsprechendem Zustand, mit einer vorherigen Abstimmung mit den Familienmitgliedern, mit Vorschlag einer HD Behandlung erneut nach Hause entlassen. Die Familienmitglieder haben die Verlegung auf eine chronische Behandlungsstation erneut abgelehnt.

Sie wurde vor 2 Tagen (XX.XX.2014) auf HD Behandlung eingeliefert, in einem exsiccierten, hypotensen Zustand. ………………. Sie brauchte bis zuletzt eine vollständige Versorgung, intensive Behandlung. Sie ist ohne akute agonische Symptome am XX.XX 2014 um **** Uhr gestorben.“

Der zitierte Entlassungsbrief schildert genau den Krankheitsverlauf der Großmutter während der letzten Jahre. Es wird darauf hingewiesen, dass erst im Jahr 2014 die Großmutter als Pflegefall mit Absprache der Angehörigen nach Hause entlassen wurde. Es ist jedoch nicht klar, wer diese Pflege durchgeführt hat. Auf dem Entlassungsbrief scheint nach wie vor die Adresse auf, an der die Großmutter offensichtlich bis zur häuslichen Pflege 2014 gewohnt hat. Die Pflegebedürftigkeit der Großmutter im Jahr 2013 ist nicht erwiesen. Es wurden diesbezüglich keine Dokumente wie Invaliditätsausweis, Behindertenpass, Pflegegeldbescheid etc. vorgelegt. Es ist lediglich erwiesen, dass die Großmutter seit Mai 2014 pflegebedürftig war. Es gibt jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass sie von der Frau des Beschwerdeführers gepflegt wurde.

Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

§ 16 Abs. 1 Z 6 lit d EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt: Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich, bei mehr als 20 km bis 40 km 1.476 Euro jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km 2.568 Euro jährlich, bei mehr als 60 km 3.672 Euro jährlich.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob der doppelten Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung zu Grunde liegt und die dafür aufgewendeten Kosten als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Liegt nämlich der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen aus privaten Gründen außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsplatz, dann können die Aufwendungen für die Wohnung am Arbeitsplatz sowie die Kosten für Familienheimfahrten steuerlich nicht berücksichtigt werden (; ); die Aufwendungen sind nur dann abzugsfähig, wenn der Doppelwohnsitz (die doppelte Haushaltsführung) berufsbedingt ist (Doralt, EStG, § 16 Tz 220; ).

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in unüblicher Entfernung ist niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen (, 2001/13/0216). Der Grund, warum Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten berücksichtigt werden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als eine Wohnsitzverlegung nicht zugemutet werden kann (zB ). Das bedeutet aber nicht, dass zwischen der Unzumutbarkeit und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen müsste. Die Unzumutbarkeit kann unterschiedliche Ursachen haben.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Unzumutbarkeit aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (. 2006/15/0047).

Ursachen, die eine Unzumutbarkeit bedingen, müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. ; ).

Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (; ). Die durch eine weitere Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte müssen jedoch eine relevante Höhe aufweisen. Dies ist gegenständlich nicht der Fall. Die Frau des Beschwerdeführers hat 2013 rd. 2.900 € erzielt, was weit unter dem Grenzbetrag für den Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe von 6.000 € liegt. Diese Einkünfte sind daher nicht als relevant anzusehen.

Der Beschwerdebegründung der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung im Jahr 2013 – bedingt durch die Pflege der Großmutter durch die Frau des Beschwerdeführers – kann aus den in der Beweiswürdigung dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.

Es liegen daher keine eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung bedingenden Umstände vor. Der Familienwohnsitz des Beschwerdeführers liegt aus privaten Gründen außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsplatz, sodass die geltend gemachten Aufwendungen für die Wohnung am Arbeitsplatz sowie die Kosten für Familienheimfahrten steuerlich nicht berücksichtigt werden können.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über geltend gemachte Kosten aus einer doppelten Haushaltsführung abgesprochen. Zu den §§ 16 und 20 EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. . Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Linz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at