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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2019, RV/5100817/2017

Bauleistungen im Fall unterlassener Mitteilungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache AFTS, vom , vertreten durch SJ, gegen die Bescheide des Finanzamtes L vom , betreffend Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2008 und 2009 sowie Umsatzsteuer 2008 und 2009

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme Umsatzsteuer nach § 303 Abs 4 BAO für 2008 und 2009 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2008 und 2009 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Bescheide werden abgeändert.

(a) Umsatzsteuer 2008:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
 
Jahr/Zeitraum
Art
Höhe
Art
Höhe
2008
Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen
Bauleistungen
Ausfuhrlieferungen
Ig Lieferungen
52.681.022,24 €
-4.186.111,28 €
-121.283,76 €
-4.260.803,91 €
 
 
 
Steuerpflichtige Lieferungen
44.112.823,29 €
 
x 20%
8.822.564,66 € 29.352,45 € 512.877,76 €
 
Summe USt
 
Summe ErwerbSt
Vorsteuer
Bauleistungen
95.799,66 €
 
9.364.794,87 €
 
111.992,38 €
-8.618.081,73 €
-512.877,76 €
Zahllast in €
345.827,76 €

(b) Umsatzsteuer 2009:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
 
Jahr/Zeitraum
Art
Höhe
Art
Höhe
2009
Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen
Ausfuhrlieferungen
 
Ig Lieferungen
52.997.507,41 €
-317.710,88 €
 
-4.787.993,34 €
 
 
 
Steuerpflichtige Lieferungen
47.891.803,19 €
 
x 20%
9.578.360,64 € 37.879,49 € 713.425,85 €
 
Summe USt
 
Summe ErwerbSt
Vorsteuer
Bauleistungen
1.172.883,00 €
 
10.329.665,98 €
 
127.432,61 €
-9.515.370,36 €
-713.425,85 €
Zahllast in €
228.302,38 €

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

3. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

A. Im Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt:

1. Anlässlich einer Betriebsprüfung der Jahre 2008 bis 2011 (Besprechungsprogramm vom fünften März 2014) wurde zum Punkt Bauleistungen (Pkt 2) folgendes festgestellt:

a. Sofern die Montage von gelieferten Fenster- und Türelementen vom Leistungsumfang des geprüften Unternehmens umfasst sei, führe es diese Montageleistungen regelmäßig nicht selbst durch, sondern beauftrage Fremdunternehmen mit der Ausführung dieser Leistungen. Dabei erfolge in einigen Fällen kein Hinweis an die jeweiligen Subunternehmer, dass das geprüfte Unternehmen seinerseits mit der Montage beauftragt sei.

b. Von den Subunternehmern seien im Prüfungs- und Nachschauzeitraum teilweise Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellt worden. Vom geprüften Unternehmen sei die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht worden.

c. Weise der Rechnungsempfänger nicht darauf hin, dass er seinerseits zur Erbringung der Bauleistungen beauftragt worden sei, komme es trotzdem zum Übergang der Steuerschuld. Der leistende Unternehmer schulde den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag gemäß § 11 Abs 12 UStG und der Leistungsempfänger könne diesen in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag nicht als Vorsteuer abziehen (Rz 2602 UStR).

d. Von der BP würden aus den dargelegten rechtlichen Gründen die ausgewiesenen Vorsteuerbeträge (in €) aus den in der nachfolgenden Aufstellung angeführten Eingangsrechnungen nicht anerkannt.


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2008
2009
300890
41.468,54
36.382,50
303257
51.847,25
3.910,50
300274
5.334,90
2.342,08
313051
4.709,52
1.213,77
307691
527,00
0,00
308731
18.801,83
 
309774
14.672,80
480,00
303324
4.261,40
0,00
301644
43.816,15
25.511,32
302759
10.890,26
800,00
304543
12.372,53
 
306216
71.666,34
58.496,60
309210
77.329,37
27.443,35
311580
434,95
0,00
313318
41.268,00
52.273,40
 
399.400,84
208.853,52
20%
79.880,17
41.770,70

Damit würden sich folgende Vorsteuerkürzungen ergeben:

Vorsteuerkürzung 2008 mit 79.880,17 €.

Vorsteuerkürzung 2009 mit 41.770,70 €.

2. Mit Schreiben vom wurde gegen die Wiederaufnahmebescheide Umsatzsteuer 2008 und 2009 und die Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 Beschwerde eingereicht.

a. Die Bescheide würden dem Grunde nach bzw hinsichtlich der Kürzung von Vorsteuern angefochten. Die Wiederaufnahme sei nicht rechtens, die Vorsteuerkürzung sei zurückzunehmen.

b. Zu Dienstleistungen von beauftragten Professionisten für die Jahre 2008 und 2009, werde die Rechtsansicht vertreten, dass es sich um Bauleistungen handle, wodurch die von den leistenden Unternehmen in Rechnung gestellten und zutreffend für die erhaltenen Leistungen abgezogenen Vorsteuern gestrichen worden seien. Es ergäben sich dadurch Umsatzsteuernachzahlungen von 79.880,17 € (für 2008) und von 41.770,70 € (für 2009).

c. Die Vorgangsweise sei schon rechnerisch unrichtig, willkürlich, entspreche nicht dem Sachlichkeitsgebot und stelle einen Verstoß gegen den von den österreichischen Höchstgerichten und vom Europäischen Gerichtshof geforderten Gutglaubensschutz und der geforderten Rechtssicherheit dar.

Man müsse berücksichtigen, dass die letzte BP über die Jahre 2004 bis 2007 sowie die Umsatzsteuernachschau 2008 und 2009 mit Schlussbesprechung vom beendet worden sei (s. Beilage). Bereits im Juli 2009 habe man – nachdem das Thema Bauleistungen bei Subunternehmen für die Nachschaujahre aufgeworfen worden sei – die Lieferanten angeschrieben.Es seien bei der Umsatzsteuernachschau bereits Vorsteuern von 6.808,12 € aus Bauleistungen gestrichen worden, die teilweise nun wiederum, also doppelt, erfasst worden seien. Im Rahmen der Nachschau seien etwa Garantie- und Wartungsleistungen nicht als Bauleistungen umgedeutet worden, sonst hätte es nicht zum zehnfachen Betrag kommen können.

d. Ab 2010 hätten keine Umdeutungen in Bauleistungen auch bei dieser BP stattgefunden. Bei der letzten BP sei auch vereinbart worden, dass für die Jahre 2008 und 2009 vor der Schlussbesprechung keine weiteren Änderungen erfolgen würden. Damals wäre es zeitnah zu den verwirklichten Sachverhalten in den Jahren 2008 und 2009 im Rahmen der USt-Nachschau leicht gewesen, die Änderungen mit den Lieferanten durchzuführen.

Die nunmehr zu dem strittigen Punkt äußerst umfangreichen Bemühungen des Unternehmens und durch den Steuerberater persönlich, indem dieser ein Begleitschreiben an die betroffenen Lieferanten beigegeben und diese auch telefonisch zu erreichen versucht habe, hätten aufgezeigt, um wieviel schwieriger es nach fünf Jahren sei, die Änderung zu erreichen, obwohl keine Nachteile für den Fiskus entstanden seien.

Wie schon im Zuge der letzten Prüfung und in der Schlussbesprechung prognostiziert, sei es vier Jahre nach der Sachverhaltsverwirklichung äußerst schwierig, noch alle Lieferanten zu erreichen. Bei der Umsatzsteuernachschau für 2008 und 2009 wäre das leichter zu erreichen gewesen. Die Tatsachen seien dort bereits beurteilt und entsprechende Feststellungen getroffen worden. Tatsächlich hätten auch im damaligen Nachschauzeitraum bereits einzelne Unternehmer, die dort angesprochen worden seien, umgestellt. Dies sei von der BP nicht berücksichtigt worden.

e. Aus der zeitlichen Entwicklung seien natürlich Einzelfälle erklärbar, nämlich dass Unternehmen in der Zwischenzeit liquidiert worden seien und nicht mehr existierten. Die Mühen der angesprochenen Unternehmen und die Umstände zeigten auf, dass man mit der unverständlichen Vorgangsweise der Finanzverwaltung – die Diskussion um die Bauleistungen 2008 und 2009 nochmals anzufangen – in Gefahr komme, dass wirklich Fehler entstünden.

f. Es sei darauf hinzuweisen, dass im Unternehmerbereich der Durchlaufcharakter der Umsatzsteuer eingehalten worden sei und die zur Betrugsbekämpfung eingeführten Bauleistungsregelungen nicht die gewünschten Ergebnisse erbracht hätten, sondern vielmehr Schwierigkeiten mit sich bringen würden, da der ehrlich handelnde Unternehmer willkürlich getroffen werden würde.

g. Ein Vertreter eines angeschriebenen Unternehmens habe gesagt, dass das von ihm angesprochene Finanzamt diese Vorgangsweise als falsch beurteile. Er habe auch mitgeteilt, dass eine Änderung nicht vorgenommen werden könne, da es sich um Aufträge zur Abwicklung von Garantieleistungen handle, die nach den deutschen und österreichischen Steuerrichtlinien nicht als Bauleistungen abgehandelt werden könnten.

In anderen Telefonaten sei von Steuerberatern mitgeteilt worden, dass man die Vorgangsweise unterstütze, jedoch auch das Finanzamt des leistenden Unternehmers über die Vorgangsweise äußerst verwundert sei. Es sei natürlich nach vier Jahren neben der Einstellung von Firmen auch der Sachverhalt gegeben, dass keine Geschäftsbeziehungen mehr bestünden.

Da es sich teilweise um kleine Unternehmen handle, die täglich auf der Baustelle seien und wo die Gattinnen neben den Kindern die Fakturierungen erledigten, was für derartige Arbeiten nur am Wochenende erfolgen könne, sei der Wunsch geäußert worden, dass von der Bf. die Änderungen über Gutschriften erfolgen sollten. Ob dies wiederum von den jeweiligen Finanzämtern so anerkannt werde, müsse erst ermittelt werden.

h. Von einer GmbH, die bereits im Firmenbuch gelöscht sei, sei glaubhaft mitgeteilt worden, dass die Umsatzsteuer vor vier Jahren abgeführt worden sei. Auch die KSV-Mitteilungen von Einzelunternehmen zeigten, dass die Firmen gut beurteilt worden seien.

i. Es zeige sich, dass von der BP die amtswegige Steuererhebungspflicht nicht eingehalten worden sei und so teilweise in der Nachforderungsbemessungsgrundlage auch falsche Beträge eingestellt worden seien und es gebe auch die geschilderten Fälle, wo von den Unternehmen eine Umstellung auf Bauleistungen erfolgt sei. In den Nachschaufällen seien Vorsteuern auch doppelt gestrichen worden. Nach vier Jahren seien Mitarbeiter der Produktion, des Vertriebes oder des Rechnungswesens oft auch nicht mehr im Unternehmen.

Dass man von Seiten des Unternehmens alles daran gesetzt habe, nach der letzten Prüfung den Finanzamtsvorstellungen zu entsprechen, zeige sich auch darin, dass ab 2010 keine Änderungswünsche der BP mehr bestanden hätten.

j. Wie aus der Sachverhaltsdarstellung ersichtlich, sei gegen wesentliche Grundsätze der Amtswegigkeit des Verfahrens und der Ermittlungspflicht verstoßen worden, indem unrichtige Bemessungsgrundlagen und Vorsteuerkürzungen bescheidmäßig vorgeschrieben worden seien. Zur Streichung von Vorsteuerbeträgen für 2008 und 2009 sei eine Verletzung von Verfahrensvorschriften festzustellen, da die gekürzte Steuersumme keinesfalls richtig sei.

k. In den Umsatzsteuerrichtlinien (Rz 2602c) seien Garantie- und Wartungsleistungen keine Bauleistungen. Diese Rechtsmeinung finde sich auch in den österreichischen und deutschen Umsatzsteuerkommentaren.

l. In der Literatur werde darauf hingewiesen, dass der § 19 Abs. 1a UStG, wie er im Jahr 2002 eingeführt worden sei, unter der Zielsetzung des Gesetzgebers gestanden habe, die Sicherung des Steueraufkommens zu verbessern. Auch im Jahr 2010 sei im Rahmen der Erweiterung des Tatbestandes auf „Reinigung“ von Bauwerken im Budgetbegleitgesetz 2011 in den Erläuternden Bemerkungen angeführt worden, dies würde geschehen, um Steuerausfälle möglichst zu vermeiden.

Es werde auch darauf hingewiesen, dass besondere Problematiken entstehen könnten, wenn eine Leistung nachträglich als Bauleistung qualifiziert werde, weil es dann zu einer Entsteuerung beim Leistungserbringer komme, wodurch Fehlbeurteilungen vorprogrammiert seien (Oberleitner, Auswirkung der nachträglichen Aberkennung der Unternehmereigenschaft bei Bauleistungen, FJ 9/2011, S. 290 f.; Schlager/Steinmaurer, Die Schwierigkeit der umsatzsteuerlichen Abgrenzung von Bauleistungen, ).

m. In der Umsatzsteuer werde – in der sich bemühenden Unternehmerkette – diese zum Kostenfaktor und es entstünden Verstöße gegen den Gutglaubensschutz (Drüen, Zum Gutglaubensschutz im Umsatzsteuerrecht, Der Betrieb 2010, S. 1847 ff) und gegen die Rechtssicherheit, die der VwGH hervorhebe (; Schlager, ).

Bei der letzten Betriebsprüfung und Umsatzsteuernachschau (2008/2009) sei ja die Umdeutung bereits durchgeführt und befolgt worden.

Es ergebe sich daher ein Verstoß gegen Treu und Glauben.

n. Zur Wiederaufnahme des Verfahrens: Bei der letzten BP und Schlussbesprechung seien bereits alle Tatsachen bekannt gewesen. Es seien auch nachweislich ab 7/2009 – also während der letzten laufenden BP – leistende Unternehmer angeschrieben worden. Neue Tatsachen und Beweismittel seien nicht hervorgekommen. Somit bestehe keine Möglichkeit der Wiederaufnahme nach § 303 BAO.

3. Mit Schreiben vom nahm die BP zur Berufung Stellung:

a. Bereits bei der vorangegangenen Außenprüfung sei die umsatzsteuerliche Behandlung von Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs 1a UStG thematisiert worden. Diesbezüglich habe man auch Feststellungen getroffen.

Aus dem Arbeitsbogen der BP sei ersichtlich, dass seinerzeit ausgehend vom Konto 53000 (Fremdarbeiten bei Kunden, Montagen) die Überprüfung der korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung anhand von gezogenen Stichproben bei einzelnen Kreditoren durchgeführt worden sei und die Feststellungen sich auf positive Stichproben begründeten.

b. In der Außenprüfung für 2008 bis 2011 sei nunmehr geprüft worden, ob die Fakturierung für Bauleistungen im Prüfungszeitraum rechtsrichtig erfolgt sei. Hierfür sei für den Prüfungszeitraum mit der ACL Software eine Analyse des Kontos 53000 hinsichtlich der verwendeten Vorsteuercodes durchgeführt worden.

Man habe jene Buchungen selektiert, die mit dem Code V 20 (20%ige Vorsteuer) gebucht worden seien. Aus dieser Liste habe man eine Summenstruktur je Kreditor erstellt, also eine Liste jener Vorleister, die ihre Leistungen mit 20%iger Umsatzsteuer und nicht gemäß § 19 Abs 1a UStG fakturiert hätten. Zur Überprüfung, ob die Abrechnungen korrekt erfolgt seien, habe man eine stichprobenweise Auswahl von prüfungsrelevanten Kreditoren (aufgrund des Firmenwortlautes und der fakturierten Beträge) an die Vertreter der Bf. mit der Bitte um Stellungnahme und Belegproben am übermittelt (Anlage 1). Vom Unternehmen seien daraufhin Belegproben für Kreditoren übermittelt worden, die keine Bauleistungen, sondern reine Materiallieferungen durchgeführt hätten. Im Mail vom sei eine um diese Kreditoren bereinigte Aufstellung dem Unternehmensvertreter zugesandt worden, mit der Aufforderung, bekanntzugeben, welche Vorleister mit Bauleistung und nicht mit reinen Material-, Transport – oder Wartungsleistungen beauftragt gewesen seien.

Diese Vorgangsweise sei mit dem Rechnungswesenleiter der Bf. besprochen und gemeinsam festgelegt worden, da aufgrund der sehr hohen Anzahl an fraglichen Rechnungen (mehr als 1000) die einschließlich der Leistungsverzeichnisse vorzulegen gewesen wären, ein unverhältnismäßig hoher Aufwand für das Unternehmen entstanden wäre.

c. Verpflichte sich ein Unternehmer zur Durchführung einer Bauleistung und bediene er sich zur Durchführung seiner Leistung mehrerer Subunternehmer, so sei seine Leistung als Bauleistung zu beurteilen, auch wenn er selbst unmittelbar keine Leistung erbringe. Dabei sei entsprechend den UStR Rz 2602 c bei den Subunternehmern bei jeder einzelnen Leistung zu prüfen, ob eine Bauleistung vorliege.

d. In Wahrung des Parteiengehörs seien also bereits während des Prüfungsverfahrens, aber auch noch während der Schlussbesprechung, jene Kreditoren herausgenommen worden, bei denen seitens des Unternehmens unter Vorlage von Rechnungsbelegen glaubhaft gemacht worden sei, dass es sich um keine Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs 1a UStG gehandelt habe. Im Rahmen der Schlussbesprechung sei, neben dem Leistungsportfolio der einzelnen Vorleister ausführlich über Abgrenzungsfragen bezüglich Bauleistungen diskutiert worden.

Weiters sei von den Vertretern des Unternehmens darauf hingewiesen worden, dass ab 2010 diese Problematik aufgrund einer durchgängigen Umstellung der Fakturierung von Bauleistungen nicht mehr gegeben sei.

e. Hinsichtlich des Einwandes, dass die rückwirkenden Rechnungskorrekturen mit erheblichem Aufwand verbunden und unter Umständen nicht mehr möglich seien, habe man bereits im Rahmen der Schlussbesprechung darauf hingewiesen, dass die Bestimmung zum Übergang der Steuerschuld bereits im Oktober 2002 eingeführt worden sei.

Für den Fall, dass Zweifel bestünden, ob eine Bauleistung vorliege oder nicht, könne vom Leistenden bzw vom Leistungsempfänger einvernehmlich davon ausgegangen werden, dass eine Bauleistung vorliege (UStR 2602 c).

f. Die vorangegangene Außenprüfung habe nicht wie angeführt den Zeitraum 2004 bis 2007 umfasst, sondern den Zeitraum 2006 und 2007. Laut Aktenlage habe die Umsatzsteuernachschau den Zeitraum bis einschließlich 12/2008 umfasst. Die Feststellungen betreffend den Nachschauzeitraum 2008 seien im UVA-Zeitraum Dezember 2008 festgesetzt worden (Tz 19 des Berichtes). Für 2009 sei – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – keine Umsatzsteuernachschau durchgeführt worden.

g. Ein Betrag von 6.808,12 € sei für 2008 bei der Nachschau bereits als Vorsteuer gestrichen worden und nun wiederum erfasst worden, also doppelt. In diesem Punkt sei eine Stattgabe iHv 6.808,12 € sachgerecht.

h. Garantie- und Wartungsleistungen: Auch Instandhaltungen und Instandsetzungen an Bauwerken seien als Bauleistungen zu qualifizieren. Die Aussage, dass Garantie- und Wartungsleistungen per se keine Bauleistungen wären, finde sich in dieser Form auch nicht in den Richtlinien. Entsprechend der Rz 2602c der UStR seien reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, solange nicht Teile verändert oder ausgetauscht würden, unter der Voraussetzung, dass es sich um selbständige Hauptleistungen handle, keine Bauleistungen. Während des Verfahrens seien diesbezügliche Einwendungen von der Außenprüfung berücksichtigt worden.

Es bleibe dem Unternehmen unbenommen, weitere Rechnungen mit Leistungsinhalten die keine Bauleistungen darstellten, durch entsprechende Unterlagen im Beschwerdeverfahren nachzuweisen.

Die korrekte Qualifizierung der Einzelleistungen in Bezug auf die Behandlung als Bauleistung hätte seit 2002 das geprüfte Unternehmen vornehmen müssen.

i. Die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung hätte – wie der steuerliche Vertreter richtig ausführe – spätestens nach der Feststellung der Vor-BP lückenlos vorgenommen werden können.

j. Tatsache sei, dass bei einigen Lieferanten ab Juli 2009 Rechnungskorrekturen gebucht worden seien. Diese Berichtigungen beträfen teilweise die Jahre 2005 bis 2009. Entgegen der Darstellung in der Beschwerde sei nicht ersichtlich, dass (mit Ausnahme von 3.371,46 €) Vorsteuern im Zusammenhang mit Rechnungskorrekturen über das Ausmaß der Berichtigung der Vor-BP hinaus abgeführt worden seien (Anlage 4).

k. Entsprechend den Ausführungen in den UStR schulde der leistende Unternehmer den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag gemäß § 11 Abs 12 UStG. Der Leistungsempfänger könne den in der Rechnung ausgewiesenen Vorsteuerbetrag nicht abziehen, wenn er nicht darauf hinweise, dass er zur Erbringung von Bauleistungen beauftragt worden sei.

l. Der Ausführung bezüglich „falscher Beträge“ in der Beschwerde könne nur soweit gefolgt werden, als im Nachschauzeitraum festgesetzte Beträge gegenzurechnen seien.

m. Zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuer: 2009 sei nicht Gegenstand einer Nachschau gewesen. Der Umstand, dass ein Prüfer einen Sachverhalt hätte erkennen können, stehe einer Wiederaufnahme nicht entgegen.

Neue Tatsachen und Beweismittel seien im laufenden Verfahren sehr wohl hervorgekommen, als im Zuge der Außenprüfung die vollständige Buchhaltung für das Jahr 2008 einschließlich aller Abschlussbuchungen vorgelegen sei. Daraus habe man im Vergleich zur Nachschau wesentlich umfangreichere Stichproben gezogen, deren zugrundeliegender Sachverhalt mit dem Unternehmensvertreter ausführlich erörtert worden sei.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2008 und 2009 als unbegründet abgewiesen (Auszug).

a. Neue Tatsachen und Beweismittel seien insoweit hervorgekommen, als erst im Zuge der Außenprüfung die vollständige Buchhaltung für 2008 einschließlich aller Abschlussbuchungen vorgelegen sei, aus der im Vergleich zur Nachschau wesentlich umfangreichere und andere Stichproben hätten gezogen werden können. Neu hervorgekommen seien zudem weitere Rechnungen von Subunternehmen aus den Jahren 2008 und 2009, welche die Umsatzsteuer gesondert ausweisen würden und der fehlende Hinweis, dass das geprüfte Unternehmen seinerseits mit der Montage beauftragt war. Im Zuge der Außenprüfung 2014 seien weitere Bauleistungen in erheblichem Umfang festgestellt worden.

b. Die Verfügung der Wiederaufnahme liege im Ermessen der Behörde. Ziel sei ein rechtmäßiges Ergebnis. Die Wiederaufnahme sei erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der behördlichen Ermittlungen und sich daraus ergebender steuerlicher Auswirkungen. Die steuerlichen Auswirkungen seien im gegenständlichen Fall nicht geringfügig, sodass die Wiederaufnahme auch zweckmäßig gewesen sei.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom abgeändert (Auszug):

a. Die Bf. verkaufe Fenster und Türen. Montageleistungen führe sie nicht selbst durch, sondern beauftrage Fremdunternehmen mit der Ausführung. Dabei sei in einigen Fällen kein Hinweis an die beauftragten Subunternehmer erfolgt, dass die Bf. ihrerseits mit der Montage beauftragt gewesen sei. Von den Subunternehmern seien daher im Prüfungszeitraum teilweise Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellt worden. Von der Bf. sei die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen worden.

b. Im Zuge der Außenprüfung habe man folgende Leistungen als Bauleistungen eingestuft und die Vorsteuerbeträge nicht anerkannt:


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2008
2009
300890
41.468,54
36.382,50
303257
51.847,25
3.910,50
300274
5.334,90
2.342,08
313051
4.709,52
1.213,77
307691
527,00
 
308731
18.801,83
 
309774
14.672,80
480,00
303324
4.261,40
 
301644
43.816,15
25.511,32
302759
10.890,26
800,00
304543
12.372,53
 
306216
71.666,34
58.496,60
309210
77.329,37
27.443,35
311580
434,95
 
313318
41.268,00
52.273,40
Summe
401.408,84
208.853,40
20%
79.880,17
41.770,70

Auf Basis dieser Berechnungen seien am neue Bescheide im wiederaufgenommenen Verfahren ergangen.

c. Wenn der Leistungsempfänger bei Bauleistungen nicht darauf hinweise, dass er seinerseits zur Erbringung der Bauleistungen beauftragt worden sei, komme es trotzdem zum Übergang der Steuerschuld, der Leistungsempfänger könne die Vorsteuer nicht abziehen.

d. Die Montage von Fenstern und Türen in einem Bauwerk sei als Bauleistung zu beurteilen. Da sich die Bf der Fremdfirmen bediene, komme es im gegenständlichen Fall zum Übergang der Steuerschuld.

e. Zwar sei bereits in der vorangegangenen Außenprüfung die Behandlung von Bauleistungen thematisiert worden. Man habe dazu auch Feststellungen getroffen. In der Außenprüfung für 2008 bis 2011 sei aber eine viel weitergehendere Prüfung hinsichtlich der verwendeten Vorsteuercodes durchgeführt worden, mit Erstellung einer Liste der Vorleister, die ihre Leistungen mit 20% Umsatzsteuer und nicht mit Übergang der Steuerschuld fakturiert hätten. Eine um Kreditoren bereinigte Aufstellung sei der Bf. auch zugesandt worden.

f. Wenn ausgeführt werde, dass Garantie- und Wartungsleistungen keine Bauleistungen seien, sei darauf zu verweisen, dass nach § 19 Abs 1a UStG auch Instandhaltungen und Instandsetzungen an Bauwerken als Bauleistungen zu qualifizieren seien. Diesbezügliche Einwendungen seien von der Außenprüfung bereits berücksichtigt worden.

g. Aus den der Beschwerde beigelegten Eingangsrechnungen der Firma MA ergebe sich nicht, dass keine Bauleistungen durchgeführt worden seien. Bei genauerer Betrachtung falle auf, dass regelmäßig verschiedene Teile der Fenster und Türen, insbesondere Glas, ausgetauscht worden seien. In diesen Fällen könne nicht mehr von einer nur untergeordneten Änderung die Rede sein.

h. Zu den Ausführungen betreffend die Schwierigkeiten mit der Rechnungsberichtigung für 2008 und 2009 im Jahr 2014 sei festzuhalten, dass die Bf. nicht gehindert gewesen sei, diese schon früher durchzuführen. Wie der steuerliche Vertreter richtig ausführe, hätte diese spätestens nach den Feststellungen der Vor-BP lückenlos vorgenommen werden können.

i. (1) Der Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2008 komme insoweit Berechtigung zu, als sie die doppelte Streichung von Vorsteuern bekämpfe. Folgende Vorsteuern seien in der USt-Nachschau bereits gestrichen worden (in €):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
303257
619,60
300274
862,10
313051
941,90
309774
59,20
303324
852,28
302759
2.178,05
Summe
5.513,13

(2) Doppelt erfasst habe man daher Bauleistungen in Höhe von 27.565,68 € (Vorsteuern iHv 5.513,13 €). Die Bemessungsgrundlagen würden daher wie folgt adaptiert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
2008
300890
41.468,54
303257
48.749,25
300274
1.024,40
313051
 
307691
527,00
308731
18.801,83
309774
14.376,80
303324
 
301644
43.816,15
302759
 
304543
12.372,53
306216
71.666,34
309210
77.329,37
311580
434,95
313318
41.268,00
Summe
371.835,16
20%
74.367,04

Die doppelte Kürzung betreffe nur den Umsatzsteuerbescheid 2008. Dieser Beschwerde habe man daher teilweise stattgegeben.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 als unbegründet abgewiesen.

7. Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag betreffend Wiederaufnahme der Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 und Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 eingebracht.

a. Beantragt werde eine mündliche Verhandlung vor dem BFG.

b. Im Zeitpunkt der mit den Beschwerden vorgelegten Niederschrift vom seien die Umsatzsteuervoranmeldungen bis 12/2009 abgegeben worden. Sie seien daher zur Einsicht vorgelegen.

c. Die Beschwerde sei ausführlich begründet worden. Diese Begründungen seien auch Bestandteil im Vorlageantrag.

d. Bezüglich der Wiederaufnahme des Verfahrens werde auf die jüngste Rechtsprechung des VwGH hingewiesen (). Die Abgabenbehörde habe zum Bescheiderlassungszeitpunkt bereits Kenntnis von Tatsachen und Beweismitteln gehabt, sodass sie nicht berechtigt gewesen sei, eine Wiederaufnahme vorzunehmen.

e. In der Ablehnung werde auf wesentliche Begründungen auf den Seiten 2, 3 und 4 nicht eingegangen.

f. Zu einem Steuerausfall für die Finanzverwaltung komme es nicht. Lieferanten hätten mitgeteilt, dass ihr Finanzamt die Vorgänge nicht so gesehen habe, wie die BP.

g. Der Durchlaufcharakter der Umsatzsteuer werde negiert. Der Staat hebe zu Unrecht Steuern durch Kürzung von Vorsteuern ein.

8. Am wurde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 2008 und 2009 und gegen die Umsatzsteuer 2008 und 2009 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im November 2018 wurde die gegenständliche Beschwerde auf den Sachbearbeiter übertragen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

B. Der Entscheidung zugrunde gelegter Sachverhalt

1. In einer Reihe von Fällen – betreffend Bauleistungen – erfolgte kein Hinweis der Bf. an die Subunternehmer, dass sie selbst mit den Bauleistungen beauftragt worden ist. Diese Subunternehmer stellten demgemäß Rechnungen mit Mehrwertsteuer aus.

2. Bei den aufgegriffenen Rechnungen handelt es sich um folgende:


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2008
300890
41.468,54
303257
48.749,25
300274
1.024,40
313051
 
307691
527,00
308731
18.801,83
309774
14.376,80
303324
 
301644
43.816,15
302759
 
304543
12.372,53
306216
71.666,34
309210
77.329,37
311580
434,95
313318
41.268,00
Summe
371.835,16
20%
74.367,04

3. Im Zuge des BP-Verfahrens erfolgte unter Einbindung der Bf. eine Abklärung jener Rechnungen, die nicht unter das Bauleistungsregime fallen. Die Rechnungen wurden in der BVE dezidiert bezeichnet, weitere Einwendungen im Vorlageantrag erfolgten nicht. Das BFG geht daher davon aus, dass der in der BVE geschilderte Sachverhalt richtig erfasst wurde, sodass

- die bezeichneten Aufträge Bauleistungen darstellen und

- die von der BP übernommenen Rechnungsbeträge richtig sind.

C. Rechtslage

Gemäß § 19 Abs 1a UStG wird bei Bauleistungen die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistung beauftragt ist. Der Leistungsempfänger hat auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistung beauftragt ist, hinzuweisen.

D. Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt

1. Wiederaufnahme des Verfahrens:

a. Allgemeines:

Gem. § 303 (4) BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen sind Sachverhaltselemente (mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände): Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften. Selbst innere Vorgänge (soweit sie rational feststellbar sind) können Tatsachen sein (zB. Ansichten, Absichten). Tatsachen sind daher beispielsweise

- mangelnde Ordnungsmäßigkeit der Buchführung

- nähere Umstände über die Marktgerechtigkeit des Verhaltens usw.

Beweismittel sind etwa Urkunden und Aufzeichnungen, zB solche nach § 124 BAO (Ritz, BAO, § 303, Rz 25).

Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumption zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können ().

Es genügen außerdem für eine amtswegige Wiederaufnahme schon relativ geringfügige Ergänzungen des Sachverhaltes, weil der Sachverhalt des Erstverfahrens dann eben nicht vollständig ist. Selbst die Tatsache einer dreißigjährigen Gebäudenutzung mit Verlusten hindert eine Wiederaufnahme wegen Liebhaberei nicht, wenn erst im Zuge der Betriebsprüfung die näheren Umstände der Nutzung hervorkommen ( Zl. 84/13/0039).

b. Nach der Darstellung des steuerlichen Vertreters sei die letzte BP der Jahre 2004 bis 2007 und die USt-Nachschau 2008 und 2009 mit Schlussbesprechung vom beendet worden. Es seien auch schon im Juli 2009 Lieferanten angeschrieben worden. Man habe auch bei der letzten BP „vereinbart“, dass keine weiteren Änderungen erfolgen würden.

Die BP stellt dar, dass bei der Nachschau nur Stichprobenüberprüfungen erfolgt sind und erst im Rahmen der späteren BP eine ACL-Analyse durchgeführt wurde. Die Außenprüfung habe die Jahre 2006 und 2007 umfasst und den Nachschauzeitraum bis 12/2008. Die Buchhaltung für 2008 und die Abschlussbuchungen hätten erst umfangreiche Stichproben bei den Rechnungen ermöglicht.

c. Gemäß dem Bericht betreffend die Bf. vom wurden in der Vor-BP die Jahre 2006 und 2007 und der Nachschauzeitraum 2008 (zusammengefasst in 12/2008) geprüft (Zeitraum der Durchführung der Prüfung von 1/2009 bis 3/2010). Es wurden Kürzungen der Vorsteuern in den Jahren 2007 (mit 16.198,80 €) und 2008 (mit 6.808,12 €) im Bereich der Bauleistungsrechnungen vorgenommen. Die Liste der Firmen findet sich im Prüfungsbericht aus 2010. Daraus ergibt sich, dass anhand einzelner stichprobenartig herausgesuchter Belege wiederum einzelne davon für die Vorsteuerkürzung herangezogen wurden. Darunter auch Belege der Firmen 303257, 300274, 313051, 309774 und 303324.

d. (1) Aufgabe des BFG ist es, zu prüfen, ob das jeweilige Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wiederaufgenommen werden durfte. „Sache“ ist die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen. Zu erforschen ist der Wissensstand der Behördenorgane des jeweiligen Verfahrens in den jeweiligen Jahren (Vorprüfungszeitraum 2010 und Betriebsprüfung 2014).

(2) Festgestellt wurde im Vorverfahren (2010), dass bei Bauleistungen offenkundig den Sublieferanten nicht mitgeteilt wurde, dass die Bf. mit den Montagearbeiten beauftragt war. Diese Tatsache ist daher als bekannt vorauszusetzen (Niederschrift vom ).

Bei der Folgeprüfung (Besprechungsprogramm vom ) wurden wiederum, diesmal im Rahmen einer ACL-Prüfung, Stichproben gezogen, wobei auch die Liste dieser Firmen mit der Summe der Rechnungen im Besprechungsprogramm enthalten ist.

(3) Wiederaufnahmegrund für 2008 und 2009 im Jahr 2014 ist damit nicht mehr die Tatsache der mangelhaften Mitteilung an die Sublieferanten, sondern die jeweils als Beweismittel gewonnene Rechnung mittels der IT-Analyse. Dies ergibt sich schon daraus, dass in der Vorprüfung teilweise auch dieselben Firmen in den Listen der Bauleister vorkommen, aber mit anderen Rechnungen. Wiederaufnahmegrund war somit schon im vorangehenden Verfahren einerseits die Tatsache der Nichtmitteilung der Beauftragung als Monteur an die Subfirmen (Tatsache) und andererseits die in Stichproben gezogenen einzelnen Rechnungen (Beweismittel). Im wiederaufgenommenen Verfahren 2014 wurden neue Rechnungen mittels IT-Verfahren extrahiert, die nunmehr als Wiederaufnahmegrund (neue Beweismittel) herangezogen werden können. Die in beiden Listen (2010 und 2014) vorkommenden Firmen beweisen zudem, dass die im zweiten Verfahren herangezogenen Rechnungen vorher gar nicht bekannt gewesen sein konnten, weil sie sonst in der Zurechnung der USt 12/2008 enthalten sein müssten. Die Rechnungen waren zwar schon vorhanden, sind aber – mangels IT-Analyse im Vorprüfungszeitraum – nicht bekannt gewesen. Ein allfälliges Verschulden der Behörde an der Nichtausforschung schließt die amtswegige Wiederaufnahme nicht aus (Ritz, BAO, § 303, Rz 33). Nicht zielführend ist damit der Einwand, die Finanzbehörde hätte bei einer vorangegangenen Prüfung die Rechnungen „unbeanstandet“ gelassen (s. vergleichbar -I/12). Die Behörde kann Tatsachen oder Beweismittel auch erst in Folgeverfahren erforschen und damit neu hervorbringen.

(4) Bei der Ermessensübung müssen Billigkeit und Zweckmäßigkeit gegeben sein. „Billigkeit“ ist Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen des Steuerpflichtigen. „Zweckmäßigkeit“ das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben.

Im vorliegenden Fall besteht für die Behörde kein Ermessensspielraum. Erfolgt die Mitteilung bei einer Bauleistung nicht, so ist der Vorsteuerabzug bei gleichzeitig eintretendem Übergang der Steuerschuld nicht anzuerkennen.

Ein Vertrauensschaden liegt nicht vor. Zwar hat die Bf. in der Beschwerde angeführt, es „wäre vereinbart worden, dass für die Jahre 2008 und 2009 vor der Schlussbesprechung keine weiteren Änderungen erfolgten“, diese Aussage ist aber weder niederschriftlich festgehalten, noch ist deren inhaltlicher Ausrichtung ein klares Ziel zu entnehmen. Ein „Verbot“ für spätere Betriebsprüfungen neue Tatsachen oder Beweismittel zu verwenden, lässt sich daraus nicht ableiten, abgesehen davon, dass solches im Rahmen einer Nachschau gar nicht vereinbart werden könnte.

Mangels Ermessensspielraum und Vertrauensschaden ist das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Regelung des § 19 Abs 1a UStG höher zu bewerten, als das Interesse der Steuerpflichtigen, die – wie sie selbst zugibt – schon Mitte 2009 die Rechnungen neu überprüfen und gegebenenfalls die Sublieferanten hätte verständigen können.

Die Wiederaufnahme 2008 und 2009 ist daher gerechtfertigt.

2. Bauleistungen:

a. Bauleistungen nach § 19 Abs 1a UStG sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, bzw Änderung und Beseitigung von Bauwerken dienen. Der Begriff des Bauwerkes ist weit auszulegen. Er umfasst nicht nur Gebäude, sondern auch sämtliche mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen.

Zu den Bauwerken zählen sämtliche Hoch- und Tiefbauten wie zB Straßen, Tunnels, Kraftwerke, Silos, Fenster und Türen, sowie mit dem Gebäude fest verbundene Einrichtungsgegenstände. In Grenzfällen kann von einer Bauleistung ausgegangen werden. Keine Bauleistungen sind Beförderungsleistungen, ausschließlich planerische Leistungen, Vermietung von Geräten und reine Wartungsarbeiten solange nicht Teile verändert bzw bearbeitet oder ausgetauscht werden oder dies von untergeordneter Bedeutung ist (Ruppe/Achatz, UStG, 5. Auflage, § 19, Rz 45; WKO, Übergang der Steuerschuld bei Bauleistungen, 4. Auflage).

b. Bedient sich ein Unternehmer, der sich zur Durchführung einer Bauleistung verpflichtet hat, eines Subunternehmers, dann ist seine Leistung als Bauleistung anzusehen, auch wenn er selbst real keine Leistung erbringt (Ruppe/Achatz, UStG, § 19, Rz 47 mit Verweis auf ). Der Leistungsempfänger (in diesem Fall die Bf.) hat (beim Subunternehmer) auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist, hinzuweisen. Schriftform ist zu empfehlen. Unterbleibt der Hinweis, geht die Steuerschuld trotzdem auf den Leistungsempfänger über, der Hinweis ist keine materielle Voraussetzung der Steuerschuld (Ruppe/Achatz, UStG, § 19, Rz 50 mit Verweis auf ). Der Leistungsempfänger kann aufgrund der Rechnung keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen.

c. Der Rat hat gemäß Art 27 der 6. MwSt-RL Österreich mit Wirkung ab ermächtigt, in den aufgezählten Fällen den Empfänger der Dienstleistung als Steuerschuldner zu bestimmen. Die Ermächtigung war bis befristet. Art 199 Abs 1 lit a MwSt-RL sieht seither ein generelles Mitgliedstaatenwahlrecht für Bauleistungen an Unternehmer vor (Ruppe/Achatz, UStG, § 19, Rz 44).

d. Die Einwendungen der Bf. greifen nicht:

(1) Die Regelung über die Bauleistungen ist 2002 in Kraft getreten, unionsrechtskonform und daher zu vollziehen. Unbeachtlich sind allfällige Schwierigkeiten betreffend Korrekturen bei Lieferanten oder die Frage des Durchlaufcharakters der Umsatzsteuer. Wie schon von Seiten der Finanzverwaltung erwähnt, wäre es an der Bf. gelegen gewesen, von Anfang an die Bauleistungen ordnungsgemäß zu bestimmen und die Subunternehmer darauf hinzuweisen.

(2) Unbeachtlich sind auch angebliche Aussagen von Finanzämtern zu Anfragen der Subunternehmer, entscheidend ist, welche Leistungen durch die Subunternehmer erbracht worden sind.

(3) Welche „amtswegige Steuererhebungspflicht“ von der Betriebsprüfung nicht eingehalten worden sei soll, erschließt sich für das BFG nicht: Die der gegenständlichen BP vorangehende Umsatzsteuernachschau hat Feststellungen in ihrem Zeitraum getroffen, die nachfolgende BP für den Nachfolgezeitraum. Das ist nicht ungewöhnlich (sondern die Regel) und verletzt auch keine Verpflichtungen der Finanzverwaltung.

(4) Die Bemessungsgrundlagen für die Bauleistungen wurden in Zusammenarbeit mit der Firma festgelegt, diese hat auch die entsprechenden Unterlagen geliefert. In der Berufungsvorentscheidung wurden alle doppelt verrechneten Beträge aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden. Im Vorlageantrag wurde diesen Berechnungen in der BVE nicht widersprochen, es wurden auch keine neuen „Unrichtigkeiten“ bekannt gegeben. Die in der BVE angesetzten Beträge bilden daher auch die Grundlage für die Vorsteuerkürzung durch das BFG. Ein Verstoß des Finanzamtes gegen die Amtswegigkeit bzw die Ermittlungspflicht – wie vom steuerlichen Vertreter ausgeführt – ist für das BFG nicht erkennbar.

(5) Besondere Problematiken mit den Subunternehmen bei nachträglicher Qualifizierung einer Leistung als Bauleistung, muss sich ein Unternehmen zurechnen lassen, wenn es trotz Kenntnis seiner Betätigung die Abgrenzung als Bauleistung selbst nicht vorgenommen hat. Mit den in der Beschwerde angeführten mehrfachen Hinweisen auf den Durchlaufcharakter der Umsatzsteuer, den Zielsetzungen des Gesetzgebers (nämlich die Vermeidung von Steuerausfällen) der Aussage, dass die zur Betrugsbekämpfung eingeführten Regelungen betreffend Bauleistungen nicht die gewünschten Ergebnisse erbracht hätten und ehrlich handelnde Unternehmer willkürlich treffen würden, deutet die Bf. an, dass die Regelungen über Bauleistungen schon per se zu Ungerechtigkeiten führen und daher nicht angewendet werden sollten. Dem ist grundsätzlich zu widersprechen: In den gegenständlich zu behandelnden Zeiträumen bestand die Regelung bereits sechs Jahre und musste daher hinsichtlich des Ausmaßes und der Umstände der Bf. bekannt sein. Die Bf. hat auch selbst zugegeben, dass sie bereits im Juli 2009 Subunternehmen angeschrieben hat. Es wäre daher in ihrem Verantwortungsbereich gelegen gewesen, für die Jahre 2008 und 2009 selbst die Rechnungen in Bezug auf Bauleistungen nochmals zu überprüfen.

3. Sonstige Ergänzungen aus der BP bei der Firma AF GmbH:

a. Beim Punkt 14 (Umsatzzuschätzung) ist die Vorgangsweise aus den Vorjahren weiterzuführen. Im Jahr 2008 ist ein Betrag von 3.410,63 € (50% des SZ) anzusetzen.

b. Beim Punkt 3 (Auslandsleasing) ist die Vorgangsweise aus den Vorjahren weiterzuführen. Die angenommene Privatnutzung beträgt 12.011,54 € für 2008 und 15.530,00 € für 2009.

E. Zulassung zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung erfolgte unter Berücksichtigung der Rspr des VwGH, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100817.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at