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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.06.2019, RV/7102970/2019

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Brand Rechtsanwälte GmbH, Schüttelstraße 55, 1020 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Auf Vorhalt der Abgabenbehörde vom nahm der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen Vertreter mit Eingabe vom wie folgt Stellung:

„Grundsätzliches:

Richtig ist, dass unser Mandant bis zur Konkurseröffnung der M-GmbH, FN Z1, handelsrechtlicher Geschäftsführer war.

Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss das Handelsgerichts Wien vom Da1, Z2, eröffnet.

Unser Mandant war in seiner Funktion als Geschäftsführer peinlich darauf bedacht, sämtliche Forderungen bei Fälligkeit zu bezahlen.

Bis zum Zeltpunkt der Konkurseröffnung hat unser Mandant sämtliche fälligen Zahlungen erfüllt. Für unseren Mandanten ist natürlich nicht nachvollziehbar, wie das Finanzamt zu den behaupteten Rückständen kommt.

Sämtliche Steuern wurden wahrheitsgemäß und vollständig erklärt und abgeführt.

Unserem Mandanten ist es dementsprechend nicht möglich, auf die behaupteten Rückstände näher einzugehen, weil der Sachverhalt nicht bekannt ist, der den behaupteten Rückständen angeblich zu Grunde liegen soll.

Ab Erkennbarkeit der Insolvenz hat unser Mandant sofort einen Rechtsanwalt eingeschaltet und entsprechend seinem Rat keine Zahlungen mehr geleistet, sondern fristgerecht einen Eigenantrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Ab diesem Zeitpunkt hält unser Mandant keinerlei Dispositionsspielraum mehr, sondern der Masseverwalter.

Wir gehen davon aus, dass die Rückstandsaufgliederung aus einer nachträglichen Prüfung resultiert. Unser Mandant war in diese Prüfung nicht involviert und wurde auch vom Masseverwalter dazu nicht befragt. Unser Mandanten bestreitet daher die Richtigkelt der behaupteten Abgabenrückstände.

Verjährung der Abgaben

Die Einhebung der in der Rückstandsaufgliederung genannten Abgaben ist verjährt.

Laut der Rückstandsaufgliederung betreffen die Abgaben einen Zeitraum von 2006 bis Mai 2008, wobei die jeweiligen Fälligkeitstage einen Zeitraum von bis umfassen.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähren fällige Abgaben binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Somit sind sämtliche in der Rückstandsaufgliederung genannten Abgaben bereits mit Ende 2013 verjährt.

Die jeweiligen Abgaben sind in einem Zeitraum von bis fällig geworden, sodass diese spätestens bis eingehoben werden hätten müssen.

Einhebungsmaßnahmen nach Eintritt der Verjährung sind unzulässig und damit rechtswidrig (VwGH v , 2009/15/0093). Das Verfahren ist bereits aufgrund der eingetretenen Verjährung einzustellen.

Keine schuldhafte Verletzung von Pflichten

Die Haftung von Organvertretern juristischer Personen greift gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO nur unter der Voraussetzung, wenn den Vertretern der juristischen Person eine schuldhafte Verletzung ihrer auferlegten Pflichten vorgeworfen werden kann.

Die Haftung des Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung und keine Erfolgshaftung (VwGH v , 93/17/0404).

Um eine Haftung des Geschäftsführers für offene Abgabenverbindlichkeiten begründen zu können, bedarf es daher eines konkreten schuldhaften Verhaltens, das dem Geschäftsführer vorgeworfen kann, welches kausal (VwGH v , 93/17/0404) für die Nichtbegleichung der Abgabenverbindlichkeiten war.

Unseren Mandanten trifft keine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten. Insolvenzgrund war, dass die Hausbank der M-GmbH eine zugesagte Kreditaufstockung nicht gewährt hat, sodass die Gesellschaft zur Vermeidung einer Gläubigerbevorzugung oder -benachteiligung die Zahlungen an alle Gläubiger einstellen musste.

Für unseren Mandanten war als Geschäftsführer keineswegs absehbar, dass die Bank die Kreditlinie entgegen der Zusage nicht gewährt. Vielmehr hat unser Mandant aufgrund des Vertrauensverhältnisses mit der Bank berechtigt darauf vertraut, dass die Bank die Mittel vereinbarungsgemäß bereitstellen wird.

Zudem liegen die in der Rückstandaufgliederung genannten Zeiträume 2006 bis Mai 2008 bereits zwischen fünf und acht Jahren zurück, sodass unser Mandant Zahlungen nicht mehr belegen könne, nachdem er mit der gelöschten Gesellschaft nichts mehr zu tun habe.

Keine Verpflichtung zur Aufbewahrung von Unterlagen

Unser Mandant verfügt über keinerlei Unterlagen mehr betreffend die M-GmbH.

Mit Eröffnung des Konkurses am Da2sind sämtliche Befugnisse auf den Masseverwalter übergegangen. Sämtliche Unterlagen, insbesondere Unterlagen betreffend Buchhaltung und Rechnungswesen, befanden sich ab dem Tag der Konkurseröffnung, somit ab Da2, unter der Obhut des Masseverwalters.

Nach Vollzug der Schlussverteilung wurde der Konkurs aufgehoben und die M-GmbH aufgrund Vermögenslosigkeit von Amts wegen gemäß § 40 Firmenbuchgesetz gelöscht.

Unser Mandant verfügt daher über keinerlei Unterlagen mehr, welche er als Beweis dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, anbieten könnte.

Im Übrigen traf unseren Mandanten gemäß § 80 Abs. 3 BAO auch keine Verpflichtung zur Aufbewahrung der Unterlagen. Unser Mandant war auf Grund der Konkurseröffnung zu keinem Zeitpunkt Liquidator der Gesellschaft. Sämtliche Befugnisse gingen mit Konkurseröffnung auf den Masseverwalter über.

Unser Mandant wurde auch nie zum Verwahrer der Bücher gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG bestellt, sodass dieser nicht verpflichtet war und ist, die Bücher der Gesellschaft zu verwahren.

Unser Mandant verfügt nicht mehr über die kaufmännischen Bücher der mittlerweile gelöschten Gesellschaft und ist daher nicht in der Lage, die von Ihnen geforderte Auflistung zu machen. Unser Mandant hat aber während der gesamten Geschäftsführertätigkeit alle Gläubiger gleich behandelt, sodass es zu keiner Benachteiligung für die Finanz gekommen sein kann.

Daher besteht keine Haftung.“

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Bf als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff BAO für die folgenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma M-GmbH, im Ausmaß von € 39.382,04 in Anspruch.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Lohnsteuer
2006
1.895,94
Lohnsteuer
2007
1.783,74
Dienstgeberbeitrag
2005
1.890,00
Dienstgeberbeitrag
2007
401,34
Zuschlag zum DB
2005
168,02
Zuschlag zum DB
2007
35,67
Umsatzsteuer
02/2008
14.414,64
Umsatzsteuer
04/2008
6.382,72
Einfuhrumsatzsteuer
04/2008
1.608,82
Einfuhrumsatzsteuer
05/2008
10.801,15
Summe
 
39.382,04
 

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

„Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Sie waren seit Geschäftsführer der Firma M-GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß §18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Mit Beschluss des HG Wien vom Da2, AZ Z2, wurde ein Konkursverfahren über das Vermögen der Firma M-GmbH eröffnet. Mit Beschluss vom wurde das Konkursverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben.

Aufgrund der Vermögenslosigkeit und der Beendigung der Tätigkeit der Gesellschaft, diese ist im Firmenbuch bereits gelöscht, ist die Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschulden nachgewiesen.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für den Zeitraum 02-05/2008 (siehe Aufgliederung) - wurde die Umsatzsteuer gemeldet, jedoch nicht entrichtet.

Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz gelten für Abfuhrabgaben, insbesondere für Lohnsteuer. Nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 hat der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht daher hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden bzw. aller Gläubiger hinaus. Daher ist ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen, wenn die Lohnsteuer - wie im vorliegenden Fall - nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) obliegt es dem Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Demnach lastet auf dem Vertreter die Verpflichtung, eine ziffermäßig konkretisierte Darstellung der behaupteten Gleichbehandlung der Gläubiger beizubringen.

Eine solche rechnerische Darstellung wurde nicht vorgelegt. Sie sind somit Ihrer Konkretisierungspflicht nicht nachgekommen. Wird aber der Nachweis, dass keine liquiden Mittel vorhanden waren oder welcher Betrag aus vorhandenen Mitteln bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, vom Vertreter nicht erbracht, kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. und die darin zit. Vorjud.).

Sie wurden mit Schreiben vom aufgefordert darzulegen, dass Sie ohne Ihr Verschulden gehindert waren, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen. Sie sind dieser Aufforderung – sohin Ihrer Verpflichtung, Behauptungen und Beweisangebote zu Ihrer Entlastung darzutun - nicht ausreichend nachgekommen.

In Ihrer Stellungnahme wurde unter anderem behauptet, dass bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung sämtliche Zahlungen erfüllt wurden und dass über keinerlei Unterlagen betreffend die Fa. M-GmbH mehr verfügt wird bzw. dass sich ab dem Tag der Konkurseröffnung mit Da2 sämtliche Buchhaltungsunterlagen unter der Obhut des Masseverwalters befanden.

Die von Ihnen im Ermittlungsverfahren behaupteten Umstände sind nicht geeignet, eine schuldhafte Pflichtverletzung zu widerlegen.

Ihrer Auffassung, dass für die Abgaben bereits Verjährung eingetreten sei, ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Nach Abs. 2 leg. cit. wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Nach der gegenüber § 238 BAO spezielleren Bestimmung des § 9 Abs. 1 IO wird durch die Anmeldung im Konkurs die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Gemeinschuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist. Die Bestätigung der Rechtskraft der Aufhebung des Konkursverfahrens wurde mit Beschluss vom veröffentlicht.

Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten ist.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung i.S.d. § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.

Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. ). Letzteres steht hier fest. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Folgende Bescheide und Unterlagen werden als Beilage übermittelt:

Haftungsbescheid für das Jahr 2006, 2007 vom , Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2005, 2007 vom , Bescheid über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2005, 2007 vom , Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom

Mit Eingabe vom erhob der Bf durch seinen Vertreter Beschwerde gegen den Haftungsbescheid und gemäß § 248 BAO Beschwerde gegen den Abgabeanspruch und führte wie folgt aus:

„Beschwerde gegen den Haftungsbescheid

Als Beschwerdegründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund Verletzung von Verfahrensvorschriften und aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Sachverhalt

In unserer Stellungnahme vom haben wir ausführlich dargelegt, weshalb den Beschwerdeführer keine Haftung trifft.

Bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung hat der Beschwerdeführer sämtliche fälligen Zahlungen erfüllt. Für den Beschwerdeführer ist natürlich nicht nachvollziehbar, wie das Finanzamt zu den behaupteten Rückständen kommt.

Sämtliche Steuern wurden wahrheitsgemäß und vollständig erklärt und abgeführt.

Dem Beschwerdeführer ist es dementsprechend nicht möglich, auf die behaupteten Rückstände näher einzugehen, weil der Sachverhalt nicht bekannt ist, der den behaupteten Rückständen angeblich zu Grunde liegen soll.

Erstmals mit dem gegenständlichen angefochtenen Haftungsbescheid hat das Finanzamt Wien 1/23 der Rückstandsaufgliederung Nachweise beigeschlossen, welche den behaupteten Rückstand belegen sollen. Die angeblichen Rückstände resultieren offenbar aus der Außenprüfung vom , welche nach Konkurseröffnung offensichtlich in den Räumlichkeiten des Masseverwalters GH stattgefunden hat.

Der Beschwerdeführer hatte von dieser Außenprüfung weder Kenntnis noch wurden er zu dieser beigezogen. Der Beschwerdeführer hatte somit gar keine Möglichkeit, zu den angeblichen Rückständen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer wurden zu dieser Außenprüfung auch nicht vom Masseverwalter befragt.

Der Beschwerdeführer bestreitet daher ausdrücklich die Richtigkeit der behaupteten Abgabenrückstände.

Erstmals mit Schreiben des Finanzamtes Wien 1/23 vom erlangten der Beschwerdeführer Kenntnis davon, dass angebliche Abgabenrückstände bestehen würden. Der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit, den Sachverhalt zu prüfen, zumal mit Konkurseröffnung sämtliche Unterlagen an den Masseverwalter übergeben wurden.

Ab Erkennbarkeit der Insolvenz hat der Beschwerdeführer sofort einen Rechtsanwalt eingeschaltet und entsprechend seinem Rat keine Zahlungen mehr geleistet, sondern fristgerecht einen Eigenantrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Beschwerdeführer keinerlei Dispositionsspielraum mehr, sondern der Masseverwalter.

Er habe alle Gläubiger gleich behandelt.

Verletzung von Verfahrensvorschriften

Der Beschwerdeführer wurden in die Außenprüfung vom weder involviert noch hatte er Kenntnis davon.

Somit wurde das grundlegende Prinzip auf Wahrung des rechtlichen Gehörs in Bezug auf den Beschwerdeführer verletzt.

Es widerspricht dem Grundsatz  der Wahrung des rechtlichen Gehörs, zu einer Haftung herangezogen zu werden, ohne den Sachverhalt bzw. die Grundlagen für die behaupteten Abgabenrückstände zu kennen.

Es widerspricht auch dem Grundsatz eines fairen Verfahrens iSd Art. 6 EMRK, beinahe 6 Jahre nach der dem Beschwerdeführer unbekannten Außenprüfung mit dem Ergebnis der Prüfung konfrontiert zu werden.

Der Beschwerdeführer hat nicht schuldhaft gehandelt. Er hat alle Gläubiger gleich behandelt. Es liegen überhaupt keine Beweisergebnisse vor, welche ein schuldhaftes Handeln des Beschwerdeführers indizieren würden.

Die Behörde kann nicht einfach schuldhaftes Handeln des Beschwerdeführers annehmen, wenn es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt. Gemäß dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit ist die Behörde verpflichtet, auch die entlastenden Beweise zu sammeln. Dies hat die Behörde offenbar unterlassen.

Damit hat die Behörde die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit verletzt.

Unrichtige rechtliche Beurteilung

Verjährung der Abgaben

Das Finanzamt Wien 1/23 führt in seiner Begründung aus, dass nach § 9 Abs. 1 IO durch die Anmeldung im Konkurs die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen wird.

Die Unterbrechung wirkt jedoch nur gegenüber der M-GmbH (Primärschuldner), nicht gegenüber dem Vertreter.

Gegenüber dem Beschwerdeführer wurde zu keinem Zeitpunkt der angebliche Abgabenrückstand geltend gemacht, sodass die Einhebung der in der Rückstandsaufgliederung genannten Abgaben verjährt ist.

Laut der Rückstandaufgliederung betreffen die Abgaben einen Zeitraum von 2006 bis Mai 2008, wobei die jeweiligen Fälligkeitstage einen Zeitraum von bis umfassen.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähren fällige Abgaben binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Somit sind sämtliche in der Rückstandsaufgliederung genannten Abgaben bereits mit Ende 2013 verjährt.

Die jeweiligen Abgaben sind in einem Zeitraum von bis fällig geworden, sodass diese spätestens bis eingehoben werden hätten müssen.

Einhebungsmaßnahmen nach Eintritt der Verjährung sind unzulässig und damit rechtswidrig (VwGH v , 2009/15/0093). Die Erlassung des Haftungsbescheides erfolgte daher unrechtmäßig.

Keine schuldhafte Verletzung von Pflichten

Das Finanzamt Wien 1/23 führt in seiner Begründung aus, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisangebote zur Entlastung darzutun, nicht ausreichend nachgekommen sei.

Dabei übersieht die Behörde, dass der Beschwerdeführer bereits faktisch gar nicht die Möglichkeit hatte, Beweise anzubieten, zumal sich diese mit Stichtag Konkurseröffnung in der Gewahrsame des Masseverwalters befanden und er keinen Zugriff hatte.

Zur Außenprüfung wurde der Beschwerdeführer nicht beigezogen und konnte daher seine Rechte nicht wahren.

Somit hat der Beschwerdeführer keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen. Die Vorlage von Beweisen scheiterte bereits an der tatsächlichen Unmöglichkeit dieses Beweisanbotes, zumal der Beschwerdeführer über keine Unterlagen nach Konkurseröffnung verfügt und die Außenprüfung erst nach Konkurseröffnung erfolgte.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass sämtliche Steuern wahrheitsgemäß und vollständig erklärt und abgeführt wurden sowie ab Erkennbarkeit der Insolvenz der Beschwerdeführer sofort einen Rechtsanwalt eingeschaltet und entsprechend seinem Rat keine Zahlungen mehr geleistet, sondern fristgerecht einen Eigenantrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt hat.

Darauf ist die Behörde mit keinem Wort eingegangen.

Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, den Sachverhalt zu erheben und dieses konkrete Vorbringen zu würdigen.

Für eine korrekte Beweiswürdigung reicht es nicht, pauschal festzustellen, dass die behaupteten Umstände nicht geeignet seien, eine schuldhafte Pflichtverletzung zu widerlegen.

Der Haftungsbescheid wird daher auch wegen unrichtiger Beweiswürdigung angefochten.

Die Haftung von Organvertretern juristischer Personen greift gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO nur unter der Voraussetzung, wenn den Vertretern der juristischen Person eine schuldhafte Verletzung ihrer auferlegten Pflichten vorgeworfen werden kann.

Die Haftung des Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung und keine Erfolgshaftung ().

Um eine Haftung des Geschäftsführers für offene Abgabenverbindlichkeiten begründen zu können, bedarf es daher eines konkreten schuldhaften Verhaltens, das dem Geschäftsführer vorgeworfen kann, welches kausal () für die Nichtbegleichung der Abgabenverbindlichkeiten war.

Der Beschwerdeführer hat nicht schuldhaft gehandelt. Er hat alle Gläubiger gleich behandelt. Es liegen überhaupt keine Beweisergebnisse vor, welche ein schuldhaftes Handeln des Beschwerdeführers indizieren würden.

Die Behörde kann nicht einfach schuldhaftes Handeln der Beschwerdeführer annehmen, wenn es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt. Gemäß dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit ist die Behörde verpflichtet, auch die entlastenden Beweise zu sammeln. Dies hat die Behörde offenbar unterlassen.

Den Beschwerdeführer trifft keine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten. Insolvenzgrund war, dass die Hausbank der M-GmbH eine zugesagte Kreditaufstockung nicht gewährt hat, sodass die Gesellschaft zur Vermeidung einer Gläubigerbevorzugung oder -benachteiligung die Zahlungen an alle Gläubiger einstellen musste.

Für die Beschwerdeführer war als Geschäftsführer keineswegs absehbar, dass die Bank die Kreditlinie entgegen der Zusage nicht gewährt. Vielmehr hat der Beschwerdeführer aufgrund des Vertrauensverhältnisses mit der Bank berechtigt darauf vertraut, dass die Bank die Mittel vereinbarungsgemäß bereitstellen wird.

Zudem liegen die in der Rückstandaufgliederung genannten Zeiträume 2006 bis Mai 2008 bereits zwischen fünf und acht Jahren zurück, sodass der Beschwerdeführer Zahlungen nicht mehr belegen kann, nachdem er mit der gelöschten Gesellschaft nichts mehr zu tun hat.

Keine Verpflichtung zur Aufbewahrung von Unterlagen

Der Beschwerdeführer verfügt über keinerlei Unterlagen mehr betreffend die M-GmbH.

Mit Eröffnung des Konkurses am Da2sind sämtliche Befugnisse und Verpflichtungen auf den Masseverwalter übergegangen. Sämtliche Unterlagen, insbesondere Unterlagen betreffend Buchhaltung und Rechnungswesen, befanden sich ab dem Tag der Konkurseröffnung, somit ab Da2 unter der Obhut des Masseverwalters.

Nach Vollzug der Schlussverteilung wurde der Konkurs aufgehoben und dieM-GmbH aufgrund Vermögenslosigkeit von Amts wegen gemäß § 40 Firmenbuchgesetz gelöscht.

Der Beschwerdeführer verfügt daher über keinerlei Unterlagen mehr, welche er als Beweis dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, anbieten könnte.

Im Übrigen traf den Beschwerdeführer gemäß § 80 Abs. 3 BAO auch keine Verpflichtung zur Aufbewahrung der Unterlagen. Der Beschwerdeführer war auf Grund der Konkurseröffnung zu keinem Zeitpunkt Liquidator der Gesellschaft. Sämtliche Befugnisse gingen mit Konkurseröffnung auf den Masseverwalter über.

Der Beschwerdeführer wurde auch nie zum Verwahrer der Bücher gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG bestellt, sodass dieser nicht verpflichtet  war, die Bücher der Gesellschaft zu verwahren.

Der Beschwerdeführer verfügt nicht mehr über die kaufmännischen Bücher der mittlerweile gelöschten Gesellschaft und ist daher nicht in der Lage, die vom Finanzamt Wien 1/23 geforderte Auflistung zu machen. Der Beschwerdeführer hat aber während der gesamten Geschäftsführertätigkeit alle Gläubiger gleich behandelt, sodass es zu keiner Benachteiligung für die Finanz gekommen sein kann.

Daher besteht keine Haftung.

Bezüglich der angeblich rückständigen Umsatzsteuer (02/2008 und 04/2008) und Einfuhrumsatzsteuer (04/2006 und 05/2008) laut Rückstandsaufgliederung wurden überhaupt keine Nachweise beigeschlossen.

Der Beschwerdeführer kann daher unmöglich nachprüfen, worauf sich diese Nachforderung gründen soll. Wir bestreiten daher ausdrücklich die Richtigkeit der behaupteten Abgabenrückstände, insbesondere die angeblichen Rückstände betreffend Umsatzsteuer (02/2008 und 04/2008) und Einfuhrumsatzsteuer  (04/2008 und 05/2008).

Er beantrage daher, der Beschwerde stattzugeben und den Haftungsbescheid ersatzlos aufzuheben.“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf den Antrag, die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 1/23 vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und der Beschwerde stattzugeben.

Das Erkenntnis des , womit die Haftung auf € 32.956,29 anstatt € 39.382,04 eingeschränkt wurde, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/13/0009, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass dem Bf als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der M-GmbH mit Beschluss des HG Wien vom Da2, Z2, die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei der M-GmbH stand spätestens mit der amtswegigen Löschung der Gesellschaft am im Firmenbuch gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit fest ().

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Laut Aktenlage wurde eine Konkursquote von 0,756% ausgeschüttet.

Hinsichtlich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Haftung für Lohnsteuer 2006 und 2007, Dienstgeberbeitrag 2005 und 2007 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2005 und 2007 ist zu bemerken, dass diese in Jahresbeträgen ohne nähere Aufgliederung festgesetzt wurden.

Gemäß § 79 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte bei jeder Lohnzahlung an den Arbeitnehmer einzubehaltende Lohnsteuer für einen Kalendermonat spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 43 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 ist der Dienstgeberbeitrag vom Dienstgeber für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.

Da der Bf somit von der Abgabenbehörde nicht in die Lage gesetzt wurde, konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet hat, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen, war der angefochtene Haftungsbescheid vom hinsichtlich dieser Abgabenbeträge wegen der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2013/16/0199, auf dessen Ausführungen im Übrigen verwiesen wird, dadurch festgestellten Rechtswidrigkeit aufzuheben (vgl. ).

Es muss dem Haftungspflichtigen von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist.

Hat die belangte Behörde nicht die monatlichen Beträge sondern die Abgabe lediglich in einem Jahresbetrag bekannt gegeben, wird dadurch der Beschwerdeführer nicht in die Lage versetzt, die geforderte, nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung zu erstellen und dabei die auf die Abgabengläubigerin entfallende monatliche Quote zu berechnen (vgl. ).

Der Beschwerdeführer wurde damit von der Abgabenbehörde nicht in die Lage versetzt, die von ihr geforderte, nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung vorzulegen und die auf die Abgabengläubigerin entfallende monatliche Quote zu berechnen. Auch wenn es der Abgabenbehörde nicht mehr möglich sein sollte, eine entsprechende Aufgliederung zu erstellen, so darf dieser Umstand dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Vielmehr hätte die belangte Behörde dies bei ihrer Ermessensübung berücksichtigen müssen ().

Unter Berücksichtigung der Konkursquote von 0,756% verbleiben somit:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
02/2008
14.305,67
Umsatzsteuer
04/2008
6.334,47
Einfuhrumsatzsteuer
04/2008
1.596,66
Einfuhrumsatzsteuer
05/2008
10.719,49
Summe
 
32.956,29

Bezüglich der verbleibenden Abgaben in Höhe von € 32.956,29 hat der Bf entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/13/0009, bereits in seiner Stellungnahme zur Aufforderung des Finanzamts mitgeteilt, er habe ab Erkennbarkeit der Insolvenz sofort einen Rechtsanwalt eingeschaltet und entsprechend seinem Rat keine Zahlungen mehr geleistet, sondern fristgerecht einen Eigenantrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens gestellt.

Unter dem Gesichtspunkt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten ist es beachtlich, wenn er auf Grund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ein solcher Rechtsirrtum (ausnahmsweise) nicht vorzuwerfen ist.

Die Betrauung eines Steuerberaters mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten entbindet zwar den Vertreter einer juristisehen Person nicht von seinen Pflichten. Sie kann ihn aber entschuldigen, wenn er im Haftungsverfahren Sachverhalte verträgt, aus denen sich ableiten lässt, dass der Vertreter dem Steuerberater alle abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vorgetragen und sich von diesem über die (vermeintliche) Rechtsrichtigkeit der eingeschlagenen Vorgangsweise hat informieren lassen, ohne dass zu einem allfälligen Fehler des Steuerberaters hinzutretende oder von einem solchen Fehler unabhängige eigene Fehlhandlungen des Vertreters vorgelegen wären (vgl. ; ).

Das Befolgen des Rates eines Rechtsanwaltes konnte das Verhalten des Bf somit entschuldigen. Dass der Bf aus einem konkreten Anlass der Auskunft des Rechtsanwaltes hätte misstrauen müssen oder aus eigenem Zweifel an der Richtigkeit dieser Auskunft gehabt hätte (vgl. 2007/ 13/0047), wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt, sodass mangels entgegenstehender Feststellungen vom Vorliegen eines entschuldigenden Rechtsirrtums auszugehen ist.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte die Inanspruchnahme des Bf für die Abgabenschuldigkeiten der M-GmbH im Ausmaß von € 39.382,04 daher zu Unrecht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102970.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at