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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.05.2019, RV/7103464/2014

Zurechnung eines Zuschusses in wirtschaftlicher Betrachtung an die Gesellschafterin der Leistungsempfängerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Grant Thornton Unitreu GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Handelskai 92/Gate 2/7A, 1200 Wien , über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR xxx betreffend Gesellschaftsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Bei der Beschwerdeführerin handelte es sich zum verfahrensmaßgeblichen Zeitpunkt um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an deren Stammkapital im Betrage von € 48.373,50 die M, (fortan M. genannt)  und die S, (fortan S genannt ) zu jeweils 50% beteiligt waren. Die D.., mit Sitz in den Niederlanden, (fortan D. genannt), war  an der M zu 100% beteiligt:

Aus dem Beschluss der D vom . geht im Wesentlichen folgendes hervor:

„Die Geschäftsführung der M. hat vorgeschlagen, die Eigenkapitalausstattung der Bf. durch das Zusteuern eines Betrages von € 1.407.500,00 als Kapitalrücklage  zu dem von der M. gehaltenen Stammkapital aufzubessern, vorausgesetzt die S. tut das gleiche. Dieses sowie die Tragung aller, mit dieser Eigenkapitalaufbesserung  im Zusammenhalt stehender Kosten, ausgenommen die Entrichtung der österreichischen Kapitalverkehrsteuer, hat die S der M. zugesagt.

Die Tochterfirma M., verlangt  nunmehr von ihrer Muttergesellschaft, D, für die, von ihr vorgeschlagenen Eigenkapitalaufbesserung zusätzliche Finanzmittel im Betrage von € 1.407.500,00.

Die D ist gewillt die M. mit dem geforderten Betrag, zu versorgen, vorausgesetzt, dass die M diese zusätzliche Unterstützung, im vollen Umfang als Kapitalrücklage zu dem, von ihr gehaltenen Stammkapital der Bf  verwendet.

Hiermit wird seitens der D. beschlossen, die Summe von € 1.407.500,00, als Kapitalrücklage zum ausgewiesenen Stammkapital der M beizusteuern, um die Aufbesserung der Kapitalausstattung der Bf. mit der genannten Summe zu ermöglichen.“

Die belangte Behörde setzte mit dem, in Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid die Gesellschaftssteuer gegenüber der Bf., unter Zugrundelegung der Bemessungsgrundlage von € 2.815.000,00, mit €  28.150,00 fest.

Dagegen erhob die Bf. durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde.

Der über die M weitergeleitete Zuschuss sei der D. als Großmuttergesellschaft, zuzurechnen. Es sei-wirtschaftlich betrachtet- eine Weiterleitungsverpflichtung der M.an die Bf. vorgelegen. Die D. sei zur Gewährung dieses Zuschusses nur unter der Bedingung bereitgewesen, dass die Tochter (M), diese zusätzlichen Mittel sofort und zur Gänze zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Bf. verendet. Es handle sich somit -wirtschaftlich betrachtet- um eine freiwillige Leistung der Großmuttergesellschaft an die Enkelgesellschaft. Auch seitens der dabei zwischengeschalteten  M sei keine rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bf. zur Leistung einer Einlage (z.B. aus einer Nennkapitalerhöhung vorgelegen.

Es werde daher beantragt die Bemessungsgrundlage der Gesellschaftssteuer von € 2.815.000,00 auf € 1.407.500,00 zu reduzieren und die Gesellschaftssteuer mit € 14.075,00 neu festzusetzten.

Diese Beschwerde wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Der Beschluss der D. vom beinhalte eine Zweckbestimmung der Rücklagengeldmittel zum Stammkapital, schließe jedoch die Verfügungsmöglichkeit der M. nicht aus. Es liege kein von der D. erteilter Auftrag mit Weiterleitungsverpflichtung vor. Es liege bloß der Zweck vor, der M zu ermöglichen, die Kapitalausstattung der Bf. zu verbessern.

Dagegen stellte die Bf, durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Darin wird die Beschwerde vollinhaltlich aufrechterhalten und ein Bankauszug zum Beweis dafür vorgelegt, dass der streitverfangene Zuschuss unmittelbar vom Bankkonto der D auf das Bankkonto der Bf. überwiesen worden ist.  Auf diesem Auszug ist ersichtlich, dass der Betrag von €  1.407.500,00 direkt vom Bankkonto der D. auf das Bankkonto der Bf. überwiesen worden ist.

Das Bundesfinanzgericht,(BFG), hat hiezu erwogen:

Nach Art. 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital idF der Richtlinie 85/303/EWG können die Mitgliedstaaten Gesellschaftsteuer erheben auf die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen. Voraussetzung ist dabei, dass diese Vorgänge bereits am der Steuer zum Satz von 1 % unterworfen wurden.

Unter Gesellschaftsvermögen ist die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter, die die Gesellschafter zu einem gemeinsamen Ganzen vereinigt haben, einschließlich ihres Zuwachses zu verstehen (vgl. Rz. 34 des , mwN).

Nach Aufbau und Systematik der Richtlinie 69/335/EWG wird die Gesellschaftsteuer bei der Kapitalgesellschaft erhoben, die Empfängerin der fraglichen Kapitalzuführung ist. Dies ist gewöhnlich die Gesellschaft, der die in Rede stehenden Mittel oder Leistungen physisch übertragen werden (vgl. Rz. 25 des ).

Nach § 2 Z 1 Kapitalverkehrssteuergesetz (KVG) in der Fassung des Art. III Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 629/1994 unterliegen der Gesellschaftsteuer

1. der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber;

2. Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt;

3. freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn das Entgelt in der Gewährung erhöhter Gesellschaftsrechte besteht (Beispiel: Zuzahlungen bei Umwandlung von Aktien in Vorzugsaktien);

4. freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen; dazu gehören nach lit. a auch Zuschüsse (des Gesellschafters an die Gesellschaft).

Nach § 7 Abs.1 Z 2 KVG wird die Steuer bei Leistungen gemäß § 2 z 2 bis 4 vom Wert der Leistung berechnet.

Gemäß § 8 KVG beträgt die Steuer 1% der Bemessungsgrundlage

Nach § 9 Abs. 1 KVG ist die Kapitalgesellschaft Steuerschuldner.

Das Entstehen der Steuerschuld ist im Gesellschaftssteuerrecht nach der Generalklausel des § 4 Abs. 1 BAO zu beurteilen. Danach entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Die einmal entstandene Steuerpflicht soll durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden (sog. Stichtagsprinzip; vgl. ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es, betreffend die Beurteilung der Gesellschaftssteuerpflicht einer Leistung, auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Bewirkens der Leistung an (vgl. unter Hinweis auf Zlen. 94/16/0121, 0122).

Wegen der Maßgeblichkeit des Stichtags der Entstehung der Steuerschuld ist keine "dynamischen Betrachtungsweise" über einen längeren Zeitraum vorzunehmen (vgl. ), sondern ist jeder Rechtsvorgang, der die die in § 2 KVG genannten Tatbestandsmerkmale aufweist, gesondert der Gesellschaftsteuer zu unterziehen

 Im zu beurteilenden Fall hat als verfahrensmaßgeblicher Zeitpunkt- im vorstehend aufgezeigten Sinn- der (Zeitpunkt der Überweisung des Zuschusses an die Bf.) zu gelten. Im Hinblick auf das allfällige Vorliegen einer Festsetzungsverjährung iSd § 207 ff BAO ist-nach Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt-festzuhalten, dass eine solche nicht gegeben ist. Es ist eine  Firmenbuchabfrage der belangten Behörde vom aktenkundig, die-nach einer Außenprüfung der Jahresabschlüsse der Bf-erfolgt  ist und die erkennbar auf die Vorschreibung der Gesellschaftssteuer gerichtet wa.r Somit ist vom Vorliegen einer wirksamen Unterbrechungshandlung, iSd § 209 Abs.1 BAO auszugehen.. Die mit dem nunmehr bekämpften Bescheid erfolgte Abgabenfestsetzung vom (zugestellt der Bf. am ) erfolgte sohin- aufgrund der mit der genannten Unterbrechungshandlung eingetretenen Verlängerung der Verjährungsfrist- rechtzeitig

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der, der Bf. von der D Bf. zur Eigenkapitalerhöhung überwiesene, Geldbetrag von € 1.407.500,00 als Zuschuss iSd § 2 Z 4 lit.a KVG, der Gesellschaftssteuer unterliegt.

Dieser Zuschuss wurde unstrittig der Bf. übertragen, die somit als Empfängerin anzusehen ist. Gemäß den Parteieneinlassungen im Beschwerdeverfahren  herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Leistung dieses Zuschusses der unmittelbaren Gesellschafterin der Bf, der M,, oder der D., der alleinigen Gesellschafterin der M. zuzurechnen ist. Nur wenn dieser Zuschuss der M, als der unmittelbaren Gesellschafterin der Leistungsempfängerin zuzurechnen ist, unterliegt diese –unbestrittener Weise- freiwillige Leistung iSd § 2 Z 4 lit.a der Gesellschaftssteuer.

Nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise iSd § 21 Abs.1 Bundesabgabenordnung, (BAO),  werden abgabenrechtliche Fragen nach  dem wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes beurteilt. (Ritz,  BAO, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 5; Auflage)

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft des Zuschusses abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung von - der Gesellschaftsteuer unterliegenden - Zuschüssen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. die in den Rs. C-339/99 (Energie Steiermark Holding AG), Rn 37 und 38, und C-71/00, (Develop), Rn 25, sowie die erwähnten hg. Erkenntnisse vom und vom ).

In der Entscheidung des (Rechtssache "Ing. Auer", RN 47) wurde ausgesprochen, dass durch die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes nicht Verhaltensweisen begünstigt werden dürfen, die durch die Errichtung künstlicher Konstruktionen mit dem alleinigen Ziel der Erlangung eines Steuervorteils gekennzeichnet sind. Damit wurde vom EuGH erstmals klargestellt, dass missbräuchliche Konstruktionen zur Umgehung einer Kapitalverkehrssteuerpflicht nicht beachtlich sind, sondern der dahinter stehende wahre Sachverhalt zu besteuern ist (vgl. sowie ).

Aus dem o.a. Context des, für dieses Verfahren maßgeblichen, Beschlusses der D. vom ergibt sich eindeutig, dass mit der Überweisung des in Rede stehenden Zuschusses durch die D. an die Bf., die Erstgenannte der Forderung der-M nachgekommen ist, dieses Geldmittel zu dem, von der M. vorgegebenen, Zweck beizusteuern.. Daran vermag auch die, in diesem Beschluss festgeschriebene, von der Bf., für das Vorliegen eines gesellschaftssteuerfreien Großmutterzuschusses, ins Treffen geführte, Bedingung der Weiterleitung dieses Zuschusses an die Bf., nichts zu ändern. An der Leistung dieses Zuschusses war die M, als unmittelbare Gesellschafterin der Bf., vollständig eingebunden. Unbeschadet eines allfälligen Interesses der D. an dieser Zuschussleistung, steht außer Zweifel, dass damit  der Wert der Gesellschaftsanteile der M. erhöht worden ist. (vgl. ; , 2012/16/0104)

Sohin ist nach der- in diesem Fall gebotenen- wirtschaftlichen Betrachtungsweise der streitverfangene Zuschuss im Betrage von € 1.407.500,00 der M, als unmittelbare Gesellschafterin der Bf., zuzuordnen. Diese-unbestrittener Weise-freiwillige Leistung  unterliegt-gleich wie der, durch die andere Gesellschafterin der Bf. in der gleichen Höhe geleistete freiwillige Zuschuss, als Leistung die geeignet war, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, nach Maßgabe des § 2 4 lit.a KVG der Gesellschaftssteuer.

Die Bemessung der Gesellschaftssteuer mit 1% der Bemessungsgrundlage idHv € 2.815.000,00 erfolgte gegenüber der Bf  zu Recht.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision ist im vorliegenden Fall unzulässig. Das Bundesfinanzgericht ist in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, betreffend die Zurechnung von Zuschüssen gefolgt.

Aus den aufgezeigten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Z 4 lit. a KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103464.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at