Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.03.2019, RV/5101636/2018

Voraussetzungen des Kinderfreibetrages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XYZ vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung, St.Nr. 123) 2017 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2017
Einkommen
17.326,82 €
Einkommensteuer
Anrechenbare Lohnsteuer
-167,93 €
-2.158,25 €
Festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
-2.326,00 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Erkenntnisspruches bildet.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt/Verfahren

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2017.

In der elektronischen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 machte der Beschwerdeführer neben dem Alleinverdienerabsetzbetrag den Kinderfreibetrag gemäß § 106a EStG 1988 für insgesamt fünf haushaltszugehörige Kinder geltend.

In der am elektronisch erhobenen Beschwerde gegen den erklärungsgemäß (ohne Prüfung der Erklärungsdaten) veranlagten Bescheid vom beantragte der Beschwerdeführer die Neuberechnung seines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung, da die Steuergutschrift 2017 geringer sei als 2014, obwohl er nunmehr besser verdiene und mehr Kinder habe als damals.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis zum das Fehlen der Inhaltserfordernisse seiner Beschwerde gemäß § 250 Abs. 1 BAO zu beheben, widrigenfalls das Anbringen als zurückgenommen gelte (Zustellung mit FinanzOnline).

In seinem elektronischen Antwortschreiben vom räumte der Beschwerdeführer zwar die Richtigkeit seiner Angaben im Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung ein, wünschte dennoch eine Überprüfung der – seiner Ansicht nach – falschen  Berechnung der Steuergutschrift.

Im Zuge der erstmaligen Überprüfung der Erklärungsdaten im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom stellte das Finanzamt fest, dass der Kinderfreibetrag gemäß § 106a EStG 1988 für ein Kind (Tochter Ke, geb. tt.mm.2017) nicht gewährt werden könne, da die Voraussetzung eines mehr als sechs Monate zustehenden Kinderabsetzbetrages nicht erfüllt sei. Auf die Begründung, in der die Berechnung der Einkommensteuer detailliert dargelegt wurde, wird verwiesen.

Mit neuerlicher elektronischer Beschwerde vom – vom Finanzamt als Vorlageantrag gewertet – ersuchte der Beschwerdeführer um Überprüfung und Neuberechnung des „letzten Bescheides vom “.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis zum das Fehlen der Inhaltserfordernisse seiner Beschwerde gemäß § 250 Abs. 1 BAO zu beheben, widrigenfalls das Anbringen als zurückgenommen gelte (Zustellung mit FinanzOnline). Diesem Ersuchen kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Das Finanzamt legte in weiterer Folge die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, diese gemäß § 85 Abs. 2 BAO als gegenstandslos zu erklären.

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Alleinverdiener und hat sechs Kinder, von denen Ka (geb. tt.mm.2004), Kb (geb. tt.mm.2008), Kc (geb. tt.mm.2010), Kd (geb. tt.mm.2013) und Ke (geb. tt.mm.2017) als haushaltszugehörig gemäß § 106a EStG 1988 anzusehen sind.

Der Beschwerdeführer erzielte vom bis nichtselbständige Einkünfte und bezog vom bis für 59 Tage bzw. vom bis für 24 Tage Arbeitslosengeld.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.

Rechtslage

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat den Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 264 Abs. 1 zweiter Satz BAO idF BGBl I 13/2014 hat der Vorlageantrag die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Gemäß § 264 Abs. 4 BAO sind sinngemäß anzuwenden:

  • § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

  • § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

  • § 255 (Verzicht),

  • § 256 (Zurücknahme),

  • § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

  • § 274 Abs. 3 Z 1 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

Gemäß § 33 Abs. 3 1. Satz EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne des Bundesgesetzes Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 steht für ein Kind im Sinne des § 106a Abs. 1 auf Antrag ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt 440 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird.

Rechtliche Erwägungen

Mängelbehebung/Vorlageantrag

Der Vorlageantrag ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1. Er ist daher im Allgemeinen schriftlich zu stellen (Ritz, BAO6, § 264 Tz 4). Er muss nicht begründet werden (zB ).

Gemäß § 264 Abs. 1 zweiter Satz hat der Vorlageantrag die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten. Fehlt eine solche Bezeichnung, so liegt ein inhaltlicher Mangel iSd § 85 Abs. 2 vor, daher ist mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen. Das Mängelbehebungsverfahren obliegt dem Verwaltungsgericht. Daher ist das Gericht sowohl für die Erlassung des Mängelbehebungsauftrages als auch für die Zurücknahmeerklärung (durch Beschluss) zuständig (Rauscher, SWK 2015, 357, 359).

Als Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt der Antragsbeschreibung hervorgeht, wogegen er sich richtet, und das Verwaltungsgericht aufgrund des Antragsvorbringens nicht zweifeln kann, welche Beschwerdevorentscheidung angefochten ist (Rauscher, ).

Mit seinem Hinweis „den letzten Bescheid vom15.5.2018 zu prüfen und zu berechnen“ bleiben – nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes – keine Zweifel offen, dass damit die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung gemeint ist.

Gegen den gegenständlichen Vorlageantrag war daher seitens des Finanzamtes nicht mittels Mängelbehebung vorzugehen.

Kinderfreibetrag

Für die am tt.mm.2017 geborene Tochter Ke steht der Kinderabsetzbetrag, der mit der Familienbeihilfe ausbezahlt wird, nur für drei Monate zu, sodass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrages gemäß § 106a EStG 1988 nicht vorliegen.

Der Kinderfreibetrag ist daher nur für vier gemäß § 106a EStG 1988 haushaltszugehörige Kinder zu gewähren.

Beim Kinderfreibetrag handelt es sich um einen Steuerfreibetrag und nicht um einen Steuerabsetzbetrag (zB Alleinverdienerabsetzbetrag), der von der Tarifsteuer abgezogen wird. Zum Unterschied dazu wird ein Steuerfreibetrag von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen und mindert so das zu versteuernde Einkommen. Das bedeutet, dass sich Steuerfreibeträge nur in Höhe des jeweiligen Grenzsteuersatzes auswirken.

Der Beschwerdeführer hat 2017 neben seinen nichtselbständigen Einkünften auch Arbeitslosengeld für insgesamt 83 Tage ( bis , bis ) bezogen. Dadurch war es notwendig bei der Ermittlung des Steuersatzes einen Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen, indem zuerst die steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag umgerechnet wurden. Unter Einbeziehung der Sonderausgaben und anderer Einkommensabzüge und der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer wurde sodann ein Durchschnittssteuersatz errechnet, mit dem das Einkommen des Beschwerdeführers besteuert wurde.

Das Finanzamt hat die oben beschriebene Vorgangsweise entsprechend den geltenden gesetzlichen Bestimmungen richtig angewandt. Der Einkommensteuerbescheid 2017 ist daher im Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu korrigieren.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über den Kinderfreibetrag abgesprochen. Zum § 106a EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 106 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 106a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101636.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at