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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2019, RV/7106318/2016

Ohne Mitwirkung des anderen Elternteils im Zuschussbewilligungsverfahren gewährt die GKK de facto den Zuschuss für Alleinstehende

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7106318/2016-RS1
Ohne Mitwirkung des anderen Elternteils im Zuschussbewilligungsverfahren hat die Sozialversicherungsbehörde de facto ein Verfahren für alleinstehende Elternteile geführt, sodass eine Festsetzung eines Rückzahlungsbetrages für bezogene Zuschüsse der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 1 KBGG unterfiele.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers B, über die Bescheidbeschwerden vom und vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom und vom , betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für die Jahre 2010 und 2011, zu Recht erkannt: 

I. Den Beschwerden  wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

II. Die angefochtenen Bescheide, wie oben bezeichnet, sowie die ergangenen Beschwerdevorentscheidungen vom (2010) und vom (2011) werden aufgehoben.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den angefochtenen Bescheiden begehrte die belangte Behörde (belBeh) die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld iHv EUR 1.887,30 für das Jahr 2010 und iHv EUR 1.953,91 für das Folgejahr (in der Folge kurz: Zuschuss). Begründend wurde ausgeführt, dass in den besagten Zeiträumen die maßgeblichen Einkommensgrenzen des § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten worden seien und der Beschwerdeführer (Bf) in Ausübung des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen lasten durch den anderen Elternteil herangezogen werde. Der Rückforderung legte die belBeh ein Einkommen beider Eltern von insgesamt EUR 32.746,09 (2010) sowie EUR 39.078,22 (2011) zu Grunde, wovon ein Betrag von EUR 21.246,14 (2010) bzw EUR 21.257,63 (2011) auf den Bf entfiel. Die belBeh ging von einem Sachverhalt aus, der § 18 Abs 1 Z 2 KBGG unterfällt.

Gegen beide Rückzahlungsbescheide erhob der Bf frist- und formgerecht Bescheidbeschwerden und trug vor, dass er seit Dezember 2006 nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter KM lebe, die mit dem Kind in einem anderen Haushalt lebe. Er habe bezüglich Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld NIE persönlich bzw. mit seiner damaligen (bis 2006) Partnerin, der KM, angesucht. Er sei nicht bereit, diese Forderung, um welche von der KM und ohne sein Wissen angesucht worden sei, nun zurückzuzahlen.

Über die Bescheidbeschwerden sprach die belangte Behörde (belBeh) mit Beschwerdevorentscheidungen abweislich ab.

Sachverhaltsbezogen ging sie davon aus, dass für das im Jahr 2006 geborene Kind im Zeitraum vom bis Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld (in der Folge kurz: Zuschüsse) von insgesamt EUR 5.193,42 ausbezahlt worden seien.

Neben Wiedergabe des Gesetzeswortlautes führte sie aus, dass ein Sachverhalt vorliege, der dem § 18 Abs 1 Z 2 KBGG unterfalle und bezog sich in rechtlicher Hinsicht auf eine von beiden Elternteilen unterfertige Erklärung gemäß § 15 KBGG, womit sich diese zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 KBGG verpflichteten. Dass im konkreten Fall der Bf gemeinsam mit der KM eine solche Verpflichtungserklärung unterfertigt habe, stellte sie hingegen nicht fest.

Da von einer Lebensgemeinschaft auszugehen sei, sei die gegenständliche Rückzahlungsverpflichtung nicht von der mit Erkenntnis des VfGH G 184-195/10-7 vom ausgesprochenen Aufhebung des § 18 Abs 1 Z 1 KBGG umfasst, sondern falle gegenständlicher Sachverhalt unter die weiterhin anzuwendende Norm des § 18 Abs 1 Z 2 KBGG. Schließlich begründete die belBeh, dass noch keine Bemessungsverjährung eingetreten sei, und begründete die Ermessensübung.

Die Einwände des Bf, dass zumindest ab Jänner 2007 eine getrennte Lebensführung zwischen den Elternteile bestehe, ließ die belBeh ebenso unbeachtet wie dessen Vorbringen, niemals mit der Kindesmutter einen Zuschuss beantragt zu haben.

Der Bf erhob in beiden Fällen frist- und formgerecht den als Berufung bezeichneten Vorlageantrag und beantragte gestützt auf das Erkenntnis VfGH G 184-195/10-7 vom die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Mit Vorlageberichten vom und vom wurden die Bescheidbeschwerden elektronisch samt bezughabenden Aktenteilen, ebenfalls in elektronischer Form, vorgelegt. Darin betonte die belBeh die Vorschreibung auf Grund von § 18 Abs 1 Z 2 KBGG, und nicht nach Ziffer 1 dieser Bestimmung.

Auf Ersuchen des BFG legte die belBeh die von der KM als Antragstellerin und vom Bf als zweitem Elternteil am unterfertigte Verpflichtungserklärung vor. Die Verpflichtungserklärung ist nicht an eine bestimmte Behörde (Gebietskrankenkasse) gerichtet.

Aufgrund weiterer Ermittlungstätigkeit durch das BFG wurde ein Sachverhalt erhoben, der richtiger Weise der vom VfGH aufgehobenen Ziffer 1 des § 18 Abs 1 KBGG zu subsumieren ist, sodass in beiden Fällen den Beschwerden stattzugeben ist. Diese Rechtsansicht wurde ausführlich mit dem Behördenvertreter BV besprochen, der gegen die in Aussicht gestellten Bescheidaufhebungen keine Einwände geäußert hat.

Über die Bescheidbeschwerde wurde erwogen:

Die Bescheidbeschwerde ist frist- und formgerecht sowie begründet.

Soweit Zustellnachweise aktenkundig sind, wurde diese als Bescheidaten zur Bezeichnung herangezogen, weil Bescheide erst durch die Bekanntgabe rechtswirksam werden, also Bescheidqualität erlangen.

Im umgekehrten Fall ist bei Eingaben nicht auf das Datum des Einlangens abzustellen, sondern der Tag der Postaufgabe zur Bezeichnung der Eingabe heranzuziehen.

Der Abgabenanspruch zu den strittigen Zuschüssen ist noch nicht verjährt, wozu auf die in den angefochtenen Bescheiden dargestellten rechtlichen Ausführungen verwiesen wird.

Rechtslage:

§ 2 Abs 1 Z 1 bis 3 KBGG - Kinderbetreuungsgeldgesetz in der für den Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Stammfassung BGBl I 103/2001 lautete:

Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern

1. für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, besteht oder für dieses Kind nur deswegen nicht besteht, weil Anspruch auf eine gleichartige ausländische Leistung besteht,

2. der Elternteil mit diesem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt und

3. der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) des Elternteiles im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 14 600 Euro nicht übersteigt.

Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 bis 4 KBGG idF BGBl I 122/2003 hatten Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld 

1. alleinstehende Elternteile (§ 11),

2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,

3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und

4. Frauen oder Männer, die allein oder mit ihrem Ehegatten ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes Statt angenommen oder in Pflege genommen haben, sofern sie verheiratet sind, nach Maßgabe der §§ 12 und 13.

§ 11 Abs 1 bis 3 KBGG id Stammfassung bestimmte:

(1) Alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt.

(2) Alleinstehende Elternteile haben nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben.

(3) Alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, haben dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.

§ 12 Abs 1 KBGG id Stammfassung für 2006 und 2007 und § 12 KBGG in der ab 2008 geltenden Fassung BGBl I 76/2007 sahen folgende Zuverdienstgrenzen vor:

Stammfassung: § 12 Abs 1 KBGG:

Verheiratete Mütter bzw. Väter erhalten einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 7 200 Euro (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 3 600 Euro.

BGBl I 76/2007, § 12 KBGG:

Verheiratete Mütter bzw. Väter erhalten einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12 200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4 000 €.

Das Einkommen gilt für Nicht Alleinstehende gemäß des zweiten Satzes des § 13 KBGG entsprechend.

§ 8 Z 1 KBGG regelte die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Z 3) bei Vorliegend von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wie folgt:

Soweit im Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, solche aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) enthalten sind, ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind. Sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Der danach ermittelte Betrag ist um 30% zu erhöhen und sodann auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Besteht der Anspruch auf die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für mehr als die Hälfte des Kalendermonates, zählt dieser Kalendermonat zur Gänze zum Anspruchszeitraum, andernfalls ist dieser Kalendermonat nicht in den Anspruchszeitraum einzubeziehen. Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe gelten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, abweichend vom vorletzten Satz ist der ermittelte Betrag um 15% zu erhöhen.

Gemäß § 15 KBGG haben i m Falle des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses gemäß den §§ 12 und 13 haben beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 verpflichten.

§ 18 KBGG lautete

(1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:

1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.

2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.

3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.

(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis , dem Bundeskanzler zugestellt am , zu Recht erkannt:
„I. § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.“ (Vgl. BGBl. I Nr. 11/2011).

Sachverhaltsfeststellung:

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist aufgrund des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsergebnisses folgender Sachverhalt festzustellen:

Die Kindesmutter war Bezieherin der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes für die im Juni 2006 geborene gemeinsame Tochter. Der Bf und die KM unterschrieben am gemeinsam die Abgabenerklärung zum Zuschuss, der abschließend die Verpflichtungserklärung zur gemeinsamen Rückzahlung des Zuschusses enthielt (Gesamtschuldverhältnis). In der Abgabenerklärung gaben die Elternteile jeweils ihren Wohnsitz mit AdresseX., (Steiermark), an.

Zunächst bestand Lebensgemeinschaft zwischen den Elternteilen, die jedoch im Jänner 2007 aufgelöst wurde. Die Eltern waren in der Zeit vom bis an dieser Adresse gemeinsam gemeldet. Danach verblieb der Bf an dieser Adresse bis , die Kindesmutter zog wieder zurück zu ihren Eltern.

Im Verfahren selbst wegen Gewährung des Zuschusses wirkte der Bf nicht mit, vor allem hat er in jenem Verfahren keine Unterlagen bezüglich seines Einkommens offengelegt oder sonst Angaben dazu gemacht.

Seit Februar 2007 leistet der Bf den Geldunterhalt für die gemeinsame Tochter.

Der Hauptverband übermittelte der belBeh zu den folgend angegebenen Zeitpunkten die gemäß § 18 (1) Z. 2 KBGG an die Kindesmutter ausbezahlten Zuschüsse:


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Datum der Übermittlung
Zeitraum
Betrag in EUR
am
5.8. bis
902,94
am
1.1. bis
2.211,90
am
1.1. bis
2.078,58
am KORR
1.1. bis
60,60

Die Datenübermittlung vom ist als Korrektur gekennzeichnet; die Gründe der Korrektur sind in der Übermittlung nicht angeführt. Die Daten des Jahres 2008 wurden nicht korrigiert.

Eine Abgabenerklärung für alleinstehende Elternteile iSd KBGG wurde von der Kindesmutter weder bei der zuständigen GKK eingebracht noch wurde die Kindesmutter dazu von der zuständigen Krankenkasse aufgefordert. MWv wurde der Kindesmutter der Kinderzuschuss des Landes Steiermark iHv EUR mtl 145,35 gewährt.

Seit Februar 2007 leistet der Bf für die Tochter den Geldunterhalt an die Kindesmutter. Für das Jahr 2007 wurde im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung der Unterhaltsabsetzbetrag für elf Monate und ab dem Jahr 2008 für zwölf Monate gewährt.

Der Bf hat in den Jahren 2006 bis 2008 die Zuverdienstgrenze des KBGG überaus deutlich überschritten, wie folgende Aufstellung zeigt:


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2005
2006
2007
2008
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lt Kennzahl (KZ) Z 245
18.693,90
18.970,38
19.028,62
20.280,43
steuerfreie Bezüge nach § 68 EStG lt KZ 215
4.475,80
4.508,67
4.424,92
4.473,11
 
23.169,70
23.479,05
23.453,54
24.753,54
Zuverdienstgrenze gem § 12 KBGG
7.200,00
7.200,00
7.200,00
12.200,00

Der Bf und die KM sind auch in den nachfolgenden Jahren nicht mehr an gemeinsamer Adresse gemeldet gewesen. Der Bf befindet sich seit August 2013 in Lebensgemeinschaft oder Ehe mit LE.

Beweismittel:

Vorgelegte Verwaltungsakten, wobei vor allem die mit der Beschwerde gegen das Folgejahr 2011 vorgelegten Beweismittel auch für den erstangefochtenen Bescheid rechtserheblich sind. Insbesondere stützt sich das Erkenntnis auf:

Auskünfte aus dem ZMR zum Bf und der Kindesmutter;

Abgabenerklärung bei Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld vom ;

Bestätigung der Stmk GKK über das Einlangen der Anträge des KM auf Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses vom Juli 2006;

Meldungen der NÖ GKK an die belBeh vom am , , und vom  ;

Auskunft der Steiermärkischen GKK mit E-Mail vom ;

Niederschrift der BH Hartberg vom , GZ 9.71-38/2007, mit der KM;

Vorhalt des Amtes der Stmk Landesregierung vom , GZ FA6A 4.4-1/02-84, an die KM, betreffend Beibringung von Einkommensnachweisen des Bf für Juli bis Oktober 2006;

undatierte Vorhaltsbeantwortung der KM zum Vorhalt vom , dass es kein Entgegenkommen ihres damaligen Lebensgefährten über entsprechende Einkommensnachweise gebe;

Schreiben der Landesrätin für Jugend, Frauen, Familie, Bildung des Landes Steiermark vom , keine GZ, betreffend Bewilligung einer monatlichen Beihilfe ab November 2006 iZm Gewährung des Kinderzuschusses des Landes Steiermark;

Einsicht in den elektronischen Steuerakt des Bf;

Anforderung der Abgabenerklärung für Alleinstehende bei der Stmk GKK mit E-Mail des ;

Auskunft der Steiermärkischen GKK mit E-Mail vom .

Beweiswürdigung:

Zunächst ist zu sagen, dass die in der Abgabenerklärung nach dem KBGG integrierte Verpflichtungserklärung eine gemeinsame Willenserklärung zweier Elternteilen ist, die jedenfalls durch eine Willenserklärung für Alleinstehende in zeitlicher Hinsicht begrenzt worden wäre. Erteilte die Steiermärkische GKK am noch die telefonische Auskunft, dass der Korrektur vom April 2017 eine Änderung in den Anträgen auf Gewährung des Zuschusses zu Grunde liege, so korrigierte die Steiermärkische GKK diese Auskunft und bedauerte, die Abgabenerklärung für alleinstehende Elternteile nicht übermitteln zu können, "da die für die Bearbeitung des Antrages auf Kinderbetreuungsgeld zuständige Außenstelle dieses Formular der Kindesmutter nicht zur Unterfertigung ausgehändigt hat."

Aufgrund dieser Auskunft konnte die Sachverhaltsfeststellung, dass eine Verpflichtungserklärung als Alleinstehende von der KM nicht eingereicht wurde und die gemeinsame Verpflichtungserklärung die einzige mit rechtlicher Wirksamkeit ist, zweifelsfrei getroffen werden.

Ohne der rechtlichen Beurteilung vorzugreifen, ist auszuführen, dass die Rückzahlungszeitraum nach dem Abschnitt 4 des KBGG aufgrund der tatsächlich erfolgten Trennung der Elternteile nur bis zum reichen kann. Das entspricht auch der Rechtsansicht des zuständigen GKK, die für das Jahr 2007 entsprechend korrigierte Daten übermittelt hat. Die Korrektur für das Jahr 2008 wurde offenbar übersehen. Damit wäre aus dem Titel der Gesamtschuld lediglich ein Betrag von EUR 963,54 für den Zeitraum bis umfasst.

Die tatsächlich erfolgte Trennung beider Elternteile wird auch durch die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2008 erhärtet.

Der Bf hat in beiden Rechtsmittelverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass er seit Dezember 2006 nicht im gemeinsamen Haushalt mit der KM lebe, er bezüglich Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld NIE persönlich bzw mit seiner damaligen (bis 2006) Partnerin angesucht habe. Die Kindesmutter habe ohne sein Wissen angesucht.

Am gab die KM vor der BH X** (Steiermark) zu Protokoll, dass ihr die Höhe des Einkommens des Bf nicht bekannt sei und sie derzeit Kinderbetreuungsgeld beziehe. Nunmehr würde sie darüber informiert, dass sie Anspruch auf den Kinderzuschuss des Landes Steiermark haben könnte.

Wenn die Kindesmutter den Zuschuss bezogen hat, so muss ihr dieser nach der Trennung vom Bf rückwirkend bewilligt worden sein.

Auch wenn der Kinderzuschuss des Landes Steiermark eine Landesförderung ist und die Aussage daher nicht im Verfahren der Gewährung des Zuschusses iSd KBGG als Bundesförderung getätigt wurde, ist zu sagen, dass die KM vor der BH ausdrücklich angegeben hat, nur das Kinderbetreuungsgeld, und nicht auch den diesbezüglichen Zuschuss zu beziehen und das Einkommen des Bf nicht zu kennen.

Schließlich liegt die maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG iVm § 2 Abs 2 EStG 1988 dermaßen deutlich über der Zuverdienstgrenze nach § 12 KBGG, dass die Kenntnis des Einkommens des Bf im Bewilligungsverfahrens für den Zuschuss auszuschließen ist. Der Bf hat das Dreifache bzw im Jahr 2008 das Doppelte der Zuverdienstgrenze verdient.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller drei beachtlichen Fakten hat die Annahme, dass das Verfahren auf Gewährung des Zuschusses über den gesamten Zeitraum ab ohne Beteiligung des Bf und ohne Kenntnis dessen Einkommens geführt wurde, den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit für sich.

rechtliche Beurteilung:

Strittig ist sohin allein die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Sachverhalt dem § 18 Abs 1 Z 2 KBGG oder dem § 18 Abs 1 Z 1 KBGG unterfällt.

Zunächst ist zu den angefochtenen Bescheiden idF der Beschwerdevorentscheidungen zu sagen, dass diesen die Sachverhaltsfeststellung fehlt und sie ein Eingehen auf das konkrete Beschwerdevorbringen vermissen lassen. Insbesondere hätte es Vorhaltscharakter entwickelt, wenn in den Beschwerdevorentscheidung die Feststellung getroffen worden wäre, dass am  gemeinsam die Verpflichtungserklärung unterfertigt wurde. Jedenfalls ab Jänner 2007 hätte ein Abgleich mit dem Einkommensteuerakt des Bf dessen Beschwerdevorbringen, nämlich die Trennung von der Kindesmutter, bestätigt.

Zum vom Bf erstatteten Beschwerdevorbringen ist auszuführen, dass der Bf sehr wohl Kenntnis davon hatte, dass seine damalige Lebensgefährtin beabsichtigte, den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld zu beantragen. Daran kann angesichts der gemeinsamen Unterfertigung der Verpflichtungserklärung nach § 15 KBGG kein Zweifel offen bleiben.

Die gemeinsame Willenserklärung konnte aber aufgrund der unterbliebenen faktischen Mitwirkung des Bf im Bewilligungsverfahren des Zuschusses auch für Zeiträume der noch aufrechten Lebensgemeinschaft beider Elternteile kein Gesamtschuldverhältnis zwischen diesen begründen. Auch wenn er in jenem Verfahren Parteistellung und damit das Recht auf Gehör gehabt hat und es seine rechtliche Verantwortung war, von diesen Rechten nicht Gebrauch gemacht zu haben, so war die Sozialversicherungsbehörde dennoch nicht berechtigt, ohne Kenntnis des Einkommens des Bf und ohne Überprüfung der Einhaltung der Zuverdienstgrenze des anderen Elternteiles den Zuschuss der Kindesmutter zu gewähren.

Ohne Kenntnis des Einkommens des Bf konnte die Steiermärkische GKK kein Verfahren nach § 18 Abs 1 Z 2 KBGG abwickeln, weil die Einhaltung der Zuverdienstgrenze Tatbestandsvoraussetzung für die Bewilligung des Zuschusses ist. Ist sie dennoch iS leg.cit. vorgegangen, so hat sie dem Bf die Rückzahlungsverpflichtung oktroyiert, indem sie genau das tat, was der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , als besonders verwerflich an der Ziffer 1 des § 18 Abs 1 KBGG in der Stammfassung kritisiert hat, nämlich das Vorliegen eines Vertrages zu Lasten Dritter.

Die Einbindung des Bf in das Zuschussbewilligungsverfahrens hätte dazu geführt, dass der Zuschuss infolge Überschreitens der Zuverdienstgrenze gar nicht erst bewilligt worden wäre. Damit wurde im konkreten Fall der Zuschuss zu Unrecht gewährt, was jedoch die Rückforderung (NICHT RÜCKZAHLUNG) nach § 31 KBGG durch die Sozialversicherungsbehörde zur Folge hätte. Wie das BFG in seinem Erkenntnis , zu Recht erkannt hat, ist zwischen den Begriffen "Rückforderung" und "Rückzahlung" strikt zu differenzieren.

Ohne Mitwirkung des anderen Elternteils im Zuschussbewilligungsverfahren hat die Sozialversicherungsbehörde de facto ein Verfahren für Alleinstehende Elternteile geführt, sodass eine Festsetzung eines Rückzahlungsbetrages für bezogene Zuschüsse der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 1 KBGG unterfiele, und zwar über den gesamten Zeitraum ab , und nicht erst ab .

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im konkreten Fall war lediglich der rechtserhebliche Sachverhalt strittig, und keine Rechtsfrage in geforderten Rechtssinn zu beantworten, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7106318.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at