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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2019, RV/1100385/2016

Berechtigung und Höhe von Sicherheitszuschlägen im Zuge einer Betriebsprüfung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner

in der Beschwerdesache der Adr,

betreffend die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom hinsichtlich Einkommensteuer 2013 und 2014 sowie Umsatzsteuer 2013 und 2014

zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verwaltungsgeschehen und Sachverhalt:

Die angefochtenen Bescheide enthielten die Begründung, die Veranlagung sei unter Zugrundelegung der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt. Diese Feststellungen seien der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen.

Der Betriebsprüfungsbericht, auf den im Detail verwiesen wird,  enthält in Zusammenfassung Nachstehendes:

Tz 1 Zurechnung der Geschäftsvorfälle

A B gründete mit Errichtungserklärung vom die B X GmbH. Sie wurde am  in das Firmenbuch eingetragen. Laut Vertrag erfolgte die Gründung der Gesellschaft rückwirkend zum . Das widerspricht den Bestimmungen des GmbHG, wonach eine Gesellschaft vor der Eintragung in das Firmenbuch als solche nicht besteht.

Steuerrechtlich sind die Bestimmungen des GmbHG maßgeblich. Eine Zurechnung der Geschäftsvorfälle an die B X GmbH ist daher frühestens ab der Eintragung in das Firmenbuch möglich, dh ab dem .

Die Buchhaltung sowie die daraus folgenden Erklärungen an die Abgabenbehörde werden somit bis Juli 2014 dem Einzelunternehmen C B zugerechnet, ab August 2014 erfolgt die Zurechnung an die B X GmbH.

Tz 2 Buchhaltungsdaten

Was die Buchhaltungsdaten betreffe, sind Steuerbetrag und Steuercode weder in der Buchungszeile der Aufwands-Ertragsbuchungen noch in der Gegenbuchung ersichtlich, sondern in einer gesonderten Buchung des Steuerbetrages auf dem Steuerkonto.
Beim isolierten Betrachten einer Buchungszeile ist nicht feststellbar, ob es sich bei dem angeführten Betrag um einen Brutto-oder Nettobetrag handelt. Rückschlüsse von einem auf dem Steuerkonto gebuchten Betrag auf einen konkreten Geschäftsvorfall sind ebenfalls nicht möglich. Dies macht eine Überprüfung der Geschäftsvorfälle vor allem im Bereich der Vorsteuern innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens unmöglich (§ 131 Abs. 1 BAO).

Tz 3 Kassastand

Die Kassastände laut Buchhaltung stimmen nicht mit den tatsächlichen Kassaständen überein (dies wurde bereits in der Niederschrift zu Umsatzsteuerprüfung im Jahr 2014 festgehalten). So müsste der Kassastand laut Buchhaltung zum € 165.785,14 betragen, laut Übertrag in der Buchhaltung beläuft sich der Kassastand zum auf € 22.634,00.

Tz 4 Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG

Gemäß § 189 Abs. 2 UGB sind Unternehmer, die den Schwellenwert von € 700.000 an Umsatzerlösen um mehr als € 300.000 überschreiten, ab dem Folgejahr zur Buchführung verpflichtet.

Im Prüfungsfall erfolgte die Buchhaltung des Jahres 2014 jedoch entgegen dieser Bestimmung nach dem Aufwands- und Ertragsprinzip, laut Aussage des Buchhalters wurden auch keine Inventuren durchgeführt, das Betriebsvermögen zum wurde folglich nicht festgestellt.

Die seitens der Steuerpflichtigen beantragte Pauschalierung gemäß § 17 EStG ist aufgrund dieser Bestimmung nicht möglich.

Beim Wechsel der Gewinnermittlungsart ist eine Berechnung des Übergangsgewinnes durchzuführen. Der Übergangsgewinn wird seitens der Betriebsprüfung i.H.v. € 31.000 geschätzt (= Wert des Warenlagers € 60.000 abzüglich Verbindlichkeiten € 29.000). Da das Unternehmen zu Buchwerten von der B X GmbH übernommen wurde, beträgt der Aufgabegewinn 0,00 €.

Tz 5 Frist zur Abgabe von Steuererklärungen

Gemäß § 134 BAO sind Einkommen-und Umsatzsteuererklärungen bis Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis zum Ende des Monats Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronischer erfolgt.

Trotz Überschreiten der Abgabefrist ist für das Jahr 2013 keine Erklärung eingereicht worden. Für das Jahr 2014 wurde im Zuge einer Besprechung mit der Betriebsprüfung eine Erklärung vorgelegt.

Tz 6 Umsatzsteuervoranmeldungen

Die Umsatzsteuervoranmeldungen können aufgrund der vorgelegten Buchhaltung samt dazugehörigen Belegen nicht nachvollzogen werden. Die Aufteilung der Mehrwertsteuerrückvergütungen in Umsätze zu 10 % bzw. zu 20 % kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden.

Beispielsweise betragen die Steuerrückvergütungen laut Monatsbericht der Registrierkasse im Monat 03/2014 € 1.213,76, die verbuchten Steuerrückvergütungen € 1.185,25, im Monat 04/2014 liegen laut Monatsbericht der Registrierkasse € 1.577,16 vor, die verbuchten Steuerrückvergütungen betragen € 1.479,55.

Die Erlöse von 10 % im Monat 03/2014 sind laut Monatsabrechnung der Registrierkasse mit € 129.052,30 ausgewiesen, die verbuchten Erlöse mit € 129.259,44.

Tz 7 Tages-und Monatsabrechnungen Registrierkasse

Ab Mai 2014 liegen Tages- und Monatsabrechnungen vor, deren fortlaufende Nummerierung nicht nachvollzogen werden kann. Eine Überprüfung der Vollständigkeit der Abrechnungen ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.

Tz 8 Verkauf Warenlager

Die Rechnung über den Verkauf des Warenlagers wurde am ausgestellt. Der laut Buchhaltung geltend gemachte Vorsteuerabzug ist laut Betriebsprüfung aus folgenden Gründen nicht möglich: Zum  war über die Gesellschaft noch nicht einmal ein Errichtungsvertrag abgeschlossen, die B X GmbH folglich noch nicht existent. Die Ausgangsrechnungen wurde somit von Frau B an sich selbst fakturiert, ein Leistungsaustausch mit der GmbH war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.
Selbst bei bestehender Leistungsbeziehung wäre der Vorsteuerabzug aufgrund fehlender formeller Voraussetzungen gemäß § 12 iVm § 11 UStG ausgeschlossen gewesen (fehlende UID).

Die Betriebsprüfung hat für den Zeitraum 01-07/2014 sämtliche Vor-und Umsatzsteuern bei der Einzelunternehmerin C B erfasst. Dennoch wurde zwar die Vorsteuer aus dem Ankauf des Warenlagers durch die B GmbH geltend gemacht, die entsprechende Umsatzsteuer jedoch nirgendwo abgeführt.

Aus Sicht der BP ist der Verkauf des Warenlagers per bewirkt, somit ist die Umsatzsteuer aus diesem Verkauf im Juli 2014 zu erfassen. Der Erwerb des Warenlagers zum 31.7. wird mangels vorliegender Unterlagen mit € 60.000,00 geschätzt.

Tz 9 Wareneinkauf Y

Wie bereits in der Umsatzsteuersonderprüfung festgehalten, wurden im Jahr 2013 mit der UID-Nummer der Einzelunternehmerin C B Wareneinkäufe in Y getätigt. Seitens der Unternehmerin wurden die Einkäufe bestritten. Nachforschungen durch das Finanzamt Feldkirch sowie die Steuerfahndung haben ergeben, dass die Einkäufe tatsächlich stattgefunden haben, ein abweichender Warenempfänger konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Tz 10 Sicherheitszuschlag

Aufgrund der festgestellten formellen und materiellen Buchhaltung und Aufzeichnungsmängel wird ein Sicherheitszuschlag i.H.v. 5 % festgesetzt. Für den Zeitraum 01-06/2013 wurde bereits ein Sicherheitszuschlag von 5 % im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung festgesetzt.

Tz 11 Eigenverbrauch

Analog zur vorangegangenen Umsatzsteuerprüfung wird der Eigenverbrauch mit € 500 pro Monat geschätzt.

Tz 12 Besteuerungsgrundlagen 2013

In Tz 12 erörtert die Betriebsprüfung, wie die Einkünfte für das Jahr 2013, für welches weder Einkommen- noch Umsatzsteuererklärungen eingereicht wurden, im Schätzungsweg ermittelt werden. Die Betriebsprüfung stellt klar, dass im Jahr 2013 - wie schon im Jahr 2012 - die Voraussetzungen für die Anwendung der Lebensmittelhandelpauschalierung gegeben sind, weshalb diese Pauschalierung auch für das Jahr 2013 zur Anwendung kommt.

Eine zahlenmäßige Gegenüberstellung bzw. Darstellung wird gezeigt.

Tz 13 Besteuerungsgrundlagen 2014

Die Gewinnermittlung für das Jahr 2014 ist gemäß § 5 EStG durchzuführen, für den Übergang von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf § 5 EStG ist der Übergangsgewinn zu ermitteln. Aufgrund der Betriebsaufgabe per ist ein Aufgabegewinn zu ermitteln.

Auch hier zeigt die Betriebsprüfung eine zahlenmäßige Darstellung für die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerermittlung 2014.

Die BP nimmt Bezug auf den in Höhe von 31.000,00 € ermittelten Übergangsgewinn und führt aus, dass ein Aufgabegewinn nicht anfällt, da das Unternehmen zu Buchwerten von der B GmbH übernommen wurde.

Ausgehend von diesen Feststellungen wurden die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide erlassen:

Die gebuchten (07-12/2013) bzw. erklärten (01-07/2014) Umsätze wurden dabei um einen Sicherheitszuschlag von 5% erhöht. Für 01-06/2013 entfiel ein Zuschlag, weil bereits im Zuge einer USt-Sonderprüfung ein entsprechender Zuschlag festgesetzt worden war. Ab 08/2014 (Eintragung der GmbH ins Firmenbuch) erfolgte die Zurechnung der Geschäftsvorfälle nicht mehr an das Einzelunternehmen C B, sondern an die B X GmbH.

Für die ESt 2013 wurde eine Pauschalierung gemäß § 17 EStG vorgenommen, für die ESt 2014 errechnete sich der Gewinn für die Monate 01/2014 bis 07/2014 nach Übergang von einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG auf § 5 EStG mit 119.520,32 € (vor Abzug des Gewinnfreibetrages).

Gegen diese Bescheide wandte sich die Beschwerdeführerin mit via online eingebrachten Beschwerden. Sie kündigte gleichzeitig an, eine detaillierte Begründung schriftlich nachzureichen.

Seitens des Finanzamtes erging in der Folge eine Mängelbehebungsauftrag, mit welchem die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde, eine Begründung nachzureichen, insbesondere bekanntzugeben, in welchen Punkten die Bescheide angefochten und welche Änderungen beantragt würden.

Die Beschwerdeführerin reichte nachstehendes Antwortschreiben ein:
Die zuvor als Einzelfirma geführte B X GmbH sei Anfang 2014 gegründet worden. Aufgrund von Verzögerungen, für die der Beschwerdeführerin nicht verantwortlich sei, sei die GmbH erst am im Firmenbuch eingetragen worden. Erst nach Eintragung in das Firmenbuch seien die schon lange zuvor beantragte Steuernummer und UID Nummer vergeben worden. Daher hätten Abrechnungen (Buchhaltung, Lohnverrechnung, Bekanntgabe an die Lieferanten mit Abänderung des Firmennamens sowie der UID Nummer der GmbH) erst verspätet durchgeführt werden können.

Soweit das Finanzamt behaupte, dass eine Steuernummer und UID Nummer schon vor Eintragung in das Firmenbuch vergeben werde, entspreche dies nicht der Realität.

Die GmbH sei jedoch als Vorgesellschaft aufgetreten und habe bereits mit Geschäftspartnern, wie der Bank, im Rahmen von Vorgesprächen Kontakt gehabt. Insofern sei die GmbH aus Sicht des Unternehmens bereits als existent erachtet worden und geschäftlich verfahren.

Das Unternehmen, das als d-ischer X im größeren Umkreis keine Konkurrenzunternehmen habe, sei wirtschaftlich sehr erfolgreich.

Zur Erstellung der Buchhaltung ab 2014 sei das Programm Sage Sesam eingesetzt worden. Die Firma Sage habe bestätigt, dass es sich um ein offizielles und zugelassenes Programm handle. Inzwischen sei die Auswertungsdatei der Buchhaltungsdaten überarbeitet worden, die Ausgabe erfolge nun einzeilig und nicht, wie zuvor dem Finanzamt anlässlich der Betriebsprüfung überreicht, zweizeilig. Eine Überprüfung der Geschäftsvorfälle sei möglich, das Fehlen der Ordnungsmäßigkeit könne nicht festgestellt werden.

Die Buchhaltung für das Jahr 2013 sei vom Steuerbüro E in G erstellt worden. Diese Buchhaltung weise einen ungewöhnlich hohen Kassensaldo auf, es seien aber nicht alle Aufwendungen verbucht worden, da von Anfang an eine Pauschalierung des Unternehmens angestrebt worden sei. Das Finanzamt habe nun eine Pauschalierung akzeptiert und bescheidmäßig festgelegt. Da die Pauschalierung sich am erzielten und verbuchten Umsatz orientiere, sei auf den Kassastand weniger Wert gelegt worden.

Der Kassastand per sei aufgrund der Unterlagen errechnet und verbucht worden. Die Kontrolle des Kassastandes sei mit einer separat geführten Excel-Tabelle, die jede Barbewegung aufzeichne, erfolgt. Differenzen seien unter anderem auf den Tageslosungen festgehalten und bei Bargeldabgängen aufgeklärt worden. Da sie geringfügig waren, seien sie vom Unternehmen getragen worden.

Der Übergangsgewinn der Einzelfirma sei mit dem Inventurwert von € 60.000 angesetzt worden. Es sei zum keine Inventur gemacht worden, da ja ein Übergang mit geplant war, die Schätzung sei daher unter Heranziehung der Inventur per erfolgt. Dieser Wert werde anerkannt.

Die Schätzung der Verbindlichkeiten sei jedoch zu niedrig erfolgt. Eine detaillierte Aufklärung dieser Wertes sei noch im Gange. Der abschließende Wert werde nachgereicht werden. Erwartet werde ein Wert, der annähernd dem angesetzten Verkaufserlös entspreche.

Ferner würden die Ausfuhrerlöse des Prüfungszeitraums nunmehr vorgelegt. Die Buchungen der Vorsteuerrückvergütungen an die Kunden seien im Zuge der Betriebsprüfung korrigiert worden. Die Buchhaltung habe sich an den konkret vorhandenen U 34 orientiert. Es könne aber immer wieder vorkommen, dass Kunden die U 34 erst Monate später zurückbrächten, weshalb eine Ablage im falschen Monat denkbar sei, was wiederum unterjährige Differenzen erklären könne. Bei Ablauf des Jahres sei jedoch der korrekte Gesamtbetrag verbucht worden. Die unterjährigen Differenzen seien zudem nur geringfügig.

Der Wareneinkauf in Y sei bereits Gegenstand einer Umsatzsteuerprüfung gewesen. Auf die im Rahmen dieser Prüfung vorgebrachten Argumente werde verwiesen. Fakt sei, dass der Wareneinkauf ausschließlich bei Lieferanten aus Z erfolgt sei. Ein separater Einkauf in Y sei aus Zeitgründen nicht vorgesehen. Hinweise darauf, dass andere Personen und Pkw diese Einkäufe widerrechtlich mit der UID Nummer des Unternehmens gemacht hätten, seien bereits in Anzeigen an das Finanzamt und die Staatsanwaltschaft zum Ausdruck gebracht worden.

Da das Unternehmen, wie schon ausgeführt, wirtschaftlich hervorragende Kennzahlen liefere und jeden Monat dementsprechend hohe Steuern abführe, sei der verhängte Sicherheitszuschlag existenzbedrohend, sowohl für die Einzelfirma als auch für die GmbH. Die angesetzten Werte seien in absoluten Zahlen viel zu hoch und könnten real nie erzielt werden.

Die Beschwerdeführerin stelle daher den Antrag, als maximalen Sicherheitszuschlag einen Prozentsatz von 2 % anzusetzen. Die Ordnungsmäßigkeit liege vor.

Mit Ihrem Schreiben reichte die Beschwerdeführerin mehrere Seiten mit Zahlentabellen, überschrieben mit „Auflistung der Ausfuhrnachweise“, bei.

In der Folge ergingen abweisende Beschwerdevorentscheidungen, in denen das Finanzamt nach Erörterung der gesetzlichen Grundlagen für eine Aufzeichnungs-, Buchführungs- und Steuererklärungspflicht (§§ 184, 132 BAO)  feststellte:

2012 seien seitens der Beschwerdeführerin  Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen abgegeben worden, eine Gewinnermittlung gemäß § 17 EStG sei möglich gewesen,

2013 seien keine Steuererklärungen abgegeben worden, Buchhaltungsdaten seien nach Einnahmen-, Ausgabenprinzip vorhanden gewesen,

2014 seien Steuererklärungen im Rahmen der Außenprüfung abgegeben worden, die Gewinnermittlung durch Einnahmen-, Ausgabenrechnung erfolgt.

Für das Beschwerdejahr 2013 sei die Inanspruchnahme der Verordnung BGBl. II Nr. 228/1999-Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler (pauschale Gewinnermittlung) möglich. Für das Beschwerdejahr 2014 bestehe Buchführungspflicht.

Im Weiteren führte das Finanzamt im Hinblick auf die Schätzungsberechtigung für das Jahr 2013 aus, es gebe keinen Zweifel daran, dass eine solche iSd § 184 BAO gegeben sei, zumal weder Jahresabschluss noch Abgabenerklärungen abgegeben worden seien.

Hinsichtlich der über die UID-Nr. der Beschwerdeführerin in Y getätigten, in ihren Aufzeichnungen nicht erfassten Wareneinkäufe, bestünden – trotz Einwand der Beschwerdeführerin, wonach sie diese Waren nicht gekauft hätte – erhebliche Zweifel. Aufgrund des sonstigen steuerlichen Verhaltens der Beschwerdeführerin (Nichtabgabe von Steuererklärungen) sei der Wahrheitsgehalt ihrer Einwendungen in Frage zu stellen.

Das Finanzamt führte aus, dass die vollständige und lückenlose Erfassung von Geschäftsvorfällen (Grundlagensicherung) iSd §§ 126 und 131 BAO seitens der Beschwerdeführerin nicht erfolgt sei. Tages- und Monatsrechnungen der Registrierkasse fehlten für 2013.

Die Nichtabgabe der Steuererklärungen, die Ungewissheit nicht verbuchter Wareneinkäufe in Y und die Nichtaufbewahrung von Tages- und Monatsrechnungen rechtfertigten die Verhängung eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 5% der gebuchten Umsätze.

Für 2014 sah das Finanzamt seine Schätzungsberechtigung darin begründet, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 5 EStG buchführungspflichtig sei, jedoch keine ordnungsgemäße Buchhaltung vorgewiesen wurde, vielmehr nach Aufwands-, Ertragsprinzip vorgegangen wurde. Es seien  keine Inventuren vorgenommen worden, auch nicht per im Zuge der Eröffnungsbilanz.

Beim Wechsel von der Pauschalierung zur Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG wäre zum – anders als von der Beschwerdeführerin zum (=Zeitpunkt der Übertragung des Vermögens der Einzelfirma auf die GmbH ) im Zuge der Beschwerde berechnet -  ein Übergangsgewinn (-verlust) zu ermitteln gewesen.

Der zum jedoch zu ermittelnde Aufgabegewinn gemäß § 24 EStG  sei von der Beschwerdeführerin nicht berechnet worden, im Zuge der BP schließlich auf 0,00 geschätzt worden.

Tages- und Monatsabrechnungen seien erst ab Mai 2014 und ohne nachvollziehbare Nummerierung der Belege vorhanden. Es bestehe eine hohe Unsicherheit, ob überhaupt alle Tageslosungen ordungsgemäß erfasst worden seien.

Diese Feststellungen rechtfertigten einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 5% des Umsatzes

Die Beschwerdeführerin brachte in der Folge einen nicht weiter begründeten Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerden an das Bundesfinanzgericht ein.

Das Finanzamt verwies in seiner Stellungnahme zum Vorlagebericht auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

II. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 163 Abs. 1 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des §§ 131 und 131b entsprechen, die Vermutung ordnungsgemäßer Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. liegen Gründe, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln kann, zu schätzen. Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 3 leg. cit. u.a., wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Nur Bücher oder Aufzeichnungen, die eine zuverlässige Ermittlung des tatsächlichen Umsatzes und Gewinnes ermöglichen, sind geeignet, der Abgabenerhebung zu Grunde gelegt zu werden (vgl. ; ).

Bereits formelle Buchführungsmängel, die einen Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Bücher hervorrufen, begründen die Schätzungsbefugnis der Behörde. Eines Nachweises, dass die Aufzeichnungen tatsächlich unrichtig sind, bedarf es nicht (vgl. Doralt, EStG 7, § 4 Tz 16; ; ). Sachliche Unrichtigkeit ist gegeben, wenn nicht alle Geschäftsvorfälle vollständig und richtig aufgezeichnet wurden.

Eine Schätzung ist ein Akt der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse, die trotz Bemühens der Behörde um Aufklärung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermittelt werden können. Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen (vgl. mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die mit einer jeden Schätzung verbundene Ungewissheit muss derjenige hinnehmen, der zur Schätzung Anlass gibt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört die Anwendung eines Sicherheitszuschlages zu den Elementen einer Schätzung. Dabei ist davon auszugehen, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur nachgewiesenermaßen nicht aufgezeichnete, sondern auch weitere Einnahmen nicht aufgezeichnet worden sind (vgl. etwa , mwN). Die Methode dient somit der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie zu niedrig ausgewiesen wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. ). In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind, kann die griffweise Zuschätzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen.

Solche Sicherheitszuschläge können sich beispielsweise an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder auch an den Umsätzen orientieren (vgl. , mwN und , mwN). Die Höhe des Sicherheitszuschlages hat sich nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen zu richten (vgl. mit weiteren Hinweisen auf die höchstgerichtliche Judikatur).

Streitfallbezogen ist auszuführen: Was die Zurechnung der Geschäftstätigkeit für den Zeitraum 01/2013 bis 07/2014 an das Einzelunternehmen C B betrifft, wird auf die Ausführungen im BP-Bericht, Tz 1 iVm Tz 10 und 11, verwiesen.

Darüber hinaus ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, die im Betriebsprüfungsbericht und in der Beschwerdevorentscheidung (auf die verwiesen wird) detailliert aufgeführten Mängel der Buchführung dahingehend zu entkräften, dass eine ordnungsgemäße Buchführung vorliege.

Beispielhaft genannt seien:

  • Das Fehlen einer Inventur - dies berechtigt zur Annahme, es seien nicht alle Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß erfasst worden (siehe BVE mit Verweisen auf höchstgerichtliche Rechtsprechung),

  • Das Fehlen von Tages- und Monatsrechnungen der Registrierkasse für 2013, dh, es ist keine Grundlagensicherung gegeben,

  • Das Fehlen einer nachvollziehbaren fortlaufenden Nummerierung der ab Mai 2014 vorhandenen Tages- und Monatsrechnungen,

  • Ungeklärte Einkäufe von Waren des Lebensmitteleinzelhandels in Y, die über die UID-Nr. der Einzelfirma getätigt wurden, jedoch keinen Eingang in die Buchführung gefunden haben.

Der für die Anwendung eines Sicherheitszuschlages erforderliche Ausgangspunkt, dass Einnahmen nicht aufgezeichnet wurden, besteht insofern zu Recht.

Zu bemerken ist, dass auch von Seiten der Beschwerdeführerin die Anwendbarkeit des Sicherheitszuschlages nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, vielmehr der Ansatz in Höhe von 5% der gebuchten (2013) bzw. erklärten (2014) Umsätze als überhöht bekämpft wurde.

Wie schon ausgeführt orientiert sich die Bemessung des Sicherheitszuschlages an den im Einzelfall festgestellten Fehlern und Abweichungen. Angesichts der im Betriebsprüfungsbericht dargestellten Bandbreite von Mängeln, auf die in der Beschwerdevorentscheidung Bezug genommen wurde, erscheint ein Ansatz von 5% der Umsätze als keineswegs überhöht. Ein Vergleich mit anderen Schätzungsfällen zeigt, dass in der Praxis überwiegend zweistellige Sicherheitszuschläge in Ansatz gebracht werden. Ein 2%-iger Ansatz, wie ihn die Beschwerdeführerin beantragt, würde sich im kaum wahrnehmbaren Bereich bewegen und der Schwere der Verfehlungen nicht gerecht werden.

Die Beschwerdeführerin hat es zudem in ihrem Vorlageantrag unterlassen, auf die in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich dargelegte Erörterung, der insoweit Vorhaltscharakter zukommt (vgl. etwa ), einzugehen und hat keine weiteren Nachweise eingereicht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

III. Zulässigkeit/Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Schätzungsberechtigung infolge mangelnder Ordnungsmäßigkeit der Buchführung existiert eine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung, auf die im vorliegenden Erkenntnis Bezug genommen wurde. Die Höhe des Sicherheitszuschlages beruht auf über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 189 Abs. 2 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 134 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 132 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 126 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100385.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at