Mangelhafte Dokumentierung einer Probenziehung im Mineralölsteuerrecht
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/3200124/2014-RS1 | wie ZRV/0286-Z3K/09-RS2 Soll eine Probe flüssiger Mineralölerzeugnisse aus der Zapfeinrichtung einer Tankstelle entnommen werden, ist vor der eigentlichen Probenahme ein ausreichender Vorlauf (mindestens 10 l) zu entnehmen, der nicht zu Prüfzwecken verwendet werden darf. Dadurch wird vermieden, dass die Probe durch Rückstände in der Zapfanlage verfälscht wird. Die Menge des entnommenen Vorlaufs ist in dem über die Probenahme anzufertigenden Bericht zu dokumentieren. |
RV/3200124/2014-RS2 | wie ZRV/0286-Z3K/09-RS1 Wird für Untersuchungszwecke eine Probe genommen, ist darüber ein Bericht anzufertigen, der alle für die Probenahme wichtigen Angaben enthalten muss. Fehlt ein derartiger Bericht, kann nicht festgestellt werden, ob die untersuchte Probe repräsentativ und unverfälscht gewesen ist. |
Entscheidungstext
[...]
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Innsbruck vom , 800000/xxxxx/03/2012 betreffend Mineralölsteuer zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom , Zahl: 800000/xxxxx/03/2012 wurde Mineralölsteuer in Höhe von € 7.625,97 nach § 21 Abs.3 MinStG geltend gemacht. Begründet wurde dies damit, dass bei mehreren Abnehmern von Dieseltreibstoff der VV Proben entnommen wurden und wegen Mischens von Mineralölen die Mineralölsteuer nach § 21 Abs.3 MinStG entstanden sei. Bei der Fa a) KK wurden am Proben entnommen; dies wurde niederschriftlich wie folgt festgehalten: „1 Probe über Zapfhahn der Tankstelle gezogen, gekennzeichnet und mittels Einwegverschluss gesichert“…“ 1 Gegenprobe(n) wurde(n) ausgefolgt und mittels Einwegverschluss amtlich gesichert.“ In gleicher Weise wurden Proben gezogen bei b) LL () und c) MM ().
Die entnommen Proben wurden durch die Technische Untersuchungsanstalt untersucht und eine Beimischung von a): 2% Vol., b): 5% und c): 7% Vol. steuerbegünstigtes Gasöl festgestellt. Die Belieferung erfolgte durch die VV am von a) 1.599 Liter, b) 1.059 Liter und c) 4.677 Liter. Das Zollamt führte aus, dass die Vermischung von Gasöl mit gekennzeichnetem Gasöl über Auftrag des Bf erfolgte, weil er als Gebietsleiter die Restmenge von 18.209 Liter Dieselkraftstoff am aus dem entsorgenden Tank III von einem Angestellten auspumpen ließ. Anschließend sei die ausgepumpte Menge in einen leeren „ehemaligen“ Heizöltank eingefüllt worden; dort hätten sich nach Angaben des Bf. aber noch 1000 bis 1.200 Liter sogenannter „Totstand“ Heizöl Extra Leicht befunden. Damit sei ein neues Gemisch entstanden. Da das Vermischen von Mineralölen eine Herstellung im Sinne des Mineralölsteuergesetzes darstelle, wäre eine Abgabenvorschreibung vorzunehmen gewesen.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde brachte der Bf. vor, dass er nicht verantwortlich gewesen sei, weil er dem Spartenleiter und der Geschäftsführung unterstellt sei. Da eine Entsorgung des Dieseltanks aufgrund behördlicher Auflagen erforderlich gewesen sei, habe er diesen in Absprache mit seinem Vorgesetzten auspumpen und in einen leeren Tank füllen lassen. Dies sei als weisungsgebundener Dienstnehmer geschehen und überdies sei er in diesem Zusammenhang nicht entsprechend geschult worden. Es sei ihm auch nicht bewusst gewesen, dass in einem vermeintlich leeren Tank noch ein Totstand vorhanden sein könne. Er habe keinen finanziellen Vorteil erlangt, weil der „verunreinigte „ Kraftstoff von der VV verkauft worden wäre. Das Tanklager liege 30 km von ihm entfernt und es gebe keine Video- oder Messanlage. Es sei auch erstaunlich, dass der Beimischungsgrad so stark variiere, dass die Vermischungen auch bei den geprüften Abnehmern stattgefunden haben könnte. In einem Ausmaß von 1000 Litern werde überdies eine Doppelbesteuerung eingewendet.
In der abweisenden Beschwerevorentscheidung führte die Behörde aus, dass der Bf. als Hersteller iSd § 22 Abs.1 Z 5 MinStG anzusehen sei, weil er die Aufträge erteilt habe. Die fehlende Schulung könne nicht erfolgversprechend eingewendet werden, weil er in leitender Stellung tätig sei. Aufgrund des differenzierten Prüfungsergebnisses müsse abgeleitet werden, dass bereits mehrmals unsachgemäße Beimischungen von steuerbegünstigtem Gasöl mit Diesel vorgenommen wurden, was auf eine gewerbliche Tätigkeit schließen lasse. Eine Doppelbesteuerung liege nicht vor, weil in einem Ausmaß von 18.209 Litern ein gänzlich neues Produkt hergestellt worden wäre.
Im Vorlageantrag wiederholte der Bf. im Wesentlichen seine Argumente.
Erwägungen
Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann nach Maßgabe des Absatz 2 und muss nach Maßgabe des Absatz 3, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Gemäß Abs.2 Z. 3 leg.cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen vorliegen würden.
Gemäß § 21 Abs.3 MinStG entsteht, wenn Mineralöl ohne Bewilligung gewonnen oder bearbeitet (hergestellt) wird, die Steuerschuld mit der Herstellung des Mineralöls.
Gemäß Abs.5 leg. cit. entsteht die Steuerschuld in den Fällen des Abs.3 im Zeitpunkt der Herstellung.
Gemäß § 22 Abs.1 Z.5 MinStG sind Steuerschuldner in den Fällen des § 21 Abs.3 der Hersteller, jede an der Herstellung beteiligte Person, sowie jede Person, in deren Gewahrsame sich das ohne Bewilligung hergestellte Mineralöl befindet.
Gemäß § 26 Abs.1 zweiter Satz MinStG ist Bearbeiten auch das Mischen von Mineralölen miteinander oder mit anderen Stoffen, wenn das Gemisch ein Mineralöl ist, es sei denn das Mischen erfolgt in einem Mineralöllager oder bei der Verwendung von steuerfreiem Mineralöl in einem Verwendungsbetrieb.
Die Analyseergebnisse der Technischen Untersuchungsanstalt des Bundesministeriums für Finanzen ergab für die Musterziehung eine Beimischung von steuerbegünstigtem Gasöl von 2 %, 5% und 7%. Der Begriff der Herstellung im Sinne des § 21 Abs.3 MinStG entspricht der Terminologie des § 26 MinStG (siehe EB zum Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 105/2014). Demnach entsteht bei der Vermischung von Gasöl mit gekennzeichnetem Gasöl die Steuerschuld im Zeitpunkt der Herstellung.
Steuerschuldner ist gemäß § 22 Abs.5 MinStG primär der Hersteller, aber auch jede an der Herstellung beteiligte Person, sowie jede Person, in deren Gewahrsame sich das ohne Bewilligung hergestellte Mineralöl befindet.
Gemäß § 47 MinStG (in der Fassung vom bis ) unterliegen die Herstellung (Gewinnung und Bearbeitung), die Lagerung, die Beförderung, der Handel und die Verwendung von Mineralöl, Kraftstoffen und Heizstoffen sowie die Tätigkeit des Beauftragten nach § 44 Abs. 5 im Steuergebiet der amtlichen Aufsicht.
Die amtliche Aufsicht umfasst alle Überwachungsmaßnahmen des Zollamtes, die erforderlich sind, um zu verhindern, dass Mineralöl, Kraftstoffe oder Heizstoffe der Besteuerung im Steuergebiet oder im übrigen Gebiet der Europäischen Gemeinschaft entzogen werden.
Die amtliche Aufsicht obliegt dem Zollamt, in dessen Bereich sich der zu beaufsichtigende Betrieb, der Geschäftssitz des Beauftragten, das zu beaufsichtigende Transportmittel oder Transportbehältnis oder der zu beaufsichtigende Gegenstand befinden.
In Ausübung der amtlichen Aufsicht ist das Zollamt gemäß § 48 Abs.1 Z 3 leg.cit. unbeschadet der Befugnisse, die ihm nach der Bundesabgabenordnung zustehen, befugt, Proben von im § 2 angeführten Waren sowie Proben solcher Waren unentgeltlich zu entnehmen, die zur Verwendung bei der Herstellung von im § 2 angeführten Waren bestimmt sind, die mit Mineralöl bearbeitet werden oder zu deren Herstellung Mineralöl verwendet wurde oder verwendet werden konnte.
Die Prüfung von Mineralölen, so auch die Vorbereitung und Durchführung der Probenahme von flüssigen Mineralölerzeugnissen, ist in der DIN 51 750, Ausgabe Dezember 1990, festgelegt.
Bei der Probenahme nach dieser Norm soll aus dem Prüfgut eine repräsentative Probe entnommen werden. Dadurch soll ermöglicht werden, auf Grund der bei der Prüfung festgestellten Eigenschaftsmerkmale dieser Probe die Gesamtmenge des Prüfgutes zu beurteilen.
Die Probe aus der Zapfeinrichtung dient der Beurteilung der Qualität der abgegebenen Ware an der Abgabestelle, zB an der Tankstelle. Auslaufproben aus Zapfeinrichtungen gelten als repräsentativ für die abgegebene Ware. Vor der eigentlichen Probenahme ist jedoch nach Abschnitt 4.5 ein ausreichender Vorlauf (mindestens 10 l bei Tankstellen) zu entnehmen, der nicht zu Prüfzwecken verwendet werden darf.
In der vorliegenden Niederschrift ist festgehalten, dass die Mineralöl-Probenahme an der Zapfsäule erfolgte. Die Niederschrift enthält Firma und Anschrift, die Namen der Anwesenden, die Bezeichnung der Probe (Gasöl), Ort und Tag der Entnahme, den Zweck der Warenkontrolle, die Anzahl der Proben, die Art der Kennzeichnung, einen Hinweis auf die Ausfolgung einer amtlich gesicherten Gegenprobe, sowie den Lieferanten des Mineralöls. Die Niederschrift ist von den anwesenden Personen unterzeichnet, eine Durchschrift wurde an die Partei ausgefolgt.
Wird für Untersuchungszwecke eine Probe genommen, ist darüber ein Bericht anzufertigen, der alle für die Probenahme wichtigen Angaben enthalten muss. Die vorliegenden Niederschriften entsprechen diesen Anforderungen nicht. Fehlt ein derartiger Bericht, kann nicht festgestellt werden, ob die untersuchte Probe repräsentativ und unverfälscht gewesen ist.
Soll eine Probe flüssiger Mineralölerzeugnisse - wie im verfahrensgegenständlichen Fall - entnommen werden, ist vor der eigentlichen Probenahme ein ausreichender Vorlauf (mindestens 10 l) zu entnehmen, der nicht zu Prüfzwecken verwendet werden darf. Dadurch wird vermieden, dass die Probe durch Rückstände in der Zapfanlage verfälscht wird. Die Menge des entnommenen Vorlaufs ist in dem über die Probenahme anzufertigenden Bericht zu dokumentieren. Dass die Musterziehung diesen Regeln nicht folgte, lässt sich nicht nur aus den Niederschriften entnehmen, sondern auch aus den unterschiedlichen Beimischungsgraden. Dies lässt sich nach Ansicht des Gerichts nur dadurch erklären, dass sie nicht repräsentativ gewesen sind.
Wie der UFS und auch der BFG in jahrelanger Rsp immer wieder betonten, ist eine mangelhaft durchgeführte oder mangelhaft dokumentierte Probenahme keine taugliche Grundlage für eine Abgabenvorschreibung (vgl. ZRV/0282-Z3K/09; , ZRV/0284-Z3K/09; , ZRV/0286-Z3K/09; , ZRV/0294-Z3K/09; , ZRV/0297-Z3K/09; ).
Überdies fehlt auch jeder gewerbsmäßige Charakter, da es sich – offensichtlich – um ein einmaliges Versehen handelte. Dass der Bf selbst oder seine Vorgesetzten die Absicht gehabt hätten, diesen Vorgang, der nach Ansicht der Behörde zur Abgabenentstehung führte, zu wiederholen, ist nicht aktenkundig; s .
Aus den genannten Gründen hätte der angefochten Bescheid nicht ergehen dürfen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass eine mangelhaft durchgeführte oder mangelhaft dokumentierte Probenahme keine taugliche Grundlage für eine Abgabenvorschreibung ist, ist stRsp.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 22 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 26 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 47 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 48 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 |
Verweise | ZRV/0282-Z3K/09 ZRV/0284-Z3K/09 ZRV/0286-Z3K/09 ZRV/0294-Z3K/09 ZRV/0297-Z3K/09 ZRV/0282-Z3K/09 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3200124.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at