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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.05.2019, RV/2100495/2019

Zurücknahme eines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerinnenveranlagung) 2018, StNr. xxx, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) war im strittigen Jahr vom 1.1. bis bei X in Altersteilzeit beschäftigt und erhielt steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 11.266,14 Euro. Nach einer Kündigung bezog sie vom AMS für den Zeitraum 1.10. bis  (92 Tage) Arbeitslosengeld und war gleichzeitig bei Y vom 3.10. bis  geringfügig mit steuerpflichtigen Einkünften von 1.191,57 Euro beschäftigt.

Am stellte die Bf. via FinanzOnline einen Antrag auf Arbeitnehmerinnenveranlagung für das Jahr 2018 und machte Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend.

Aufgrund der vom Finanzamt durchgeführten Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 ergab sich trotz des Pauschbetrages für Sonderausgaben (die Krankheitskosten blieben unter dem Selbstbehalt) eine Nachforderung von 251 Euro, die im Bescheid vom festgesetzt wurde.

Gegen diese Erledigung wurde Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die Vorberechnung ein Guthaben von ca. 490 Euro ergeben hätte. Sie sei im Jänner 2018 von ihrem Arbeitgeber X in Altersteilzeit geschickt worden, wobei sie ein monatliches Einkommen von ca. 1.200 Euro erhalten habe. Ihr Arbeitgeber hätte vom AMS wegen der Altersteilzeit einen Zuschuss erhalten und nicht sie. Sie habe nur ein normales Gehalt von ihrem Chef erhalten und nichts vom AMS. Im September 2018 habe die Altersteilzeit aufgrund einer Kündigung durch den Dienstgeber geendet. Von Oktober bis Dezember 2018 sei sie beim AMS als arbeitslos gemeldet gewesen und ab Oktober sei sie als geringfügig bei Y beschäftigt gewesen. Da die Differenz zwischen Vorberechnung und Bescheid ca. 600 Euro betrage, ersuche sie um Überprüfung ihres Steueraktes.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und darauf verwiesen, dass zum Zeitpunkt der Vorberechnung noch nicht alle für die Berechnung der Arbeitnehmerveranlagung erforderlichen Daten beim Finanzamt vorhanden gewesen seien und dadurch ein falsches Ergebnis bei der Vorberechnung erfolgte.  So sei der Bezug des Arbeitslosengeldes erst Anfang Februar übermittelt worden und ergebe sich die Nachforderung aus der besonderen Steuerberechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988, die im angefochtenen Bescheid erläutert worden sei.

Mit Anbringen vom stellte die Bf. den Vorlageantrag und meinte, dass mit dem Arbeitslosengeldbezug etwas nicht stimme. Es könne nicht stimmen, dass sie bei der Sozialversicherung seit 1/18 als arbeitssuchend oder arbeitslos aufscheine. Vom 1.1. bis habe sie in Altersteilzeit gearbeitet und habe kein Arbeitslosengeld erhalten. Von 1.10. bis sei sie arbeitslos gewesen und habe dann auch Arbeitslosengeld erhalten. Nach Rücksprache mit der Landesgeschäftsstelle des AMS wurde ihr mitgeteilt, dass dies auch korrekt beim FA Graz-Stadt gemeldet worden sei. Sie meine, dass es sich um einen Irrtum handeln müsse und habe Unterlagen zuhause, dass nicht sie, sondern X die Leistungszulage im Zeitraum 1.1. bis erhalten habe. Es könne nicht sein, dass sie für Leistungen, welche sie nie erhalten habe, Steuer bezahlen müsse und aus einer Vorberechnung in FinanzOnline, die eine Gutschrift von 480 Euro ergeben hätte, nun eine Nachforderung von 251 Euro werde.

In der Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht wurde nach Darstellung des Sachverhaltes angemerkt, dass der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung zurückgezogen werden könnte, weil kein Pflichtveranlagungstatbestand vorliege.

In einem Schreiben vom an die Bf. erläuterte die Richterin die Sach- und Rechtslage und führte ua. aus, dass der Bezug von Arbeitslosengeld dazu führe, dass die nicht ganzjährig vereinnahmten Bezüge des ersten Arbeitsverhältnisses (1.1. bis ) nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 allein für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen seien und sich eine Gutschrift von 493 Euro nur dann ergebe, wenn lediglich die zwei von den beiden Arbeitgebern nach § 84 EStG 1988 übermittelten Lohnzettel berücksichtigt würden. Bei der Antragstellung für die Arbeitnehmerinnenveranlagung sei die Meldung des Bezuges von Arbeitslosengeld aber noch nicht beim Finanzamt eingelangt, weshalb die Vorberechnung ein falsches Ergebnis auswies. Die Regelung der Umrechnung nach § 3 Abs. 2 solle vermeiden, dass es durch die Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges zu einer unverhältnismäßigen Absenkung der Steuerprogression komme und sei der auf diese Art ermittelte Durchschnittssteuersatz auf das steuerpflichtige Einkommen angewandt worden. Auf die Möglichkeit der Zurückziehung des Antrages auf Arbeitnehmerinnenveranlagung wurde hingewiesen und die Bf. zu einer Äußerung eingeladen. Mit Anbringen vom zog die Bf. ihren Antrag auf Arbeitnehmerinnenveranlagung zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nach § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind,

4.ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 oder ein Freibetrag gemäß § 103 Abs. 1a bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde,

5. der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder Freibeträge nach § 62 Z 10 und Z 11 berücksichtigt wurden, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.

6. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung abgegeben hat oder seiner Meldepflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 nicht nachgekommen ist.

7. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b 5. Teilstrich abgegeben hat oder seiner Verpflichtung, Änderungen der Verhältnisse zu melden, nicht nachgekommen ist.

8. er Einkünfte im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 32 bezogen hat.

9. er Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1 oder entsprechende betriebliche Einkünfte erzielt, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.

10. er Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 erzielt, für die keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 entrichtet wurde, oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 gegeben ist.

11. der Arbeitnehmer nach § 83 Abs. 3 unmittelbar in Anspruch genommen wird.

Abs. 2 Z 1  leg. cit. besagt: „Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.“

Die Bf. war vom 1.1. bis bei X in Altersteilzeit beschäftigt und erhielt steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 11.266,14 Euro. Nach einer Kündigung bezog sie anschließend vom AMS für den Zeitraum 1.10. bis  (92 Tage) Arbeitslosengeld in Höhe von 3.163,88 Euro und war gleichzeitig bei Y vom 3.10. bis  geringfügig mit steuerpflichtigen Einkünften von 1.191,57 Euro beschäftigt. Damit liegen keine sich zeitlich überschneidenden Bezüge vor, die zu einer Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 führen würden. Der Bezug von Arbeitslosengeld bedingt allerdings die Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 der für das restliche Kalenderjahr erhaltenen Arbeitseinkünfte für die Ermittlung des Steuersatzes, wobei die geringfügig erzielten Arbeitseinkünfte von 1.191,57 Euro bei der Umrechnung nicht einbezogen wurden (siehe auch ).

Das Arbeitslosengeld ist gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 steuerbefreit. Nach einhelliger Rechtsprechung, Literatur und Verwaltungspraxis gehören steuerfreie Einkünfte nicht zu den in § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 genannten "anderen Einkünften" (Peyerl in JAKOM, EStG12, § 41 Rz 7; LStR 2002 Rz 910b; ) und liegt damit auch kein Pflichtveranlagungstatbestand nach § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 vor.

Nach Einsicht in die Lohnzettel wurde bei der Lohnverrechnung kein Freibetragsbescheid berücksichtigt und liegt daher auch diesbezüglich kein Pflichtveranlagungstatbestand vor. Hinweise auf ein Vorliegen eines anderen Pflichtveranlagungstatbestandes haben sich nicht ergeben und hat auch das Finanzamt in seinem Vorlagebericht die Ansicht vertreten, dass kein Pflichtveranlagungstatbestand erfüllt ist. Eine für die richtige Berechnung der tarifmäßigen Einkommensteuer erforderliche Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 stellt - da nicht in der taxativen Aufzählung des § 41 Abs. 1 EStG 1988 enthalten - keinen Pflichtveranlagungstatbestand dar.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen unterbleibt eine Veranlagung immer dann, wenn das Einkommen nur aus lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht und gleichzeitig kein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt, außer es wird ein Antrag auf Veranlagung gestellt.

Anträge sind grundsätzlich zurücknehmbar (vgl. ). Eine beantragte Veranlagung kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Abgabenverfahrens, der durch einen Bescheid des Finanzamtes oder durch eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes erfolgen kann, zurückgezogen werden (; ). Von dieser Möglichkeit hat die Bf. Gebrauch gemacht und ihren Antrag auf Veranlagung am zurückgezogen.

Da der Antrag auf Arbeitnehmerinnenveranlagung von der Bf. im Rechtsmittelverfahren - also vor Rechtskraft der Veranlagung - zurückgenommen wurde, fehlt dem angefochtenen Bescheid die Rechtsgrundlage, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der Einkommensteuerbescheid 2018 vom ersatzlos aufzuheben war. Die Nachforderung entfällt damit.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage wurde eine ordentliche Revision nicht zugelassen. 

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at