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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.05.2019, RV/3100731/2018

Berufsausbildung bei Besuch einer Abendschule und Zeugnis mit Fächern, die "nicht beurteilt" wurden.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B****** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März bis September 2017

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrenslauf:

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die Beihilfenbezieherin zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe für die volljährige Tochter T****** um Vorlage einer "Schulbestätigung" für das Wintersemester 2016/17 und das Sommersemester 2017 sowie einer "Schulnachricht/Jahreszeugnis" für das Sommersemester 2016 und das Wintersemester 2016/17 und eines Einkommensnachweises.
Es erfolgte eine Rückübermittlung des genannten Schreibens. Im den Wohnsitz des Kindes betreffenden Feld wurde ausgeführt, dass das Kind unter einer anderen Adresse als die Beihilfenbezieherin  wohne und angefügt "2. Wohnsitz". Beigelegt war eine Schulbesuchsbestätigung einer Bildungseinrichtung für Berufstätige über den Zeitraum 20. Feber bis mit Klassenbezeichnung über 20 Wochenstunden sowie ein Semesterzeugnis für das Wintersemester 2016/17. Diesem Zeugnis ist zu entnehmen, dass die Tochter von fünf Unterrichtsgegenständen in zwei Unterrichtsgegenständen "nicht beurteilt" wurde, in einem Unterrichtsgegenstand mit "nicht genügend" und den restlichen zwei Unterrichtsgegenständen positiv beurteilt wurde. Ein (Jahres)Zeugnis für das Schuljahr 2015/16 wurde nicht vorgelegt.

Die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) wurde weiter gewährt und mit ein neuerliches Überprüfungsschreiben versendet. Wiederum wurde von der Beihilfenbezieherin handschriftlich ein anderer Wohnsitz der Tochter vermerkt. Weiters wurde eine Schulbesuchsbestätigung für den Zeitraum bis 11. Feber 2018 und ein Semesterzeugnis für das Sommersemester 2017 vorgelegt. Diesem Zeugnis ist zu entnehmen, dass die Tochter in allen Gegenständen nicht beurteilt werden konnte. Weiteren Beilagen ist zu entnehmen, dass die Tochter im August 2015 selbst ein Kind geboren und seit November 2015 Kinderbetreuungsgeld (samt "Beihilfe") bezogen hat. Zudem hat sich der Vater dieses Kindes verpflichtet, monatlich Unterhalt für das Kind zu leisten.

Im Jänner 2018 versendete das Finanzamt einen Vorhalt mit der Frage, aus welchem Grund die Tochter für das Sommersemester 2017 kein "positives Zeugnis" habe vorlegen können. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass ohne entsprechenden Nachweis  eines zielstrebigen Schulbesuches (mit positiven Prüfungen) eine Rückforderung der Familienbeihilfe erfolgen müsse.
Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet und das Finanzamt forderte mit Bescheid vom die für den Zeitraum März bis September 2017 ausbezahlte Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbeträgen) zurück.
Begründet wurde der Bescheid damit, dass mangels Beurteilung in allen Fächern nicht von einer zielstrebigen und ernsthaften Berufsausbildung im Sommersemester 2017 ausgegangen werden könne.

Gegen diesen Bescheid wurde mit der Begründung Beschwerde erhoben, dass sich die Tochter zu dieser Zeit (Sommersemester) "immer noch" in Karenz befunden habe und das Kind der Tochter "des öfteren" krank gewesen sei. Daher habe die Tochter die Abendschule nicht "zu genüge" besuchen können und ein "unbeurteiltes Zeugnis" bekommen. Die Tochter habe jedoch im Wintersemester die Abendschule wieder besucht und in drei Fächern eine positive Note erzielen können. Das zeuge von einer zielstrebigen und ernsthaften Berufsausbildung. Zwischenzeitig habe sich die Tochter von der Abendschule abgemeldet, da im März eine einjährige Ausbildung zum [Beruf] anstehe.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen des FLAG 1967 und allgemeinen, auf Literatur und Judikatur beruhenden Ausführungen zum Begriff "Berufsausbildung" iSd FLAG 1967 hielt das Finanzamt zum Sachverhalt fest, dass die Tochter seit dem Sommersemester 2016 ein Gymnasium für Berufstätige besucht habe und aus diesem Grund Familienbeihilfe bis Feber 2017, in weiterer Folge bis September 2017 gewährt worden wäre.
Über (wiederholtes) Ersuchen durch das Finanzamt wäre ein Zeugnis für das Sommersemester 2017 vorgelegt worden, dem zu entnehmen sei, dass die Tochter in allen eingeschriebenen Fächern nicht beurteilt habe werden können. Der Versuch, den Grund für diesen Umstand zu ermitteln, wäre vorerst erfolglos geblieben, da das Ergänzungsersuchen vom nicht beantwortet worden wäre.
Auf Grund der Ausführungen in der Beschwerde wäre festzuhalten, dass aus dem Zeugnis über das Wintersemester 2017/18 hervor gehe, dass eine Anmeldung zu vier Modulen im Ausmaß von 13 Wochenstunden erfolgt wäre. Drei Fächer im (Gesamt)Ausmaß von 10 Wochenstunden wären positiv und eines nicht beurteilt worden. Nach diesem Semester habe sich die Tochter vom Gymnasium abgemeldet und angegeben, dass sie eine Ausbildung zur gewerblichen Masseurin beginnen werde.
Im streitgegenständlichen Zeitraum (März bis September 2017) wäre die Anwesenheit in der Schule derart gering gewesen, dass eine Beurteilung der schulischen Leistungen nicht möglich gewesen wäre und wären auch keinerlei Prüfungen abgelegt worden. Im Wintersemester 2017/18 habe die Tochter in Modulen von (nur) zehn Wochenstunden beurteilt werden können. Auch unter Berücksichtigung eines "Zeitaufwandes für Hausübungen und Lernen" habe die Ausbildung nicht die volle Zeit der Tochter in Anspruch genommen. Es liege daher keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vor.
Weiters läge keine "unschädliche" Unterbrechung einer Ausbildung vor, da die Ausbildung erst nach der Geburt des eigenen Kindes von der Tochter begonnen worden wäre und zudem - mangels Zeitintensität - keine Wiederaufnahme der Ausbildung erfolgt sei. Zudem wäre die Ausbildung sodann gänzlich abgebrochen worden.

Daraufhin beantragte die Einschreiterin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Ihr wäre "weder schriftlich noch von einem Mitarbeiter mitgeteilt" worden, dass bei einer geringen Stundenzahl kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. "Trotzdem" wäre Familienbeihilfe ausbezahlt worden.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung.

2. Sachverhalt:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die Beschwerdeführerin für ihre Tochter im Zeitraum März bis September 2017 Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hatte.

Dazu steht fest, dass

- die Tochter in diesem Zeitraum bereits volljährig war,
- die Tochter im Jahr 2015 ein Kind geboren hat und demzufolge im Rückforderungszeitraum Kinderbetreuungsgeld bezogen hat,
- die Tochter sich ab dem Sommersemester 2016 bei einem Bundesgymnasium für Berufstätige angemeldet hatte,
- im Wintersemester 2016/17 von der Tochter fünf Fächer mit einem Gesamtausmaß von 14 Wochenstunden belegt wurden, wovon zwei Fächer (gesamt fünf Wochenstunden) unbeurteilt blieben und ein Fach (drei Wochenstunden) negativ beurteilt wurde,
- im Sommersemester 2017 die Anmeldung zu sechs Fächern (im Gesamtausmaß von 20 Wochenstunden) erfolgte, jedoch keinerlei Prüfungen abgelegt wurden und daher in allen Fächern keine Beurteilung erfolgen konnte,
- im Wintersemester 2017/18 die Anmeldung zu vier Fächern (im Gesamtausmaß von 13 Wochenstunden, darin enthalten die Wiederholung des negativ bzw eines nicht beurteilten Faches aus dem zweiten Semesters) erfolgte, eines davon (im Ausmaß von drei Wochenstunden) jedoch unbeurteilt blieb,
- sich die Tochter nach Ablauf dieses Semesters vom Abendgymnasium abgemeldet und sich für eine andere Ausbildung angemeldet hat.

Alle diese Tatsachen ergeben sich aus den von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Beweismittel und den unwidersprochenen Sachverhaltsfeststellungen des Finanzamtes.

3. Rechtslage:

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im § 2 Abs 1 FLAG 1967 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist (§ 2 Abs 2 FLAG 1967). Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind (- von bestimmten Ausnahmen abgesehen -) dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt (§ 2 Abs 5 FLAG 1967).

Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 hat wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Zurückzuzahlende Beträge nach Abs 1 können nach Abs 2 leg cit auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht nach § 33 Abs 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

4. Erwägungen:

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe alleine auf den Anspruchsgrund des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967, gegründet werden könnte. Ein Zustehen der Familienbeihilfe nach einem anderen Anspruchsgrund wird nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

Es ist daher entscheidungsrelevant, ob beim vorliegenden Sachverhalt davon ausgegangen werden kann, dass sich die Tochter der Beschwerdeführerin im Rückforderungszeitraum in Berufsausbildung befunden hat.
Dazu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass abgesehen von einer Bildungsmaßnahme an einer Einrichtung, die in § 3 StudFG genannt ist, der Begriff "Berufsausbildung" im Gesetz nicht näher definiert ist. Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967 ist es aber jedenfalls, die fachliche Qualifikation für die Ausübung eines angestrebten Berufes zu erlangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 kommt es überdies nicht nur auf das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl etwa , oder , mwN).
Für die Qualifikation als Berufsausbildung kommt es letztlich nicht darauf an, ob die schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend organisiert ist. Der zeitlichen Gestaltung und Verteilung einer Ausbildung einschließlich der erforderlichen Vorbereitungs- und Lernzeit kommt aber Indizwirkung für die zeitliche Inanspruchnahme zu (vgl ).
Neben dem laufenden Besuch von Unterrichts- oder Lehrveranstaltungen (vgl ) gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation (des Ausbildungserfolges) dazu, vom Vorliegen einer Berufsausbildung ausgehen zu können. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist somit ein weiterer essentieller Bestandteil jeder Berufsausbildung (vgl zB , und ), auch wenn ein reines Abstellen auf das Gelingen einer erfolgreichen Ablegung der Prüfungen nicht zulässig ist (vgl ).

Zusammengefasst ergibt sich aus der Rechtsprechung für den vorliegenden Fall, dass der Besuch eines Abendgymnasiums durch die Tochter der Beschwerdeführerin dem Grunde nach eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 darstellen kann.
Dies unter der Voraussetzung, dass dieser Besuch ernsthaft und zielstrebig erfolgt und die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt.
Nunmehr steht nach dem Inhalt des elektronischen Familienbeihilfenaktes und den Angaben im Vorlagebericht fest, dass sich die Tochter der Beschwerdeführerin einige Zeit nach der Geburt ihres eigenen Kindes mit dem Sommersemester 2016 an der Schule für Berufstätige angemeldet hat. Das Finanzamt hat der Beschwerdeführerin - offenbar auf Grund dieser Anmeldung - auch die Familienbeihilfe ab August 2016 wieder gewährt. Die Rückforderung erfolgte erst ab März 2017, sohin für einen Zeitraum nach Abschluss des Wintersemesters 2016/17. Festzustellen ist, dass von der Tochter bereits im Wintersemester 2016/17 Unterrichtsfächer (nur) im Ausmaß von 14 Wochenstunden belegt wurden und von diesen ein Fach negativ beurteilt wurde und zwei Fächer unbeurteilt blieben. Im Sommersemester 2017 wurden Unterrichtsfächer im Ausmaß von 20 Wochenstunden belegt, letztlich aber konnte kein einziges beurteilt werden. Im Wintersemester 2017/18 wurden sodann Unterrichtsfächer im Ausmaß von 13 Wochenstunden belegt und eines blieb unbeurteilt.

Bleibt ein Fach unbeurteilt bedeutet dies nichts anderes, als dass mangels ausreichender Anwesenheit im Unterricht und bei Prüfungen das Erreichen der Bildungsziele und somit die erworbene Qualifikation nicht festgestellt werden können. Aus der oben dargestellten Rechtsprechung ist abzuleiten, dass negative Beurteilungen bei Prüfungsantritten nicht zwingend gegen das Vorliegen einer Berufsausbildung sprechen. Nimmt ein Kind aber am Unterricht und an Prüfungen nicht oder nur teilweise teil, kann vom Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nicht ausgegangen werden, da weder eine entsprechende Zielstrebigkeit, noch eine entsprechende Ernsthaftigkeit nach außen hin in Erscheinung tritt. Dies umso mehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Art der Bildungsmaßnahme gewählt wird, die primär darauf ausgerichtet ist, berufstätigen Personen neben ihrer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit einer Besserqualifikation zu eröffnen. Daher wird nicht nur hinsichtlich des Lehrplanes sondern auch hinsichtlich der zeitlichen Komponente und Lagerung der Unterrichtsstunden auf eine zusätzlich zeitliche Ressourcen in Anspruch nehmende anderweitige Beschäftigung bereits umfassend Rücksicht genommen und ist eine nach den individuellen Wünschen erfolgende Belegung einzelner Unterrichtsfächer in einzelnen Semestern möglich und zulässig.
In diesem Zusammenhang darf auch nicht ignoriert werden, dass gerade bei der Möglichkeit der individuellen Gestaltung des Ablaufes der Bildungsmaßnahme nicht alleine die Anmeldung zur Bildungsmaßnahme und der Besuch einzelner Unterrichtseinheiten in einem insgesamt untergeordneten zeitlichen Ausmaß zum Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 führen kann. Vielmehr muss, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 ausgehen zu können, auch die individuelle Planung darauf ausgerichtet sein, das Bildungsziel innerhalb möglichst kurzer Zeit zu erreichen und vom Kind die "volle Zeit" für die Ausbildung verwendet werden. Wäre dies nicht so, würde die Absolvierung jeder Bildungsmaßnahme, auch wenn von vielen möglichen nur einzelne wenige Unterrichtseinheiten besucht werden und so der Abschluss der Ausbildung wesentlich (allenfalls auch um Jahre) hinausgezögert werden würde, zum Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 führen. Eine derartige individuelle Gestaltung könnte aber keinesfalls als zielstrebig und vom ernsthaften Bestreben um die Erreichung des Ausbildungszieles getragen bezeichnet werden.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass Lehrveranstaltungen am frühen Nachmittag oder am Abend stattfinden und dass eine Ausbildung auch berufsbegleitend besucht werden könne, zwar nicht grundsätzlich dem Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 entgegensteht, es aber zutreffend sei, dass die zeitliche Gestaltung ein Indiz sein könne, die gewählte Bildungsmaßnahme nähme nicht die volle Zeit in Anspruch (vgl das angeführte Erkenntnis vom ).
In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass ein wöchentlicher Zeitaufwand (Unterrichtsbesuch zuzüglich Lern- und Vorbereitungszeiten) von mindestens 30 Stunden als Richtschnur für des Inanspruchnehmen der "vollen Zeit" des Kindes notwendig ist (vgl Lenneis in Lenneis/Czaszar/Wanke,FLAG, § 2 Rz 40). Auch der Unabhängige Finanzsenat und das Bundesfinanzgericht haben in ihrer Judikatur auf einen durchschnittlichen Arbeitsaufwand von "mehr als 30 Wochenstunden" Bezug genommen (vgl , oder , sowie , , uam). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur ein Ausmaß von (im Durchschnitt) 20 Unterrichtseinheiten wöchentlich zuzüglich der dafür notwendigen Lern- und Vorbereitungszeiten, wodurch wiederum ein Gesamtstundenausmaß von zumindest 30 Wochenstunden gewährleistet ist, als ausreichend zur Erfüllung dieses Kriteriums angesehen (vgl neuerlich das Erkenntnis vom ).

Unter Beachtung der angeführten Rechtsprechung ist daher festzuhalten, dass die Tochter der Beschwerdeführerin weder im Wintersemester 2016/17, noch im Wintersemester 2017/18, in dem eine Anmeldung zu Unterrichtsfächern im Ausmaß von lediglich 14 bzw 13 Wochenstunden erfolgt ist, auch in zeitlicher Hinsicht keine entsprechend zeitintensive und daher zielstrebige Berufsausbildung zu absolvieren angestrebt hat. Trotz entsprechendem Hinweis in der Beschwerdevorentscheidung zum Wintersemester 2017/18 wurde im Vorlageantrag gar nicht versucht, Gegenteiliges zu argumentieren.
Gleiches gilt umsomehr für das Sommersemster 2017, in dem zwar die Anmeldung zum Unterricht im Ausmaß von 20 Wochenstunden erfolgte, die tatsächliche Anwesenheit in der Bildungseinrichtung jedoch so gering war und auch keine Prüfungen abgelegt wurden, sodass in keinem Fach eine Beurteilung möglich gewesen ist. Als einziges Argument (für das Bestehen eines Beihilfenanspruches) wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass die Tochter auf Grund der Betreuungsbedürftigkeit von deren eigener Tochter nicht ausreichend besuchen habe können.
Dazu ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung der Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen eines tatsächlichen Ausbildungsvorganges für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich sind. Hiezu gehören beispielsweise Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, oder Urlaube und Schulferien (vgl ). Aus dem genannten Erkenntnis folgt für den Fall der Unterbrechung der Ausbildung durch die Geburt, Erziehung und Pflege eines Kindes, dass auch eine solche Unterbrechung für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich ist, wenn sie den Zeitraum von zwei Jahren nicht deutlich übersteigt. Von einer bloßen Unterbrechung des tatsächlichen Ausbildungsvorganges kann im Zusammenhang mit der Gewährung der Familienbeihilfe aber nicht mehr gesprochen werden, wenn die Ausbildung danach nicht wieder aufgenommen wird (vgl ).
Fest steht im vorliegenden Fall, dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes keinen Familienbeihilfenanspruch vermittelte, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in Berufsausbildung stand. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob aus der Rechtsprechung abzuleiten ist, dass ausschließlich eine Unterbrechung einer bereits vor der Geburt begonnenen Ausbildung vorliegen muss (wie das Finanzamt mit dem Hinweis auf den Umstand, dass die Berufsausbildung erst nach der Geburt begonnen worden sei, möglicherweise vermeint), um die sich aus der Rechtsprechung ergebende "Unschädlichkeit" der Unterbrechung nach sich zu ziehen, oder ob auch eine während der Zeit des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld und somit erst nach der Geburt des (eigenen) Kindes begonnene Berufsausbildung, welche sodann auf Grund eines erhöhten Pflege- oder Betreuungsbedarfs dieses Kindes unterbrochen werden muss, die gleichen Rechtsfolgen nach sich zieht (wofür die Bezugnahme auf in der "Natur der Dinge" gelegene Umstände, ua auch auf Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes, spricht). Jedenfalls muss nämlich gelten, dass sich aus der Rechtsprechung klar ergibt, dass lediglich eine vorübergehende Unterbrechung den Anspruch auf Familienbeihilfe auch während der Zeit, in der tatsächlich keine Berufsausbildung vorliegt, aufrecht erhalten kann. Wird jedoch die Berufsausbildung nicht wieder aufgenommen, besteht auch für die Zeit, in der die Berufsausbildung auf Grund von in der Natur der Dinge gelegenen Umständen nicht stattfinden konnte, kein Anspruch.

Im vorliegenden Fall ist im Verwaltungsakt ein Zeugnis für das erste an der Abendschule absolvierte Semester, nämlich das Sommersemester 2016, nicht enthalten. Bereits im Wintersemester 2016/17 erreichte die Wochenstundenzahl nur ein Ausmaß von 14 und wurden davon zwei Fächer im Ausmaß von 5 Wochenstunden nicht ausreichend besucht, um eine Beurteilung zu ermöglichen. Dadurch sind Zweifel am Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 durchaus angebracht. Dennoch hat das Finanzamt für diesen Zeitraum keine Rückforderung der Familienbeihilfe verfügt.
Unbestreitbar ist, dass im Sommersemester 2017 kein einziges Fach beurteilt werden konnte und damit - jedenfalls ab März 2017 - auch keine zielstrebige und ernsthafte Berufsausbildung gegeben war. Im Wintersemester 2017/18, dem vierten angemeldeten Semester, erfolgte sodann eine Anmeldung zu (nur) 13 Wochenstunden. In zwei Fächern bezog sich diese Anmeldung auf eine Wiederholung des zweiten Semesters wegen Nichtbeurteilung bzw negativer Beurteilung. Ein anderes Fach konnte wiederum mangels ausreichender Anwesenheit und Ablegung von Prüfungen nicht beurteilt werden. Somit lag auch im Wintersemester 2017/18 keine zielstrebige und ernsthafte Berufsausbildung vor. Mit Ablauf dieses Wintersemesters erfolgte die Abmeldung von der Abendschule und somit der endgültige Abbruch.
Damit steht fest, dass jedenfalls nach dem Wintersemester 2016/17 keine Berufsausbildung mehr und mangels Fortsetzung auch keine nur vorübergehende Unterbrechung vorgelegen ist. Dass die Tochter nach dem Vorbringen in der Beschwerde beabsichtigt habe, in der Folge eine anderweitige Ausbildung neu zu beginnen, ist für den Streitzeitraum nicht von Relevanz.
Ein Anspruch auf Familienbeihilfe hat daher (spätestens) ab März 2017 nicht mehr bestanden.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Finanzamt die Beschwerdeführerin nicht über die beihilfenrechtlichen Folgen einer (zu) "geringen Stundenanzahl" informiert und die Beihilfe "trotzdem" ausbezahlt hat. Einerseits ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen, dass diesbezügliche Anfragen seitens der Beschwerdeführerin an das Finanzamt herangetragen wurden und behauptet die Beschwerdeführerin auch nicht, derartige Anfragen gestellt zu haben. Andererseits spielt es für die Rechtsmäßigkeit einer Rückforderung keine Rolle, ob überhaupt jemanden und wenn ja, wen ein "Verschulden" am unrechtmäßigen Bezug der Familienbeihilfe trifft. Nach dem Gesetzeswortlaut und der ständigen Rechtsprechung (vgl etwa ) normiert § 26 Abs 1 FLAG 1967 nämlich eine (rein) objektive Erstattungspflicht. Dies auch dann, wenn ein unrichtiger Bezug ausschließlich durch eine - im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbare - unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden wäre.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin bereits im April 2017 (in Beantwortung des Überprüfungsschreibens vom ) darauf hingewiesen hat, dass ihre Tochter unter einer anderen Adresse wohne. Lt Zentralem Melderegister erfolgte eine Ummeldung des Hauptwohnsitzes erst im Oktober 2017. Da der Anspruch auf Familienbeihilfe bereits mangels Vorliegen einer Anspruchsvoraussetzung zu verneinen war, muss das Bestehen der Zugehörigkeit der Tochter zum Haushalt der Beschwerdeführerin im Rückforderungszeitraum nicht mehr näher untersucht werden.

Der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag ist an den Bezug der Familienbeihilfe gebunden, weshalb diesbezüglich die oben dargestellten Überlegung ebenfalls gelten. 

Dem Rückforderungsbescheid haftet somit keine Rechtswidrigkeit an, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

5. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht hat sich bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles an der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die oben angeführten Erkenntnisse) orientiert und entsprechend dieser entschieden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100731.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at