Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.01.2019, RV/5101399/2017

Außergewöhnliche Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache BF. , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde ABC vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) brachte die Erklärung über die Arbeitnehmerveranlagung 2013 elektronisch (eingelangt am ) über FinanzOnline ein, in der sie u.a. unter der Kennzahl 735 "Sonstige außergewöhnliche Belastungen" Aufwendungen in Höhe von € 2.358,84 , sowie unter der Kennzahl 476 "Zusätzliche Kosten" solche in Höhe von € 1.456,83 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen beantragte.

Am wurde die Bf. mit Ersuchen um Ergänzung dazu aufgefordert, eine Kopie des Behindertenpasses, des Ausweises gem. § 29 b StVO (inklusive Nachweis, wann dieser ausgestellt wurde) sowie des Zulassungsscheines ihres Kraftfahrzeuges (ab 2006) vorzulegen.

Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom legte die Bf. den Behindertenpass, den Ausweis gemäß § 29 b StVO, den Zulassungschein, sowie den Bescheid über die Abweisung der Abgeltung der Normverbrauchsabgabe, in Kopie vor. Weiters legte sie eine Aufstellung der Aufwendungen für Krankheitskosten inkl. Fahrtenbuch, sowie eine Rechnung über den Kauf von Steinplatten vor.

Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom der eine Gutschrift in Höhe von € 400,00 auswies, wurde damit begründet, dass das Verlegen von Steinplatten, die Fahrten zur Apotheke und die Kosten für alternativmedizinische Produkte ohne ärzltliche Verordnung keine außergewöhnlichen Belastungen iSd § 34 EStG 1988 darstellen. Apothekenrechnungen ohne genaue Bezeichnung des Medikaments konnten nicht anerkannt werden.

In der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom führte die Bf. folgendes aus: Aufgrund ihrer starken Gehbehinderung sei es notwendig gewesen, die bis dahin verlegten Platten zu tauschen, da diese bei Nässe und Glätte nicht rutsch- und trittsicher, sowie nicht frost und tausalzbeständig waren. Der Hauseingang weise eine Schräge von 35° auf einer Länge von 12 Meter und die Garageneinfahrt ebenfalls eine Schräge von 30° auf 8 Metern auf. Da sie Prothesenträgerin sei, waren diese Wege nach EN 1339R-L-U-D4 mit Steinplatten der Fa. Häusler Marke Landhaus Steinplatten zu verlegen. Globuli, die ihr zur Behandlung von Phantomschmerzen dienen, werden von der NÖGKK nicht bezahlt, weshalb eine ärztliche Verordnung nicht möglich sei. Die aufgrund einer Verletzung am Bein transplantierte Haut müsse ständig mithilfe der Pflegecremes feucht gehalten und könne nur mit spezieller Waschlotion gewaschen werden. Diese Produkte werden ebenfalls nicht von der NÖGKK bezahlt. Bei Durchsicht der Rechnungen habe sei ihr kein Beleg ohne genaue Bezeichnung des Medikaments aufgefallen. Sie ersuche die betreffenden Beträge anzuerkennen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom anerkannte das Finanzamt die Kosten für die zusätzlich erfoderlichen Pflegecremes und die Waschlotion. Hinsichtlich der Nichtanerkennung der Aufwendungen für die Bodenplatten als außergewöhnliche Belastung wurde begründet, dass Mehraufwendungen für behindertengerechte Gestaltung eines Eigenheimes außergewöhnliche Belastungen darstellen, soweit es sich dabei um einen verlorenen Aufwand handelt. Sind hingegen behindertengerechte Einrichtungen ohne weitere Maßnahme installierbar, dann stellen die mittelbaren Maßnahmen keine außergewöhnliche Belastung dar (LStR Rz 906). Zudem wurde ergänzend zum Erstbescheid auf die höchst möglich zuerkannte Negativsteuer (€ 400,00, die auch bereits ausgezahlt wurde) hingewiesen.

Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf. neuerlich die Anerkennung der Kosten für die Steinplatten in Höhe von € 2.358,84 als außergewöhnliche Belastung.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorliegenden Aktenteile.

Rechtslage

§ 34 EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

...

– Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

– durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

...

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, (Auszug)

§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

...

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.

(2) Bei einem Gehbehinderten mit einer mindestens 50%igen Erwerbsminderung, der über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, sind die Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich 153 Euro zu berücksichtigen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Erwägungen

Unter die im nachgewiesenen Ausmaß gesonderte absetzbaren Kosten nach § 4 der Verordnung fallen auch die in ursächlichem Zusammenhang mit der Behinderung stehenden Kosten der Heilbe­handlung. Als Kosten der Heilbe­handlung gelten Arztkosten, Spitals­kosten, Kurkosten für ärztlich verordnete (und unter ärztlicher Leitung absolvierte) Kuren, Therapie­kosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 35 Tz 17).

Die im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung stehenden Fahrtkosten stellen eine zusätzliche außergewöhnliche Belastung dar und können somit im nachgewiesenen Ausmaß auch neben dem Kfz-Freibetrag für Körperbehinderte gemäß § 3 Abs. 1 VO Außergewöhnliche Belastungen als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden (vgl. ; -K/08).

Der Bf. stehen grundsätzlich neben dem Kfz-Freibetrag für Körperbehinderte gemäß § 3 Abs 1 VO die mit der Heilbehandlung im Zusammenhang stehenden Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung zu.

Eine alternativmedizinische Behandlung ist absetzbar, wenn die Zwangsläufigkeit mittels ärztl Verordnung oder anderweitig nachgewiesen wird. Selbstbe­handlung oder bloße ärztl Empfehlung sind nicht ausreichend (Vock in Jakom, EStG10, § 34 Tz 90).

Bezüglich der Globuli wurde von der Bf. vorgebracht, dass diese nicht von der NÖGKK bezahlt werden und eine ärztliche Verordnung daher nicht möglich ist.

Mangels Nachweises der Zwangsläufigkeit konnten die Ausgaben für die Globuli daher keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden.

Grundsätzlich sind Aufwendungen. die durch eine Krankheit verursacht werden, außergewöhnlich und aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen.

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2012/15/0136 ausgeführt, dass nicht jede auf ärzltiches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung führt. Dies begründet der Gerichtshof damit, dass die Aufwendungen vielmehr zwangsläufig erwachsen müssen, "womit es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0116)".

Bezüglich der Notwendigkeit der Verwendung der Pflegecremes und der speziellen Waschlotion wurde vorgebracht, dass diese nicht von der NÖGKK bezahlt werden und daher auf ärztlichen Rezepten zu erhalten sind.

Da glaubhaft eine medizinische Veranlassung vorgebracht wurde, wurden die Aufwendungen bereits in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt.

Zu den Bodenplatten wird ausgeführt:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. z.B. ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes eine Vermögensumschichtung dar (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 89/13/0152, mwN). Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen (vgl das hg Erkenntnis vom , 87/14/0116). Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. ).

Es können nur solche Aufwendungen steuerliche Berücksichtigung finden, die zu einer endgültigen Vermögensverminderung führen. Bei den Ausgaben für die Steinplatten handelt es sich um die Anschaffung allgemein verwendbarer Wirtschaftsgüter des Privatvermögens und daher war mit der Anschaffung der Steinplatten kein endgültiger Verschleiß, Verbrauch oder Wertverzehr verknüpft, sondern führte die Verlegung der Steinplatten vielmehr zu einem Gegenwert in Form von Neugestaltung des Hauseingangsbereich und der Garageneinfahrt.

Die Richterin geht davon aus, dass für neue, rutsch und trittsichere sowie frost und tausalzbeständigte, Steinplatten im Hauseingangsbereich und der Garagenzufahrt ein potentieller Erwerber bereit wäre einen höheren Wert anzusetzen, selbst wenn dieser nicht in seiner Mobiliät beinträchtigt sein sollte.

Anlass für die Anschaffung und Verlegung der Steinplatten mag zwar der behindertengerechte Umbau des Hauseingangsbereichs und der Garageneinfahrt gewesen sein, was aber nichts daran ändert, dass mit diesen Ausgaben ein Gegenwert geschaffen wurde. Diese Ausgaben haben zu einer bloßen Vermögensumschichtung geführt, weshalb sie im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 34 Tz 19 und die dort wiedergegebene Rechtsprechung des VwGH) keine außergewöhnliche Belastung darstellen und daher nicht berücksichtigt werden konnten.

Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass für das Veranlagungsjahr 2013 ohnehin bereits die höchstmögliche Negativsteuer gutgeschrieben wurden, eine Anerkennung der oben angeführten Ausgaben hätte keine steuerliche Auswirkung.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101399.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at