Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2019, RV/7103436/2018

Familienbeihilfe - Auslandssemester stellt keinen Verlängerungstatbestand dar, wenn das 24. Lebensjahr bereits vollendet wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., W., vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , mit welchem der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum ab November 2017 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihre Tochter T., geb. Okt93, bis Oktober 2017 (= Vollendung des 24. Lebensjahres) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

T. begann im Wintersemester 2012/2013 an der Wirtschaftsuniversität Wien mit dem Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (J033 561) und schloss dieses am ab.

Im Wintersemester 2016/2017 begann T. mit dem Masterstudium Strategy, Innovation, and Management Control (J066 957).

Im Wintersemester 2017/2018 absolvierte sie in Paris ein Auslandssemester.

Mit Schreiben vom stellte die Bf. beim zuständigen Finanzamt mit der Begründung, dass ihre Tochter im Zuge ihres Studiums internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien ein verpflichtendes Auslandssemester in Oslo verbracht habe, einen Antrag auf Verlängerung der Familienbeihilfe für ein Semester.

Dem Schreiben waren Bestätigungen der Norwegian Business School und Auszüge des Abschlusszeugnisses der WU Wien beigeschlossen.

Das Finanzamt wies den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab November 2017 mit Bescheid vom ab und verwies zur Begründung auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung.

Nach den genannten Bestimmungen haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres.

Eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches wegen Berufsausbildung längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ist nur möglich, wenn

• der Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes zum 24. Geburtstag abgeleistet wird oder bereits abgeleistet wurde,

• eine erhebliche Behinderung vorliegt (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967),

• das Kind ein eigenes Kind geboren hat oder zum 24. Geburtstag schwanger ist,

• ein Studium mit einer gesetzlichen Studiendauer von mindestens zehn Semestern betrieben wird,

• vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig eine freiwillige praktische soziale Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland in der Dauer von mindestens acht Monaten ausgeübt wurde.

Tochter T. habe die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung bis zum 25. Lebensjahr nicht erfüllt.

Die Bf. erhob gegen den Abweisungsbescheid fristgerecht Beschwerde und brachte begründend vor, dass ihre Tochter im Zuge ihres Masterstudiums Strategy, Innovation and Management Control an der WU Wien im Herbst 2017 ein Auslandssemester in Paris absolviert habe. Dies solle nach Ansicht der Bf. den Bezug der Familienbeihilfe für ein weiteres Semester, auch nach dem 24. Geburtstag ihrer Tochter ermöglichen.

Im Anhang übermittle sie das Studienblatt der Wirtschaftsuniversität Wien und eine Bestätigung zum Studium an der Essec Business School in Paris sowie einen Auszug aus den Informationen der Österr. Hochschülerschaft zum Thema Verlängerung des Familienbeihilfebezugs nach dem 24. Geburtstag.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab und verwies - wie schon im Abweisungsbescheid vom - auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der ab gültigen Fassung.

Das im Wintersemester 2017/2018 von Tochter T. absolvierte Auslandssemester verlängere zwar die höchstzulässige Studiendauer, stelle jedoch keinen Tatbestand für die Verlängerung über das vollendete 24. Lebensjahr dar.

Die Bf. stellte fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender unstrittige Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihre am Okt93 geborene Tochter T. bis zur Vollendung von deren 24. Lebensjahr (= Oktober 2017) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

T. begann im Wintersemester 2012/2013 das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und schloss dieses am ab.

Im Wintersemester 2016/2017 begann T. das Masterstudium Strategy, Innovation, and Management Control.

Im Wintersemester 2017/2018 absolvierte sie in Paris ein Auslandssemester.

T. vollendete am  das 24. Lebensjahr.

Rechtsgrundlagen:

§ 2 (1) FLAG 1967 lautet:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

... 

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. ...

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von „Erasmus+“, ABl. Nr. L 347 vom S. 50.

Rechtliche Würdigung:

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl. I 111/2010) wurde die Altersgrenze in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, bis zu der bei Vorliegen einer Berufsausbildung Familienbeihilfe bezogen werden kann, ab vom 26. auf das 24. Lebensjahr herabgesetzt.

Gleichzeitig schuf der Gesetzgeber mit § 2 Abs. 1 lit. j und k FLAG 1967 zwei weitere Verlängerungstatbestände bis zum 25. Lebensjahr.

Nach der hier interessierenden Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

"j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird."

Die sublit aa) bis cc) des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 sind durch "und" verbunden. Das bedeutet, dass die darin normierten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen.

Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 111/2010 (981 der Beilage XXIV. GP) führen hierzu aus:

„.... Die Familienbeihilfe soll nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden. Durch Änderungen des Studienrechts in den letzten Jahren, zu denen nicht zuletzt die Einführung des Bachelor-Studiums an Fachhochschulen und in den meisten der an österreichischen Universitäten angebotenen Studienrichtungen zählt, wird die Selbsterhaltungsfähigkeit nunmehr in der Regel bereits nach sechs Semestern (Mindeststudiendauer) erreicht. Im Gleichklang mit diesen studienrechtlichen Änderungen führt die Herabsetzung der Altersobergrenze für den Bezug der Familienbeihilfe grundsätzlich vom abgeschlossenen 26. auf das abgeschlossene 24. Lebensjahr nicht zu einer Verschlechterung der Möglichkeit der Studierenden, ein Studium in jenem Zeitraum, für den Familienbeihilfe gewährt wird, erfolgreich abzuschließen.

Auch nach geltender Rechtslage stimmen der Zeitpunkt, zu dem unterhaltsrechtliche Selbsterhaltungsfähigkeit erreicht wird, und der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, nicht immer überein; dies betrifft etwa über 26-Jährige (sofern auf sie keine der in Z 2 des Gesetzesentwurfes genannten Ausnahmebestimmungen zutrifft) oder auch Studierende, die die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um mehr als ein Semester oder die die vorgesehene Ausbildungszeit um mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten haben (vergleiche § 2 Abs. 1 lit. b Satz 2).

Diese Differenzierung zwischen der weitaus überwiegenden Zahl von Studierenden, die ihr Studium innerhalb der für sie geltenden Altersgrenze erfolgreich abschließen und einer vergleichsweise geringen Anzahl von „Härtefällen“, denen dies nicht gelingt, scheint demnach den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber in Hinsicht auf das Gleichheitsgebot des Art. 7 B-VG zusteht, nicht zu überschreiten, da letztere zu ersteren im „Verhältnis einer Ausnahme zur Regel stehen“ (vgl. zB ).

Für Mütter bzw. Schwangere sowie für Personen, die den Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienst absolvieren bzw. absolviert haben und für erheblich behinderte Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, wird die Altersgrenze – analog zur bisherigen Rechtslage – mit der Vollendung des 25. Lebensjahres festgelegt.

Ergänzend zu diesen Verlängerungsgründen wird auch die besondere Situation bei Studierenden berücksichtigt, deren Studium mindestens zehn Semester dauert. ...

Diese Regelungen sollen am in Kraft treten.

Die Familienbeihilfe wird bis zur Volljährigkeit ohne besondere Voraussetzung in Bezug auf die Tätigkeit des Kindes gewährt und danach grundsätzlich nur bis zum Abschluss der Berufsausbildung. ....“

Aus den Erläuterungen geht somit eindeutig hervor, dass gerade die Einführung des Bachelorstudiums als eigenständiges Studium, das bereits nach sechs Semestern abgeschlossen werden kann, ein (Mit-)Grund für die Herabsetzung der Altersgrenze war.

Auch aus § 54 Universitätsgesetz 2002 (UG) ergibt sich nichts Gegenteiliges; nach § 54 Abs 1 UG sind Universitäten berechtigt, Diplom-, Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien einzurichten. Nach dem UG ist somit ein Bachelorstudium als eigenständiges Studium anzusehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass an das Bachelorstudium ein Masterstudium anschließen kann (aber eben nicht zwingend muss). Ohne Bedeutung ist es auch, ob Arbeitgeber für bestimmte Einstufungen weitergehende Qualifikationen fordern. Was etwaige verfassungsrechtliche Bedenken anlangt, sei nochmals auf das Erkenntnis des G 6/2011, verwiesen, in dem der Gerichtshof derartige Bedenken nicht geteilt hat.

Eine gesetzliche Studiendauer von zehn Semestern läge nur dann vor, wenn man das Bachelor- und das Masterstudium als eine Einheit anzusehen hätte. Einer derartigen Beurteilung steht jedoch auch die eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen. Im Erkenntnis , führt der Gerichtshof unter Hinweis auf das höchstgerichtliche (Vor)erkenntnis des , wörtlich aus:

Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin mit dem Abschluss des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte und dass das mit September 2007 begonnene Masterstudium ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung darstellt".

Zusammenfassend wird somit festgehalten, dass sich aus der Rechtsprechung und den einschlägigen Gesetzesbestimmungen sowie der Literatur zum FLAG 1967 (vgl. Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz. 78) klar ergibt, dass ein Bachelorstudium als eigenständiges Studium mit eigenem Abschluss anzusehen ist und mit einem daran anschließenden Masterstudium keine Einheit bildet.

Der Gesetzgeber stellt in der maßgeblichen Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j sublit. bb) FLAG 1967 (sowie auch in § 2 Abs. 1 lit. j sublit. cc) FLAG 1967) nicht auf den individuellen Studienerfolg bzw. die Studiendauer jeder/jedes einzelnen Studierenden, sondern vielmehr die gesetzliche Studiendauer (gemeint ist damit die Mindeststudiendauer) des Studiums ab.

Wenn der Gesetzgeber der Meinung gewesen wäre, dass der Regelungsinhalt der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 (hinsichtlich der dabei zu berücksichtigenden Toleranz- und Verlängerungssemester) auch bei der Anwendung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 zu beachten sei, wäre diesbezüglich eine ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 erforderlich gewesen. Da dies jedoch nicht erfolgt ist, ist die "gesetzliche Studiendauer" (des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967) mit der möglichen Mindeststudiendauer eines Studiums gleichzusetzen, bei der Toleranz- und Verlängerungssemester nicht berücksichtigt werden können. Die Ausführungen in der Literatur zur "vorgesehenen Studienzeit", die mit der "Studiendauer laut Studienplan" gleichgesetzt wird, beziehen sich auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 (vgl. Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz. 77).

So wurde und wird es auch in der Verwaltungspraxis bzw. vom Bundesfinanzgericht (sowie früher auch vom UFS) in vielen vergleichbaren Fällen regelmäßig gehandhabt.

Laut der Begründung der genannten Regierungsvorlage 981 der Beilagen XXIV. GP bzw. der Erläuterung soll also die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden, wobei aus Gründen der Budgetkonsolidierung als generelle Altersgrenze für die Gewährung der Familienbeihilfe die Vollendung des 24. Lebensjahres festgelegt wurde.

Ein über das vollendete 24. Lebensjahr hinausgehender Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann, wenn einer der fünf Verlängerungstatbestände vorliegt, welche sich in § 2 Abs. 1 lit. g bis k FLAG 1967 finden:

Ableistung des Präsenz- Ausbildungs bzw. Zivildienstes (lit. g), erhebliche Behinderung während der Berufsausbildung (lit. h), Geburt eines eigenen Kindes bzw. Schwangerschaft (lit. i), Absolvierung eines langen Studiums (lit. j) und Absolvierung einer freiwilligen praktischen Hilfstätigkeit (lit. k).

Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergibt sich, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist, Beihilfen in unbeschränkter Weise zu gewähren. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich weder dazu verhalten, den Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder durchgehend mit dem Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung zu verknüpfen, noch verpflichtet, diesen Anspruch jedenfalls bis zum Abschluss der bzw. einer Berufsausbildung vorzusehen. Ein verfassungsrechtliches Gebot, diesen Anspruch bis zu einer bestimmten Altersgrenze vorzusehen, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Es liegt vielmehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Altersgrenze, bis zu der ein Anspruch auf Familienbeihilfe grundsätzlich eingeräumt wird, nach Maßgabe familienpolitischer Zielsetzungen und budgetärer Bedeckungsmöglichkeit hinaufzusetzen oder auch wieder herabzusetzen, sofern er dabei sachlich vorgeht. (vgl. G 6/11, ). Die generelle Herabsetzung der Altersgrenze für den Bezug von Familienbeihilfe vom 26. auf das 24. vollendete Lebensjahr durch das Budgetbegleitgesetz 2011 ist somit nicht verfassungswidrig.

Die Bf. sieht in dem Umstand, dass ihre Tochter im Wintersemester 2017/18 ein Auslandssemester absolvierte, einen Verlängerungstatbestand für den Bezug der Familienbeihilfe über das 24. Lebensjahr hinaus.

Außer Streit steht, dass die im Oktober 1993 geborene Tochter der Bf. das im Wintersemester 2012/2013 begonnene Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften am abschloss, seit dem Wintersemester 2016/2017 das Masterstudium Strategy, Innovation, and Management Control betreibt und im Wintersemester 2017/2018 in Paris ein Auslandssemester absolvierte.

Im vorliegenden Fall ist lediglich die erste Voraussetzung gemäß § 2 Abs. 1 lit. j sublit. aa) FLAG 1967 gegeben (Studienbeginn bis zum Kalenderjahr, in dem das 19. Lebensjahr vollendet wurde). Jedoch sind im vorliegenden Fall sowohl die zweite - sublit. bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zu erstmöglichen Studienabschluss beträgt zehn oder mehr Semester - als auch die dritte Voraussetzung – sublit. cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums wird nicht überschritten – nicht erfüllt.

Anders als § 2 Abs. 1lit. b FLAG 1967 sieht die Regelung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 die Berücksichtigung eines „Toleranzsemesters“ und die Verlängerung der Studienzeit durch ein Auslandsstudium nicht vor (vgl. ).

Da somit - wie bereits ausgeführt - die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 für eine Weitergewährung der Familienbeihilfe (nach Vollendung des 24. Lebensjahres) kumulativ vorliegen müssen und dies im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, konnte der Bf. die Familienbeihilfe für die Tochter T. nur bis Oktober 2017 gewährt werden.

Es liegen in vorliegenden Fall auch keine anderen Verlängerungstatbestände (bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres) vor, die sich in § 2 Abs. 1 lit. g bis k FLAG 1967 finden.

Das Finanzamt hat daher zu Recht die Familienbeihilfe ab November 2017 nicht gewährt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine (ordentliche) Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da der Gesetzeswortlaut des § 2 Abs 1 lit. j  und k FLAG 1967 in Verbindung mit den erläuternden Bemerkungen klar erkennen lässt, wie der Norminhalt auszulegen ist.

Wien, am

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FLAG
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Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103436.2018

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