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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2019, RV/3101036/2016

Ablöse eines Mietrechts als Teil der Gegenleistung gem. § 5 GrEStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr_1, vertreten durch RA_GmbH, Adr_RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , E betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

1.1. Mit Kaufvertrag vom erwarb die Beschwerdeführerin (Bf) von der LG_GmbH folgende Anteile an der Liegenschaft EZ: 459/1408 Anteile, mit denen Wohnungseigentum an Wohnung Top 1, sowie 36/1408 Anteile, mit denen Wohnungseigentum an Garage Top 9 untrennbar verbunden waren, zu einem Kaufpreis von 2.920.000 €.

Finanziert wurde der Kauf über ein Darlehen iHv 4.600.000 €, welches die SA mit Sitz in Luxemburg der Bf laut am unterzeichnetem Darlehensvertrag gewährte. Die Sicherstellung der Darlehensverbindlichkeit erfolgte durch außerbücherliche Verpfändung der Liegenschaft.

Unter Punkt 3.1. des eingangs genannten Kaufvertrages übernahm die Verkäuferin der Liegenschaft unter anderem die Gewährleistung dafür, dass der Kaufgegenstand frei von richterlichen und außerbücherlichen Rechten Dritter, beispielsweise Bestandrechten, in das Eigentum der Bf übergehe.

1.2. Bereits mit Vereinbarung vom verpflichtete sich die Bf zur Zahlung eines pauschalen Schadenersatzbetrages i.H.v. 600.000 € an DR, laut Vertrag vom Leasingnehmer der oben genannten Liegenschaft. Aufgrund eines Nachtrages zu dieser Vereinbarung vom wurde der Schadenersatzbetrag auf 580.000 € inklusive Umsatzsteuer eingeschränkt.

Im Gegenzug verzichtete DR auf alle ihm aus dem Leasingvertrag zustehenden Rechte und stimmte einer einvernehmlichen Auflösung des Leasingvertrages zu.

Unter Punkt 1.2. dieser Vereinbarung heißt es wie folgt: "Bf hat ein Interesse daran, die in Punkt 1.1. beschriebenen Wohnungseigentumseinheiten (sohin den Leasinggegenstand) käuflich zu erwerben, das ist unter anderem nur dann möglich, wenn der vorangeführte Leasingvertrag aufgehoben wird. Aus diesem Grund wird die gegenständliche Vereinbarung abgeschlossen."

1.3. Ebenfalls am abgeschlossen wurde der Kaufvertrag zwischen DR und der Bf über die in der Wohnung befindlichen Fahrnisse, sprich über die Wohnungseinrichtung. Als Kaufpreis wurden 600.000 € vereinbart.

1.4. Weiters schloss die Bf einen Mietvertrag mit HK, ab alleiniger Geschäftsführer der Bf; seit August 2013 ist außerdem die oben erwähnte Darlehensgeberin SA zu 99 % Gesellschafterin der Bf. Zuvor war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der im März 2013 gegründeten und am ins Firmenbuch eingetragenen Bf CH von der Rechtsanwaltskanzlei RA_GmbH. Dieser bekleidet zudem seit die Funktion eines selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführers bei der LG_GmbH.

2. Verfahrensgang

2.1. Im Wege der Selbstberechnung wurde für den oben dargestellten Erwerbsvorgang ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 2.920.000 € die Grunderwerbsteuer i.H.v. 102.200 € abgeführt.

2.2. Mit Bescheid vom wurde die Grunderwerbsteuer mit 122.500 € festgesetzt, da das Finanzamt die Schadenersatzzahlung an DR als Teil der Gegenleistung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrestG erachtete.

2.3. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde damit begründet, dass sich die Schadenersatzzahlung an DR nicht im Vermögen der Verkäuferin ausgewirkt habe, sondern vielmehr ausschließlich im Interesse der Bf erfolgt sei. Diesfalls sei eine solche Zahlung nicht Teil der Gegenleistung.

Der gemäß § 20 BAO vorgesehene Ermessensspielraum bei Erlassung von Festsetzungsbescheiden gemäß § 201 BAO sei gegenständlich verfassungswidrig ausgeübt worden. Im Hinblick auf die gegenständlich bereits entrichtete Grunderwerbsteuer i.H.v. 102.200 € sei dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit einzuräumen gewesen.

2.4. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Verkäuferin habe laut Kaufvertrag die Gewährleistung für die Lastenfreiheit des Kaufgegenstandes übernommen. Laut Rechtsprechung des VwGH sei eine solche Entschädigung, die (im gegenständlichen Fall durch die Bf als Käuferin) dafür gezahlt werde, dass eine Liegenschaft lastenfrei übertragen werden könne, Teil der Gegenleistung.

2.5. Im Vorlageantrag wurde darauf hingewiesen, dass die Bf als Kaufinteressentin Parallelverhandlungen geführt habe, einerseits mit der Liegenschaftseigentümerin bzw. Leasinggeberin über den Verkauf der Liegenschaft, andererseits mit dem Leasingnehmer über die Auflösung des Leasingvertrages. Die Liegenschaftseigentümerin sei in die Verhandlungen über die Auflösung des Leasingvertrages nicht eingebunden gewesen, das Ergebnis dieser Verhandlungen habe auf sie keine wirtschaftlichen oder sonstigen Auswirkungen gehabt.

Bereits am  sei es zu der Einigung zwischen der Bf und dem Leasingnehmer DR über dessen Verzicht auf alle ihm aus dem Leasingvertrag zustehenden Rechte und Ansprüche, und zwar zum pauschalen Schadensersatzbetrag von 600.000 €, gekommen. Erst später, und zwar am sei der Kaufvertrag von der Liegenschaftseigentümerin unterschrieben worden und habe sie - nachdem der Leasingnehmer auf die ihm zustehenden Leasingsrechte verzichtet hatte - die Gewährleistung für die Lastenfreiheit des Kaufgegenstandes übernommen.

Zu diesem Zeitpunkt habe die Vereinbarung zwischen der Bf und dem Leasingnehmer bereits vorgelegen. Andernfalls hätte die Bf wohl auch den Kaufvertrag nicht unterschrieben.

Alternativ sei die Existenz des Leasingverhältnisses und die Verpflichtung der Bf, dieses als Käuferin zu übernehmen, in den Kaufvertrag aufzunehmen gewesen. In der Folge wäre es notwendig gewesen, dieselbe Vereinbarung zwischen der Bf und dem Leasingnehmer abzuschließen. Die Ansicht, dass in diesem Fall vom Entschädigungsbetrag keine Grunderwerbsteuer zu zahlen gewesen sei, stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von zwei dem inhaltlichen Ergebnis nach gleichen Sachverhalten dar und sei verfassungswidrig.

2.6. Im Jahr 2015 hatte das Finanzamt X bei der Beschwerdeführerin eine Betriebsprüfung durchgeführt, die die auch hier gegenständliche Wohnung betraf. Das Bundesfinanzgericht forderte daher vom Finanzamt X im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegte Unterlagen betreffend den Wohnungskauf an. Unter anderem wurden so als "Honorarnoten" bezeichnete Schriftstücke der RA_GmbH an die Bf übermittelt.

In der "Honorarnote Nr. 40/2013" vom heißt es wie folgt:

"Sehr geehrte Geschäftsleitung,

auftragsgemäß und gerne habe ich Sie im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Liegenschaft in Y rechtlich beraten und vertreten. Nachdem das begehrte Kaufobjekt noch Teil einer Leasingkonstruktion war, ging es primär um die Ausarbeitung einer Struktur, welche einerseits die Auflösung der Leasingkonstruktion ermöglicht und welche andererseits den Erwerb des Inventars sichert und letztendlich den Kauf der Liegenschaft ermöglicht. Gerne habe ich die erforderlichen Verhandlungen mit dem Leasingnehmer und der Leasinggesellschaft geführt. (...)"

Weiters erhielt das Bundesfinanzgericht auf diesem Weg Kenntnis vom Kaufvertrag vom zwischen DR und der Bf über die detailliert aufgeführten in der Wohnung befindlichen Fahrnisse, sprich über die vollständige Wohnungseinrichtung, sowie vom (undatierten) Mietvertrag zwischen der Bf und HK, in welchem der Beginn des Mietverhältnisses mit vereinbart ist.

2.7. Den Parteien wurden Kopien der vom Finanzamt X vorgelegten Unterlagen gem. § 115 Abs. 2 BAO zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt.

In ihrer dazu eingebrachten Stellungnahme bestritt die Bf die Richtigkeit der oben erwähnten Honorarnoten, da es sich lediglich um Entwürfe handle, die weder vollständig ausgefüllt noch unterschrieben seien.

Bei der Vereinbarung vom zwischen DR und der Bf sei zu berücksichtigen, dass diese Vereinbarung über den Verzicht auf das Leasingrecht zwischen dem Leasingnehmer und dem zukünftigen Käufer abgeschlossen worden sei. Die LG_GmbH sei nicht Teil dieser Vereinbarung gewesen und habe generell nicht mit den Verhandlungen zwischen dem Leasingnehmer DR und der Bf zu tun gehabt. Insbesondere habe sie nie die Leistung einer bestimmten Zahlung durch die Bf an den Leasingnehmer verlangt. Zu den sonstigen Leistungen gehören alle Leistungen, die der Käufer dem Verkäufer und für diesen an Dritte leiste, um das Grundstück erwerben zu können. Die Bf als Käufer habe die Zahlung an DR nicht für den Verkäufer geleistet und habe der Verkäufer daraus auch keinen wirtschaftlichen Vorteil. Die Zahlung habe zu keiner Veränderung im Vermögen des Verkäufers geführt.

In der Stellungnahme wurde weiters die Relevanz des Darlehensvertrages zwischen der SA und der Bf sowie des Mietvertrages zwischen der Bf und HK und der vorgelegten Rechnungen der Bf an HK bestritten.

3. Beweiswürdigung

3.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt, insbesondere aus dem Kaufvertrag vom und der Vereinbarung vom , sowie den vom Finanzamt X vorgelegten Unterlagen und aus dem Firmenbuch.

3.2. Aufgrund dieser vorliegenden Unterlagen ergibt sich folgendes Bild:

Die Bf wollte die Wohnung Top 1 samt Abstellplatz Top 4 der Liegenschaft in Y, EZ, erwerben; diese Wohnung stand im Eigentum der LG_GmbH, welche sie an DR vermietet hatte.

Der Erwerb der Wohnung sollte jedoch frei von Rechten Dritter, insbesondere also frei von Rechten eines Leasingnehmers, erfolgen, weshalb vor dem Kauf der Wohnung das Leasingverhältnis aufgelöst werden musste. Gestützt wird dies noch durch die Argumentation der Bf im Vorlageantrag, welche ausdrücklich auf den zeitlichen Ablauf verweist, wonach zunächst der Abschluss der Vereinbarung zwischen der Bf und dem Leasingnehmer DR, mit welcher dieser auf seine Rechte aus dem Leasingvertrag mit der Veräußerin verzichtete, erfolgte, und erst danach der Abschluss des Kaufvertrages, nunmehr mit Garantie der Lastenfreiheit durch die Veräußerin.

Auch der (oben zitierte) Inhalt des als "Honorarnote Nr. 40/2013" bezeichneten Schriftstücks weist darauf hin, dass die Leasingkonstruktion vor dem Erwerb aufgelöst werden sollte, wobei als Grund anzunehmen ist, dass die Wohnung letztendlich dem künftigen Mieter HK samt Einrichtung zur Verfügung stehen sollte.

3.3. Entgegen dem Vorbringen in der Stellungnahme der Bf zu den vorgelegten Unterlagen sind der Darlehensvertrag zwischen der SA und der Bf und der Mietvertrag zwischen der Bf und HK insofern für die Entscheidung von Bedeutung, als sie die engen Verflechtungen zwischen sämtlichen Beteiligten und damit den inneren Zusammenhang zwischen den verschiedenen Rechtsgeschäften verdeutlichen: HK, Mieter der gegenständlichen Wohnung und seit Geschäftsführer der Bf, ist im Zuge der Abtretung der Gesellschaftsanteile von CH an die SA als deren "Einziger Verwalter" aufgetreten, was aus dem dazu im Firmenbuch abrufbaren Notariatsakt ersichtlich ist. Daraus ergibt sich der für die Beurteilung der Ablösezahlung maßgebliche innere Zusammenhang dieser Zahlung mit dem Erwerb der Liegenschaft bzw. die Intention der lastenfreien Übertragung der Liegenschaft: Die lastenfreie Übertragung der Liegenschaft war notwendig, damit diese - wie bereits oben erwähnt - HK zur Verfügung stehen konnte. 

3.4. Dieser innere Zusammenhang wird weiters untermauert durch die bereits erwähnte zeitliche Abfolge, in der sämtliche Rechtsgeschäfte abgewickelt wurden: Wie auch in der oben zitierten Honorarnote ausgeführt, sollte zunächst das Leasingverhältnis aufgelöst werden, wobei die Fahrnisse in der Wohnung verbleiben sollten. Sodann sollte die lastenfreie Übertragung der Liegenschaft auf die Bf erfolgen. Dementsprechend wurden die (ursprüngliche) Vereinbarung über die Ablöse der Leasingrechte und der Kaufvertrag über die Wohnungseinrichtung am unterschrieben, der Nachtrag betreffend die Einschränkung der Ablöse der Leasingrechte am und der Kaufvertrag ("in der Fassung ") betreffend die - nunmehr nicht mehr vom Leasingrecht DR belastete - Liegenschaft am 29. Mai bzw.

3.5. Nicht zuletzt fügt sich in dieses Bild, dass auch in der Vereinbarung zwischen der Bf und DR unter Punkt 1.2. steht, der Erwerb des Leasinggegenstandes sei unter anderem nur dann möglich, wenn der Leasingvertrag aufgehoben werde, weshalb die gegenständliche Vereinbarung geschlossen werde.

4. Rechtslage

4.1. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

4.2. Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Gemäß Abs. 2 Z. 1 leg. cit. gehören zur Gegenleistung Leistungen, die der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

4.3. § 201 Abs. 1 BAO lautet: Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 (...) von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgaben mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs. 2 Z. 3 leg. cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

4.4. Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen (). Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es daher nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. So dürfen bei der Beantwortung der Frage, in welcher Höhe die Grunderwerbsteuer zu erheben ist, die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden (Fellner, GrESt, § 5 Rz 5 mwN).

4.5. Gegenleistung ist im Sinne einer weiten Auslegung jede geldwerte Leistung , die vom Erwerber für den Erwerb des Grundstücks dem Veräußerer versprochen wird, und alles, was der Käufer (sonst) aufwenden muss , um das Grundstück zu bekommen. Es kommt dabei vor allem auch darauf an, zu welchen Leistungen sich der Käufer im zeitlichen Umfeld des Kaufvertrags verpflichtet hat (Arnold/Bodis, GrESt, § 5 Tz 4a mwN; ).

Gegenleistung ist somit alles, was der Erwerber einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten (Fellner, GrESt, § 5 Rz 6 Abs. 2 mwN; ), wobei es darauf ankommt, ob die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Grundstück steht (Fellner, GrESt, § 5 Rz 9 Abs. 1 mwN; ).

4.6. Zur Ablöse von Bestandsrechten vertritt der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ausschlaggebend ist, ob der Käufer das Grundstück belastet mit Bestandrechten oder lastenfrei erwerben will. Soll das Grundstück lastenfrei übertragen werden, so ist die Entschädigung Teil der Gegenleistung (zB ).

5. Erwägungen

5.1. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden:

Die im gegenständlichen Verfahren zu beurteilenden Verträge können nicht, wie im Vorlageantrag behauptet, einzeln und voneinander losgelöst betrachtet werden, sondern sind in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Einheit zu sehen. Die Gesamtkonstruktion ist eindeutig auf die lastenfreie Übertragung der Liegenschaft auf die Bf zum Zweck der Verfügbarkeit für HK ausgerichtet.

Aufgrund dieses inneren Zusammenhang zwischen der Leistung des Erwerbers, nämlich der Schadenersatzzahlung an DR, und dem Erwerb des Grundstücks ist die Zahlung an DR als Teil der Gegenleistung anzusehen und somit in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

5.2. Dass die Schadenersatzzahlung keinerlei Auswirkungen im Vermögen der Verkäuferin LG_GmbH gehabt habe und auch nicht in deren Interesse gewesen sei, stimmt insofern nicht, als bei aufrechtem Leasingverhältnis der Verkauf gar nicht stattgefunden hätte. 

Wäre die Liegenschaft jedoch trotz aufrechtem Leasingverhältnis verkauft worden, wäre die Bf als Bestandgeberin in dieses eingetreten. Im Fall einer gehörigen Kündigung des Leasingverhältnisses durch die Bf wäre die LG_GmbH gemäß § 1120 ABGB in Rücksicht auf den erlittenen Schaden und entgangenen Nutzen schadenersatzpflichtig geworden, zumal sie an die im Leasingvertrag vereinbarte 12-monatige Kündigungsfrist nicht mehr gebunden gewesen wäre, sondern lediglich an die dreimonatige gesetzliche Kündigungsfrist (Binder in Schwimann, ABGB3 V, § 1120 Rz 56).

Das im Vorlageantrag vorgebrachte Argument, die Ablösezahlung durch die Bf wäre auch für den Fall zu zahlen gewesen, wenn sie die Liegenschaft trotz aufrechtem Leasingverhältnis erworben und DR in der Folge gekündigt hätte, vermag der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Eine solche Zahlung wäre wiederum der Verkäuferin zugute gekommen, da die Ablösezahlung diesfalls die Verkäuferin von einer eventuellen Schadenersatzpflicht befreit hätte. Zur Gegenleistung zählt auch dieses "Entgelt für den Verzicht auf die Leasingrechte", zumal es auf Grund des Gesetzes zwar der Verkäuferin oblegen wäre, aber auf Grund der Vereinbarung zwischen der Bf und DR von der Bf getragen wurde ( RV/0212-I/04).

5.3. Was den Beschwerdeeinwand des falsch geübten Ermessens durch die Abgabenbehörde bei der Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides betrifft, wonach im Hinblick auf die Höhe der bereits bezahlten Grunderwerbsteuer dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit einzuräumen gewesen wäre, so ist dazu Folgendes zu sagen:

Die Erlassung des beschwerdegegenständlichen Festsetzungsbescheides erfolgte auf der Grundlage des § 303 BAO.

Primärer Zweck dieser Norm ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung bei  Hervorkommen gewichtiger Umstände zu ermöglichen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis (Ritz, BAO6, § 303 Tz 67).

Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben (Ritz, BAO6, § 303 Tz 67 und die dort angeführten ; , 94/13/0032; , 99/14/0067).

Tatsächlich hat sich die Selbstberechnung ohne Einbeziehung der Ablösezahlung iZm den Leasingrechten als rechtswidrig erwiesen.

Somit ist bei der beschwerdegegenständlichen Festsetzung der Grunderwerbsteuer keine unrichtige Ermessensübung erkennbar, zumal zudem die Nachforderung in Höhe von 20.300 € weder absolut noch im Verhältnis zur selbst berechneten Steuer in Höhe von 102.200 € als geringfügig anzusehen ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständliche Sachverhalt war aufgrund der zitierten Rechtsprechung zu lösen. Eine grundlegend bedeutsame Rechtsfrage lag nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 5 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
Verweise
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961




§ 1120 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
RV/0212-I/04
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3101036.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at