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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.02.2019, RV/7103382/2018

Zuzugsbegünstigung - Zuzug von Universitätsmitarbeitern ohne Habilitation für eine Stelle als Postdoc-Assistent/in liegt im Allgemeinen nicht im öffentlichen Interesse nach § 2 Abs. 1 ZBV 2016

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom des Bf., am X1 geboren, in St. wohnhaft, StNr. X2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen, GZ. BMF-X3, vom betreffend Gewährung eines Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988

zu Recht erkannt:

Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf. genannt) beantragte mit Anbringen vom beim Bundesministerium für Finanzen die Gewährung eines pauschalen Zuzugsfreibetrages ab dem Veranlagungsjahr 2017 gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 idF BGBl. 2015/118. Der Bf. schloss seinem Antrag ein Verzeichnis nach § 7 Absatz 1 der Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 (idF kurz ZBV) samt Nachweise an, mit denen er seine Ausführungen zum Anspruch auf diese Steuerbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG belegte.

Seit sei er als Universitätsassistent Postdoc an der Universität Wien, am Institut A. beschäftigt. Der für diese Stelle vorgesehene Arbeitsvertrag sei befristet. Er habe seinen Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt im Juli 2017 vom Vereinigten Königreich (GB) nach Österreich/Wien verlegt.

Der Bf. ist in Wien geboren und aufgewachsen. Er hat im Oktober 2009 an der Universität Wien das Diplomstudium der A, abgeschlossen und hat anschließend an der Humboldt-Universität Berlin im Fach A, im Jahr 2015 zum Doktor promoviert. Währenddessen war der Bf. am Universitätsklinikum Hamburg, Department für Neurophysiology und am Charite – Universitätsmedizin Berlin als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Zuletzt war der Bf. als Universitätsassistent Postdoc vom März 2015 bis Juli 2017 am University College London wissenschaftlich tätig.

Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen den Antrag des Bf. auf Gewährung eines Zuzugspauschales gemäß § 103 Abs. 1a EStG ab, weil die gesetzlichen Kriterien von ihm nicht erfüllt würden.

Der Bf. erhob gegen den Abweisungsbescheid form- und fristgerecht Bescheidbeschwerde und führte in seinem Schriftsatz Folgendes aus:

„Hiermit möchte ich gegen die Abweisung meines Antrags auf Zuzugsbegünstigung gern. § 103 Abs. 1a EstG 1988 Beschwerde einreichen. Im Bescheid vorn wurde die Abweisung damit begründet, dass das Verfassen von Forschungsförderungsanträgen keine wissenschaftliche, sondern rein administrative Tätigkeit darstellt. Entsprechend meiner Angaben, wechen zufoge ich 50% meiner Arbeitszeit mit empirischer Forschung, 30% mit dem Verfassen von Forschungsanträgen, und 20% mit Mitarbeit in der Lehre verbringe, würde ich insgesamt also keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit ausüben.

Im Gegensatz zu dieser Darstellung ist das Verfassen von Forschungsförderungsanträgen jedoch tatsächlich nur zu einem sehr geringen Ausmaß eine administrative, sondern vornehmlich eine kernwissenschaftliche Tätigkeit. Dies gilt im Übrigen auch für die Begutachtung von Forschungsantragstellern. Der Hauptinhalt von Forschungsanträgen aus den empirischen Wissenschaften umfasst in der Regel unter anderem (1) die systematische Darstellung des gegenwärtigen Standes des betreffenden Forschungsbereiches, (2) eine sich daraus ableitendende Fragestellung, (3) die Umformulierung der Fragestellung in wissenschaftlich testbare Hypothesen, (4) den Entwurf und die Darstellung wissenschaftlicher Experimente, um diese Hypothesen zu testen, (5) die Darlegung einer geeigneten Disseminationsstrategie (Publikationen, Konferenzbeiträge) zur Vorbereitung der Ergebnisse in der wissenschaftlichen Community.

Als Beispiel hierfür finden Sie im Anhang die Antragsrichtlinien des von mir im vergangenen Jahr beantragten Lise-Meitner Stipendiums vom Österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF, siehe insbesondere S. 7 Punkt 3: ‚Projektbeschreibung‘; sowie S.12 Anhang 1 ‚ Fragen an die Gutachterinnen‘). Analoge inhaltliche Anforderungen an einen Forschungsantrag werden beim Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds, beim Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank oder auf europäischer Ebene beim European Research Council verlangt. 

Diese für Forschungsanträge verlangten Inhalte sind keineswegs ‚administrativ‘ (siehe z.B die Definition von ‚administrativ. Sie erfordern eine detaillierte Kenntnis (1) des Forschungsgegenstandes, (2) der verfügbaren experimentellen Methoden, (3) der anzuwendenden statistischen Analyseverfahren, sowie (4) einer kreative Kombination dieser drei Kenntnisbereiche unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Prinzipien. Als Beispiel für einen solchen Forschungsförderungsantrag lege ich ebenfalls im Anhang meinen letztes Jahr beim FWF eingereichten Forschungsantrag bei.

Eine analoge Beschreibung der wissenschaftlichen Tätigkeit wird z.B von Bortz und Schuster in ‚Statistik für Human und Sozialwissenschaftler‘ (2010, Berlin: Springer) gegeben, welches mittlerweile in der 7. Auflage vorliegt und im gesamten deutschen Sprachraum als Standardwerk der Human- und Sozialwissenschaften verwendet wird, unter anderem auch an der Universität Wien. (S.4 ff) ‚Wir unterteilen den empirischen Forschungsprozess in sechs verschiedene Phasen, die im Folgenden kurz beschrieben werden. (...) Erkundungsphase: Zur Erkundungsphase zählt die Sichtung der für das Problem einschlägigen Literatur (...) Ziel dieser Erkundungsphase ist es, die eigene Fragestellung in einen theoretischen Rahmen einzuordnen bzw. den wissenschaftlichen Status der Untersuchung —Hypothesen prüfend oder Hypothesen erkundet — festzulegen. Theoretische Phase: Bevor man eine Hypothese empirisch überprüft, sollte man sich vergewissern, dass die Hypothese bzw, die zu prüfende Theorie einigen formalen bzw, logischen Kriterien genügt. (...). Planungsphase: Nachdem das Thema festliegt, müssen vor Beginn der Datenerhebung Aufbau und Ablauf der Untersuchung vorstrukturiert werden. Durch eine sorgfältige Planung soll verhindert werden, dass während der Untersuchung Pannen auftreten, die in der bereits laufenden Untersuchung nicht mehr korrigiert werden können. Für Bortz und Schuster stellen also jene Arbeitsschritte, welche in Forschungsförderungsanträgen (so auch in meinem letztes Jahr erstellten, siehe Anhang) behandelt werden, die ersten drei von sechs Phasen empirischer Forschung dar. Dies wird ebenfalls in der dazugehörigen Abbildung aus dem Lehrbuch dargestellt (siehe Anhang). Analoge Definitionen der wissenschaftlichen Methode finden sich auch in anderen Lehrbüchern (z.B. Hussy, Schreyer, Echterhof. Forschungsmethoden. 2. Auflage, 2013, Springer Berlin; Schülein, Reitze. Wissenschaftstheorie für Einsteiger, 2. Auflage 2005, Facultas Verlag Wien).

Das Schreiben von Forschungsanträgen umfasst also kurz gesagt einen Großteil der ‚theoretischen, empirisch-wissenschaftlichen Arbeit, welche notwendigerweise dem mehr ‚praktischen Teil der Messung bzw. des Experimentes vorangeht. Erst nach diesen oben genannten, umfangreichen Arbeitsschritten macht es in den empirischen Wissenschaften überhaupt Sinn, mit Messungen oder Experimenten zu beginnen. Nicht zuletzt durch diese Schritte grenzt sich wissenschaftliche Forschung ja auch von einer Sammlung an Zufallsbeobachtungen ab: Die empirische Datensammlung, so z.B. die praktische Durchführung eines Experiments im Labor, bedarf der vorherigen genauen Planung des Experiments, diese wiederum setzt eine Formulierung von konkreten Hypothesen voraus, welche sich aus einer aus der Literatur abgeleiteten Fragestellung.

Ich ersuche Sie daher im Licht dieser Darstellung die Ablehnung meines Antrags auf Zuzugsbegünstigung zu revidieren und den Antrag zu bewilligen. Im Anhang finden Sie weiters eine Stellungnahme der Dienstleistungseinrichtung Forschungsservice und Nachwuchsförderung der Universität Wien, welche jahrelange Erfahrung mit den Anforderungen und Inhalten von wissenschaftlichen Forschungsanträgen hat. Darüber hinaus möchte ich noch ergänzen, dass ich wie vor meinem Zuzug nach Österreich erhofft, nun eine 6-jährige Planstelle an der A; erhalten habe.“

Da der Bf. nicht habilitiert ist und somit nicht unter den in § 2 Abs. 2 ZVB 2016 genannten Personenkreis fällt, für den kraft Gesetz ein öffentliches Interesse am Zuzug unwiderleglich vermutet wird, hat das Bundesministerium für Finanzen nach § 8 ZBV 2016 die Forschungsförderungsgesellschaft am , um eine sachverständige Beurteilung der wissenschaftlichen Tätigkeit des Bf. und des daraus resultierenden öffentlichen Interesses ersucht.

Die Forschungsförderungsgesellschaft kam unter Berücksichtigung aller übermittelten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass nicht erkannt werden könne, dass die Tätigkeit des Bf. maßgeblich im öffentlichen Interesse gemäß § 2 Abs. 1 ZBV 2016 liege. Diese mit Stellungnahme vom abgegebene Beurteilung habe sich nach dem Gesamtbild, insbesondere nach dem Tätigkeitsumfang und –inhalt sowie der Wirkung auf den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich gerichtet.

Vom BMF wurde die Beschwerde als sogenannte Direktvorlage gemäß § 262 Abs. 4 BAO dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Feststellungen

Das BFG stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf. hat im Oktober 2014 an der Humboldt Universität Berlin im Fach A, mit magna cum laude promoviert und während des Doktorstudiums und im Anschluss daran war er an renommierten Universitäten und Forschungseinrichtungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Postdoc beschäftigt. Auf Grund einer Anstellung bei der Universität Wien und Verwendung in der A; ab August 2017 gab der Bf. seinen Wohnsitz in GB auf und meldete im November 2017 an dem seit 2010 bestehenden Hauptwohnsitz seiner Ehegattin ebenfalls seinen Hauptwohnsitz an.

In dem standardisierten Arbeitsvertrag mit der Universität Wien wurde Folgendes vereinbart:

Das befristete Arbeitsverhältnis beginnt am und endet am . Die Arbeitnehmerin obliegt wird für die Stelle einer Universitätsassistentin Postdoc, in der Verwendungsgruppe B, Gehaltsguppe B1 lit. b. angestellt. Folgende Tätigkeiten gehören zu ihren Aufgaben:“

  • Mitarbeit bei Forschungsaufgaben, bei Lehr- und Verwaltungsaufgaben, die der Organisationseinheit/Subeinheit, der sie zugewiesen ist, obliegen;

  • Mitarbeit bei Prüfungen;

  • Mitarbeit an Organisations- und Verwaltungsaufgaben sowie an Evaluierungsmaßnahmen;

  • Betreuung von Studierenden;

  • selbständige Forschungstätigkeiten;

  • selbständige Durchführung von Lehrveranstaltungen, insbesondere Pflichtlehrveranstaltungen in allen Zyklen der einschlägigen Studienrichtungen und Abhaltung von Prüfungen nach Maßgabe der Beauftragung

Die wesentlichen Aufgaben der Arbeitnehmerin sind anlässlich der Aufnahme von der Leiterin der Subeinheit zu konkretisieren und bei Bedarf anzupassen. Die Dekanin kann die Arbeitnehmerin unter bestimmten Umständen mit der selbständigen Abhaltung von Lehrveranstaltungen im Ausmaß von bis zu sechs Semesterstunden beauftragen.

Die wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt 40 Stunden. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein monatliches Bruttogehalt von € 3.267. Damit sind alle Leistungen einschließlich allfälliger Mehrarbeit/Überstunden abgegolten.“

Die FFG gelangte in ihrer Stellungnahme vom Juli 2018 zu dem Ergebnis, dass der Bf. insgesamt über eine relativ kurze Forschungserfahrung und bis zum jetzigen Zeitpunkt keine wissenschaftlichen Projektleitungsfunktion, bzw. keinen ausreichend hohen wissenschaftlichen Verantwortungsgrad hatte. Aus den vorgelegten Unterlagen konnte von der FFG nicht erkannt werden, dass die Tätigkeit maßgeblich im öffentlichen Interesse der Republik Österreich im Sinne des § 2 Abs. 1 ZBV 2016 liege.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und als erwiesene Tatsachen zu beurteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den Fällen des § 278, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Änderungsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der belangten Behörde gebildet hat (Ritz, BAO6, § 279 Tz 10).

Das BFG hat volle Kognitionsbefugnis und daher die beschwerdegegenständliche Sache so zu entscheiden, als ob diese Sache erstmals nach den für sie geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen behandelt würde. Dabei ist dem BFG in Ermessensfragen eine uneingeschränkte eigene Ermessensübung übertragen (Art. 1030 Abs. 3 B-VG).

§ 103 Abs. 1, 1a und 3 EStG 1988 idF BGBL 2015/118 lautet:

„(1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter § 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pausch­betrag fest­gesetzt werden.

(1a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungs­kosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden. “

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren betreffend die Erteilung der Zuzugsbegünstigung im Sinne des Abs 1 und des Abs 1a mit Verordnung zu regeln. Dabei ist auch näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ebenso kann die Verordnung den sachlichen Umfang und die Dauer von Zuzugsbegünstigungen im Sinne des Abs 1 regeln. In dieser Verordnung kann festgelegt werden, dass die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung im Sinne des Abs 1 in Form der Anwendung eines Durchschnitts­steuersatzes, der sich aus der tatsächlichen Steuerbelastung vor dem Zuzug ergibt, erfolgt. Dieser Steuersatz darf 15% nicht unterschreiten. “

Mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. 1993/818 wurde der Grundtatbestand der Zuzugsbegünstigung völlig neu gefasst und auf Wissenschaftler und Forscher eingeschränkt. In den Erläuternden Bemerkungen (1237 d. Beilage XVIII. GP - Regierungsvorlage) wurde dazu Folgendes ausgeführt:

„Weiterhin aufrechterhalten wird in der novellierten Bestimmung nur mehr die 1992 mit BGBl. 1992/448 eingeführte Begünstigung, die einen Zuzug von ausländischen Spitzenkräften aus den Bereichen von Wissenschaft und Forschung erleichtern.“

Die Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 wurde in der Folge mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl I 118/2015, um den Zuzugsfreibetrag im eingefügten Absatz 1a ergänzt. In den Erläuternden Bemerkungen (684 d. Beilage XXV. GP – Regierungsvorlage) heißt es dazu:

„Angesichts des internationalen Wettbewerbs um die „besten Köpfe“ sollen für Wissenschaftler und Forscher Anreize für deren Zuzug nach Österreich geschaffen werden. Ergänzend zur Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung der Auslandseinkünfte soll daher ein pauschaler Freibetrag vorgesehen werden, in dem der Zuzugsmehraufwand und der auf die Inlandseinkünfte entfallende Steuernachteil pauschal abgegolten werden. Begünstigt ist – ebenso wie bisher in Absatz 1 – der Zuzug von ausländischen Spitzenkräften aus den Bereichen von Wissenschaft und Forschung.“

Entsprechend der klar erkennbaren Intention des Gesetzgebers ist diese Steuerbegünstigung auf den Zuzug von Spitzenkräften der Wissenschaft und Forschung beschränkt. Unter Beachtung dieses Gesetzeszwecks wurde vom Verordnungsgeber die Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 im BGBL II 261/2016 am kundgemacht.

In den Erläuterungen zu § 2 der ZBV 2016 wird ausdrücklich erwähnt, dass die Begünstigung „lediglich hochqualifizierten Wissenschaftlern und Forschern gewährt werden soll“.

Im § 2 Abs. 1 und 2 ZBV 2016 wurde zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmales des „öffentlichen Interesses“ am Zuzug von Wissenschaftlern und Forschern Folgendes normiert:

„(1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).

2. Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.

3. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.

4. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert.

(2) Ein der Förderung der Wissenschaft und Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland liegt in folgenden Fällen jedenfalls im öffentlichen Interesse:

1. Der zuziehende Wissenschaftler wird als Professorin/Professor im Sinne des § 94 Abs. 2 Z 1 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, tätig oder des § 12 Abs. 1 Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria, BGBl. I Nr. 69/2006 in Verbindung mit § 94 Abs. 2 Z 1 UG.

2. Der zuziehende Wissenschaftler wird in seinem Habilitationsfach oder einem an sein Habilitationsfach angrenzenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Fach tätig, und zwar an einer

a) Universität im Sinne des § 4 UG oder § 1 Bundesgesetz über die Universität für Weiterbildung Krems (DUK-Gesetz 2004), BGBl. I Nr. 22/2004, an einer

b) Privatuniversität im Sinne des § 1 Privatuniversitätengesetz (PUG), BGBl. I Nr. 74/2011, an einer

c) Fachhochschule im Sinne des § 8 Fachhochschul-Studiengesetz (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993, in einer

d) wissenschaftlichen Einrichtung im Sinne des Forschungsorganisationsgesetzes (FOG), BGBl. Nr. 341/1981, in einer

e) Körperschaft, die kraft Gesetzes eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Staates, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, im Wesentlichen der Forschung dient, oder in einer

f) nach § 71 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 zertifizierten Forschungseinrichtung.

Die Forschung und experimentelle Entwicklung muss in einem inländischen Betrieb, einer inländischen Betriebsstätte oder einer anderen inländischen wirtschaftlich selbständigen Einheit dieser Forschungseinrichtung erfolgen. Bei Personen, die nicht ausschließlich in Forschung und experimenteller Entwicklung tätig sind, müssen dabei die der Forschung und experimentellen Entwicklung (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste) dienenden Tätigkeiten im Kalenderjahr überwiegen.

3. Die dem zuziehenden Wissenschaftler zu bezahlenden Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) stellen Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne des § 108c Abs. 1 EStG 1988 dar und betragen mindestens das für die Blaue Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt. Z 2 letzter Satz gilt entsprechend.“

Im öffentlichen Interesse gelegen ist somit der Zuzug „hochqualifizierter Wissenschaftler“. Die „hohe wissenschaftliche Qualifikation“ des Antragstellers muss hinreichend dokumentiert sein. Daraus kann erschlossen werden, dass ohne seinen Zuzug eine Förderung der inländischen Wissenschaft und Forschung nicht in diesem Ausmaß eintreten würde, als es durch sein Wirken in Österreich zu erwarten ist. Das öffentliche Interesse am steuerbegünstigten Zuzug des Wissenschaftlers oder Forschers ist in unwiderlegbarer gesetzlicher Vermutung jedenfalls gegeben, bei Professorinnen/Professoren und Wissenschaftlern, die in ihrem Habilitationsfach oder angrenzenden Fach tätig sind.

Aus dieser Normierung ergibt sich eindeutig, dass angehende Wissenschaftler ohne Habilitation, wie beispielsweise Universitätsassistenten, das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Interesses im Allgemeinen nicht erfüllen. Auch bei einer internationalen und mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossenen Universitätsausbildung ist ein Doktorratsstudium noch keine hinreichend „hohe wissenschaftliche Qualifikation“ im Sinne des § 2 Ziffer 4 ZBV.

Aus den dargestellten und nachgewiesenen Veröffentlichungen und wissenschaftlichen Arbeiten des Bf. konnte auch die Forschungsförderungsgesellschaft keine „hohe wissenschaftliche Qualifikation“, wie sie Spitzenkräfte der Wissenschaft aufweisen, feststellen.

Das Bundesfinanzgericht gelangt auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage daher zu dem Ergebnis, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2Abs. 1 Ziffer 2, 3 und 4 der Zuzugsbegünstigung vom Bf. nicht erfüllt werden.

Im angefochtenen Bescheid wurde daher der Antrag auf Zuzugsbegünstigung durch Gewährung eines pauschalen Freibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 zu Recht abgewiesen, auch wenn vom BFG die Begründung für diesen Spruch geändert wurde.

4. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Tatsachenfrage, ob vom Bf. eine konkrete wissenschaftliche Tätigkeit nachgewiesen wurde, die im öffentlichen Interesse gelegen ist, ist keiner Revision zugänglich. Die Lösung der Rechtsfrage, dass § 103 Abs. 1a i.V.m. § 2 ZBV 2016 auf den Zuzug hochqualifizierter Wissenschaftler und Forscher abstellt und daher Universitätsmitarbeiter ohne Habilitation im Allgemeinen diese Voraussetzung nicht erfüllen und daher das öffentliche Interesse am Zuzug fehlt, folgt aus dem eindeutigen Inhalt der Norm und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103382.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at