Ausgleichszahlung im Zuge einer Scheidung mit Globalcharakter
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Mag. Georg Morent, Spiegelgasse 19, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, vom , ErfNr. 2016 Team 12, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Schriftsatz vom wurde dem Finanzamt zur Anzeige gebracht, dass die Ehe des Beschwerdeführers (kurz: Bf) und seiner vormaligen Ehefrau mit Urteil des Bezirksgerichtes A vom , zur dg. GZ. 4C, rechtskräftig geschieden wurde.
Im gerichtlichen Aufteilungsverfahren zur GZ. FAM, des Bezirksgerichtes A, wurde dem Bf unter anderem der Hälfteanteil der Ehefrau an der Liegenschaft EZ, KG-S, zugesprochen. Es wurde ersucht, die Grunderwerbsteuer auf Basis des dreifachen Einheitswertes vorzuschreiben.
Zur Bekräftigung des Vorbringens wurden vorgelegt:
Beschluss des Bezirksgerichtes A vom , rk. seit
Beschluss des LG C (Rekursgericht) vom , GZ-23
1 Grundbuchsauszug
EW-Mitteilung zum Stichtag (anteiliger Einheitswert: € 18.600)
Mit Ergänzungsvorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Bekanntgabe der aushaftenden Kreditbeträge.
Mit Schriftsatz vom wurden die aushaftenden Kreditbeträge in CHF mitgeteilt.
Das Finanzamt ermittelte anhand der Ausgleichszahlung (€ 230.000) und der übernommenen Verbindlichkeiten (€ 203.823,30) eine Gegenleistung gemäß § 5 GrEStG 1987 in Höhe von € 433.823,30 und setzte davon mit dem Steuersatz von 2 % eine Grunderwerbsteuer in entsprechender Höhe fest. Begründet wurde dies wie folgt:
"Die Grunderwerbsteuer ist nur dann vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn die Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist, siehe § 4 (2) 1 GrEStG.
Bei der vertragsgegenständlichen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens sind sowohl die vereinbarte Ausgleichszahlung als auch die Übernahme des Kredites der Liegenschaft zuzuordnen und daher Gegenleistung gem. § 5 GrEStG."
Innerhalb offener Frist wurde vom Bf Beschwerde erhoben und eingewendet, dass die Bemessungsgrundlage unrichtig festgelegt worden sei. Entgegen der Ansicht der Finanzbehörde sei als Bemessungsgrundlage (es handle sich um einen Altfall vor dem ) bloß der dreifache Einheitswert des erworbenen Liegenschaftsanteils heranzuziehen. Gemäß den Einkommensteuerrichtlinien 2000 würde keine Veräußerung insbesondere auch im Falle der Eigentumsübertragung von Grundstücken im Rahmen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse vorliegen. Es handle sich um ein unentgeltliches Rechtsgeschäft, das einkommensteuerrechtlich als Naturalteilung zu werten sei. Demnach sei als Bemessungsgrundlage der dreifache Einheitswert in Höhe von € 55.800 heranzuziehen und die Grunderwerbsteuer mit € 1.116,00 vorzuschreiben.
Die Abgabenbehörde gab der Beschwerde in der Beschwerdevorentscheidung insofern teilweise statt, als die Grunderwerbsteuer nur mehr von der Ausgleichszahlung festgesetzt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Gem. § 4 (1) GrestG ist die Steuer der Gegenleistung zu berechnen.
Gem. § 4 (2)1 GrestG ist die Steuer vom Wert des Grundstückes (3 facher Einheitswert) zu berechnen wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.
Laut Beschluss vom , Seite 13 Pkt 1) – II) verbleiben Versicherungen und Bausparvertrag jeweils dem auf den sie lauten.
Ausgenommen nur die Versicherung im anteiligen Wert von 5.199,80.
Laut Beschluss des LG C vom hat die Antragstellerin ausgehend von einem geschätzten Wert des Hauses eine Ausgleichszahlung begehrt, welche rechtskräftig entschieden mit 230.000,00 festgesetzt wurde.
Somit kann eine Gegenleistung welche dem Haus zuzurechnen ist, festgestellt werden.
Die Kredite sind in alleiniger Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers und daher nicht Gegenleistung."
Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde und den entsprechenden Verwaltungsakt an das Verwaltungsgericht vor (Bericht vom ).
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1 Nachstehender Sachverhalt ist unstrittig:
Die Ehe des Beschwerdeführers (kurz: Bf) und seiner Gattin wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes A vom , zu GZ. 4C, rechtskräftig seit aus dem Alleinverschulden des Bf geschieden.
Im Mai 2011 begehrte die vormalige Ehefrau beim Bezirksgericht die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse samt Bezug habender ehelichen Schulden. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes A vom , FAM, wurde das Vermögen aufgeteilt. Als der Aufteilung unterliegendes Gebrauchsvermögen und Ersparnisse wurde das eheliche Wohnhaus samt Zubehör (Wert: € 559.800), 5 Lebensversicherungen, ein Bausparvertrag, ein PKW und während der Ehe angeschaffte Fahrnisse mit einem Gesamtwert von € 734.310,06 bestimmt. Dem stand ein Kredit bei der Bank mit dem aushaftenden Saldo von € 407.646,60 gegenüber.
Der Antragstellerin wurden eine Versicherung, der PKW, Fahrnisse im Wert von € 2.590 und eine Ausgleichszahlung in Höhe von € 230.000 zugeteilt.
Die restlichen Vermögenswerte, insbesondere die Hälfte der Liegenschaft, damit verbunden die Übernahme des Kredits, der mit der ehelichen Wohnung in einem inneren Zusammenhang stand, wurden dem Bf zugesprochen.
Gegen diesen Beschluss wurde vom Bf Rekurs erhoben. Das Rekursgericht hat im Beschluss vom die Vermögensaufteilung und die Höhe der Ausgleichszahlung bestätigt, lediglich der Ausspruch über die Fälligkeit wurde abgeändert.
2 Rechtslage
Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründetes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist.
Urteile, Gerichtsbeschlüsse und gerichtlicher Vergleich, der ein prozessualer Akt und kein Rechtsgeschäft ist, sind gleichfalls Erwerbsvorgänge, denen kein einen Übereignungsanspruch begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuer, Band II, § 1 GrEStG 1987, Rz 222).
§ 4 GrEStG 1987, zuletzt geändert durch BGBl. I 2008/85 und BGBl. I 2009/135, lautete auszugsweise in der bis anzuwendenden Fassung:
"(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen,
1. soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist……"
Der Begriff "Wert des Grundstückes“ wurde im § 6 GrEStG aF mit dem Dreifachen des Einheitswertes, in den Fällen des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG mit dem einfachen Einheitswert bestimmt. § 6 GrEStG wurde vom VfGH mit Erkenntnis vom , G 77/12, mit Ablauf des als verfassungswidrig aufgehoben (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuer, Band II, § 4 GrEStG 1987, Rz 1).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass zwar im Allgemeinen wegen des Globalcharakters von Scheidungsvergleichen eine Gegenleistung nicht zu ermitteln ist, dass dies aber im Einzelfall durchaus möglich sein kann (vgl. Beschluss vom , Ra 2016/16/0024, unter Hinweis etwa auf das hg. Erkenntnis vom , 2001/16/0358).
3 Erwägungen
Im konkreten Fall erfolgt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse durch den Gerichtsbeschluss vom .
Außer Streit steht im Beschwerdefall, dass die Rechtslage bis zum anzuwenden ist.
Einziger Streitpunkt ist, ob für den Erwerb der Liegenschaftshälfte eine Gegenleistung zu ermitteln ist.
Zunächst ist festzuhalten, dass der zum ehelichen Vermögen zählende aushaftende Kredit in Höhe von € 407.646,60 bereits in alleiniger Rückzahlungsverpflichtung des Bf stand und daher nicht zur Gegenleistung zählt (siehe Begründung der Beschwerdevorentscheidung).
Im Gerichtsbeschluss wurde dem Bf die Hälfte des ehelichen Wohnhauses mit der Entscheidung übertragen, dass der Kredit in seiner alleinigen Rückzahlungspflicht verbleibt. Dies schien dem Gericht "auch gerecht und billig".
Nach Zuweisung der einzelnen Vermögenswerte kommt das Gericht auf Seite 48 zu dem Ergebnis, dass das dem Bf zugeteilte eheliche Gebrauchsvermögen und der ehelichen Ersparnisse insgesamt € 711.977,22, und das der Ehefrau € 22.332,83 (Versicherung, PKW, Fahrnisse im Wert von € 2.590) beträgt. Der dem Bf zugeteilte Wert wird durch die Übernahme der ehelichen Schulden geschmälert, sodass sich die Werte wie folgt gegenüberstehen: Bf € 304.330,63 / Ehefrau € 22.332,83.
Die Schlussfolgerung des Gerichtes war: "Zwischen diesen erheblich divergierenden Positionen muss ein Ausgleich geschaffen werden."
In der Folge begründet das Gericht diesen "Ausgleich", auch unter Berücksichtung des Verschuldens, und kommt so zu einem Aufteilungsschlüssel von 1:3 zugunsten der Ehefrau und hält fest, dass die Ausgleichszahlung nach Billigkeit festzusetzen ist.
Für das erkennende Gericht ist daher nicht erkennbar, dass die Ausgleichszahlung unmittelbar nur dem Liegenschaftserwerb zugeordnet werden kann.
Die Antragstellerin dürfte den Verkehrswert der ehelichen Liegenschaft mit ca. € 720.000 angenommen und daraus die begehrte Ausgleichszahlung von € 360.000 abgeleitet haben (siehe Seite 51 des Gerichtsbeschlusses). Daraus kann aber nicht zwingend geschlossen werden, dass jedwede Ausgleichszahlung auf den Liegenschaftsausgleich entfällt.
Der schlussendlich vom Gericht festgesetzte Ausgleichsbetrag in Höhe von € 230.000 hat aus den angeführten Gründen Globalcharakter, weshalb eine Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks nicht zu ermitteln ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Steuerberechnung:
Bemessungsgrundlage ist der dreifache Einheitswert, das sind € 55.800,00, davon 2 % ergibt eine Grunderwerbsteuer in Höhe von € 1.116,00.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine (ordentliche) Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt (va. Beschluss vom , Ra 2016/16/0024).
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103873.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at