Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.12.2018, RV/7105701/2018

Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG, Aussetzung der Einhebung ist keine zulässige Entrichtungsform

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105701/2018-RS1
Wird eine Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG nicht nach den Vorgaben des § 29 Abs. 2 FinStrG entrichtet, ist der Festsetzungsbescheid aufzuheben, weil die Selbstanzeige keine strafaufhebende Wirkung mehr erzielen kann. : Es ist nicht verfassungswidrig, dass § 29 Abs. 2 FinStrG zwar eine Stundungsmöglichkeit (§ 212 BAO), nicht aber eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) vorsieht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch PKF Österreicher & Partner GmbH & Co KG Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung, Hegelgasse 8, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG zur Umsatzsteuervorauszahlung für 2/2015 in der Höhe von € 50.000,00 eine 15 %ige Abgabenerhöhung von € 7.500,00 festgesetzt.

Nach Zitierung der Bestimmung des § 29 Abs. 6 FinStrG wurde in der Sache ausgeführt, dass die Selbstanzeige am anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau/Beschau/Prüfung von Büchern nach deren Anmeldung am erstattet worden sei. Die Abgabenerhöhung sei festzusetzen gewesen, da sich aus der Selbstanzeige der Verdacht eines vorsätzlichen/grob fahrlässigen Finanzvergehens ergebe.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom :

"Namens und im Auftrag unserer oben angeführten Mandantschaft erheben wir gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG betreffend die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Februar 2015 vom , eingegangen am , innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde.

Am hat sich beim steuerlichen Vertreter der Gesellschaft telefonisch eine finanzbehördliche Nachschau betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis März 2015 angekündigt. Bereits bei dieser Gelegenheit wurde dem zuständigen Prüfer mitgeteilt, dass die Buchungsmitteilung Nr. 2/2015 am zugestellt wurde und das darin ausgewiesene Guthaben nicht korrekt sein kann und dies mit der Mandantin abgeklärt werden muss. Anlässlich der finanzbehördlichen Nachschau am wurde eine Selbstanzeige übergeben und darauf hingewiesen, dass bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2015 die Umsätze aus dem Verkauf des Unternehmens irrtümlich nicht berücksichtigt wurden.

Mit Kaufvertrag vom wurde das Unternehmen "y" bestehend aus der gesamten Geschäftseinrichtung sowie dem Kundenstock verkauft. Die Bezug habende Rechnung wurde aufgrund von fehlenden Informationen (UID Nummer des Käufers) erst am ausgestellt. Nachdem unsere Mandantin nach dem Verkauf keinen Zutritt zu den Geschäftsräumlichkeiten mehr hatte und die komplette Betriebsausstattung (inkl. Registrierkasse) veräußert wurde, hat unsere Mandantin am letzten Tag vor der Betriebsveräußerung die Daten aus dem System gesichert und die Umsatzsteuervoranmeldung für den Voranmeldungszeitraum Februar 2015 automationsunterstützt erstellt. Diese wurde am beim Finanzamt eingebracht. Da die Rechnung für den Verkauf des Unternehmens erst nach der automatisierten Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung vom ausgestellt wurde, hat unsere Mandantin übersehen, eine manuelle Berichtigung der Umsatzsteuervoranmeldung vorzunehmen.

Darüber hinaus wurde mit dem Käufer die Überrechnung der Umsatzsteuer vereinbart, die auch tatsächlich erfolgt ist, und war unsere Mandantschaft der Ansicht, dass im Zuge der Überrechnung auch die Steuerschuld auf dem Konto der Gesellschaft eingebucht wird. Da dies keine zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Handlung darstellt, ist das Fehlverhalten unserer Mandantschaft entschuldbar und höchstens als fahrlässig anzusehen.

Da die Umsatzsteuer jedoch im Wege der Überrechnung auf das Abgabenkonto überrechnet und zum Fälligkeitszeitpunkt auch auf dem Konto gut geschrieben war, wurde keine Abgabe verkürzt. Insbesondere hat unsere Mandantschaft auch den Steuerbetrag selbst nicht vereinnahmt bzw. eine Rückzahlung des Guthabens beantragt. Da die das Guthaben ausweisende Buchungsmitteilung erst am zugestellt wurde, hatten weder unsere Mandantin noch wir, als steuerlicher Vertreter, vor Ankündigung der Umsatzsteuernachschau die Möglichkeit, eine Berichtigung des Fehlers vorzunehmen. Dies wurde dem Prüfer auch bereits bei der Anmeldung der Umsatzsteuernachschau am 1. Juni mitgeteilt. Darüber hinaus ist eine Berichtigung von Umsatzsteuervoranmeldungen auch innerhalb der Jahreserklärung möglich, ohne dass sich daraus finanzstrafrechtliche Konsequenzen für den Abgabepflichtigen ergeben, sodass hier die Annahme einer groben Fahrlässigkeit auch im Hinblick darauf, dass keine Abgabenverkürzung erfolgt ist, keinesfalls zu rechtfertigen ist.

Ergänzend erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass die K.GmbH. in der Vergangenheit ihren Steuerverpflichtungen immer ordnungsgemäß nachgekommen ist und sämtliche Abgaben pünktlich entrichtet wurden.

Da aufgrund der oben dargestellten Gründe kein vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenes Finanzvergehen vorliegt, ist eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG nicht festzusetzen und stellen wir daher den Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Wir stellen weiters an das Finanzamt die Anträge,

1. auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO sowie

2. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO und

3. auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für den Gesamtbetrag des mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachten Zahlungsanspruchs bis zur Entscheidung über die Beschwerde.

Wir verbleiben mit der Bitte um antragsgemäße Erledigung und zeichnen."

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom wurde gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG nach einer Selbstanzeige der Beschwerdeführerin anlässlich einer Außenprüfung eine Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG festgesetzt, wogegen die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Beschwerde erhob. Sie begründete diese damit, dass kein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten der beteiligten Personen vorgelegen wäre, weil die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom ein Unternehmen verkauft habe, die Rechnung dafür aber erst am ausgestellt worden sei und die Beschwerdeführerin übersehen habe, dass sie die am automatisiert erstellte Umsatzsteuervoranmeldung manuell berichtigen hätte müssen, und beantragte daher die Aufhebung des Bescheides.

Dazu hat das Finanzamt Wien 8/16/17 wie folgt erwogen:

Gemäß § 29 FinStrG wird, wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des § 29 Abs. 2 FinStrG entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträge. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33.000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100.000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250.000 Euro, mit 30 % zu bemessen.

Die gegenständliche Selbstanzeige wurde mit Schreiben vom erstattet. Dieses wurde dem mit Prüfungsauftrag vom mit der Prüfung der Umsatzsteuer 01- 03/2015 beauftragten Organ des Finanzamtes Wien 8/16/17 am , also nach Anmeldung der Prüfung, aber noch unmittelbar vor Prüfungsbeginn überreicht. Auf Grund des sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbetrages von € 50.000,- ist die Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG mit 15 %, somit € 7.500,-, zu bemessen.

Ursächlich für den Mehrbetrag an Umsatzsteuer war der Umstand, dass von der Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom das Unternehmen "y" um brutto € 300.000,- verkauft wurde. Die Bezug habende Rechnung wurde erst am ausgestellt, weil zuvor die UID des Käufers unbekannt war. Da die Beschwerdeführerin nach dem Verkauf keinen Zutritt zu den Geschäftsräumlichkeiten mehr hatte und die komplette Betriebsausstattung inklusive Registrierkasse veräußert worden war, hatte die Beschwerdeführerin am letzten Tag vor der Betriebsveräußerung die Daten aus dem System gesichert und die Umsatzsteuervoranmeldung für den Veranlagungszeitraum Februar 2015 in weiterer Folge automationsunterstützt erstellt und am beim Finanzamt eingereicht. Da die Rechnung für den Verkauf des Unternehmens erst nach der automatisierten Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung ausgestellt wurde, hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, vor der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung am eine manuelle Berichtigung der zuvor auf der Grundlage der am vorhandenen Daten automationsunterstützt erstellten Erklärung vorzunehmen. Dass eine am ausgestellte Rechnung noch nicht in einer fast zwei Wochen vorher erstellten Erklärung enthalten sein kann, ist offensichtlich und erfordert keine besonderen steuerlichen Kenntnisse. Die notwendige Korrektur wurde von der steuerlichen Vertretung trotzdem erst im Rahmen der Selbstanzeige nachgeholt. Die Beschwerdeführerin versucht nun in der Beschwerde darzulegen, dass ihr Versäumnis nicht auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sei. Den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumenten kommt aber aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

Zutreffend ist die Einschätzung der Beschwerdeführerin, dass der Verkauf des Unternehmens keine zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Handlung darstellt. Aber gerade weil Übergangsphasen besondere Sorgfalt aller Beteiligten erfordern, da in solchen Fällen ein höheres Fehlerrisiko besteht, wäre es unbedingt geboten gewesen, vor der Abgabe der offensichtlich unvollständigen Umsatzsteuervoranmeldung mit dem steuerlichen Vertreter, der auch in den Verkauf des Betriebes involviert war, abzuklären, wie der Verkauf des Betriebes in der Umsatzsteuervoranmeldung abzubilden ist. Obwohl dafür nahezu ein Monat Zeit war, hat die Beschwerdeführerin dies unterlassen. Die ordnungsgemäße Selbstberechnung und Verbuchung auf dem Abgabenkonto erfolgte daher erst nach der Selbstanzeige am , somit drei Monate nach der Fälligkeit.

Es stimmt zwar ebenfalls, dass mit dem Käufer die Überrechnung der kaufpreisgegenständlichen Umsatzsteuer vereinbart war und aus diesem Grund am ein Betrag von € 50.000,-- auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin verbucht wurde. Allerdings erfolgte dies ohne Widmung als Umsatzsteuer 02/2015. Bei der Umsatzsteuervoranmeldung und der Entrichtung der Umsatzsteuer handelt es sich aber grundsätzlich um wesentliche Aufgaben, bei der höhere Verantwortungsmaßstäbe heranzuziehen sind und interne Kontrollverpflichtungen bestehen. Folglich trifft die Beschwerdeführerin ein grobes Verschulden an der Säumnis der Abgabenentrichtung, wenn sie es unterlässt, den widmungsgemäßen Zahlungseingang zum Fälligkeitszeitpunkt und somit die ordnungsgemäße Entrichtung zu kontrollieren. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin zwar mit dem Käufer des Betriebes die Überrechnung eines Betrages von € 50.000,- auf ihr Abgabenkonto vereinbart hatte, aber in keinster Weise zeitnah kontrollierte, ob die Überrechnung als Umsatzsteuer für den Zeitraum 02/2015 auf ihr Abgabenkonto tatsächlich erfolgte und damit ihre eigene Umsatzsteuerzahlung obsolet wurde, stellt daher grob fahrlässiges Verhalten dar. Dass die Beschwerdeführerin vom Fehler erst durch die Zusendung der Buchungsmitteilung Nummer 02/2015 vom erfahren haben will, ändert nichts am Verschulden, da Buchungen auch über FinanzOnline abgefragt werden können.

Richtig ist zwar auch die in der Beschwerde vertretene Ansicht, dass eine Berichtigung von Umsatzsteuervoranmeldungen grundsätzlich auch mit der Jahreserklärung möglich ist. Dass dies aber wie behauptet ohne finanzstrafrechtliche Konsequenzen für den Abgabepflichtigen erfolgen kann, gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass vom Finanzamt in der Zwischenzeit keine Prüfungshandlungen gesetzt wurden. Zu beachten ist bei der Umsatzsteuer nämlich, dass das UStG nur eine Fälligkeit der Vorauszahlungen kennt und keine eigene Fälligkeit aufgrund eines Bescheides. In § 21 Abs. 5 UStG wird diesbezüglich ausdrücklich normiert, dass durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von der Selbstberechnung abweichende Fälligkeit begründet wird. Die mögliche Berücksichtigung in der Jahreserklärung ändert daher im konkreten Fall nichts an der Tatsache, dass die Entrichtung der aus dem Verkauf des Betriebes resultierenden Umsatzsteuer nicht fristgerecht bis zum erfolgte.

Aus all diesen Gründen war daher für die Beschwerdeführerin bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 02/2015 die Verwirklichung eines einem finanzstrafgesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes vorhersehbar und somit lag zumindest grobe Fahrlässigkeit vor."

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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom :

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingegangen am , wurde die Beschwerde unserer oben angeführten Mandantschaft gegen den Bescheid gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG als unbegründet abgewiesen. Daher beantragen wir namens und im Auftrag unserer oben angeführten Mandantschaft innerhalb offener Frist gemäß § 264 BAO die Vorlage an das Bundesfinanzgericht. Betreffend die Beschwerdegründe wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und dürfen wir zusätzlich Folgendes ergänzen:

Die Einschätzung der Beschwerdeführerin, dass der Verkauf des Unternehmens keine zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Handlung darstellt, wurde vom Finanzamt geteilt, jedoch ergänzend ausgeführt, dass aufgrund des höheren Fehlerrisikos vor Abgabe der offensichtlich unvollständigen Umsatzsteuervoranmeldung mit dem steuerlichen Vertreter, der auch in den Verkauf des Betriebes involviert war, abzuklären gewesen wäre, wie der Verkauf des Betriebes in der Umsatzsteuervoranmeldung abzubilden ist.

Dazu ist festzuhalten, dass wir als steuerlicher Vertreter unserer Mandantschaft nicht in den Verkaufsvorgang eingebunden waren, sondern der Vertrag mit dem rechtlichen Vertreter unserer Mandantschaft abgeschlossen wurde. Der Wunsch auf Überrechnung des Vorsteuerguthabens wurde vom Käufer und dessen steuerlichen Vertreter vorgebracht und hatte unsere Mandantschaft bei Unterfertigung des Kaufvertrages die Steuernummer der K1 bekannt gegeben, damit die Umsatzsteuer ordnungsgemäß überrechnet werden kann. Vom steuerlichen Vertreter des Käufers wurde unserer Mandantschaft bestätigt, dass sich dieser um die ordnungsgemäße Durchführung der Überrechnung kümmern wird. Unsere Mandantschaft ist daher davon ausgegangen, dass dies auch die Meldung der Umsatzsteuer umfasst. Zudem wurde der Verkaufsvorgang - bei sonstigem Nichtzustandekommen des Vertrages - mit relativ hohem Zeitdruck abgewickelt, da der Käufer das Restaurant sehr rasch übernehmen wollte und der Zutritt zu den Geschäftsräumen verweigert wurde. Wie auch in unserer Bescheidbeschwerde ausgeführt, hat unsere Mandantin am letzten Tag vor der Betriebsveräußerung noch die für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung aus dem laufenden Betrieb des Restaurants bis zum Veräußerungstag erforderlichen Daten aus dem Kassensystem heruntergeladen, um die Umsatzsteuervoranmeldung ordnungsgemäß abgeben zu können. Unsere Mandantschaft ging daher zu Recht davon aus, dass damit alle in ihren Verantwortlichkeitsbereich fallenden Obliegenheiten erfüllt sind und die Umsatzsteuer aus dem Verkauf vom steuerlichen Vertreter des Käufers gemeldet wird.

Unsere Mandantschaft hat sich auch noch bei ihrem rechtlichen Vertreter erkundigt, ob die Umsatzsteuer ordnungsgemäß überrechnet wurde. Nachdem ihr die ordnungsgemäße Überrechnung der aus dem Verkauf resultierenden Umsatzsteuer bestätigt wurde, ist unsere Mandantin davon ausgegangen, dass alles ordnungsgemäß gemeldet und bezahlt wurde. Dies zeigt sich auch daran, dass die Umsatzsteuer fristgerecht am an das Finanzamt überwiesen wurde und auch keine Rückzahlung des Guthabens beantragt wurde, da unsere Mandantschaft davon ausging, dass damit die Umsatzsteuerschuld aus dem Verkauf abgedeckt wurde.

Als wir, als steuerlicher Vertreter unserer Mandantschaft, am Freitag, den die Buchungsmitteilung mit einem Guthaben von EUR € 50.000,00 erhalten haben, war uns sofort bewusst, dass dieses Guthaben nicht korrekt sein kann und offensichtlich mit dem Verkauf in Zusammenhang steht. Bevor wir jedoch am darauffolgenden Montag () reagieren konnten, hat sich bei uns eine finanzbehördliche Nachschau betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis März 2015 angekündigt und wurde dem zuständigen Prüfer bereits an diesem Tag telefonisch mitgeteilt, dass uns ebenfalls aufgefallen ist, dass das Guthaben nicht korrekt sein kann, allerdings die Buchungsmitteilung erst am Freitag zugestellt wurde. Seitens des Finanzamtes wird dagegen vorgebracht, dass seitens des Beschwerdeführers die Buchungen über FinanzOnline hätten abgefragt werden können. Da unserer Mandantschaft die ordnungsgemäße Durchführung der Überrechnung durch ihren rechtlichen Vertreter bestätigt wurde, sah sie keine Veranlassung, hier weiter tätig zu werden. Da wir als steuerlicher Vertreter in den Verkaufsprozess nicht eingebunden waren und die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen auch in der Vergangenheit durch unsere Mandantschaft abgegeben wurden und wir nur den Jahresabschluss erstellt haben, bestand auch für uns keine Notwendigkeit, das Steuerkonto abzufragen. Ergänzend sei dazu angemerkt, dass es hinsichtlich der laufend durch unsere Mandantschaft aus dem Betrieb des Restaurants "y" abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen zu keinen Feststellungen seitens der Abgabenbehörde gekommen ist, sodass wir auch hier keine Zweifel haben mussten, zumal auch die operative Tätigkeit eingestellt wurde.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass es unsere Mandantschaft im gesamten Verkaufsprozess nicht für möglich gehalten hat, dass die Umsatzsteuer nicht ordnungsgemäß abgeführt wird, und hat sie sich mehrfach überzeugt, dass die Umsatzsteuer korrekt und fristgerecht an das Finanzamt überrechnet wurde. Zusätzlich wurde die Überrechnung vom steuerlichen Vertreter der Käuferin veranlasst und unserer Mandantin bestätigt, dass sich dieser um die ordnungsgemäße Abwicklung und Meldung kümmert, weshalb unsere Mandantin zu Recht darauf vertrauen durfte, dass der Sachverhalt dem Finanzamt ordnungsgemäß angezeigt wird. Demzufolge liegt kein vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenes Finanzvergehen vor und ist eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG nicht festzusetzen und beantragen wir daher, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Zusätzlich beantragen wir die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur Entscheidung über unsere Beschwerde."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG gilt: Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

Abs. 2: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.

Abs. 3: Straffreiheit tritt nicht ein,

a) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3) gegen den Anzeiger, gegen andere an der Tat Beteiligte oder gegen Hehler gesetzt waren,

b) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war oder die Entdeckung der Verletzung einer zollrechtlichen Verpflichtung hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war, oder

c) wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird, oder

d) bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruches, ausgenommen Vorauszahlungen, eine Selbstanzeige erstattet worden ist.

Abs. 5: Die Selbstanzeige wirkt nur für den Anzeiger und für die Personen, für die sie erstattet wird.

Abs. 6: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.

Unstrittig ist, dass vor Prüfungsbeginn am vom steuerlichen Vertreter im Namen der K.GmbH sowie der Geschäftsführerin, Frau S, Selbstanzeige i.S.d. § 29 Abs. 6 FinStrG hinsichtlich des bisher nicht erklärten Verkaufserlöses in Höhe von netto € 250.000,00 aus dem Verkauf des Unternehmens erstattet wurde.

Unstrittig ist somit, dass die Selbstanzeige aus Anlass der Prüfung erstattet wurde, eine Verfehlung einbekannt wurde und Täternennungen vorliegen. Die Beschwerde enthält auch keine Einwendungen zu den Bemessungsgrundlagen für die Abgabenerhöhung. Strittig ist nach dem Beschwerdevorbringen allein die Frage, ob die für die Festsetzung einer Abgabenerhöhung geforderte subjektive Tatseite vorliegt oder nicht.

Als weitere Voraussetzung zur Erzielung einer strafaufhebenden Wirkung einer Selbstanzeige, die anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung erstattet wird, ist nach § 29 Abs. 6 FinStrG eine Abgabenerhöhung zu entrichten, die nach § 3 Abs. 2 lit. a BAO als Nebenanspruch gilt.

In § 29 Abs. 2 FinStrG wurde mit der Finanzstrafgesetznovelle 2010, BGBl I Nr. 104/2010, in Kraft getreten am eine eigenständige Entrichtungsvorschrift normiert, die sich gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG in der Fassung der Finanzstrafgesetznovelle 2014, BGBl I Nr. 65/2014 in Kraft getreten mit auch auf Abgabenerhöhungen für Selbstanzeigen, die anlässlich einer Prüfung erstattet werden, bezieht.

Eine mit Bescheid festzusetzende Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG ist demnach unter sinngemäßer Anwendung des § 29 Abs. 2 FinStrG ebenfalls binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheidestatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zu entrichten. Die Entrichtungsfrist kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden.

Der Bescheid über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung erging am . Dem Antrag in der Beschwerde folgend wurde die Abgabenerhöhung am gemäß § 212a BAO von der Einhebung ausgesetzt.

Die Möglichkeit eine Aussetzung der Einhebung zu erwirken ist in § 29 Abs. 2 FinStrG , der eben eine eigenständige Entrichtungsvorschrift darstellt, nicht genannt.

Nachdem seit eine eigenständige Entrichtungsvorschrift hinsichtlich der Abgabennachforderungen im Zusammenhang mit einer Selbstanzeige vorliegt sowie seit eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auf die Entrichtungsvorgaben für Abgabenerhöhungen nach § 29 Abs. 6 FinStrG bei Selbstanzeigen anlässlich einer Prüfung geboten ist, wurde den gesetzlichen Vorschriften nicht Folge geleistet.

Selbstanzeigen können nur dann strafaufhebende Wirkung erzielen, wenn oder "insoweit" den Entrichtungsvorschriften entsprochen wird.

Insoweit auf Grund einer Selbstanzeige Straffreiheit nicht eintreten kann, entfällt auch die Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabenerhöhung, daher war der Beschwerde, unter Berücksichtigung der geänderten Sachlage (Nichtentrichtung der Abgabenerhöhung), ohne weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, stattzugeben. Da kein Vorbringen denkbar ist, das zu einem anderen Ergebnis hätte führen könne, wurde von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Informativ wird bekannt gegeben, dass der VfGH am zu E 2242/2017-8 folgende Aussage zur behaupteten Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 29 Abs. 6 FinStrG getätigt hat:

"Dem Gesetzgeber kann im Übrigen nicht entgegengetreten werden, wenn er im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes in § 29 Abs. 6 FinStrG im Hinblick auf das Ziel der "Schadenswiedergutmachung" für die Erlangung der Straffreiheit neben der Entrichtung der verkürzten Abgaben auch die Entrichtung der Abgabenerhöhung voraussetzt und dabei zwar die Möglichkeit der Stundung (§ 212 BAO), nicht aber der Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) vorsieht.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§ 19 Abs. 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG)."

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.

Siehe dazu auch

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 272 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 29 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 29 Abs. 6 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Schlagworte
Entrichtung iSd § 29 Abs.2 FinStrG
wenn Selbstanzeige nicht strafbefreiend
Selbstanzeige
keine Abgabenerhöhung
Aussetzung der Einhebung keine Entrichtung
Verweise
Zitiert/besprochen in
Schmutzer in BFGjournal 2023, 30
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7105701.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at