Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2019, RV/7106260/2015

ImmoESt - Verfassungswidrigkeit

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 704/2019 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Steuerberatung, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes AB betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (idF Bf.) brachte die Erklärung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 elektronisch beim Finanzamt ein und führte unter Grundlagen und erklärter Betrag zur KZ "572 Grundst.veräuß. - pauschal" einen Betrag von EUR 0,00 und unter KZ "576 IMMOESt priv. Grundstver." einen Betrag von EUR 114.866,00 an.

In einem Schriftsatz vom zur Erklärung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 gab der Bf. insbesondere in Bezug auf die im Formular E 1 angeführte "anrechenbare Immobilienertragsteuer" gem. KZ 576 folgedende Erläuterung:

Im Jahr 2014 habe der Bf. zwei Liegenschaften, bei denen die Immobilienertragsteuer gem. § 30 Abs. 4 EStG berechnet und abgeführt worden sei, verkauft. Die Liegenschaft Adr.1 sei 1995 und die Liegenschaft Adr.2 1995 angeschafft worden. Da es sich bei beiden Grundstücke um "Altvermögen" handle, welches nach Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 nicht steuerverfangen gewesen wäre, sehe sich der Bf. insbesondere in seinem Recht auf Vertrauen in bestehendes Recht verletzt und halte diese Bestimmung sohin für verfassungswidrig.

Nach § 28 Abs. 7 EStG 1988 vor Rechtslage 1. StabG 2012 würde nach den Ausführungen der steuerlichen Vertretung des Bf. eine Steuerbelastung von rund EUR 31.000,00 für die Adr.1V1 und eine Steuerbelastung von rund 2.000,00 für die Adr.2V1 resultieren. Vergleichsweise habe der Bf. gem. § 30 Abs. 4 für die Liegenschaft Adr.1V1 EUR 79.795,00 und für die Adr.2V1 EUR 36.071,00 an Immobilienertragsteuer gem. § 30 Abs. 4 EStG 1988 abgeführt.

Der Bf. verweise diesbezüglich auf den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes Feldkirch mit der Geschäftszahl RV/1100025/2015 (richtig wohl: RN/1100002/2015) und insbesondere auf die darin angeführte Begründung.

Mit Einkommensteuerbescheid vom , zugestellt am , unterzog das Finanzamt 14% des Veräußerungserlöses als Veräußerungsgewinn (§ 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988) mit dem in § 30a Abs. 1 EStG 1988 vorgesehenen besonderen Steuersatz von 25% der Einkommensteuer. Begründend verwies das Finanzamt betreffend Immobilienertragsteuer auf eine Vorhaltsbeantwortung vom (richtig wohl: ), mit welcher die Berechnung der Bemessungsgrundlagen der Immobilienertragsteuer und der Immobilienertragsteuer für die streitgegenständlichen Liegenschaften übermittelt wurde.

Der Bf. brachte mit Schriftsatz vom eine Bescheidbeschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 ein und führte unter Punkt 1. Sachverhalt aus, mit Kaufvertragsdatum vom habe der Bf. die Liegenschaft Adr.2V2 sowie die Liegenschaft Adr.1V2 veräußert. Der Kaufvertrag über die beiden Liegenschaften sei der Beschwerde beigelegt. Die Liegenschaft Adr.2V1 sei im Jahr 1994 und die Liegenschaft Adr.1V1 im Jahr 1995 angeschafft worden. Eine Umwidmung nach dem im Sinne von § 30 Abs. 4 EStG habe nicht stattgefunden. Bei beiden Liegenschaften wäre nach den Ausführungen des Bf. die Veräußerung gem. § 30 Abs. 1 Z 1 lit a EStG idF vor 1. StabG 2012 im Jahr 2014 steuerfrei gewesen, da die Spekulationsfrist von 15 Jahren (Herstellungsaufwendungen seien in Teilbeträgen gem. § 28 Abs. 3 abgesetzt worden) abgelaufen gewesen wäre.

Unter "2. Beschwerdegründe - a) Verstoß gegen ein verfassungsgesetzlich geschütztes Recht" wird festgehalten, da die Veräußerung beider Liegenschaften in der Rechtslage vor 1. StabG 2012 steuerfrei gewesen wäre, sehe sich der Bf. insbesondere in seinem verfassungsmäßig geschützten Recht auf Vertrauen in bestehendes Recht verletzt und halte die Bestimmung des § 30 EStG id(g)F sohin für verfassungswidrig. Nach § 28 Abs. 7 EStG vor Rechtslage 1. StabG 2012 würde eine Steuerbelastung von rund EUR 2.200,00 für die Adr.2V1 und eine Steuerbelastung von rund EUR 31.000,00 für die Adr.1V1 resultieren. Vergleichsweise resultiere Immobilienertragsteuer gem. § 30 Abs. 3 EStG für die Liegenschaft Adr.2V1 in Höhe von EUR 36.071,29 und für die Adr.1V1 in Höhe von EUR 78.794,90 (in Summe somit EUR 114.866,19 wie im Einkommensteuerbescheid 2014 festgesetzt).

Nach der Rechtsprechung des VfGH seien an den aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutz strenge Anforderungen gerichtet. Denn nicht jede rückwirkende belastende Gesetzesvorschrift sei per se verfassungswidrig. Eine solche Bestimmung könne aber zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis führen, wenn der Normunterworfene durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden sei und nicht besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangten (VfSlg 16.580/2003). Der Bf. habe im Vertrauen auf die Rechtslage und die damit verbundenen steuerrechtlichen "Belohnungselemente" für Investitionen beträchtliche Dispositionen veranlasst. Diese Dispositionen seien aber durch die Immobilienertragsteuer (§ 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF 1. StabG 2012) sehr einschneidend frustriert und obendrein der Bf. zu einem Großteil um die "Früchte" von hohen Investitionen, Risikobereitschaft und enormen Eigenleistungen über einen Zeitraum von circa 15 Jahren gebracht worden (VfSlg. 12/944/1991, 12.020/1992, 16.850/2003, 12.944/1991, 13.655/1993 und 16.452/2002).

Vor Inkrafttreten des 1. StabG 2012 sei die Veräußerung von privaten Grundstücken außerhalb der Behaltefristen des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 vor 1. StabG 2012 nicht steuerhängig gewesen. Der Bf. habe auf die Bestandskraft dieser Gesetzesbestimmung vertraut und im Vertrauen auf diese Norm erhebliche Investitionen getätigt. Durch das Vertrauen auf einen zukünftigen Steuervorteil habe der Bf. die Liegenschaften erworben und erhebliche Investitionen um diese Liegenschaften zu erhalten und damit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, als auch um damit einen steuerlich begünstigten Gewinn aus der Wertsteigerung im Falle einer Veräußerung zu lukrieren, getätigt. Somit habe der Bf. eine Erwartung auf einen vorteilhaften steuerlichen Effekt gehabt. Der Bf. habe durch die damalige Norm jedenfalls eine Anreizwirkung in die Liegenschaften zu investieren gehabt und hätte ohne diese Anreizwirkung die Investitionen nicht vorgenommen. Durch die Besteuerung von Altvermögen, also von Grundstücken, die nach alter Rechtslage auf Grund des außerhalb der Behaltefrist gelegenen Erwerbs nicht mehr steuerhängig gewesen seien, sei durch die Immobilienertragsteuer das Vertrauen des Bf. auf die Bestandskraft der o.a. Gesetzesbestimmung (§ 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF vor 1. StabG 2012) verletzt worden. Die hier gegenständliche Gesetzesbestimmung sei daher schon aus diesem Grund klar verfassungswidrig.

Unter Punkt "2. Beschwerdegründe - b) Verfassungswidrigkeit aufgrund des Fehlens einer Übergangsbestimmung" wird ausgeführt, gerade weil der Bf. aber im Vertrauen auf den Bestand der Rechtslage Investitionen und finanzielle Dispositionen getätigt habe, sei eine plötzliche und unvorhersehbare Änderung einer Gesetzesbestimmung, die rückwirkend nachteilige Auswirkungen auf die Rechtsposition des Bf. habe, verfassungswidrig. Der Bf. verweise diesbezüglich auf den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes Feldkirch mit der Geschäftszahl RV/1100025/2015 (richtig wohl: RN/1100002/2015) und insbesondere auf die darin angeführte Begründung betreffend Verletzung des Vertrauensschutzprinzips.Das verfassungsrechtlich zu beachtende Vertrauensschutzprinzip schütze den Adressaten vor überraschenden und nicht vorhersehbaren Rechtsänderungen zu seinen Lasten. Dieses verfassungsrechtlich gewährleistete Recht des Bf. sei durch die übergangslose, gleichsam rückwirkende Erfassung an sich nicht mehr steuerverfangener Grundstücke sowie durch das Fehlen von Übergangsregelungen und die sofortige Wirksamkeit mit der Kundmachung des Gesetzes bewirkt worden.

Dem Bf. sei nach seiner Ansicht durch die unvorhersehbare und plötzliche Änderung einer Gesetzesbestimmung ohne jegliche Übergangsregelung zu einer rückwirkend belastenden Vorschrift nicht die Gelegenheit gegeben worden, die zukünftig durch die Immobilienertragsteuer entstehende Steuerlast einzuschätzen und eventuelle Liquiditätsplanungen vor Inkrafttreten des 1. StabG 2012 anzustellen. Durch das Fehlen von Übergangsregelungen und die sofortige Wirksamkeit mit der Kundmachung des Gesetzes sei das Vertrauen des Bf. auf die Bestandskraft der o.a. Gesetzesbestimmung (§ 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF vor 1. StabG 2012) daher ebenso verletzt worden. Nach der Rechtsprechung des VfGH dürften den Adressaten Regelungen nicht derart plötzlich treffen, dass sie gar keine Möglichkeit zu den von der Norm verlangten Änderungen vor deren In-Kraft-Treten hätten. Im konkreten Fall habe der Bf. aufgrund des ohne jegliche Übergangsbestimmung in Kraft getretenen 1. StabG 2012 Vorsorge zu treffen gehabt. Jetzt könnte argumentiert werden, dass die Immobilienertragsteuer schon vor der Beschlussfassung in der Regierung und im Nationalrat diskutiert worden sei und der Bf. aufgrund dessen hätte Vorsorge treffen können. Hierzu habe der VfGH aber klar ausgesprochen, dass politische Diskussionen im Vorfeld oder die Veröffentlichung einer Regierungsvorlage unmaßgeblich seien. Maßgeblich sei einzig der Zeitpunkt der Publikation des Gesetzes (/2003).

Unter Punkt "2. Beschwerdegründe - c) Keine Anwendbarkeit der Entscheidung des VfGH zur Immobilienertragsteuer im konkreten Fall" wird vorgebracht, dass sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt im Verfahren des Bf. wesentlich von jenem im Beschluss des vom BFG Feldkirch (Geschäftszahl RV/1100025/2015) behandelten und letztlich vom VfGH mit Erkenntnis zu GZ G 111/2015-7 entschiedenen, unterscheide: Im Unterschied zum verwiesenen Fall habe der Bf. im Vertrauen auf die Rechtslage Dispositionen von erheblichem Ausmaß getätigt. In einem ersten Schritt habe der Bf. die Immobilien erworben und im Anschluss daran finanzielle Investitionen zur Erhaltung dieser Immobilien getätigt. Im Gegensatz hierzu geht aus dem dem Beschluss des BFG Feldkirch zugrundeliegenden Sachverhalt hervor, dass die dortige Beschwerdeführerin die Liegenschaft "bloß" geerbt habe. Dem Erwerb der Liegenschaft sei deshalb keine Investition gegenübergestanden.

Zu Punkt "2. Beschwerdegründe - d) keine Beschwerdevorentscheidung zulässig", wird angeführt, dass die Abgabenbehörde keine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 3 BAO erlassen dürfe, weil sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde gegen ein verfassungswidriges Gesetz richte. Die Bescheidbeschwerde sei daher unverzüglich dem zuständigen Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Es wird in der Beschwerde schließlich beantragt 1. gemäß § 279 Abs. 1 BAO in der Sache selbst zu entscheiden und die Einkommensteuer aufgrund der bereinigten Rechtslage neu festzusetzen, in eventu 2. den angefochtenen Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides aufgrund der bereinigten Rechtslage an die Abgabenbehörde zurückzuverweisen.

Des Weiteren wird in der Beschwerde angeregt, das Bundesfinanzgericht möge gemäß Art 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Prüfung des präjudiziellen § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG (gemeint wohl: § 30 EStG 1988) idF BGBl I Nr 22/2012 (1. StabG 2012) beantragen. Begründend werde hierzu festgehalten, dass die oben monierte Verletzung des aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutzes in den Bestand der Rechtslage dann beseitigt ist, wenn § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG idF BGBl I Nr 22/2012 (1. StabG 2012) als verfassungswidrig aufgehoben werde.  

                  

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Beschwerdeführer erwarb die Liegenschaft Adr.1V2 im Jahre 1995 und die Liegenschaft Adr.2V2 im Jahre 1994. Eine Umwidmung nach dem im Sinne von § 30 Abs. 4 EStG 1988 fand nicht statt. Mit Kaufvertrag vom hat der Bf. die Liegenschaft Adr.2V2 und die Liegenschaft Adr.1V2, veräußert. Der Kaufvertrag über die beiden Liegenschaften wurde mit der Beschwerde vorgelegt. Das Finanzamt unterzog 14% des Veräußerungserlöses als Veräußerungsgewinn (§ 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988) mit dem in § 30a Abs. 1 EStG 1988 vorgesehenen besonderen Steuersatz von 25% der Einkommensteuer.   

Strittig ist im streitgegenständlichen Fall bloß, ob die mit 1. StabG 2012 eingeführte Besteuerung von "Altvermögen" aus den vom Bf. vorgebrachten Gründen verfassungswidrig ist und daher die streitgegenständlichen Veräußerungen von Liegenschaften der Besteuerung entsprechend der Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 zu unterziehen wären.

Der Beschwerdeführer begründet seine Bedenken dahingehend, dass die mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 bewirkte Neuregelung privater Grundstücksveräußerungen ihn in seinem "verfassungsmäßig geschützten Recht auf Vertrauen in bestehendes Recht verletzt" habe und er "die Bestimmung des § 30 EStG id(g)F sohin für verfassungswidrig hält". Der Bf. habe "im Vertrauen auf die Rechtslage" (§ 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 vor 1. StabG 2012) und "die damit verbundenen steuerrechtlichen "Belohnungselemente" für Investitionen beträchtliche Dispositionen veranlasst". Diese Dispositionen "wurden aber durch die Immobilienertragsteuer (§ 30 Abs. 1, Z. 1, lit. A EStG idF 1. StabG 2012) sehr einschneidend frustriert und obendrein wurde Beschwerdeführer zu einem Großteil um die "Früchte" von hohen Investitionen, Risikobereitschaft und enormen Eigenleistungen über einen Zeitraum von ca. 15 Jahren gebracht." Der Bf. habe durch die damalige Norm jedenfalls eine Anreizwirkung in die Liegenschaften zu investieren gehabt und hätte ohne diese Anreizwirkung die Investition nicht vorgenommen. Der Beschwerdeführer geht des Weiteren "aufgrund des Fehlens einer Übergangsbestimmung" von einer Verfassungswidrigkeit der mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 bewirkten Neuregelung privater Grundstücksveräußerungen aus. Gerade weil der Bf. im Vertrauen auf die Bestand der Rechtslage Investitionen und finanzielle Dispositionen getätigt habe, sei eine plötzliche und unvorhersehbare Änderung einer Gesetzesbestimmung, die rückwirkend nachteilige Auswirkung auf die Rechtsposition des Bf. habe, im Hinblick auf die Verletzung des Vertrauensschutzprinzips, verfassungswidrig. In diesem Zusammenhang verweist der Bf. auf den Beschluss des BFG zur Zahl RV/1100025/2015 (gemeint wohl: RN/1100002/2015). Der Bf. geht schließlich von einer nicht vorliegenden Anwendbarkeit des aufgrund des angeführten Beschlusses (RN/1100002/2015)ergangenen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes (G111/2015) vom aus, da die dortige Beschwerdeführerin die Liegenschaft bloß geerbt habe, wohingegen der Bf. im Vertrauen auf die Rechtslage Dispositionen von erheblichem Ausmaß (finanzielle Investitionen zur Erhaltung der Immobilien) getätigt habe.

Mit diesen Bedenken vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht darzutun, dass die durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012 bewirkte Ausdehnung der Ertragsteuerpflicht auf die Veräußerung auch jener dem Privatvermögen zuzurechnender Grundstücke, die am 31. März nicht steuerverfangen waren, jene verfassungsrechtlichen Grenzen verletzt, die der Vertrauensschutz setzt. Der Verfassungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom , G111/215, betreffend ein Verfahren (siehe BFG RN/1100002/2015), auf das der Bf. wiederholt hingewiesen und dessen Vorbringen er weitgehend zu seinem eigenen gemacht hat, in seinen Erwägungen - auszugsweise zitiert - wie folgt aus:

"2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt (vgl. VfSlg 16.687/2002 mwN). Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsraumes unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern (zB VfSlg 18.010/2006 mwN).

Nur unter besonderen Umständen setzt der Vertrauensschutz dem Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen, so insbesondere, wenn dem Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden muss, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (vgl. VfSlg 13.657/1993, 15.373/1998, 16.754/2002 mwN). Vertrauensschutz begründende Umstände können nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darin liegen, dass rückwirkend an in der Vergangenheit liegende Sachverhalte geänderte (für die Normunterworfenen nachteilige) Rechtsfolgen geknüpft werden (vgl. VfSlg 13.020/1992, 16.850/2003) oder dass der Gesetzgeber in Rechtsansprüche, auf die sich die Normunterworfenen nach ihrer Zweckbestimmung rechtens einstellen durften (wie auf Pensionsleistungen bestimmter Höhe), plötzlich und intensiv nachteilig eingreift (vgl. VfSlg 11.288/1987, 16.764/2002, 17.254/2004) oder dass der Gesetzgeber, der Normunterworfene zu Dispositionen veranlasst hat, durch eine spätere Maßnahme diese im Vertrauen auf die Rechtslage vorgenommenen Dispositionen frustriert bzw. ihrer Wirkung beraubt (vgl. VfSlg 12.944/1991, 13.655/1993, 16.452/2002).

2.3.2. Dem antragstellenden Gericht ist zunächst einzuräumen, dass die umfassende Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen unter Einbeziehung auch jener Grundstücke, die zum - infolge bereits abgelaufener Spekulationsfrist - nicht steuerverfangen waren, am im Nationalrat beschlossen und am im Bundesgesetzblatt (BGBl I 22/2012) kundgemacht worden ist. Mit der Einbeziehung nicht steuerverfangener Grundstücke greift der Gesetzgeber aber nicht rückwirkend in bestehende Rechtspositionen ein. Maßgeblicher Besteuerungstatbestand ist nämlich die Veräußerung in Form des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes (s. RV 1680 BlgNR 24. GP, 7). Da die Regelung Veräußerungen nach dem und somit Veräußerungen ab Inkrafttreten (vgl. §124b Z215 EStG 1988) erfasst, knüpft sie nicht an die bereits vor Inkrafttreten verwirklichten Veräußerungsvorgänge geänderte, für den Steuerpflichtigen nachteilige Rechtsfolgen. Sie regelt vielmehr aus der zeitlichen Perspektive der Erlassung des Gesetzes die Rechtsfolgen für Veräußerungen ab dem Inkrafttreten der Regelung. ...

2.3.3. Aus der Verfassung ist keine allgemeine Garantie dafür abzuleiten, dass sich auf Grund geltender Rechtslage erwartete Vorteile zukünftig auch auf Grund geänderter Rechtslage tatsächlich realisieren lassen ( ua.) So wie im Einzelfall auch rückwirkende Verschlechterungen der Rechtslage im Steuerrecht ihrer Zielsetzung und dem Ausmaß und der Art ihrer Auswirkungen nach verfassungsrechtlich zulässig sein können (vgl. VfSlg 12.416/1990, 14.515/1996), kann die Enttäuschung des Vertrauens des Normunterworfenen auf den Fortbestand und die zukünftige Entwicklung der Rechtsordnung auch ohne Rückwirkung unter Umständen gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vertrauensschutz verstoßen. Hier greift der verfassungsrechtlich gewährleistete Vertrauensschutz jedoch nur für ganz bestimmte, auf Grund besonderer Konstellation schutzwürdige Positionen und setzt damit einer gesetzlichen Änderung unter engen Voraussetzungen verfassungsrechtliche Schranken. Einen solchen Fall hat der Verfassungsgerichtshof etwa angenommen, wenn der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlasst werden sollte, der dann durch Wegfall der Begünstigung frustriert wird (VfSlg 12.944/1991 zum Nachtfahrverbot für lärmarme Lastkraftwagen) oder wegen Durchführung der geförderten Planungsmaßnahmen und Vorhaben nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (VfSlg 13.655/1993 zur Abschaffung der Energieförderungsrücklage).

2.3.4. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass vor der mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 erfolgten Einführung der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen eine Rechtslage bestanden hätte, bei der der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen gefördert hätte, die durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012 mit Blick auf die dem Privatvermögen zuzurechnenden Grundstücke, die zum 31. März nicht steuerverfangen waren, entwertet wären. Demgemäß hatte der Verfassungsgerichtshof auch keine Bedenken gegen die mit BGBl I 400/1988 erfolgte Verlängerung der Spekulationsfrist von fünf auf zehn Jahre (VfSlg 13.461/1993). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall - anders als das antragstellende Gericht meint - auch von jenem, den der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis zur Firmenwertabschreibung (VfSlg 15.739/2000) zu entscheiden hatte.

2.3.5. Der Umstand, dass bis zum Inkrafttreten des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht im Rahmen der Besteuerung des Einkommens zu erfassen waren, vermag nicht zu bewirken, dass auf den unveränderten Fortbestand dieser Rechtslage ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen bestünde, und zwar auch dann nicht, wenn im Einzelfall die für das Bestehen einer Steuerpflicht relevante Frist bereits abgelaufen gewesen sein sollte. Die Tatsache, dass der Steuerpflichtige nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Erwerb eines Grundstückes gemäß der jeweils maßgebenden Rechtslage - so wie die Beschwerdeführerin vor dem Bundesfinanzgericht (Außenstelle Feldkirch) möglicherweise auch über Jahrzehnte - davon ausgegangen ist, dass die Veräußerung des Grundstückes infolge Ablaufs dieser Frist keiner Ertragsteuerpflicht unterliegen werde, begründet für sich allein keine schutzwürdige Position, die einer in der vorgenommenen Weise erfolgten gesetzlichen Änderung verfassungsrechtliche Schranken setzen würde."

Soweit der Bf. schließlich von einer nicht vorliegenden Anwendbarkeit des eben zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ausgeht, da die dortige Beschwerdeführerin die Liegenschaft bloß geerbt habe, wohingegen der Bf. im Vertrauen auf die Rechtslage Dispositionen von erheblichem Ausmaß (finanzielle Investitionen zur Erhaltung der Immobilien) getätigt habe, ist festzustellen, dass es für die Heranziehung zur Immobilienertragsteuer keinen Unterschied machen kann, ob der Steuerpflichtige ein bereits saniertes Objekt oder ein vom Bf. zu sanierendes Objekt erwirbt und dieses in der Folge veräußert.

In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G3/2017 ua zu verweisen, aus dem ua. hervorgeht, dass der dortige Beschwerdeführer nach Anschaffung der Liegenschaft Herstellungsaufwendungen getätigt hat und wird im Erwägungsteil dieses Erkenntnisses - auszugsweise zitiert - wie folgt ausgeführt:

"2.1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass der Gesetzgeber mit der durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012 erfolgten Einführung einer Steuerpflicht für private Grundstückveräußerungen kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen hinsichtlich jener Grundstücke verletzt hat, für die nach §30 Abs1 Z1 lita EStG 1988 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 maßgebende Frist zum noch nicht abgelaufen war (vgl. Pkt. III.4.4. des Prüfungsbeschlusses mit Hinweis auf ).

Dies gilt auf für jene Fälle, in denen der Steuerpflichtige nach Anschaffung der Liegenschaft Herstellungsaufwendungen getätigt hat, die gemäß § 28 Abs3 EStG 1988 über seinen Antrag gleichmäßig auf fünfzehn Jahre verteilt worden sind: Selbst wenn durch diese Vorgehensweise eine Verlängerung der Steuerverfangenheit eingetreten ist, deren Konsequenzen im Zeitpunkt der Investition nicht absehbar waren, ist nicht zu erkennen, dass mit der vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 geltenden Rechtslage eine Begünstigung des steuerfreien Verkaufs in Aussicht gestellt worden wäre, mit der der Steuerpflichtige zur Vornahme von Herstellungsaufwendungen veranlasst werden sollte (vgl. Punkt III.4.5. des Prüfungsbeschlusses)."    

Die vom Beschwerdeführer ob der Verfassungsmäßigkeit der mit 1. Stabilitätsgesetz 2012 erfolgten Einführung einer Steuerpflicht für private Grundstückveräußerungen erhobenen Bedenken treffen damit nicht zu.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Da die vom Beschwerdeführer vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt werden, konnte auch der Anregung des Bf., das Bundesfinanzgericht möge gemäß Art 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Prüfung des präjudiziellen § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG (gemeint wohl: § 30 EStG 1988) idF BGBl I Nr 22/2012 (1. StabG 2012) beantragen, nicht gefolgt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der Beschwerdeführer ausschließlich die oben behandelten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angewendeten Bestimmungen des 1. Stabilitätsgesetztes (BGBl I Nr 22/2012) vorbrachte, war die ordentliche Revision an der Verwaltungsgerichtshof nicht zuzulassen.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
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/2015
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7106260.2015

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