E-Mail als verjährungsverlängernde Amtshandlung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Mag. Dieter Fröhlich und die weiteren Senatsmitglieder sowie die Beisitzer in der Beschwerdesache der „A“ Bf. (FN ***), Adr.1, vertreten durch Audit Partner Austria Wirtschaftsprüfer GmbH, 1220 Wien, Wagramer Straße 19, betreffend die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007, StNr.: ****, des Finanzamtes, vom , zugestellt am , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am unter Mitwirkung des Schriftführers.
zu Recht erkannt:
Die Bescheidbeschwerde vom gegen die Körperschaftsteuerbescheide Gruppe 2006 und 2007 wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgrichtshof ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a VwGG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Zum Ablauf des Verfahrens:
Die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) erhob durch ihren steuerlichen Vertreter (StV) gegen die nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 2006 und 2007 Bescheidbeschwerde. In der form- und fristgerechten Beschwerdeschrift vom begehrte die Bf. die ersatzlose Aufhebung der Abgabenbescheide wegen Verjährung. In den Jahren 2012 und 2013 seien von der zuständigen Abgabenbehörde keine nach außen erkennbare, auf die Abgabenfestsetzung gerichtete Amtshandlungen (sogenannte Unterbrechungs- oder Verlängerungshandlungen) im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO) gesetzt worden. Die erstmalige Festsetzung der Körperschaftsteuer für 2006 und 2007 mit den Bescheiden vom , zugestellt am , sei somit rechtswidrig.
Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch einen Senat des Bundesfinanzgerichts beantragt.
Das Finanzamt (FA) wies mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab und führte in der gesonderten Bescheidbegründung vom Folgendes aus:
„Gemäß den Bestimmungen des § 207ff BAO verjährt die Körperschaftsteuer 2006 grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2011 und die Körperschaftsteuer 2007 mit Ablauf des Jahres 2012.
Die Beschwerdeführerin ist Gruppenträgerin einer Unternehmensgruppe – der sogenannten „A-Gruppe“. Gruppenmitglieder sind die B-GmbH (StNr. X0), die C GmbH (StNr. X1), die D GmbH (StNr. X2) und die E GmbH (StNr. X3).
Zudem ist die „B GmbH“ die Komplimentär-Gesellschafterin und die „C GmbH“ die Kommanditistin bei den Personengesellschaften, F- CoKEG (idF kurz F. genannt, StNr. X4), der G KEG (G2 genannt, X5), bei der H KEG (H3, StNr. X6) sowie bei der K- KG (StNr. X7).
Bei der Bf. und den Gruppenmitgliedern sowie bei den mit der Gruppe verbundenen Personengesellschaften haben koordinierte Außenprüfungen stattgefunden, welche die Körperschaftssteuer, bzw. bei den Personengesellschaften die Einkünftefeststellung der Jahre 2005 bis 2008 zum Gegenstand gehabt haben. Das ist für die Beurteilung der Verjährung bedeutsam, weil eine nach außen erkennbare Amtshandlung bei einem Gruppenmitglied auch die Verjährung der Körperschaftssteuer bei der Gruppenträgerin (also der Bf.) verlängert. Ebenso unterbricht eine nach außen erkennbare Amtshandlung bei einer Personengesellschaft, an der ein Gruppenmitglied beteilig ist, die Verjährungsfrist zur Festsetzung der Körperschaftsteuer bei der Bf (für die Unternehmensgruppe).
In den Jahren 2010 bis 2015 sind insbesondere die nachfolgend aufgelisteten Verlängerungshandlungen gesetzt worden. Diese Amtshandlungen haben bewirkt, dass im Zeitpunkt der Erlassung der Körperschaftsteuerbescheide 2006 und 2007 an die Bf. im Jänner 2016 Verjährung noch nicht eingetreten war:
: Erlassung des Prüfungsauftrages an die Bf. zur Durchführung der Außenprüfung betreffend USt- und KöSt für die Jahre 2005 bis 2007. Dieser wurde am der Bf. ausgefolgt und die Zustellung von ihr bestätigt (Beilage A),
: Zustellung des BP-Berichtes vom über das Ergebnis der Außenprüfung des Gruppenmitgliedes “A K1 GmbH“ (Beilage B),
: Vorhalt im Zuge der Betriebsprüfung der B K2 KEG (Beilage H),
: E-Mail an den StV im Zuge der Betriebsprüfung der „C GmbH“ mit der Anforderung relevante Buchhaltungsunterlagen vorzulegen (Beilage I),
: E-Mail an den StV zur Festsetzung des Termins für die Schlussbesprechung () in A-Prüfungsfällen (Beilage J),
:Schlussbesprechung im Finanzamt Wien 3/11 betreffend die verbundenen „A-Prüfungsfälle, F., G2 und H3. Teilnehmer waren unter anderem der Geschäftsführers der Bf. und der StV. Es handelte sich hierbei um keine interne Besprechung. Diese Amtshandlung war indirekt auch auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2006 und 2007 bei der Bf. gerichtet. Die Unterzeichnung der Niederschrift über diese Schlussbesprechung erfolgte seitens der Steuerpflichtigen und ihrer StV im April 2013 und die Übermittlung der unterfertigten Niederschrift an das FA im Mai 2013 (Beilage C),
: Vorhalt an die Bf. betreffend Aufforderung zur Unterlagenvorlage für die laufende Betriebsprüfung (Beilage D),
: Übermittlung des Entwurfes der Niederschrift über die Schlussbesprechung und des BP-Berichtes betreffend die C GmbH an die steuerliche Vertretung per E-Mail (Beilage G),
: Übermittlung der Niederschrift über die Schlussbesprechung und des Berichtes betreffend die beschwerdeführende A Bf. an die steuerliche Vertretung per E-Mail (Beilage E),
: Übermittlung der ergänzten Niederschrift über die Schlussbesprechung samt Bericht betreffend die Bf. im Hinblick auf ihre Einwändungen vom per Mail und im Postwege. Die Zustellung erfolgte laut Rückschein (Rsb) nachweislich am (Beilage F).
Die genannten Dokumente über diese Verlängerungshandlungen (Beilage A bis J) sind Teil der Begründung und dieser angeschlossen.“
Die Bf. beantragte mit Schreiben vom fristgerecht die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Eine Begründung der Verjährungseinrede im Hinblick auf die detaillierte Darstellung der relevanten Unterbrechungshandlunge in der BVE enthielt der Vorlageantrag nicht.
Gemäß § 265 BAO legte die belangte Behörde mit Vorlagebericht vom die Bescheidbeschwerde samt bezugshabender Akten dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Nach Aufforderung durch das BFG reichte die Bf. mit Anbringen vom eine ergänzende Stellungnahme zur Verjährungseinrede ein. Darin brachte sie – abweichend von der bisherigen Begründung (keine Verlängerungshandlung 2012 und 2013) vor, dass in den Jahren 2014 und 2015 keine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung im Sinne des § 209 BAO erfolgt sei.
In diesem Schriftsatz wurde Folgendes ausgeführt:
„In den Jahren 2014 und 2015 erfolgte lediglich eine Kommunikation über die Abfassung von Niederschriften. Prüfungshandlungen oder sonstigen Ermittlungshandlungen hätten in beiden Jahren nicht mehr stattgefunden und seien daher unstrittig in der BVE auch nicht aufgezählt.
Der Literatur und Judikatur kann entnommen werden, dass die Durchführung einer Schlussbesprechung gemäß § 149 BAO und auch die Übermittlung eines Prüfungsberichtes gemäß § 150 BAO eine Verlängerungshandlung nach § 209 BAO ist. Ein Schreiben, dass sich in der Darlegung des Rechtsstandpunkts der Abgabenbehörde erschöpft, verlängert die Verjährungsfrist jedoch nicht (vgl. Ritz BAD6§ 209 BAD Rz 5 und Rz 13; -0198; ; , 0141).
Eine Schlussbesprechung hat, wie bereits der Eingabe vom zu entnehmen ist, im Jahr 2014 nicht stattgefunden. Vielmehr wurde (Anmerkung: mit der E-Mail vom ) eben nur der Entwurf einer Niederschrift zugesandt, in welcher der Rechtstandpunkt der Abgabenbehörde dargelegt wurde und zu der im Jahr 2015 Stellung genommen worden ist. Sonstige Hinweise auf Amtshandlungen im Jahr 2014 liegen nicht vor.
Da die Zusendung eines Entwurfs für eine Niederschrift über eine nicht stattgefundene Schlussbesprechung nicht als Verlängerungshandlung gewertet werden kann und somit im Jahr 2014 keine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung gesetzt worden ist, ist unseres Erachtens spätestens mit Festsetzungsverjährung für die Körperschaftsteuer der Jahre 2006 und 2007 eingetreten.“
Das Finanzamt gab zum ergänzenden Beschwerdevorbringen der Bf. im Schreiben vom eine Gegenäußerung ab:
Mit E-Mail vom sei dem StV betreffend die Betriebsprüfung bei der Bf. die vom Prüfer unterschriebene Niederschrift über die Schlussbesprechung inklusive des Berichtes übermittelt worden, mit dem Ersuchen das BP-Protokoll gegenzuzeichnen und damit der Beendigung der Prüfung unter Entfall einer mündlichen Schlussbesprechung zuzustimmen. Die Bf. sei mit dieser Vorgangsweise jedoch nicht einverstanden gewesen und habe mit Schreiben vom umfangreiche Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellung in Tz. 1 der Niederschrift erhoben. Aus diesem Grunde sei es erforderlich gewesen, die Außenprüfung unter Berücksichtigung des neuen Vorbringens der Bf. weiterzuführen. Am sei schließlich eine geänderte BP-Niederschrift samt Bericht unter Berücksichtigung der Einwendungen der Bf. vom übermittelt worden. In der Folge sei vom StV die Vorlage eines neuen entlastenden Beweismittels angekündigt und mit E-Mail vom sei eine eidesstattliche Erklärung des RA Z. eingereicht worden Dieses neue Beweismittel sei im noch laufenden Prüfungsverfahren der Beweiswürdigung unterzogen und der Bf. mit E-Mail vom das Beweisergebnis der Abgabenbehörde mitgeteilt worden sowie ein Termin für die Schlussbesprechung festgesetzt worden. Der gesamte E-Mail-Verkehr im Jahr 2015 zwischen der Bf. und dem FA (dem Prüfer) hätte unzweifelhaft darauf abgezielt, den offenen Sachverhaltspunkt betreffend den Gesellschaftsanteil an der XY- GmbH (X-Y) zu klären und das Prüfungsverfahren unter Wahrung des Parteiengehörs zu beenden. Die dabei von der Abgabenbehörde gesetzten Amtshandlungen hätten eindeutig nach außen erkennbar der Durchsetzung des Abgabenanspruches gedient und somit zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist geführt.
Darüber hinaus sei festzuhalten, dass sich auch sämtliche Prüfungshandlungen und sonstige Amtshandlungen des FA bei den Gesellschaften F. und G2 im Jahr 2006 und bei der H3 in den Jahren 2006 und 2007 auf das Gruppenergebnis – welches die Bemessungsgrundlage der angefochtenen KöSt-Bescheide bildet – ausgewirkt hätten. Unter anderem seien in den Feststellungsbescheiden der F. und G2 für das Jahr 2006 Einkünfte an die A T. GmbH und an die C GmbH zugewiesen worden, die sich über den Ergebnisabführungsvertrag wiederum auf die Körperschaftsteuerfestsetzung bei der Bf. als Gruppenträgerin ausgewirkt hätten. Der Feststellungsbescheid 2006 an die F. sei nachweislich am und der Feststellungsbescheid 2006 an die G2 am persönlich an die StV zugestellt worden. Am sei eine neuerliche Zustellung direkt an die G2 erfolgt.
Zudem sei anzuführen, dass die F., G2 und H3 selbst wiederum Beteiligungen an diversen Gesellschafen (sogenannten Zielgesellschaften) gehalten hätten. Bei einem Teil dieser Zielgesellschaften seien ebenfalls Betriebsprüfungen durchgeführt worden. Die bei diesen Zielgesellschaften vorgenommenen Prüfungshandlungen und die auf Grundlage des Prüfungsergebnisses erlassenen Feststellungsbescheide hätten Auswirkungen auf die Gewinn- bzw. Verlustzuweisung bei der F., G2 und H3 gehabt und würden somit ebenfalls Verfolgungshandlungen bei der Beschwerdeführerin darstellen. Auch diese abgabenbehördlichen Tätigkeiten seien Amtshandlungen, welche die Verjährungsfrist bei der Bf. betreffend KöSt-Festsetzung 2006 und 2007 der „A-Gruppe“ verlängert hätten. Als ein konkretes Beispiel werde die Beteiligung der H3 an der K3 GmbH & atypisch Stille (StNr. X11) genannt. An diese Gesellschaft seien am Wiederaufnahme- und Feststellungsbescheide 2006 und 2007 erlassen worden.
Das BFG übermittelte am den Parteien per E-Mail den Sachverhaltsvortrag für die mündliche Verhandlung vom einschließlich einer tabellarischen Übersicht über die maßgeblichen Verfolgungshandlungen in den Jahren 2010 bis 2015. Da der Sachverhaltsvortrag auch die in der Gegenäußerung des FA vom und die in einer schriftliche Mitteilung des beisitzenden Richters angeführte mögliche Amtshandlungen beinhaltete, wurde auch diese Unterlagen samt den Beweisquellen (Beilagen) der StV am Vortag per E-Mail übermittelt.
In der Verhandlung vor dem Senat des BFG am wurde von der Bf. durch ihre StV Folgendes ausgeführt:
„Erst gestern haben wir 3 E-Mails mit umfangreichen ergänzenden Unterlagen erhalten. Darin finden sich wesentliche Vorbringen in Zusammenhang mit den im Jahr 2014 von der Abgabenbehörde gesetzten Handlungen. Der Ausdruck der gesamten übermittelten Unterlagen hat einen Umfang von ungefähr 3 Ordnern. Es wird die Vertagung der Verhandlung beantragt, weil auf Grund der Kurzfristigkeit dieser Sachverhaltsinformation samt der zugehörigen Beweisquellen eine ordnungsgemäße Vorbereitung auf die heutige mündliche Verhandlung nicht möglich war. Es war auch nicht mehr möglich diese Unterlagen mit den Vertretern der Bf. durchzugehen und sich abzustimmen. Durch eine Entscheidung der Bescheidbeschwerde in der heutigen mündlichen Verhandlung werde somit das Recht auf Parteiengehör verletzt, weil wir keine angemessene Vorbereitungszeit hatten.
Inhaltlich stimmen wir der detaillierten Aufzählung des FA in der gesonderten Begründung der BVE insoweit zu, dass in den Jahren 2010 bis 2013 wirksame Unterbrechungshandlungen vorgelegen sind. Es ist für uns auch eindeutig geklärt, dass im Jahr 2015 eine Verlängerungshandlung iSd § 209 BAO vorliegt. Die diesbezüglichen Ausführungen in der BVE halten wir ausdrücklich für zutreffend.
Wir halten allerdings an unserer Meinung fest, dass die in der BVE angeführte E-Mail vom samt dem Anhang, welcher die Niederschrift inklusive des BP-Berichts enthielt, keine Verlängerungshandlung darstellt. Eine Schlussbesprechung hat in diesem Prüfungsfall betreffend die Bf. nie stattgefunden. Eine diesbezügliche Anmerkung in der Niederschrift mit dem Termin ist unrichtig. Diese Niederschrift ist unseres Erachtens ein rechtliches Nichts. Eventuell hat diese per Mail übermittelte Niederschrift den Charakter eines Aktenvermerks oder maximal die Wirkung eines Vorhaltes. Selbst wenn man die übermittelte Niederschrift vom als Vorhalt werten würde, dann stellt sich die Frage, welcher Inhalt der Niederschrift überhaupt vorhaltstauglich ist. Unseres Erachtens können das nur die Ausführungen zur X-Y in Tz 1 sein. Dieser Sachverhalt und die daran geknüpfte rechtliche Beurteilung hat aber für die Bemessungsgrundlage der angefochtenen KÖSt-Bescheide 2006 und 2007 gar keine Bedeutung. Wir sind jedoch der Meinung, dass diese E-Mail vom Finanzamt nur aus dem Grund versendet wurde, um die Verjährungsfrist zu verlängern, ansonsten ist diese Handlung aber zwecklos gewesen.
Bei den angefochtenen KöSt-Bescheiden handelt es sich um Erstbescheide. Wir sind dem Finanzamt jahrelang nachgelaufen, die betreffenden Veranlagungsverfahren abzuschließen.“
Dem wurde von der Amtsvertreterin in der mündlichen Verhandlung Folgendes entgegnet:
„Im Mittelpunkt steht offensichtlich die E-Mail vom betreffend die Zusendung der Niederschrift über die Schlussbesprechung samt Bericht bezüglich der Außenprüfung bei der Bf. Es handelt sich hierbei eindeutig um eine Amtshandlung, weil die E-Mail nach außen gerichtet ist. Die StV hat die E-Mail auch sicher erhalten und ihrerseits mit der E-Mail vom samt angeschlossenem Schriftsatz mit Einwendungen gegen die Feststellungen der BP darauf geantwortet. Diese E-Mail des Prüfers vom kann schon deshalb kein Aktenvermerk sein, wie es sich eindeutig um keinen internen Vorgang gehandelt hat. Die E-Mail enthält das behördliche Ersuchen, die vom Prüfer bereits unterschriebene Niederschrift gegenzuzeichnen. Dies stellt ein konkretes Angebot des Prüfers an die StV dar, durch die Gegenzeichnung der BP-Niederschrift das Prüfungsverfahren bei der Bf. zu beenden und damit im Gegenzug auch gleichzeitig dem Entfall der Abhaltung einer persönlichen Schlussbesprechung zuzustimmen. Hätte die StV dieses Angebot angenommen und die Niederschrift gegengezeichnet, wäre das Prüfungsverfahren damit effektiv beendet gewesen. Wie in der E-Mail angekündigt, wären in diesem Fall unmittelbar darauf die Erstbescheide erlassen worden. Eine Qualifikation der E-Mail als Vorhalt ist für die strittige Frage der Verjährung entbehrlich, letztlich ist für das FA entscheidend, dass diese E-Mail eine Amtshandlung darstellt, die als Verlängerungshandlung iSd § 209 BAO zu qualifizieren ist. Diese E-Mail war inhaltlich darauf gerichtet, das Prüfungsverfahren und in weiterer Folge das KÖSt-Veranlagungsverfahren 2006 und 2007 abzuschließen.
Es kann zwar ad hoc nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Zurechnung der Beteiligung an der X-Y an die Bf. und deren Bilanzierung bei der Bf. mit keinen konkreten steuerlichen Auswirkungen bezüglich der Festsetzung der KÖSt 2006 und 2007 verbunden war. Die Außenprüfung bei der Bf. hat unbestritten die Köst 2005 bis 2007 zum Gegenstand gehabt und sie hat damit insgesamt darauf abgezielt, festzustellen, ob bei der Bf. Umstände gegeben sind, die für die Festsetzung der KÖSt 2006 und 2007 von Bedeutung sind. Erst nach Abschluss dieses Prüfungsverfahrens konnten deshalb die KÖSt-Bescheide 2006 und 2007 erlassen werden. Der Abschluss dieses Prüfungsverfahrens bei der Bf. war somit auch auf den Abschluss der KöSt-Veranlagungen gerichtet, weil der Prüfungsabschluss eine Vorbedingung für die Erlassung der angefochtenen KöSt-(Erst)Bescheide 2006 und 2007 war.
Zudem liegt eindeutig der BP-Bericht an die H3 vom vor. Auf dem Deckblatt dieses Berichts befindet sich der Firmenstempel und die Unterschrift der StV mit dem handschriftlichen Vermerk „Original am übernommen“. Überdies wurde eine weitere Ausfertigung dieses BP-Berichtes vom 11.11.204 auch direkt der H3 zugestellt. Auf der Zweitschrift dieser Ausfertigung ist der Zustellnachweis in Form des handschriftlichen Vermerks „Original am übernommen“ über dem Firmenstempel der H3 und der Unterschrift des Übernehmers enthalten. Das ist für das FA ein klarer und einfach festzustellender Nachweis des Zugangs dieser Amtshandlung an die Bf.
Das FA vertritt daher die Ansicht, dass sowohl die E-Mail vom mitsamt ihrem Anhang als auch die Übermittlung des BP-Berichtes vom an die H3 die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlungen darstellen und beantragt die Beschwerde abzuweisen.“
In der mündlichen Verhandlung wurde der StV der vom FA angesprochene BP-Bericht an die H3 vom zur Durchsicht vorgelegt. Alle für die Prüfung des Vorliegens einer Verlängerungshandlung nach § 209 BAO relevanten Daten, sind bereits auf dem Deckblatt dieses BP-Berichtes enthalten. Auf dieser ersten Seite des BP-Berichtes befindet sich auch eine handschriftliche Übernahmebestätigung mit Firmenstempel und Unterschrift des StV („Original am übernommen“). Eine weitere Ausfertigung dieses BP-Berichtes wurde dem geprüften Unternehmen persönlich am ausgefolgt. Am Deckblatt dieser Berichtsausfertigung befindet sich der Firmenstempel der H3 mit Unterschrift unter dem handschriftlichen Vermerk „Original am übernommen“. Die Geschäftsführer der H3 sind die gleichen Personen wie bei der Bf. (Gf1 und Gf2).
Des Weiteren wurde der StV in der mündlichen Verhandlung der Bescheid über die Feststellung der Einkünfte für 2006 und 2007 der H3 vom , zugestellt am , zur Einsicht vorgelegt. Zur Beurteilung des Vorliegens einer Amtshandlung im Sinne des § 209 BAO genügt die Durchsicht der erste beiden Seiten dieser Bescheidausfertigungen. Daraus ist erkennbar, dass auch dem Gruppenmitglied „C GmbH“ ein Einkünfteanteil zugerechnet wurde und daher die Einkünftefestellungsbescheide der H3 für das Gruppeneinkommen 2006 und 2007 maßgeblich waren.
Von der StV wurden diese Dokumente zur Kenntnis genommen. Ein konkreter Einwand gegen den Nachweis einer Amtshandlung im Jahr 2014 durch diese beiden amtlichen Dokumente wurde von der StV nicht erhoben. Die StV monierte jedoch, dass sie sich auf Grund der Urkundenvorlage in der mündlichen Verhandlung kein ausreichendes Bild machen könne.
Zum aktenkundigen Sachverhalt
Auf Grund der bezugshabenden abgabenbehördlichen Akten steht folgender Sacherhalt ist:
Die Bf. ist Gruppenträgerin der sogenannten „A-Gruppe“. Das Gruppenmitglied „B GmbH“ ist Komplimentär-Gesellschafterin bei den vorgenannten Kommanditerwerbsgesellschaften (insb. der H3) und das Gruppenmitglied „C GmbH“ hat bei diesen Gesellschaften die Stellung der Kommanditistin. Geschäftsführer waren bei der Bf. sowie der „B GmbH“ und der C GmbH in Personalunion Gf1 und Gf2.
Jeder der drei Kommanditerwerbsgesellschaften (F., G2 u. H3) beteiligten sich ihrerseits wieder an mehreren GmbH’s und AG als atypisch stille Gesellschafterin (sogenannte Zielgesellschaften). Unter anderem haben sich die F., G2 und H3 an der K13 GmbH als atypisch stille Gesellschafter beteiligt.
Vom zuständigen Betriebsfinanzamt, welches im gegenständlichen Verfahren die belangte Behörde ist, wurden verbundenen Außenprüfungen bei den Unternehmen der A-Gruppe angeordnet und durchgeführt. Ebenso fanden Außenprüfungen bei den Zielgesellschaften statt.
Von der Bf. wurde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich außer Streit gestellt, dass in den Jahren 2010 bis 2013 und im Jahr 2015 vom Finanzamt Amtshandlungen im Sinne des § 209 BAO vorgenommen wurden. Hinsichtlich dieser erwiesenen Amtshandlungen genügt daher der Verweis auf die Ausführungen in der BVE sowie auf den in der mündlichen Verhandlung verlesenen Sachverhaltsvortrag und der dazu beigelegten tabellarischen Übersicht über die relevanten Amtshandlungen. Je eine Ausfertigung davon wurde den Parteien vor Beginn der mündlichen Verhandlung und per E-Mail am Vortag ausgefolgt und ist Teil der Verhandlungsniederschrift.
Im Jahr 2014 sind insbesondere folgende Tätigkeiten des FA im Zusammenhang mit der Veranlagung der Körperschaftssteuer 2006 und 2007 bei der Bf. aktenkundig:
Der Prüfer richtete am an die StV folgende E-Mail:
„Von: P11 [mailto: P.1@bmf.gv.at ]
Gesendet: Freitag, 19. Dezember 1014 10:11
An: StV1@auditpartner.at
Betreff: StNr.1 (A Bf.)
Sehr geehrte Fr. StV.1!
Wie mit Ihnen vor geraumer Zeit vereinbart, übersende ich Ihnen die Niederschrift über die Schlussbesprechung inkl. Bericht des geprüften Unternehmens mit der Bitte um Gegenzeichnung. Die Seite mit den Unterschriften als pdf-Datei bitte per mail an mich retoursenden. Die entsprechenden Bescheide (alles Erstbescheide) inkl. der beschriebenen Änderungen lt. BP-Bericht werden im Anschluss daran erlassen. Bei Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne für Informationen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
P,1
P,1
Finanzamt Salzburg-Land
Aignerstr. 10
5026 Salzburg
Tel.: XX1“
Der StV wurde im Jänner 2010 der Bescheid über einen Prüfungsauftrag betreffend die Bf vom zuständigen Betriebsfinanzamt, dem FA Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf, zugestellt. Darin sind die Finanzbediensteten P,1 und BP2, die ihre Büroanschrift im FA Salzburg-Land haben, als mit der Außenprüfung gemäß § 147 BAO beauftragten Personen ausgewiesen. Die StV stand mit dem Prüfer P,1 betreffend diese und andere Prüfungen der A-Gruppe in laufenden Kontakt und zwar persönlich, telefonisch und auch per E-Mail.
Die StV reagierte auf die E-Mail vom mit folgender E-Mail-Antwort:
„Von: StV11 [mailto: Vn.Dtv@auditpartner.at
Gesendet: Donnerstag, 15. Jänner 1015 14:16
An: P11
Cc: StV3; StV4 (Stv.4@auditpartner.at
Betreff: AW: StNr.1 (A Bf.)
Sehr geehrte Herr BP!
Anbei übermitteln wir Ihnen unsere Stellungnahme zu der mit dem unterstehenden E-Mail übermittelten Niederschrift im Entwurf und ersuchen um entsprechende Veranlassung, damit die Prüfung abgeschlossen werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
StV1
ap auditpartner Steuerberater Wirtschaftsprüfer
Mag. StV1, StB
Prokuristin
1220 Wien, Wagramer Straße 19/21. Stock“
In der Stellungnahme vom wurden von der Bf. wesentliche Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur gegen die Feststellung in Tz 1 der BP-Niederschrift erhoben. Die StV erklärte, dass es zwar richtig sei, dass die Bf. ein unentgeltliches Abtretungsrecht von 8% der Anteile an der X-Y habe, wenn bestimmte festgelegte Erfolgsfaktoren eintreten. Diese Voraussetzung, die zur Rechtswirksamkeit des Abtretungsrechtes der Bf. erforderlich gewesen wäre, sei jedoch nie eingetreten. Es werde beantragt, diese Ausführungen in die Niederschrift über die Schlussbesprechung aufzunehmen und bei der endgültigen Ausfertigung des BP-Berichtes zu berücksichtigen. Sollte die BP auf Grund des gegenständlichen Vorbringens der StV zu der Überzeugung gelangen, die Prüfung ohne die diesbezügliche Feststellung abschließen zu können, werde auf die Abhaltung einer Schlussbesprechung verzichtet.
Auf Grund der neuen Einwendungen der Bf. gegen die Feststellungen der BP – die ihr durch die Übermittlung der Niederschrift samt Bericht am zur Kenntnis gebracht wurden – wurde vom Prüfer die Außenprüfung fortgesetzt. Dem im Schreiben vom mit Argumenten unterlegtem Begehren, die Prüfung ohne die strittige Feststellung über die Zurechnung eines Anteiles an der X-Y an die Bf. abzuschließen, wurde von der BP nicht entsprochen. Der Prüfer kam jedoch dem Antrag auf Änderung der Niederschrift und des BP-Berichts durch Aufnahme der Ausführungen der Bf. im Schreiben vom nach.
Auf Nachfrage der Bf. gab die BP mit E-Mail vom ausführlich die Gründe für das unveränderte Festhalten am Beweisergebnis und an der rechtlichen Beurteilung nach Tz. 1 der Niederschrift bekannt. Ein Abgehen von dieser Feststellung käme nur bei tatsächlicher Offenlegung des wirtschaftlichen Eigentümers dieser Gesellschaftsanteile an der X-Y in Betracht und nur unter dieser Voraussetzung sei eine persönliche Besprechung der Sache im Rahmen einer Schlussbesprechung verfahrensökonomisch. Gleichzeitig wurde der Bf. die abgeänderte Niederschrift mitsamt dem Bericht – worin die Einwendungen vom aufgenommen wurden – übermittelt, und wiederum ersucht durch deren Gegenzeichnung den Abschluss der Prüfung – ohne Abhaltung einer persönlichen Schlussbesprechung - zuzustimmen.
Die StV entgegnete per E-Mail vom , dass die Bf. sich um einen Entlastungsbeweis in Form einer eidesstattlichen Erklärung des Treuhänders RA Z. bemühen werde. Damit soll bestätigt werden, dass Z. zu keinem Zeitpunkt für die Bf. Anteile an der X-Y treuhändig gehalten habe. Am wurde die angekündigte eidesstaatliche Erklärung des RA Z. als neues Beweismittel für den Standpunkt der Bf. der BP übermittelt.
Am richtete der Prüfer folgendes E-Mail an den StV:
„Die eidesstaatliche Erklärung des RA Z. ändert nichts an der Tatsache, dass bis heute gegenüber der Behörde nicht offengelegt wurde, wer die Anteile an der X-Y tatsächlich gehalten hat. Solange diese Offenlegung nicht passiert, geht die Abgabenbehörde davon aus, dass ein 8%-iger Anteil der Bf. zuzurechnen ist. Wenn Sie die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse betreffend diesen Geschäftsanteil doch noch offenlegen wollen, haben Sie dazu im Zuge der Schlussbesprechung zu diesem Prüfungsfall am , 11:00 Uhr im FA Salzburg Land, Zimmer: *** Gelegenheit.
Sollte diese Offenlegung im Zuge der Schlussbesprechung nicht beabsichtigt sein, ist dem Parteiengehör durch den vorangegangenen Schriftverkehr genüge getan und ist der Prüfungsfall nach Aktenlage abzuschließen.“
Im Jahr 2014 ist außerdem nachgewiesen, dass der BP-Bericht vom betreffend die H3 von der Steuerpflichtigen am und der StV am übernommen wurde. Auf Grund der Feststellungen dieser abgabenbehördlichen Prüfung sind an die H3 die Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2006 und 2007 vom ergangen und dieser nachweislich am zugestellt worden. In diesen Feststellungsbescheiden gemäß § 188 BAO für die Jahre 2006 und 2007 vom wurde ein Einkünfteanteil des Gruppenmitgliedes „C GmbH“ festgestellt. Gegen die F-Bescheide 2006 und 2007 der H3 hat die StV mit Schriftsatz vom nachweislich Bescheidbeschwerde erhoben.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
In jeder Phase des Verfahrens ist von Amts wegen zu beachten, dass Abgaben nach Eintritt der Verjährung nicht mehr festgesetzt werden dürfen. Der Eintritt der Verjährung führt zur sachlichen Unzuständigkeit der Behörde (Ritz, BAO4, § 208 Tz 3 f mit weiteren Nachweisen).
Gemäß § 207 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt für die Einkommensteuer fünf Jahre.
Die allgemeine Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO). Werden von der Abgabenbehörde innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen(§ 209 Abs. 1 BAO).
Zudem gibt es die absolute Verjährung. Danach verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches unabhängig von Verlängerungshandlungen (absolute Verjährung; § 209 Abs. 3 BAO). Diese Frist beginnt mit der Entstehung des Abgabenanspruches zu laufen.
Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (§ 4 Abs. 1 BAO).
Bei der veranlagten Einkommensteuer und Körperschaftsteuer ist das der Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO). Die allgemeine Verjährungsfrist nach § 208 Abs. 1 BAO und die absolute Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 3 BAO beginnen bei der Körperschaftssteuerveranlagung somit gleichzeitig zu laufen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt eine Unterbrechungshandlung nach § 209 Abs. 1 BAO voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt. Dem Schritt der Abgabenbehörde muss - über den bloßen Selbstzweck der angestrebten Unterbrechung der Verjährungsfrist hinausgehend - eine Funktion im Hinblick auf die Geltendmachung des Steueranspruches zukommen ().
Nach außen erkennbar ist eine Amtshandlung, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt, sodass diese behördliche Tätigkeit im Außenbereich wahrnehmbar ist. Außerdem muss die Amtshandlung zumindest im Ergebnis auf die Geltendmachung des betreffenden Abgabenanspruches oder die Feststellung von Abgabenpflichtigen ausgerichtet sein (vgl. VwGH, , Zl. 2004/13/0080, mwN). Die Amtshandlung muss, um Unterbrechungswirkung zu haben, nach außen wirksam und nach außen einwandfrei erkennbar sein (, mwN).
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist auch ein Telefongespräch zwischen der Abgabenbehörde und dem Abgabepflichtigen (oder dessen Vertreter) eine nach außen erkennbare Amtshandlung, wenn es erwiesen ist, dass dabei von Organen der zuständigen Abgabenbehörde konkrete Fragestellungen zu einer konkreten Abgabe erfolgten (vgl. und Ritz, BAO5, § 209 Tz 2 sowie Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 209 Anm. 3).
Abgabenbehördliche Prüfungen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Amtshandlungen, die die Verjährungsfrist verlängern (vgl. Ritz, BAO6, § 209 Tz. 13 unter Hinweis auf und viele weitere höchstgerichtliche Entscheidungen). Eine solche die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung sieht der Verwaltungsgerichtshof auch in der Schlussbesprechung (vgl. -0198) und in der Übermittlung des Prüfungsberichtes (). Ebenso verlängern Vorhalte, Ergänzungsersuchen, Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen die Verjährungsfrist (Ritz, BAO6, § 209 Tz. 10). Das Höchstgericht gesteht damit offensichtlich allen nach außen hin erkennbaren Prüfungshandlungen verjährungsverlängernde Wirkung zu, die im Zeitfenster zwischen der Aufforderung des Prüfers zur Vorlage der Bücher, Aufzeichnungen oder sonstigen Unterlagen und der Übermittlung des abschließenden Prüfberichtes liegen (Ritz, BAO5, Tz 7 unter Hinweis auf 95/61; , ecolex 1999, 126; ).
Da es bei Außenprüfungen keinen Schriftlichkeitsgrundsatz gibt, können solche Prüfungshandlungen auch Gespräche, Telefonate oder E-Mails sein, sofern es erwiesen ist, dass konkrete Fragen gestellt bzw. (Unterlagen)Anforderungen vorgenommen wurden, die sich auf die zu prüfende Abgabe bezogen.
Es ist weder erforderlich, dass der Amtshandlung eine zutreffende Rechtsansicht zu Grunde liegt, noch dass die behördlichen Schritte zum Beweisthema etwas beizutragen vermögen. Auch nicht notwendige oder gesetzwidrige Verwaltungsakte habe genauso verjährungsverlängernde Wirkung.
Der in § 85 BAO und § 92 BAO zum Ausdruck kommende Schriftlichkeitsgrundsatz von Anbringen und bescheidmäßigen Erledigungen kann - wie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig zeigt - nicht auf Unterbrechungshandlungen betreffend die Verjährung zur Anwendung kommen.
Für den konkreten Beschwerdefall bedeutet dies Rechtslage:
Nicht in Streit steht und durch die Belege des Verwaltungsaktes eindeutig erwiesen ist, dass durch Amtshandlungen der belangten Behörde jeweils in den Jahren 2010 bis 2013, die auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2006 und 2007 bei der Bf. gerichtet waren, die Verjährungsfirst gemäß § 209 BAO bis zum verlängert wurde.
Zu prüfen ist allerdings die Streitfrage, ob vom zuständigen FA auch im Jahr 2014 eine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung gemäß § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurde. Die Abgabenbehörde führt die vorstehend zitierte E-Mail vom unter Anschluss der vom Prüfer unterzeichneten Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 BAO und des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO als wirksame Unterbrechungshandlung ins Treffen.
Diese E-Mail war zweifelsfrei als behördlicher Akt des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15/Schwechat Gerasdorf, das für die Veranlagung der KöSt der Bf. zuständig ist, erkennbar. Im Prüfungsbericht vom ist ausgewiesen, dass das Prüfungsorgan, der Bedienstete P,1 im Auftrag und für das FA Wien 3/6/7/11/15/Schwechat Gerasdorf die Außerprüfung bei der Bf. durchführt. Ebenso ist dieses Prüfungsorgan, dessen ständiges Büro sich in seiner Stammdienststelle FA Salzburg Land befindet, bei anderen Unternehmen der „A-Gruppe“ für die belangte Behörde tätig geworden. Dementsprechend ist auf der mit der E-Mail vom übermittelten BP-Niederschrift auch das FA Wien 3/6/7/11/15/Schwechat Gerasdorf als für die Außenprüfung zuständige Abgabenbehörde ausgewiesen.
Die Mail-Nachricht vom ist von der amtlichen E-Mailadresse des Prüfers ( P.1@bmf.gv.at ) an die Firmenemailadresse der StV ( Vn.Dtv@auditpartner.at ) gesendet worden. Im Betreff sind die Steuernummer und der Firmenname der Bf. angeführt. Der Prüfer und die StV haben auch schon davor über diese beruflichen E-Mail-Adressen in gleicher Art und Weise im Rahmen von Außenprüfungen bei Unternehmen der „A-Gruppe“ verfahrensbezogen kommuniziert (z.B. Zusendung von Vorhalten und Vorhaltsbeantwortungen). Bedenken am offiziellen und amtlichen Charakter der E-Mail vom bestehen daher nicht.
Die E-Mail vom ist bei der StV der Bf. auch nachweislich eingegangen. Die StV hat mit Antwort-Mail vom eine Stellungnahme mit wesentlichen Einwendungen gegen die Feststellung in Tz. 1 der erhaltenen BP-Niederschrift erhoben. Damit hat die StV zwar das Angebot des Prüfers, durch Gegenzeichnung der Niederschrift das Prüfungsverfahren ohne tatsächliche Abhaltung einer Schlussbesprechung abzuschließen, abgelehnt. Sie hat aber das gleichzeitig durch die Zusendung der Niederschrift mitgeteilte Ergebnis der Außenprüfung zur Kenntnis genommen und dagegen mit der Stellungnahme vom inhaltliche Einwendungen erhoben. Aus diesem Grunde wurde die Außenprüfung schließlich fortgesetzt.
Die Außenprüfung bei der Bf. hatte die Körperschaftsteuer 2005 bis 2007 zum Gegenstand. Die Zusendung der vom Prüfer unterfertigten Niederschrift und des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung mit den Erklärungen in der E-Mail vom war mit Gewissheit eine abgabenbehördliche, außenwirksame Amtshandlung, die auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer der Jahre 2006 und 2007 gerichtet war.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Niederschrift tatsachenwidrig angeführt wurde, die Schlussbesprechung habe in Salzburg am stattgefunden. Selbst ein rechtwidriger Verwaltungsakt kann eine wirksame Verlängerungshandlung darstellen, wenn er die Tatbestandsmerkmale des § 209 Abs. 1 BAO erfüllt.
Ein abgabenbehördliches Prüfungsverfahren wird mit dem Prüfungsauftrag durch Bescheid eingeleitet und hat seinen rechtsförmlichen Abschluss erst mit der Erlassung der prüfungsgegenständlichen Abgabenbescheide (UFS, RV/0400-G/07 mit Hinweis auf Stoll, BAO, 1658). Daraus folgt, dass eine auf den Abschluss einer Betriebsprüfung betreffend die Körperschaftssteuer 2005 bis 2007 gerichtete Amtshandlung, automatisch auch auf die Erlassung der Körperschaftsteuerbescheide dieser Veranlagungsjahre gerichtet ist.
Die E-Mail vom war auf den Abschluss der Außenprüfung bei der Bf., welche die Körperschaftsteuer 2005 bis 2007 zum Prüfungsgegenstand hatte - in zweifacher Weise gerichtet: Durch das konkrete Angebot, mittels Gegenzeichnung und Rücksendung der übermittelten BP-Niederschrift sollte diese Betriebsprüfung – mit Zustimmung der Bf. - ohne Abhaltung einer Schlussbesprechung beendet werden. Gleichzeit wurde der Bf. damit auf schriftlichem Wege das Ergebnis der Außenprüfung zu Gehör gebracht und auf diese Weise das Prüfungsverfahren vorangetrieben.
Beide mit der E-Mail vom verfolgten Zielsetzungen des Prüfers stellen folglich eine außenwirksame, auf die Festsetzung der Körperschaftssteuer 2006 und 2007 gerichtete Amtshandlung des zuständigen FA dar. Diese Amtshandlung wurde daher von der belangen Behörde zu Recht als Verlängerungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO qualifiziert.
Seit dem Erkenntnis, , 95/14/0021, gilt in ständiger Rechtsprechung des VwGH, dass Grundlagenbescheide (§ 188 BAO), die eindeutig auf die Geltendmachung von bestimmten Abgabenansprüchen gerichtet sind, für die Verjährung dieser Abgaben (z.B. ESt, KöSt der Beteiligten) auch dann bedeutsam sind, wenn sie nicht vom für die Abgabenerhebung örtliche zuständigen Finanzamt erlassen wurden. Dies gilt auch für Amtshandlungen, die auf die Erlassung solcher Feststellungsbescheide gerichtet sind, wie z.B. Vorhalte oder Außenprüfungen.
Diese Grundsätze gelten auch im Bereich der Gruppenbesteuerung; daher verlängert beispielsweise eine solche Amtshandlung beim Gruppenmitglied die Verjährung der Körperschaftsteuer des Gruppenträgers (Ritz, BAO6, § 209 Tz. 9).
Außer der E-Mail vom betreffend die Außenprüfung bei der Bf. wurde im Jahr 2014 der H3 der BP-Bericht vom und die Bescheide über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO vom nachweislich im November 2014 zugestellt. Darin wurde ein Einkünfteanteil des Gruppenmitglieds „C GmbH“ festgestellt. Der Abschluss der Außenprüfung bei der H3 durch Zustellung des BP-Berichtes und die Erlassung der Einkünftefeststellungsbescheide 2006 und 2007 an die H3 im Jahr 2014 waren für das bei der Bf. zu versteuernde Gruppeneinkommen bedeutsam. Deshalb wirken diese beiden Amtshandlungen gegenüber der H3 zweifelsfrei auch als Verlängerungshandlungen gemäß § 209 Abs. 1 BAO, die auf die Festsetzung der Körperschaftssteuer 2006 und 2007 bei der Bf. gerichtet sind und haben somit auch den Ablauf dieser Verjährungsfrist unterbrochen.
Die beiden Geschäftsführer der Bf. (Gf1 und Gf2) sind in Personalunion ebenso die Geschäftsführer bei der H3 sowie bei deren Komplementärin (B GmbH) und deren Kommanditistin (C GmbH). Die Zustellung des BP-Berichtes und der F-Bescheide 2006 und 2007 an die H3 im November 2014 sind daher für die Bf. offenkundige Tatsachen, die ihr ohnehin schon bekannt sein mussten.
Für die Beurteilung, ob diese beiden behördlichen Schriftstücke (der o.a. BP-Bericht und die F-Bescheide 2006 und 2007 an die H3) wirksame Amtshandlungen im Sinn des § 209 Abs. 1 BAO sein können, genügte die Durchsicht weniger Seiten und Prüfung weniger Fakten: des Deckblattes des BP-Berichts samt darauf befindlichen Zustellnachweis sowie der ersten beiden Seiten der F-Bescheide sowie der dazugehörigen Rsb-Rückscheine. Durch die Vorlage dieser beiden einfach zu prüfenden Beweismittel in der mündlichen Verhandlung hatte die Bf. und deren StV ausreichend Gelegenheit sich ein vollständiges Bild von der Sach- und Beweislage zu machen.
Es gehört zum Wesen einer mündlichen Verhandlung, dass bislang noch nicht bekannte Tatsachen (z.B. bei Zeugenaussagen) hervorkommen können und durch die Unmittelbarkeit und Vollständigkeit der Tatsachenerörterung und Beweisführung das Parteiengehör in förmlicher Weise gewahrt wird.
Von der StV wurden keine inhaltlichen Einwände gegen die Zustellung des BP-Berichtes und der F-Bescheide an die H3 im Jahr 2014 vorgebracht, obwohl dies im Rahmen der mündlichen Verhandlung ohne eine Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte in vollem Umfang möglich gewesen wäre. Für den erkennenden Senat sind daher keine sachlichen Gründe vorgelegen, der Bf. eine Art „Bedenkzeit“ zu Tatsachen und Beweise, die ihr überdies bekannt sein mussten durch eine Vertagung der Entscheidung einzuräumen.
Durch jede die drei vorgenannten Amtshandlungen im Jahr 2014 wurde die Verjährungsfrist zur Festsetzung der Körperschaftsteuer 2006 und 2007 um ein weiteres Jahr bis zum verlängert.
Von der Bf. wurde ausdrücklich außer Streit gestellt, dass im Jahr 2015 ebenfalls eine wirksame Verlängerungshandlung erfolgt ist. Von der Bf. wurde in der mündlichen Verhandlung anerkannt, dass in der gesonderten Bescheidbegründung zur BVE bereits eine solche Verlängerungshandlung im Detail angeführt worden ist und dazu der entsprechende Belegnachweis angeschlossen war. Eine weitere Begründung für die Verlängerung der Verjährungsfrist bis zum war daher entbehrlich.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Die Lösung des gegenständlichen Falls war von der Beurteilung der Rechtsfrage abhängig, ob von der belangten Behörde im Jahr 2014 eine die Verjährung verlängernde Amtshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO betreffend die Körperschaftsteuer 2006 und 2007 gesetzt wurde. Die drei dargestellten Amtshandlungen sind im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des VwGH solche Verlängerungshandlungen, weshalb die Revision für nicht zulässig zu erklären war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7104783.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at