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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.09.2018, RV/7101840/2015

GmbH - Alineare Aufteilung des Veräußerungserlöses

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., X., vertreten durch LBG Niederösterreich Steuerberatung GmbH, 2640 Gloggnitz, Wiener Straße 2, gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom , betreffend Einkommensteuer 2012, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Spruchbestandteil.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) bezog im Jahr 2012 neben Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus Kapitalvermögen aus seiner Beteiligung an der IT- XY GmbH.

Im Juli 2012 wurden die gesamten Anteile der GmbH durch die fünf Gesellschafter, welche mit unterschiedlichen Prozentsätzen beteiligt waren, verkauft. Der Erlös wurde in zwei Tranchen in den Jahren 2012 und 2013 ausbezahlt. Die Verteilung des Veräußerungserlöses erfolgte nicht den Beteiligungsverhältnissen entsprechend.

Dem Bf wurde ein geringerer prozentueller Anteil zugewiesen, als seiner Beteiligung entsprach. Begründet wurde dies damit, dass 2010 eine Kapitalerhöhung durchgeführt wurde und zwei neue Gesellschafter hinzugekommen seien, wobei ein Unternehmenswert von EUR 2.000.000 zu Grunde gelegt worden sei.

Tatsächlich hätte beim Verkauf 2012 nur ein Erlös von EUR 1.400.000 erzielt werden können. In den Jahren ab 2010 seien durch die GmbH Verluste erwirtschaftet worden. Sämtliche Gesellschafter seien in der GmbH beschäftigt gewesem und hätten dort Einkünfte erzielt. Bei Verteilung des Erlöses aufgrund der Beteiligungsverhältnisse hätten sich bei den ab 2010 neu eingetretenen Gesellschaftern Verluste - diese hätten auch Agiobeträge einbezahlt - ergeben, welche nicht mit anderen Einkünften ausgleichsfähig seien.

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2012 vom die Einkünfte aus der Veräußerung der Anteile (Einkünfte aus Kapitalvermögen) entsprechend der prozentuellen Beteiligung und unterzog diese dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a EStG 1988.

In der Begründung verwies das FA u.a. darauf, dass der Anteil der Beteiligung des Bf laut Vertrag 33,77% betrage. Für die Ermittlung der Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung seien daher 33,77% vom Veräußerungserlös abzüglich der Anschaffungskosten zum Ansatz gebracht worden.

Der steuerlich vertretene Bf erhob mit Schriftsatz vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 Beschwerde und beantragte die Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärungsgemäß in Höhe von EUR 50.520,00 anstatt in Höhe von EUR 102.390,00 zu berücksichtigen und daher die Sondersteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von EUR 12.630,00 anstatt in Höhe von EUR 25.597,50 festzusetzen.

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Die erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen stammen aus dem Verkauf der Beteiligung an der IT- XY GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von EUR 396.815,48, an welcher Herr L. mit einer Stammeinlage von EUR 134.000,00 (anteilig mit 33,77 %) beteiligt war. Alle Österreichischen Gesellschafter haben damals bei diesem Share-Deal ihre Anteile gleichzeitig mit dem Erwerber verhandelt und verkauft. Insgesamt betrug der Veräußerungserlös aus dem Verkauf aller Anteile EUR 1.400.000,00, wobei der Veräußerungserlös in zwei Tranchen zu je EUR 700.000,00 zugeflossen ist. Die erste Tranche wurde in 2012 ausbezahlt, die zweite Tranche war abhängig vom Erreichen eines bestimmten Jahresziels und wurde in 2013 ausbezahlt. In der Anlage übermitteln wir Ihnen eine Aufstellung der in 2012 und 2013 zugeflossenen Veräußerungserlöse samt Aufteilung auf die Gesellschafter.

Die Gesellschafter haben in Privatautonomie aus wirtschaftlichen Gründen (anhand des persönlichen Engagements der einzelnen Gesellschafter) einstimmig beschlossen, dass der Veräußerungserlös nicht entsprechend den Gesellschaftsanteilen sondern alinear aufgeteilt wird. Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich bei den Gesellschaftern nicht um Angehörige handelt und daher eine wirtschaftliche Begründung grundsätzlich anzunehmen ist.

Weiters möchten wir darauf hinweisen, dass im Gesellschaftsvertrag (in § 6 Abs 5), welchen wir in der Anlage in Kopie übermitteln ausdrücklich geregelt ist, dass eine alineare Gewinnverteilung des allfällig zur Ausschüttung gelangenden Bilanzgewinnes abweichend von den Beteiligungsverhältnissen von den Gesellschaftern beschlossen werden kann. In diesem Fall erfolgten zwar keine laufenden Gewinnausschüttungen, jedoch wurden die Bilanzgewinne quasi beim Veräußerungserlös mitausgeschüttet.
Unseres Erachtens ist die Regelung daher auch auf die Verteilung des Veräußerungserlöses analog anwendbar.

Auch laut den Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 549) sind alineare Gewinnausschüttungen grundsätzlich zulässig, wenn sie gesellschaftsvertraglich gedeckt und wirtschaftlich begründet sind. Zur alinearen Verteilung von Veräußerungserlösen findet sich zwar in den Körperschaftsteuerrichtlinien keine Aussage, jedoch ist unseres Erachtens auch diesfalls von einer analogen Anwendbarkeit der Regelung zur alinearen Gewinnausschüttung auszugehen.

Die Veräußerungserlöse sind auch entsprechend der einstimmigen Gesellschaftervereinbarung tatsächlich so geflossen. Eine davon abweichende Behandlung durch die Behörde führt zu einer völlig den tatsächlichen Verhältnissen widersprechenden und nicht zulässigen steuerlichen Behandlung..."

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom  mit folgender Begründung ab:

"Der Beschwerdeführer war mit 33,77% an einer GmbH beteiligt, deren Gesellschafter mit Notariatsakt vom 100% der Anteile zu einem Abtretungspreis von insgesamt 1.400.000 € abgetreten haben. Der Abtretungspreis wurde je zur Hälfte in den Jahren 2012 und 2013 ausbezahlt. Die anteiligen Anschaffungskosten der Beteiligung betrugen 134.000 €.

Die Gesellschaft wurde 2002 gegründet und wurde 2006 von 3 neuen Gesellschaftern übernommen. Der Beschwerdeführer erwarb eine Beteiligung von 40 %. In weiterer Folge wurden Kapitalerhöhungen vorgenommen und sind im Jahr 2010 2 neue Gesellschafter hinzugekommen, die auch Agiobeträge einbezahlt haben.

Zum Zeitpunkt der Veräußerung war das Stammkapital folgendermaßen verteilt:

33,77 %; 33,77 % (L); 16,88 %; 13,07 %; 2,51 %.

In der Einkommensteuererklärung wurden vom 2012 ausbezahlten Betrag lediglich anteilige Einnahmen von 26,36 % angeführt. Das Finanzamt hat dem Bescheid aufgrund der Beteiligungsverhältnisse anteilige Einnahmen von 33,77% zugrunde gelegt und die entsprechenden Einkünfte mit dem Sondersteuersatz von 25 % versteuert.

In der Beschwerde wird nun ausgeführt, dass eine alineare Aufteilung des Veräußerungserlöses vorgenommen wurde und keine "Angehörigen" vorliegen, weiters, dass laut Gesellschaftsvertrag eine alineare Gewinnausschüttung möglich sei und keine laufenden Gewinnausschüttungen getätigt wurden, sondern diese daher mit dem Veräußerungserlös mitausgeschüttet wurden.

Im Vorhalteverfahren wird ergänzt, dass das Unternehmen 2010 mit 2.000.000 € bewertet wurde und letzten Endes 2012 lediglich 1.400.000 € erzielt werden konnten. "Offenbar hatten die Neu-Gesellschafter für den Erwerb ihrer Anteile am Stammkapital in 2010 zu viel bezahlt". Deshalb wurde eine Einigung getroffen, wonach die NeuGesellschafter mehr als ihren Anteil am Stammkapital erhielten, da diese ansonsten einen realen Vermögensverlust erzielt hätten.

Sämtliche Gesellschafter haben von der GmbH selbständige bzw nichtselbstänidge Einkünfte bezogen. Es ist davon auszugehen, dass die Gesellschafter eine den Arbeitsleistungen entsprechende Entlohnung erhalten haben und aus diesem Grund eine abweichende Verteilung des Veräußerungserlöses nicht in Betracht kommt.

Ein Generalversammlungsbeschluss betreffend eine abweichende "Gewinnverteilung" wurde nicht vorgelegt und ist auch aufgrund der Verluste ein ausschüttungsfähiger Gewinn nicht vorhanden. Die GmbH hat lediglich bis zum Jahr 2009 Gewinne erzielt. Diese wären ausschließlich den Altgesellschaftern zuzurechnen.

Die Tatsache, dass durch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Verluste entstehen, ist nicht ungewöhnlich und zählt zum üblichen Unternehmerrisiko. Allerdings sind diese Verluste nicht mit anderen Einkünften ausgleichsfähig.

Insgesamt wurden unterschiedliche Verteilungsmaßstäbe angesetzt - auch zwischen den Altgesellschaftern und auch jeweils in den Jahren 2012 und 2013. Diesbezüglich vorgelegt wurde lediglich eine Überweisungsinstruktion über die an die Gesellschafter auszuzahlenden Beträge. Worauf diese unterschiedliche Erlösverteilung basiert, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen und ist somit von Einkommensverwendung auszugehen und sind daher die Erlöse entsprechend der prozentuellen Beteiligung zuzuordnen.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen."

Der Bf stellte einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO und verwies zunächst auf die Ausführungen in der Beschwerde sowie auf die Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung vom .

Darüber hinaus wurde um Berücksichtigung der am an das FA (Herrn Dr. Y.) übermittelten E-mail mit der Stellungnahme von Herrn Dr. O. P. ersucht.

Weiters wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gem § 274 BAO beantragt und folgende ehemalige Gesellschafter der ehemaligen IT- XY GmbH (FN ...; nunmehr: W.) als Zeugen namhaft gemacht:

Herr L.
Herr B.
Herr D.
Herr Mag. E. und
Herr H. M.
Außerdem wurde auch Herr Dr. O. P. als Zeuge beantragt. 

Folgender Schriftverkehr zwischen der Steuerberatung und dem FA liegt in den Akten auf:

E-Mail der LBG vom an das FA (Herrn F.):

"...Wie Sie uns in der letzten Besprechung mitgeteilt haben, benötigt das Finanzamt weitere Beweismittel, die unsere Ausführungen betreffend die alineare Verteilung des Veräußerungserlöses aus der Beteiligung von Herrn L. an der IT GmbH untermauern.

Wir haben dies Herrn Lu mitgeteilt, der daraufhin Kontakt mit Herrn Dr. O. P. aufgenommen hat, da Herr Dr. O. P. damals als Unternehmensberater beim Verkauf der Anteile tätig war und bei den Verhandlungen zwischen den ehemaligen Gesellschaftern der IT - XY GmbH anwesend war und somit als Zeuge dienen kann. Herr Dr. P. hat sich auch dazu bereit erklärt, als Zeuge auszusagen und hat die in der Anlage übermittelte Stellungnahme verfasst. Darin werden unsere bisherigen Ausführungen eindeutig bestätigt.

Wir ersuchen daher das Finanzamt um eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer 2012 von Herr L. gemäß § 303 BAO und ersuchen, die Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärungsgemäß in Höhe von EUR 50.520,00 anstatt in Höhe von EUR 102.390,00 zu berücksichtigen und daher die Sondersteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von EUR 12.630,00 anstatt in Höhe von EUR 25.597,50 festzusetzen."

Stellungnahme (E-Mail) von Dr. O. P. vom zum Unternehmensverkauf der IT- XY GmbH:

"Ich war in den Jahren 2008 bis 2012 "Associated Partner" bei der Unternehmensberatungsgesellschaft I. GmbH, die sich hauptsächlich mit der Beratung bei Kauf und Verkauf von Unternehmen und Beteiligungen beschäftigt hat.

Einer unserer Klienten war die IT- XY GmbH. Hier war ich als "mandate holder'' der verantwortliche Ansprechpartner. Wir haben die Gesellschaft und deren Gesellschafter in vielen Fragen der Finanzierung, der Unternehmensstrategie, der möglichen Förderungen und der internationalen Entwicklung beraten.

2011 übernahmen wir hier ein weiteres Mandat zur Suche nach möglichen Investoren zur Eigenkapitalstärkung und zur Unterstützung der internationalen Expansion. Im Zuge dieser Investorensuche zeigte sich ein Interesse der We. GmbH zur Übernahme aller Gesellschaftsanteile von den bisherigen Gesellschaftern der IT.

Nach ersten positiven Gesprächen hat sich das als vorsichtig interessante Möglichkeit für die Gesellschafter gezeigt, weitere Analysen seitens We. führten zu einem "Letter of lntent" seitens We. mit dem - kurzgefassten - Anbot, die Gesellschaft zu einem Unternehmenswert von 1,92 Mio EUR abzüglich der Finanzverbindlichkeiten zu übernehmen. Die Auszahlung dieser Summe sollte in zwei Teilen erfolgen, einer garantierten Fixzahlung und einer weiteren Zahlung nach einem Jahr und bei Erreichung verschiedener finanzieller Ziele.

Dies führte zu heftigen internen Diskussionen im Gesellschafterkreis, da die beiden später hinzugetretenen Gesellschafter Mag. E. und H. M. ihre Gesellschaftsanteile im Jahre 201 0 unter Zugrundelegung eines NettoUnternehmenswertes von 2 Mio EUR erworben hatten. Sie hätten also bei Annahme des ersten Anbots von We. (Enterprise Value 1,92 Mio EUR abzügl. Finanzverbindlichkeiten 0,5 Mio EUR abzügl. Beratungskosten 0,13 Mio EUR) einen wesentlich geringeren Betrag als bei ihrem Einstieg in das Unternehmen erhalten.
Hier musste eine Lösung gefunden werden, bei der den Neugesellschaftern mit wenig Risiko ihr eingesetztes Kapital zurückgeführt werden konnte, da sie ansonsten der Unternehmenstransaktion nicht zugestimmt hätten.

Während dieser Zeit der laufenden Verhandlungen wurde seitens We. das Anbot geändert: Netto-Kaufpreis von maximal 1 ,4 Mio EUR, zahlbar in zwei Tranchen. Die erste Tranche von 0,7 Mio EUR bei Eigentumsübergang fix, die zweite Tranche (bzw. deren Höhe) maximal ebenfalls 0,7 Mio EUR, allerdings abhängig vom Erreichen verschiedener Ziele (hauptsächlich Umsatz). Dies - bei immer grösser werdenden Zeitdruck - hat die Diskussion unter den Gesellschaftern noch verstärkt.

Die Lösung, die intern im Gesellschafterkreis nach zahlreichen, zum Teil sehr emotional geführten Gesprächen unter unserem Beisein gefunden wurde, war, die "Neugesellschafter" zunächst bei der Auszahlung der "ersten Tranche" bevorzugt zu behandeln, um deren Risiko einer Auszahlung unter dem Einzahlungsbetrag zu minimieren.

Zusätzlich wurde vereinbart, bei der Auszahlung der- zu diesem Zeitpunkt in der Höhe ja noch unsicheren -"zweiten Tranche" zunächst ebenfalls die Neugesellschafter bevorzugt zu berücksichtigen, um diese "glatt zu stellen" (Stammkapital plus Agio). Der Rest der "zweiten Tranche" würde dann anteilsmäßig unter den Altgesellschaftern verteilt werden, wobei eine geringe "Überzahlung" der Neugesellschafter, bei Erreichen des Zieles von 90% der "zweiten Tranche", vereinbart wurde.

Dieser nach schwierigen internen Verhandlungen ausgearbeitete Vorschlag wurde von allen Gesellschaftern akzeptiert und führte zu einer alinearen Verteilung der Erlöse aus dem Verkaufspreis.

Abschließend dazu ist festzustellen, dass auch auf Grund dieser Vereinbarung, die Gesellschaft im darauf folgenden Geschäftsjahr alle Ziele erreicht hat und seitens We. der volle Betrag von 0,7 Mio EUR der "zweiten Tranche" ausbezahlt wurde.
Die exakten Auszahlungsbeträge sind, wie auf der Treuhand-Anweisung ersichtlich, an die Gesellschafter laut vereinbarter Aufteilung geflossen.

Wir - IL - waren mit dieser Einigung der Gesellschafter vollständig einverstanden und es hat sich auch gezeigt, dass dadurch und die nachfolgende positive Zusammenarbeit im Gesellschafterkreis eine für alle Beteiligten optimale Lösung gefunden werden konnte..."

E-Mail des FA vom  an die LBG:

"im vorgelegten Schriftsatz kann leider nicht mehr als eine Zusammenfassung des bisherigen Vorbringens gesehen werden.

Für die ESt 2012 wird daher die bisherige Würdigung aufrecht erhalten.

Falls der ESt-Bescheid 2012 rechtskräftig wird, werden wir den ESt-Bescheid 2013 von Amts wegen korrigieren.

Ungeachtet dessen ist eine Beschwerde 2013 lt. Fristverl vom bis zulässig."  

Im Erörterungstermin vor dem BFG am beantragte der Bf die Zeugeneinvernahme des Dr. O. P. und des H. M. sowie die Parteieneinvernahme. Auf die weiteren bis dahin beantragten Zeugen wurde verzichtet.

In weiterer Folge verzichtete der Bf wegen Terminschwierigkeiten auf die mündliche Zeugeneinvernahme des Dr. O. P.; dieser gab über Auskunftsersuchen des BFG eine schriftliche Stellungnahme ab, welche vorab an die Parteien übermittelt wurde.

Inhaltlich führte Dr. P. aus, er halte seine im Verfahren vor der Abgabenbehörde abgegebene schriftliche Stellungnahme vollinhaltlich aufrecht und ergänzte dazu, wenn es nach den internen Verhandlungen nicht zu einer Einigung über eine alineare Lösung gekommen wäre, hätte der Unternehmensverkauf nicht in dieser Form stattfinden können, da die beiden „Neugesellschafter“ ansonsten nicht zugestimmt hätten, weil sie anteilig viel höhere Einlagen als die „Altgesellschafter“ geleistet hatten.
Auf Grund des Zeitdrucks sei die Einberufung einer ao. Generalversammlung nicht möglich gewesen. Auch hätte die Gefahr bestanden, dass die Diskussionen wieder aufgeflammt wären und auch, dass die Käuferseite davon erfahren hätte.
Deshalb sei der Weg eines mündlichen Gesellschafterbeschlusses gewählt worden, der sodann durch die „Überweisungsinstruktion“ der Verkäufer als Treugeber an die befasste RA-Kanzlei als Treuhänder schriftlich verankert worden sei. Da diese Instruktion von allen Gesellschaftern unterschrieben worden sei, sei auch dokumentiert, dass dieser Gesellschafterbeschluss von allen Gesellschaftern gefasst worden sei.
Der Kaufvertrag sei zwischen dem Käufer und den Gesellschaftern der Gesellschaft gefasst worden und enthalte nur einen Gesamtkaufpreis. Das Innenverhältnis der Verkäufer und die Aufteilung des Kaufpreises sei nicht erwähnt worden, weil es eventuell nur zu störenden Diskussionen mit dem Käufer geführt hätte. Außerdem sei der Kaufvertrag im Handelsregister zu hinterlegen gewesen, und auch hier sollten keine Internas veröffentlicht werden.
Die Gewinne bis zum Jahr 2009 seien in der Gesellschaft vorgetragen worden und hätten nur den „Altgesellschaftern“ zugerechnet werden können, da die „Neugesellschafter“ erst 2010 ins Unternehmen eingetreten seien. Die „Neugesellschafter“ seien ja auch aus kaufmännischer Vorsicht und Sorgfalt deshalb dazu eingeladen worden, sich am Unternehmen zu beteiligen, weil durch deren Aufnahme die Kapitalsituation verbessert werden sollte.
Der Einschuss der „Neugesellschafter“ sei durch Erwerb eines Stammanteiles mit Agio erfolgt, wobei das Agio auf Kapitalrücklage gebucht worden sei. Sowohl Gewinnvorträge als auch Agio seien lediglich zu Verlustabdeckungen und nicht zu einer Gewinnausschüttung verwendet worden. Dennoch sei es gelungen, die Gesellschaft 2012 mit Gewinn zu verkaufen.
Zusammengefasst bestehe die wirtschaftliche Begründung i.w. darin, dass die „Neugesellschafter“ dem Verkauf ansonsten nicht zugestimmt hätten.
Weitere Notizen, die nicht schon dem Finanzamt vorgelegt worden wären, gäbe es dazu nicht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem BFG am schilderte der Bf aus seiner Sicht den Ablauf der Verkaufsverhandlungen und betonte nochmals, es sei nach schwierigen und emotionalen Verhandlungen zu einem Konsens gekommen, wobei er die Rolle des Vermittlers übernommen habe und im Vergleich zum Gesellschafter B. auf einen Teil des anteiligen Erlöses verzichtet habe; dies u.a. auch deswegen, weil der Käufer den Bf als alleinigen Geschäftsführer gesehen habe. Die weitere positive Entwicklung habe die Richtigkeit des Konsenses bestätigt, zum Verkauf habe es aus finanziellen Gründen keine Alternative gegeben. Wäre es nicht zu der Einigung gekommen, hätten die beiden Neugesellschafter nicht zugestimmt. Der Bf sei der Einzige (und das auch bei 2 Tranchen 2012 und 2013 nur bei der ersten Tranche), bei dem vom Finanzamt der Erlös nach dem Beteiligungsverhältnis versteuert wurde, d.h. in 9 von 10 Fällen sei die gemäß einstimmigem mündlichen Gesellschafterbeschluss durchgeführte Aufteilung des Erlöses akzeptiert worden.
Es gäbe keine weiteren als die bereits vorgelegten Unterlagen.

Der steuerliche Vertreter des Bf wies darauf hin, dass der gesamte Veräußerungsgewinn der Versteuerung zugeführt worden sei. Wenn der Bf mehr versteuern müsste als er erhalten hätte, würden in Summe mehr als 100% des Erlöses der Versteuerung unterzogen.
Bei der Verteilung des Erlöses habe es sich um die Verteilung der eingezahlten Mittel inklusive Agiobeträge gehandelt. Die Aufteilung sei deswegen so beschlossen worden, weil die Neugesellschafter wesentlich höhere Agio- als Stammkapitalbeträge eingezahlt hätten und auch diese natürlich zurück erhalten wollten. Wäre die Verteilung nach Stammkapitalquoten durchgeführt worden, hätten die Neugesellschafter viel weniger erhalten, als sie einbezahlt hätten, weswegen sie einer derartigen Aufteilung auch nicht zugestimmt hätten.

Der als Zeuge einvernommene Neugesellschafter Hr. H. M. bestätigte i.w. die Ausführungen des Bf über den Ablauf der Verhandlungen. Die Verhandlungen seien sehr zäh abgelaufen und es sei das Ziel der beiden Neugesellschafter gewesen, das Kapital plus Agio wieder herauszubekommen. Der Verkauf des Unternehmens sei notwendig gewesen, weil ansonsten die Insolvenz gedroht hätte.
Einer linearen Aufteilung der Erlöse hätte der Zeuge nicht zugestimmt, weil dies für ihn nachteilig gewesen wäre.
Er glaube, dass die Berechnungen über die Aufteilung in der Firma existierten.

Der Vertreter der Amtspartei verwies i.w. auf die bisherige Würdigung durch das Finanzamt, an der sich auch durch die Verhandlung vor dem BFG nichts geändert habe. Es handle sich um eine Frage der Beweiswürdigung. Nachdem eine abweichende Verteilung vorliege, müsste es auch entsprechende Unterlagen als Beweismittel geben.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Sachverhalt:

Der Bf war mit 33,77% an einer GmbH beteiligt, deren Gesellschafter mit Notariatsakt vom 100% der Anteile zu einem Abtretungspreis von insgesamt EUR 1.400.000  abgetreten haben. Der Abtretungspreis wurde je zur Hälfte in den Jahren 2012 und 2013 ausbezahlt, wobei die erste Tranche von EUR 700.000 fix vereinbart und die zweite Tranche abhängig von der Erreichung bestimmter Unternehmensziele war. Da diese Ziele erreicht wurden, wurde auch die zweite Tranche ausbezahlt.
Die auf den Bf entfallenden anteiligen Anschaffungskosten der Beteiligung betrugen EUR 134.000.

Die Gesellschaft war 2002 gegründet worden. Sie wurde 2006 vom Bf und zwei weiteren  Gesellschaftern übernommen, wobei der Bf eine Beteiligung von 40% erwarb.
In weiterer Folge wurden Kapitalerhöhungen vorgenommen und sind im Jahr 2010 zwei neue Gesellschafter hinzugekommen, die auch Agiobeträge einbezahlt haben, welche deutlich höher als ihre Stammkapitaleinlagen waren. Beim Eintritt der beiden Neugesellschafter wurde ein Unternehmenswert von EUR 2 Millionen zu Grunde gelegt. In den Jahren ab 2010 wurden Verluste erzielt.

Die fünf Gesellschafter sind keine Angehörigen, waren in der GmbH beschäftigt und erzielten dort ihrer Arbeitsleistung entsprechende Einkünfte.

In § 6 Abs 5 des Gesellschaftsvertrages ist geregelt, dass eine alineare Gewinnverteilung des allfällig zur Ausschüttung gelangenden Bilanzgewinnes abweichend von den Beteiligungsverhältnissen von den Gesellschaftern beschlossen werden kann.

Zum Zeitpunkt der Veräußerung war das Stammkapital folgendermaßen verteilt:
33,77 %; 33,77 % (Bf); 16,88 %; 13,07 %; 2,51 %.

Die Veräußerung war aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, weil ansonsten die Insolvenz gedroht hätte, da die Verbindlichkeiten mangels Eigenkapital nicht mehr abgedeckt hätten werden können.

Die beiden Neugesellschafter hätten einer linearen Aufteilung des Veräußerungserlöses nicht zugestimmt, da sie viel weniger erhalten hätten, als sie einbezahlt hatten. Sie wollten ihr Kapital samt Agio zurückbekommen.
Nach emotional geführten, zähen Verhandlungen einigten sich die Gesellschafter auf Grund des bestehenden Zeitdrucks mittels mündlichem einstimmigen Gesellschafterbeschluss, der sodann durch die von allen Gesellschaftern unterschriebene „Überweisungsinstruktion“ der Verkäufer als Treugeber an die befasste RA-Kanzlei als Treuhänder schriftlich verankert wurde, auf die alineare Verteilung des Veräußerungserlöses, wobei auf den Bf im Streitjahr 26,36 % entfielen.

Der auf den Bf entfallende Gewinn aus der Veräußerung beträgt EUR 50.520,00 (erzielter Erlös minus Transaktionskosten = EUR 184.520,00 minus Anschaffungskosten EUR 134.000,00).

Der Kaufvertrag zwischen dem Käufer und den Gesellschaftern der GmbH enthält nur den Gesamtkaufpreis und die Aufteilung desselben auf 2 Tranchen.

Die Beträge wurden, wie zwischen den Gesellschaftern im Innenverhältnis vereinbart, ausbezahlt.

Die Altgesellschafter und insbesondere der Bf verzichteten auf einen Teil des ihnen nach den Beteiligungsverhältnissen zustehenden Betrages, wobei dem Bf die alleinige Geschäftsführung in der Nachfolgegesellschaft in Aussicht gestellt und auch in die Realität umgesetzt wurde. Alle ehemaligen Gesellschafter sind auch im Nachfolgeunternehmen, welches sich wirtschaftlich gut entwickelt, angestellt.

Beweiswürdigung:

Die Gesellschaftsverhältnisse und die Abläufe sind aktenkundig und dokumentiert. Verschiedene Unterlagen, u. a. der Gesellschaftsvertrag, der Kaufvertrag und die Überweisungsinstruktion über die alineare Aufteilung des Veräußerungserlöses wurden vorgelegt. Der Geldfluss ist nachgewiesen.

Der Ablauf der Veräußerungsverhandlungen wurde übereinstimmend vom Unternehmensberater Dr. P., der die Gesellschafter bei der Veräußerung beraten und in alle Abläufe eingebunden war, in dessen zwei schriftlichen Stellungnahmen sowie vom Neugesellschafter H. M. in dessen Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vor dem BFG und vom Bf in dessen glaubwürdigen Vorbringen dargelegt.

Dass die Veräußerung aus wirtschaftlichen Gründen notwendig war, wurde ebenfalls von allen genannten Personen übereinstimmend bestätigt.

Dass die Neugesellschafter einer linearen Verteilung des Veräußerungserlöses nicht zugestimmt hätten, wurde ebenfalls von den genannten Personen übereinstimmend und nachvollziehbar dargelegt, wobei insbesondere auf die Aussage des unter Wahrheitspflicht stehenden Neugesellschafters H. M. hingewiesen wird.

Es ist zwar richtig, dass detaillierte Berechnungen über die beschlossene alineare Verteilung nicht vorgelegt wurden, obwohl der Zeuge H. M. aussagte, er glaube, dass derartige Berechnungen existieren würden; dies ändert aber nichts an der wirtschaftlichen Begründung der alinearen Aufteilung und an der Nachvollziehbarkeit der Tatsache, dass der Bf weniger erhalten hat als seiner Quote entsprechen würde.

Im Übrigen wurden offenbar von allen Gesellschaftern die auf Grund der Vereinbarung geflossenen Beträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung zugeführt und auch in der angegebenen Höhe bescheidmäßig von den Finanzämtern anerkannt, sodass in Summe der gesamte Veräußerungserlös versteuert wurde.

Die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung:

Nach Lehre und Judikatur ist bei einer GmbH als Ausfluss der herrschenden Privatautonomie die alineare Gewinnverteilung abweichend von den Beteiligungsverhältnissen gesellschafts- und steuerrechtlich zulässig, wenn sie gesellschaftsvertraglich gedeckt und wirtschaftlich begründet ist. (; ; RV/0565-G/05; KStR des BMF 2013, Rz. 549; Martin Lehner, Alineare Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften in ÖStZ 2009/742, 366; Philipp Stanek, Die alineare Gewinnverteilung durch Gesellschafterbeschluss in Gesellschaft- und Steuerrecht in GES 2017, 266, Heft 5 v. ).

Im ggstdl Fall ist die alineare Gewinnverteilung in § 6 Abs 5 Gesellschaftsvertrag gedeckt („Eine alineare Gewinnverteilung des allfällig zur Ausschüttung gelangenden Bilanzgewinnes kann abweichend von den Gesellschaftern beschlossen werden“).

Das BFG folgt der Ansicht des Bf, dass diese Grundsätze analog für die Beurteilung der Aufteilung des Veräußerungserlöses anzuwenden sind.

Die erfolgte Aufteilung ist daher gesellschaftsvertraglich gedeckt, wurde einstimmig von den (nicht verwandten) Gesellschaftern beschlossen und durchgeführt und ist wirtschaftlich begründet, da die Neugesellschafter andernfalls der Veräußerung auf Grund der dargestellten Konsequenzen nicht zugestimmt hätten.

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen von EUR 50.520,00 sind mit dem besonderen Steuersatz des § 27a EStG 1988 idgF, somit mit 25%, zu besteuern.

Der Beschwerde war Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im ggstdl Fall handelt es sich einerseits um Fragen der Beweiswürdigung; soweit andererseits Rechtsfragen zu beurteilen sind, werden diese im Einklang mit Lehre und Judikatur gelöst, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
 

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101840.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at