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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.08.2018, RV/7100582/2012

Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an die Schuldnerin der Kapitalerträge mit Festsetzungsbescheid und nicht mit Haftungsbescheid (§224 BAO) ist rechtswidrig!

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Aigner in der Beschwerdesache Firma A-GmbH NfG OG, A-Straße 5, 1XXX Wien, vertreten durch die Fa. CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, A-1210 Wien, über die Beschwerde vom gegen den mit datierten Bescheid der belangten Behörde FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt: 

 I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
    Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist die durch Umwandlung gemäß §§ 1 UmwG aus der A-GmbH hervorgegangene A-GmbH NfG OG. 
Die unbeschränkt haftenden Gesellschafterinnen sind A.A. und A.B.. Der Gegenstand des Unternehmens ist die Beherbergung und Gastgewerbe, insbesondere der Betrieb des A-Hotels.

Angefochten ist der an die Bf. adressierte Abgabenfestsetzungsbescheid vom , mit dem die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 in Höhe von (25% von 311.298,96 €=) 77.824,74 € festgesetzt wurde.

Dem angefochtenen Bescheid ging eine abgabenbehördliche Nachschau bei der Bf. voraus, in deren Gefolge die Betriebsprüfung in der Niederschrift gemäß § 144 BAO vom feststellte, dass A.B. ihren Mitunternehmeranteil an der A-GmbH & Co KG (=A-KG) zum Stichtag in die A-GmbH eingebracht hätte. Der Vertrag wäre am unterzeichnet worden. Die Gegenleistung wäre gemäß § 19 Abs.2 Z.2 UmgrStG eine Abfindung der Einbringenden mit Anteilen der Anteilsinhaber der übernehmenden Gesellschaft gewesen. § 16 Abs.5 UmgrStG wäre nicht zur Anwendung gekommen.
Durch die Einbringung der Anteile der letzten Kommanditistin sei es automatisch zu einer Anwachsung gemäß § 142 UGB an die Komplementär-GmbH (=A-GmbH) gekommen. Das Vermögen sei übergegangen. Im nächsten Schritt sei die GmbH zum Umwandlungsstichtag errichtend auf die A-GmbH NfG OG (=Bf.) umgewandelt (Vertrag vom ) worden.

Mit der nachfolgenden Übersicht wurde der Stand des Eigenkapitals der A-GmbH zum laut Bilanz (vor Umgründung) wie folgt dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammeinlage (eingefordert)
18.168,23 €
Kapitalrücklage
270.151,18 €
Jahresgewinn 2009
173.611,45 €
Gewinnvortrag
137.687,51 €

Nach Rechtsmeinung der belangten Behörde würden thesaurierte Gewinne der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft bis zur Umwandlung zwar der Körperschaftsbesteuerung, nicht jedoch der Ausschüttungsbesteuerung bei den Gesellschaftern unterzogen. Mit der Umwandlung würden diese Gewinnbestandteile in das Eigenkapital der nachfolgenden Bf. überführt und würden damit die Eigenschaft eines ausschüttbaren Gewinnvortrags verlieren. Für diese Fälle sehe § 9 Abs. 6 UmgrStG zur Sicherstellung der Besteuerung der erzielten Gewinne auf Gesellschafterebene eine Ausschüttungsfiktion vor.
Nach § 9 Abs. 6 UmgrStG würden die im Eigenkapital der Gesellschaft gespeicherten und auch nach dem Umwandlungsstichtag nicht offen ausgeschütteten Gewinnbestandteile der umzuwandelnden Körperschaft mit dem Tag der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses zur Eintragung in das Firmenbuch als ausgeschüttet gelten, da in der nachfolgenden Personengesellschaft diese Gewinnanteile im Eigenkapital untergehen würden und auf Ebene der Personengesellschaft Zahlungen an die Gesellschafter erfolgsneutrale Entnahmen und keine steuerbaren Gewinnausschüttungen darstellen würden.
Auch im Zuge der anschließenden Einbringung des Betriebes aus der Bf. in die A-Hotel GmbH bleibe der ehemalige Gewinnvortrag Eigenkapital. Es komme zu keiner „Rückwidmung“ dieses Betrages, da ein solcher Vorgang steuerrechtlich nicht vorgesehen sei.
Grundsätzlich könnten nur die einer Kapitalgesellschaft von ihren Gesellschaftern causa societatis zugeführten Mittel an die Gesellschafter ertragssteuerneutral zurückflie­ßen. Nur eine solche Interpretation würde verfassungsrechtlich akzeptable Ergebnisse gewähr­leisten. Im Fall einer Umwandlung würden in der Kapitalgesellschaft gespeicherte Gewinne so­mit grundsätzlich die Ausschüttungsfiktion nach § 9 Abs. 6 UmgrStG auslösen.
Da im vorliegenden Beschwerdefall die Ausschüttungsfiktion durch die Geltung der übergehenden, thesaurierten Gewinne der A-GmbH in Höhe von 311.298,96 € mit dem Tag der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses zur Eintragung der Umwandlung ins Firmenbuch als offen ausgeschüttet und zugeflossen () bedingt gegeben sei, falle Kapitalertragsteuer in Höhe von 77.824,74 € für diesen Betrag bei der Bf. als Rechtsnachfolger der A-GmbH an. Durch die nicht fristgerechte Abführung der Kapitalertragsteuer bedingt komme ein Säumniszuschlag zum Tragen.

Der Rechtsmeinung der belangten Behörde wurde in der als Berufung bezeichneten Beschwerde gegen den Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheid für das Jahr 2010 vom folgende Rechtsmeinung der steuerlichen Vertretung der Bf. entgegnet:
Zum rückwirkenden Einbringungsstichtag sei der Mitunternehmeranteil von A.B. an der A-KG in die A-GmbH unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen im Rahmen des Art. III UmgrStG eingebracht worden (Umgründungsschritt I). Die A-KG sei damit verbunden kraft Anteilsanwachsung unter Anwendung der Regeln des § 142 UGB untergegangen. Das Betriebsvermögen sei an die A-GmbH in Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Nach diesem Umgründungsschritt sei daher die davor bestehende Beteiligung der A-GmbH kraft Anwachsung an der A-KG abgegangen. Der unternehmens- bzw. steuerrechtliche Buchwert der Beteiligung sei abzuschreiben gewesen. An Stelle des Buchwerts der Beteiligung habe die A-GmbH das Betriebsvermögen der A-KG mit ihren unternehmens- bzw. steuerrechtlichen Buchwerten übernommen.
In einem zweiten Umgründungsschritt sei die A-GmbH errichtend unter Inanspruchnahme des Umwandlungsgesetzes und der steuerlichen Begünstigungen im Rahmen des Art. II UmgrStG auf die Bf. umgewandelt worden. Der Nachfolgerechtsträgerin OG sei mittels angefochtenen Bescheid die Kapitalertragsteuer in Höhe von 77.824,74 € auf Basis eines ausschüttbaren Bilanzgewinnes in Höhe von 31.298,96 € vorgeschrieben worden.
In einem dritten Schritt sei mit Einbringungsvertrag vom und rückwirkendem Umgründungsstichtag zum der Betrieb der A-GmbH in eine davor neu gegründete A-Hotel GmbH, im Firmenbuch eingetragen unter FN. 000000h, unter Inanspruchnahme der Begünstigungen im Rahmen des Art.III UmgrStG eingebracht worden.
Alle drei Umgründungsschritte seien erforderlich gewesen, um das Vermögen und insbesondere die rechtlichen Verhältnisse des Hotelbetriebes von den übrigen Aktivitäten (vor allem Liegenschaftstransaktionen) mit gesellschaftsrechtlicher und tatsächlicher Wirkung zu trennen.
Wider die Anwendung von § 9 Abs.6 UmgrStG im konkreten Sachverhalt führte der steuerliche Vertreter ins Treffen, dass der davor ausschüttbare Bilanzgewinn durch die Sacheinlage der Buchwerte der A-KG untergehe. Ansonsten würde nämlich kein sachgerechtes steuerliches Ergebnis resultieren, zumal die von der A-KG an die natürlichen Personen als Gesellschafterinnen zugewiesenen Gewinne bereits voll der Einkommensbesteuerung unterzogen worden seien. 
Die Finanzverwaltung übersehe, dass die Anteile von der natürlichen Person A.B. eingebracht worden seien. Diese eingebrachten Mitunternehmeranteile seien zur Gänze bereits der Einkommensbesteuerung unterworfen worden. Während die Finanzverwaltung mit der Sachgerechtigkeit und mit „verfassungsrechtlich akzeptablen Ergebnissen“ argumentiere, führe der steuerliche Vertreter ins Treffen, dass gerade die Nichtanwendung von § 9 Abs. 6 UmgrStG erst ein sachgerechtes und verfassungsrechtlich konformes Steuerergebnis ermögliche. Die Vorumgründung (Umgründung Schritt I von der A-KG in die A-GmbH) sei eine Sacheinlage (vgl. vor allem auch die offizielle Interpretation der gesetzlichen Grundlagen des Bundesministeriums für Finanzen in den UmgrStR 2002, Rz.893ff. und Rz.1261ff.). Einlagen seien allerdings von dem der Ausschüttungsfiktion zu unterziehenden Betrag in Abzug zu bringen (siehe Gesetzestext zu § 9 Abs.6 UmgrStG und UmgrStR Rz.554 „minus Einlagen im Sinn des § 4 Abs.1 Z.12 Z.1 EStG ohne Einlagenteile des Nennkapitals“). In Rz 553 UmgrStR heiße es wörtlich: „Abzuziehen sind weiters Einlagen im Sinn des § 4 Abs.12 EStG“.
Hinsichtlich der Mitunternehmeranteilseinbringung von A.B. liege eine „Konzentrationsverschmelzung“ im Sinn der Rz 369 in den UmgrStR 2002 vor. Eine Nennkapitalerhöhung bei der übernehmenden A-GmbH habe nicht stattgefunden. Dementsprechend wäre ein positiver Unterschiedsbetrag in eine Kapitalrücklage einzustellen. Die Kapitalrücklage hätte unzweifelhaft Einlagen- an Stelle von Gewinncharakter.
Bei der Einbringung im konkreten Sachverhalt sei das gesamte Eigenkapital in Höhe von 599.618,37 € jedoch unverändert geblieben. Die Struktur des Eigenkapitals habe sich laut der Entwicklung des Evidenzkontos gemäß § 4 Abs. 12 EStG verändert. Das Stammkapital betrage unverändert 18.168,23 €; auf die nicht gebundene Kapitalrücklage entfalle somit der restliche Betrag in Höhe von 581.450,14 €. Das unverändert bleibende Eigenkapital bedinge eine unternehmensrechtliche Aufwertung als „Umgründungsmehrwert“ in Höhe von 82.416,88 €. Ohne die entsprechende Aufwertung wäre es zu einer Eigenkapitalreduktion von 599.618,37 € um 82.416,88 € auf 462.956,61 € gekommen.
Die Veränderung des Eigenkapitals vor und nach der Einbringung habe somit in drei Schritten zu erfolgen. Im ersten Schritt komme es zu einem Buchwertabgang der Beteiligung in Höhe von 545.373,49 €. Im zweiten Schritt nehme die A-GmbH die Sacheinlage des Betriebes mit einem Buchwert von 462.956,61 € auf. In einem dritten Schritt komme es zur Inanspruchnahme der Option nach § 202 Abs.1 UGB in Form der Aufwertung eines Umgründungsmehrwertes in Höhe von 82.416,88 €. Somit bleibe das Eigenkapital vor und nach der Sacheinlage (Einbringung KG-Anteil) unverändert. Die Struktur des Eigenkapitals habe sich jedoch ganz wesentlich verändert. Dies habe Auswirkung auf die Berechnung der Ausschüttungsfiktion gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG. Hinsichtlich Details zur Evidenzkontenentwicklung im Zuge der Einbringung werde auf die Beilage I-Entwicklung des Evidenzkontos gemäß § 4 Abs.12 EStG zum Stichtag verwiesen.
Die Einstellung des Umgründungsmehrwerts sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Eigenkapital nach der Einbringung gemäß Schritt I nichts mehr mit dem Eigenkapital vor der Umgründung zu tun habe. Laut Rz.553 in den Umgründungssteuerrichtlinien 2002 würden zu den (Anmerkung: nicht kapitalertragsteuerpflichtigen) Kapitalrücklagen auch solche zählen, die auf Grund einer steuerneutralen Neubewertung des Vermögens gemäß § 202 Abs.1 UGB entstanden seien. Der Aufwertungsbetrag in Höhe von 82.416,88 € könne somit keinesfalls der Ausschüttungsfiktion unterliegen.
Bei Bestand von Zweifel an der Qualifikation zwischen Einlagen- und Gewinnteile sei die Entwicklung laut Evidenzkontenstandsveränderung als Interpretationshilfe heranzuziehen (vgl. Rz.555 in den UmgrStR 2002).In der Anlage werde die Evidenzkontostandsentwicklung vor und nach der Einbringung gesendet; demzufolge würden nicht der Ausschüttungsfiktion unterliegende Einlagenteile vorliegen.
Das Fachschrifttum lasse keinen Zweifel. Nicht für die Ausschüttungsfiktion nach § 9 Abs. 6 UmgrStG seien jene Beträge zu erfassen, die Einlagencharakter hätten. Hierzu würden das Nennkapital sowie alle übrigen Einlagen im Sinn des § 4 Abs.12 EStG zählen. Diese Komponenten seien von der Ausschüttungsfiktion nicht umfasst, da sie auch bei tatsächlicher Ausschüttung zu keinen Kapitaleinkünften führen würden. Für die Ausschüttungsfiktion würden nach der herrschenden Fachliteratur nur jene Teile der Kapitalrücklage zählen, die nicht als Einlage im Sinn des § 4 Abs. 12 Z. 2 EStG zu behandeln seien (vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler, Kommentar Umgründungssteuergesetz, Wien 2000, Rz 34).
Die Conclusion sei, dass das Eigenkapital nach der Einbringung der Mitunternehmeranteile der A-KG von A.B. in die A-GmbH und den dadurch bewirkten Untergang der A–KG keine Gewinn-, sondern Einlagenanteile aufweise. Die Bemessung der Ausschüttungsbesteuerung gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG ergebe somit Null, da sich nach dem Gesetzestext und in den Umgründungssteuerrichtlinien dokumentierten Verwaltungsrichtlinien keine positive Bemessungsgrundlage für eine Kapitalertragsteuer auf Basis der Ausschüttungsfiktion in § 9 Abs. 6 UmgrStG ergebe.

In der vom steuerlichen Vertreter in der Beschwerde rechtzeitig beantragten mündlichen Verhandlung, in der die Bf. am steuerlich von Dr. A und Mag. B vertreten war, wurde von Dr. A vorgebracht: 
"Die Komplementär - GmbH A-GmbH war bereits an der KG beteiligt und der
 Beteiligungsansatz 545.373,49 gehe aufgrund der Anwachsung bei der GmbH ab. Bei
 diesem Buchwertabgang handelt es sich um einen Aufwand, der mit dem Eigenkapital
 der GmbH insbesondere mit dem Bilanzgewinn der  GmbH von 311.298,96 zu
 verrechnen ist.
 Damit liegt kein ausschüttbarer Gewinn (mehr) vor. Aufgrund der Anwachsung der KG an
 die Komplementär-GmbH erhält diese eine Einlage gem. § 4 Abs.12 EStG in Höhe von
 462.956,61. Diese Einlage ist Kapital der Komplementär GmbH und ist aufzuteilen
 (mangels Kapitalerhöhung) bei der Komplementär-GmbH auf das Stammkapital in Höhe
 von 18.168,23 der Rest auf die Kapitalrücklage.
 Ich habe einen Buchwertabgang der Beteiligung bei der GmbH, der mit dem
 Bilanzgewinn der GmbH zu verrechnen ist. Andererseits kommt das Eigenkapital der KG
 (im Rahmen der Einbringung gem. Art.III UmGrStG) in die GmbH
."
Die Amtsvertreterin bestritt, der Argumentation, wonach der Abgang der Beteiligung bei der Komplementär-GmbH als aufwandsrelevanter Vorgang und der Zugang des Betriebes (Aktiva/Passiva) als Sacheinlage gemäß § 4 Abs. 12 EStG anzusehen sei - nebst der bereits durch die Einbringung im Jahr 2008  in Höhe von 270.151,18 gebuchten sowie der Einbringung zum Stichtag 09 in Höhe von 107.461,16 noch zu erfassenden Kapitalrücklage - folgen zu können, und hielt der Rechtsmeinung der belangten Behörde entgegen:
"Im Prinzip wird der Beteiligungsansatz durch Übergang des Vermögens der KG ersetzt,
 es handelt sich hierbei um einen Tauschvorgang, der steuerrechtlich keinen
 erfolgswirksamen Vorgang nach sich zieht, eine Ausbuchung der Beteiligung an der KG,
 den Bilanzgewinn der GmbH nicht tangiert.
 Nach Ansicht der Amtspartei ist der Sachverhalt in drei Schritte aufzuteilen. Erstens: die
 Einbringung des Mitunternehmeranteils der letzten Kommanditistin in die GmbH;
 zweitens: die gesetzliche Folge der Anwachsung gemäß § 142 UGB des Vermögens der
 KG an die GmbH; drittens: die Umwandlung der GmbH in die OG (=beschwerdeführende
 Partei).
 Eine handelsrechtliche Buchung könnte nach Ansicht der Amtspartei erst nach Übergang
 des Vermögens (Mehrfachzug) erfolgen
."
Der steuerliche Vertreter wandte daraufhin ein, dass der Buchwertabgang der Beteiligung in der Komplementär-GmbH als Aufwand mit dem Bilanzgewinn der GmbH zu verrechnen sei, weil bei der Ausschüttungsfiktion gemäß § 9 Abs. 6 UmGrStG es um den handelsrechtlich / unternehmensrechtlich ausschüttbaren Gewinn (nach der damaligen Rechtslage) gehe (vgl. dazu auch Rz 545 UmGrStRL). Der Einbringungsvorgang nach Art. III UmGrStG umfasse sowohl die Einlage von Mitunternehmeranteilen in die Komplementär-GmbH als auch die Anwachsung des Betriebes der KG in die Komplementär-GmbH, womit nur ein Einbringungsvorgang vorliege, der zum Stichtag erfolge.
Die steuerliche Vertreterin der Bf. Mag. B fügte den Ausführungen von Dr. A hinzu, dass die belangte Behörde bei der Berechnung der Einlagen gem. § 4 Abs. 12 EStG nicht berücksichtigt hätte, dass bei der Einbringung vor der Umwandlung eine Sacheinlage in die GmbH eingebracht worden wäre, die bei der Berechnung der Ausschüttungsfiktion in Abzug zu bringen sei. Der Betrag sei 462.956,61.
Zwecks Klärung des Zahlenmaterials einigten sich die Verfahrensparteien darauf, offene Fragen im Schriftweg zu beantworten. Seitens der beschwerdeführenden Partei wurde auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung verzichtet. 

Mit der an das Bundesfinanzgericht adressierten Mail vom sprach sich die Amtsvertreterin für eine Aufhebung des angefochtenen Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheides aus. 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass mit dem an die A-GmbH NfG OG adressierten Bescheid vom die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 gemäß § 95 Abs. 5 EStG in Höhe von (25% von 311.298,96 € =) 77.824,74 € festgesetzt worden ist. Begründet wurde die Erlassung des angefochtenen Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheides vom  durch die belangte Behörde mit der [vom steuerlichen Vertreter bestrittenen] Rechtsmeinung, wonach die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG im vorliegenden Beschwerdefall anzuwenden sei. Zwischen den Verfahrensparteien ist nunmehr strittig, ob die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalt anzuwenden ist.

Rechtslage

Nach § 27 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1988 sind Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen. 
Nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
Nach § 93 Abs. 2 EStG 1988 liegen inländische Kapitalerträge vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder Zweigstelle im Inland eines Kreditinstituts ist und es sich um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung handelt. Nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist der Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Nach § 95 Abs. 3 Z. 1 EStG 1988 ist bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Nach § 95 Abs. 5 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn 1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder 2. der Empfänger weiß, daß der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
Kommt ein Schuldner derartiger Kapitalerträge dieser Verpflichtung nicht nach, ist er mittels Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO in Anspruch zu nehmen. Nach § 224 Abs.1 BAO werden die in Abgaben­vorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungs­bescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungs­pflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungs­pflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Im gegenständlichen Beschwerdefall ging die belangte Behörde von einem Sachverhalt aus, in dem die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG Anwendung findet. 
Unabhängig von der Rechtmäßigkeit dieser Würdigung ist festzuhalten, dass die Bf. als inländische Schuldnerin der Kapitalerträge im Falle des Vorliegens von kapitalertragsteuerpflichtigen Erträgen zur Einbehaltung und Abfuhr der geschuldeten Kapitalertragsteuer an den Bund verpflichtet ist. Kommt ein Schuldner derartiger Kapitalerträge dieser Verpflichtung nicht nach, ist er mittels Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO in Anspruch zu nehmen.
Da der angefochtene Bescheid vom  kein Haftungsbescheid ist, sondern darin die vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Kapitalertragsteuer unmittelbar gegenüber der Bf. festgesetzt wurde, war der angefochtene Bescheid folglich rechtwidrig und spruchgemäß aufzuheben.

Klargestellt wird, dass die gegenständliche Entscheidung nicht den an „A-GmbH NFG OG als Rechtsnachfolgerin der A-GmbH“ adressierten Haftungsbescheid [betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 in Höhe von € 77.824,73] vom berührt, da dieser nicht Beschwerdegegenstand ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100582/2012, ist unzulässig, weil das Gesetz unmissverständlich regelt, dass ein Schuldner inländischer Kapitalerträge, der seiner Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung nicht nachkommt, im Haftungswege gemäß § 224 BAO für die vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Kapitalertragsteuer in Anspruch zu nehmen ist. Diese Vorgangsweise ergibt sich unmittelbar aus den Bestimmungen der §§ 93 und 95 EStG 1988.
Eine unmittelbare Festsetzung der Kapitalertragsteuer gegenüber dem Schuldner der Kapitalerträge ist aus dem Gesetz nicht abzuleiten und daher rechtswidrig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Kapitalertragsteuer
Haftungsbescheid
Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheid
Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100582.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at